Abschnitt 1

II. Die Papiermühlen in Mecklenburg-Schwerin.


4. Die Papiermühle zu Bützow.


Infolge einer Anregung, die der Universitätsbuchdrucker in Rostock, Jakob Lucius, dem Bürgermeister und Rat in Bützow hatte zugehen lassen, baten diese am 12. Mai 1578 den Herzog Ulrich um die Erlaubnis, eine Papiermühle in Bützow anlegen zu dürfen. Lucius hatte bei seiner Anstellung im April 1564 in Rostock versprochen, zu seinen Drucken reines, schönes, weißes Papier verwenden zu wollen. Indes, er muß Schwierigkeiten gehabt haben, sich solches zu verschaffen, da ihm unter verschiedenen Sünden, die er sich hatte zu Schulden kommen lassen, im Jahre 1574 vom Universitätskonzil vorgehalten wurde, daß er weder die Drucke für die Professoren so schnell besorgte, als es diesen erwünscht schien, noch reines, gutes Papier verwandte. So erklärt sich sein Rat, in nächster Nähe von Rostock eine Papierfabrik zu erbauen, die ihm jederzeit bequem das nötige Papier hätte liefern können. Als geeigneten Platz für den Neubau nahm der Magistrat ins Auge einen solchen „vor dem Weicker thor auff der stadt grund unnd bodenn bey der Schweinebrücke auff dem freyen wasser“. Der Herzog stellte fast unmittelbar, nachdem dieser Wunsch zu seiner Kenntnis gelangt war, von Doberan aus, wo er eben weilte, in Aussicht, in den nächsten Tagen nach Bützow zu kommen, um die Gelegenheit zu besichtigen und sich dann über die Zulässigkeit des geplanten Baues zu äußern. Ob es zu dieser Fahrt gekommen ist, ob die Bedingungen - Lucius hatte in Aussicht gestellt, einen Beitrag zu dem Jahresaufwand zu liefern - dem Herzog nicht so günstig schienen, genug, die Ausführung unterblieb. Sieben Jahre später war es die Universität Rostock selbst, die sich an den Herzog Ulrich von Mecklenburg wandte mit der Bitte, in Bützow eine Papiermühle anlegen zu lassen. Die Erbauung einer solchen wurde mit dem unzweifelhaft zutage getretenen Bedürfnis der „wolbestellten Druckerei“ in Rostock gerechtfertigt, die „ohne einen ziemlichen Vorrath an reinem weißen Druckpapier nicht recht angerichtet und erhalten werden“ könnte. Seit vielen Jahren sei man mit dem ganzen Bedarf auf Lübeck angewiesen, während Grabow und Neustadt nichts zur Verfügung stellen könnten. Aus der Mark und aus Pommern könne nur „lauter graue nichtige böse maculatur“ bezogen werden. Beständen in der Nähe von Rostock eine oder zwei Papiermühlen, so könnte man den Pommern und Märkern ihre graue Makulatur wieder nach Hause schicken. „Alle dieser gelegenheit verstendige“, so schloß die Eingabe, wissen, „das wenn schon noch drey mölen bey E. F. G. Stadt Rostock auffgerichtet, dennoch das Druck- und Schreibpapier alles alhie verbraucht und verhandelt konte werden“. Aus der Rückseite dieser Eingabe geht hervor, daß der Herzog schnellstens sowohl der Universität als der Stadt Bützow antwortete. Leider aber haben sich die Konzepte dieser Briefe bei den Akten nicht erhalten. Was daher der Universität gesagt worden ist, muß man erraten. Offenbar wird die Antwort dem Vorschlage geneigt abgefaßt worden sein, denn der Inhalt des Schreibens an Bützow wird dahin angegeben, daß die Stadt ihrerseits Stellung zu dem Gedanken nehmen möge und je nachdem wie der Entscheid ausfalle, man Rostock, der Stadt und der Universität, die man stets zu fördern bereit sei, den Wunsch werde erfüllen können.

In der letzten Wendung lag der Fingerzeig, daß man in Bützow den Antrag nicht zurückweisen solle, und so darf man wohl annehmen, daß die Papiermühle damals erbaut worden ist Allerdings erhält man erst 30 Jahr später einen Beweis für das Vorhandensein der Fabrik. Eine bei den Akten liegende Aufzeichnung besagt, daß der Papiermacher in Bützow von Trinitatis 1616 bis ebendahin 1616 in die Kanzlei für 27 Fl. Papier geliefert hätte, nämlich:

Tabelle zur Papierlieferung . . .

In der gleichen Zeit wurde von ihm an die Küchenmeistereien 8 Ries für 11 Fl. 20 Schill. und an die „Hofbuchschreiberei“ (!) 19 1/2 Ries für 22 Fl. 15 Schill. „des gemeinen und des besten papirs“ geliefert. Es deutet eine gewisse Entwicklung und Leistungsfähigkeit an, wenn mehrere Sorten unterschieden werden, gemeines, bestes und Makulaturpapier.

Der Namen des Papiermachers wird bei dieser Gelegenheit nicht genannt. Indes werden die auf der Mühle tätigen Personen gelegentlich erwähnt, so daß man, ohne genau die Dauer der Tätigkeit eines jeden bestimmen zu können, unter Hervorhebung lediglich des Jahres, in dem sie genannt sind, eine Reihenfolge vermutlich sämtlicher einmal in Bützow tätig gewesener Papiermacher aufstellen kann. Sie lautet wie folgt:

Tabelle 1

Leider haben sich von den Lebensbedingungen und Schicksalen der Mühle und der sie verwaltenden Personen nur sehr wenig Nachrichten erhalten. Lediglich der Zufall hat die eine oder andere Angabe über sie aufbewahrt.

Jochim Henning lieferte von Trinitatis 1623 bis ebendahin 1624 an die Kanzlei 13 Ries besten, 8 Ries gemeinen und 3 Ries Makulatur-Papier, an die Küchenmeisterei 9 Ries vom besten, 2 Ries vom gemeinen und 4 Ries Makulatur-Papier.

Jochim Bannitt lieferte 1626 zu zwei verschiedenen Terminen, das eine Mal für 2 Fl. 8 Schill., das andere Mal für 7 Fl. 2 Schill. Papier.

Lorenz Barß, der Großvater des seit 1668 in Neustadt nachgewiesenen Papiermachers, bat 1634 um die Erneuerung seines 1626 bereits abgeschlossenen Vertrages, die ihm offenbar zu teil geworden ist. Es spricht für den Umfang der Geschäfte, daß die Kammer bei dieser Gelegenheit den Pachtzins auf 100 Rthlr zu erhöhen wünschte. Barß hatte seither die Hälfte gezahlt, machte aber entschiedene Schwierigkeiten in die Steigerung zu willigen, wobei er unter anderem auf die große Baufälligkeit des Gebäudes verwies. Er bat schließlich, ihm wenigstens, nachdem die Verhandlungen über die Erhöhung des Pachtzinses sich bis 1636 hingezogen hatten, noch ein Jahr die Pacht unter den früheren Bedingungen zu gewähren. Offenbar haben sich Kammer und Papiermacher dann gütlich geeinigt. Da die erstere mit dem vermutlich geschickten und zuverlässigen Gewerbetreibenden zufrieden war, erwirkte sie ihm 1648 vom Herzog Adolf Friedrich ein Privileg zum Sammeln von Lumpen überall im Lande, besonders in Rostock und Wismar. Der Papiermacher Hans Dreßler in Neustadt, der ihm das Recht streitig gemacht hatte, wurde angewiesen, den Bützower nicht mehr zu stören.

War Barß hierin kräftig unterstützt worden, so wollte man nach anderer Seite ihm, wie es scheint, weniger entgegenkommen. Schon Vater Lorenz Barß hatte über die Baufälligkeit der Mühle geklagt. Jetzt wurde sie 1665 durch den Hauptmann zu Bützow Johann Friedrich Müller gewissermaßen offiziell festgestellt. Man gestand infolgedessen dem Pächter bereitwilligst zu, sobald man über die dringendsten Erntearbeiten hinaus wäre, Anstalten zur Abstellung der Mißstände zu machen. Indes wenn diese erfolgte, so war sie wohl nicht vollständig nach dem Wunsche des Barß, der damals eben sich in Neustadt 1668 um die Pacht bemühte und sie, doch wohl für seinen Sohn Lorenz, zugeschlagen erhielt. Daß er recht getan hatte, sich für seinen Sohn um eine neue Stelle zu bemühen, liegt klar zutage, nur traf er es offenbar, da in Neustadt die Klagen über die Baufälligkeit nie aufhörten, dort auch nicht ganz befriedigend. Jedenfalls konnte Erdmann Barß 1671 in Bützow den bisherigen Pachtzins nicht mehr bezahlen, und die Beamten in Bützow erkannten die schlimme Lage, in der er steckte, an. Bei starkem Froste oder im Sommer bei großer Dürre konnte er aus Mangel an Wasser nicht arbeiten. Daher sei es glaublich, daß der Papiermacher einige Jahre seither mit Verlust tätig gewesen sei. Das sei um so wahrscheinlicher, als in Wismar seither eine neue Papiermühle entstanden wäre, die im Absatz große Konkurrenz bedeutete. Die Amtleute schlugen daher vor, im Hinblick darauf, daß Barß ein alter Mann sei, der viele Jahre auf der Mühle tätig gewesen sei, ihm die Pacht zu 160 Tlr. jährlich anzurechnen. Dabei könne er auf seine Rechnung kommen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburgische Papiermühlen