Abschnitt 1

II. Die Papiermühlen in Mecklenburg-Schwerin.


5. Die Papiermühle von Gadebusch.


Im Jahre 1545 oder 1556 hatte ein Münzmeister Berent Jüngling in Gadebusch an einem Teiche daselbst eine Schmelzhütte. Dreißig Jahre lang ungefähr besaß er Teich und Münzhaus unbestritten. Nach seinem Tode erbte sein Schwiegersohn Heinrich Schrader das Immobil und da nach dessen frühzeitigem Tode die Witwe sich zum zweiten Mal verheiratete, an den Bürgermeister von Rostock Johannes Kellermann, so erhielt dieser Hütte und Teich als Erbgut. Aus dessen Händen gelangte der Besitz durch Kauf an den Stadtschreiber in Gadebusch, Michel Grenzmann, und dieser überließ das Gebäude der Fürstin Elisabeth von Mecklenburg, einer geborenen Prinzessin von Schweden. Diese kam im Einverständnis mit ihrem Gemahl, dem Herzog Christoph, auf den Gedanken, eine Papiermühle in ihm herzurichten. Aber das Geld, das beide hohen Herrschaften für diesen Zweck bestimmt hatten, reichte nicht aus, und im September 1589 mußte daher der Hauptmann zu Gadebusch, Bartold von Bülow, sich um Geld bemühen, damit der Bau fortgesetzt werden konnte. Es gelang ihm, von einem der Bürgen des Papiermachers, Jochim Hinrichsen (auch Hinricks genannt), 40 Mark Lüb. zu erhalten. Die Schuld sollte auf den später fällig werdenden Jahreszins für die Mühle in Anrechnung gebracht werden.

Obwohl auf diese Weise die baulichen Vorrichtungen vorhanden waren, scheint doch zunächst die Fabrikation nicht in Gang gekommen zu sein, denn es mangelte am nötigen Wasser. Hinrichsen hatte im ersten Pachtjahre 80 . . . Lüb., in den folgenden Jahren 100 . . . Lüb. in Aussicht gestellt. Seine Bürgen, insbesondere sein Neffe Hans Hinrichsen, Bürger in Lübeck, hatten ihn mit Geld unterstützt, ihm zur Anschaffung von Stricken, einer Bütte und einer Blase Vorschüsse gemacht in der Hoffnung, daß er sein Werk beginnen und die Schuld bald zurückzahlen könnte. Leider aber mußte der Onkel seinem Neffen „mith trurigem hertzen“ klagen, daß er, weil die Mühle kein Wasser hatte, „twe jähr nahrungsloss geseten“ hätte. Der Neffe als Bürge wandte sich nun am 25. November 1590 an der Herzog Christoph mit dem Vorschlage, eine Schleuse erbauen zu lassen, mit deren Hilfe man aus dem nächstgelegenen See Wasser auf die Mühle leiten könnte. Der Berichterstatter glaubte den Herzog darauf hinweisen zu können, daß, nachdem der Bau beendet, die „hus-lüde“ ja frei seien und mithin zum Schleusenbau verwandt werden könnten. Er stellte gerne „thor frundtschop“ nach beendigter Arbeit ihnen 2 Tonnen Gadebuscher Bier in Aussicht.

Offenbar vermochte indes Hinrichsen die Regierung nicht für seinen Plan zu erwärmen oder bot sich dem Onkel eine andere mehr für ihn geeignete Stelle. Jedenfalls gab der Papiermacher die Mühle auf, und am 2. Juni 1591 wird mit einem gewissen Matz Siele aus Schleusingen auf ein Jahr ein Vertrag geschlossen. Auch der neue Pächter war bereit, wie der frühere 80 . . . Lüb. zu entrichten. Seltsam mutet jedoch der Vorbehalt an, daß er, wenn ein „Kaufmann“ sich fände, d. h. wohl ein Käufer, sofort von der Mühle abtreten müsse und in diesem Falle den Pachtzins nur nach Maßgabe der Zeit, die er auf der Mühle gesessen hätte, zu zahlen haben solle. Indes, ein Käufer fand sich nicht, dagegen fand der neue Pächter, nachdem er sich einzurichten begann, allerlei Mängel und erklärte der Herzogin, zu deren Leibgedinge die Mühle gehörte, daß er den vereinbarten hohen Pachtzins nicht aufrecht erhalten könne. Die Besitzerin war darüber ärgerlich, daß „noch allerhandt mängel“ an dem Bau sein sollten und die Erklärung des Pächters, daß er die Mühle aufgeben würde, „woh nicht zum weinigsten daß grundtwergk niedriger gelegt würde, damit er dieselb nach notturft zu gebrauchen haben mochte“, wird nicht dazu beigetragen haben, ihre Stimmung zu verbessern. Daher wies sie ihren Statthalter an, die Mühle lieber zu verkaufen und den Erlös dafür bis zu ihrer glücklichen Wiederkehr - sie war damals in Kopenhagen - für sie aufzuheben. Der Beamte in Gadebusch, Helmut Brandt, hatte nicht umhin gekonnt, in längerem Bericht an den Hofmeister Christoph von Hagen die Beschwerden des Papiermachers als berechtigt anzuerkennen ). Er bedauerte den armen Kerl, der nicht einmal für sich und die Seinigen das trockne Brot erwerben könne. Daß er die hohe Pacht von 80 . . . herauswirtschaften werde, sei ganz unmöglich, und sein Vorschlag, ihn auf die Hälfte des bisherigen Betrages zu setzen, nicht unberechtigt. Wenn man ihm Holz, Bretter und was sonst an Diensten nötig wäre, zur Verfügung stellen wollte, hatte sich der Papiermacher bereit erklärt, den Bau selbst auszuführen, was für ihn immerhin eine Ausgabe von 20 Tlrn. bedeuten würde. Er empfahl der Herzogin, auf diesen Vorschlag einzugehen, da es schade wäre, daß das „nütze werk nicht soll in vollem Schwange gehen“ und schließlich der Handel nicht „unbequem“ sei. Indes die Fürstin scheint über die Zweckmäßigkeit anders geurteilt zu haben.

Unter diesen Umständen wird es begreiflich, daß 1604 der Plan ernsthaft erwogen wurde, die Papiermühle in eine Drahtmühle umzuwandeln. Zu diesem Zwecke ist wohl die Beschreibung der Papiermühle angefertigt worden, die folgendes Gebäude erkennen läßt.

„Das Hauß ist neun Gebienten langk, daran ein Abseite von zwey Gebienten, daraus eine gemurte Schornstein, die eine Seite des Dackes mit Stroe gedecket, die ander Seite nach dem Holt werdes halb mit Steinen behangen, halb mit Stroe gedecket, daran ein Wasserradt undt Welle mit eisernen Tappen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburgische Papiermühlen