Abschnitt 4

Wallensteins Abzug aus Mecklenburg im Jahre 1629 – Vorrede


Selbstverständlich war für Wallensteins kurzen Aufenthalt in Neustadt auch lange vorher gesorgt. Schon am 8. Julii wurden die dortigen Beamten von der bevorstehenden Ankunft unterrichtet und angewiesen, "etwa den vierten Theil des "für Schwerin ausgeschriebenen Proviants" vorräthig zu halten 38). An Hafer sollte der Küchenmeister 3 Last von der Herzogin Mutter zu Lübz gegen baare Bezahlung kaufen und sich außerdem noch auf 3 Last gefaßt machen 39). Da Wallenstein in Schwerin 3 Tage länger blieb, als er ursprünglich beabsichtigt hatte, so litten dadurch allerdings die Vorkehrungen einige Abänderung. So mußte z. B. der Küchenmeister die für den Aufenthalt in Neustadt bestimmten Fische am Sonnabend eilig nach Schwerin schicken und für neuen Vorrath für Neustadt sorgen, wobei ihm aufgegeben ward, die übrigen "Victualien frisch zu erhalten" 40). Dennoch konnte Thesandt an den Kammer-Präsidenten berichten, "daß Ihre Fürstlichen Gnaden mit dem Tractement," wie auch an dem (unentbehrlichen) "Obst in Gnaden friedlich gewesen seien, so daß weder von Ihro Fürstlichen Gnaden, noch von Deroselben Officieren und Dienern einige Irrung vorgegangen" sei 41). Nur gab es mit den "vielen Abfuhren die grö?te Beschwer, da hierüber gar keine Ordinanz erlassen war; dennoch konnte alle Nothurft" befriedigt werden. Das unentbehrliche Eis durfte auch hier nicht fehlen; es waren zu Wallensteins Ankunft "ganze 4 Fässer" in Neustadt angekommen, von denen 2 Fässer auf die Weiterreise nach Perleberg vorausgeschickt wurden 42), von wo an der Eisgenuß wohl aufhören mußte.


Am Dienstag, den 21. Julii 1629, brach Wallenstein von Schwerin auf, wahrscheinlich sehr früh, da er bei den sandigen Wegen schon um 11 Uhr Vormittags in Neustadt anlangte, das 4 Meilen von Schwerin entfernt ist. Er selbst wohnte mit seiner nähern Umgebung und der Dienerschaft auf dem alten Schlosse, welches freilich klein und niedrig ist und sich mit den Schlössern zu Güstrow und Schwerin nicht messen kann. Der "Herr Custos" und der Kammer-Präsident, der aber nicht mit nach Neustadt reiste, sondern nach Güstrow ging, sammt der Canzlei sollten "im Hause des Hauptmanns gegen Bezahlung logiren" 43).

So wie Wallenstein in Neustadt ankam, fing er gleich an zu regieren. Augenblicklich schickte er von seinem Zimmer hinunter und ließ den Hauptmann v. Kleinow rufen und fragen, zu welchem Zwecke das ganz nahe bei dem alten Schlosse stehende, damals noch nicht ganz fertige neue Schloß ("Haus") angelegt und erbauet sei. Als man ihm darüber keine Auskunft geben konnte, so ließ er den Hauptmann auf sein Zimmer kommen und befahl, daß man dieses neue Gebäude nicht solle verfallen, sondern unter Dach halten lassen, auch der Kammer hinterbringen solle, daß dies sein Befehl sei.

Dann erkundigte er sich gleich nach den für die Flußschifffahrt auf der Elde sehr wichtigen Schleusen und befahl ebenmäßig, daß dieselben gebauet werden sollten.

Um 12 Uhr aß er zu Mittag in dem Gemache, welches Herzog Adolph Friedrich früher bewohnt hatte. Nach der Tafel legte er sich zur Ruhe in dem Zimmer der Herzogin, welches sein Schlafgemach ward.

Nachmittags um 3 Uhr fuhr er zur Besichtigung umher und der Hauptmann mußte ihn zu Pferde begleiten. Besonders ließ er sich die Eisenhütte 44) angelegen sein. Er ging hinein, setzte sich allein nieder und sah das Kugelgießen an. Weiter forschte er bei dem Meister, wie lange das Werk bestanden habe und ob nicht auch ein Eisenhammer vorhanden oder da gewesen sei. Dieser berichtete darauf, es sei kein Eisenhammer vorhanden, aber die fürstliche Wittwe habe einen auf ihrem zweiten Leibgedingsamte Wittenburg. Auf die Frage, warum man denn keinen in Neustadt angelegt habe, ward ihm die Antwort, daß es wegen des Kriegswesens nicht hätte sein können. Er ging jedoch noch weiter, rief den Hauptmann herbei und forschte, wohin die Kugeln, welche hier gegossen wurden, kämen. Der Hauptmann berichtete, der v. Arnim habe eine gute Partie bekommen, auch der "spanische Ambassadeur" zu Wismar etliche davon. Da fuhr Wallenstein auf: "Er ist den Teufel ein spanischer Ambassadeur, er dient dem Kaiser." Nachdem der Hauptmann zurückgetreten war, stand auch er auf und rief den Hauptmann wieder heran: "er wolle wissen, woher man es habe, daß ein spanischer Ambassadeur zu Wismar sei, wolle aber solcher Worte nicht mehr gewärtig sein." Als der Hauptmann berichtete, er wisse es von dem Hüttenmeister, so schwieg Wallenstein, ohne weiter in diesen zu dringen.

Nach Untersuchung der Werke fuhr er 2 Stunden lang zur Besichtigung im Felde spazieren.

Als er zurückkehrte, ging er sogleich auf sein Zimmer und ließ Obst fordern, und darauf den Hauptmann rufen und befahl ihm, die Schreiben an den Kammer-Präsidenten, welche wohl während der Besichtigungsfahrt ausgefertiget waren, nach Güstrow zu schicken. Und damit legte er sich schlafen.

Die Bagage ging schon die Nacht vorweg. Auch die letzten 2 Fässer Eis wurden vorausgeschickt.

Am Mittwoch, den 22. Julii 1629, Morgens 5 Uhr, brach Wallenstein von Neustadt auf und nahm seinen Weg auf Perleberg. Er ist nie wieder nach Mecklenburg gekommen.

Noch an demselben Tage, den 22. Julii, traf er nach andern Berichten zu Wolmirstedt bei Magdeburg ein.

Der Landreiter von Neustadt hatte, wahrscheinlich als Wegweiser, mitreiten müssen. Dieser kam am 23. Julii Nachts wieder in Neustadt an, worauf Thesandt sogleich am 24. Julii Morgens früh "citissime" den unten mitgetheilten Bericht an den Kammer-Präsidenten Hans Heinrich von der Lühe zu Güstrow abstattete.

Also war nach genauer Schilderung ein Tag in dem Leben Wallensteins, der letzte in Mecklenburg.




38) Vgl. Beilage Nr. 1.
39) Vgl. Beilage Nr. 7.
40) Vgl. Beilage Nr. 10.
41) Vgl. Beilage Nr. 18.
42) Vgl. Beilage Nr. 18.
43) Vgl. Beilage Nr. 10.
44) Gleich nach seiner Ankunft in Mecklenburg hatte Wallenstein die Betreibung des Eisenwerkes zu Neustadt befohlen und am 11. August 1628 den Eisenschmelzer und Gießer in seinen besondern Dienst genommen; vgl. Jahrb. VII, S. 65. Es wurden in Neustadt vorherrschend Kugeln gegossen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg unter Wallenstein