Abschnitt 2

Wallensteins Abzug aus Mecklenburg im Jahre 1629 – Vorrede


Wie es im ersten Frühling 1629 herging, ist deutlich in dem folgenden Berichte eines Mecklenburgers im Staats-Archive zu Schwerin zu lesen, welcher leider ohne Datum und Namen ist.


"Es lesset sich fast schlecht ahn, immassen Fridlandicus sich nunmehr vernehmen lest, Er wolle Mekelborg nicht reumen, er werde dan mit dem schwerde darauß getrieben, welches bestetigt der effect daß starke bauen auff vielen embtern. Zu Gustrow ist die neue (reformirte) Kirche fast abgebrochen, die Cantzley, Reithauß, Ballhauß vnd dabei gelegene heuser müssen auch fort. - Den Rehten ist befohlen, ihr bedencken schrifftlig auffzusetzen, wie daß land könne herfur gebracht vnd im auffnehmen kommen. - Der bauhoff wirt zum garten abgebrochen vnd hinten dem furstlichen hause, da zuvor der thiergarten gewesen vnd itzo der acker ist, soll im frulinck mit eichen vnd buchen bepflanzet werden. - Aus Italia werden viele frembde Samen vnd fruchte geholet, die in den garten im lande sollen geseet vnd gepflanzet werden. - Es sein vber hundert Vasanen auß Böhmen kommen, die meist versetzet werden."

Mit besonderer Vorliebe betrieb Wallenstein bald nach seiner Ankunft die Versetzung von Fasanen nach Mecklenburg. Am 29. Decbr. 1628 verordnete er: "nachdem Wir ehtliche Phasane in vnsern Aemptern vnd deren Holtzingen vnd gefilden setzen vnd fliegen lassen vnd gemeinet durch solche gelegenheit zu vnser lust mit der ahrt Vögl vnsere Wiltbahnen zu verbessern, alle den Phasanen schädliche Thiere vnd Vögel möglichst aus dem Wege zu räumen", und setzte Schießgelder, gegen Vorzeigung der Köpfe, aus, - befahl auch, auf nicht fürstlichem Grund die Fasanen zu schonen.

Bald nach seinem Abzuge aus Mecklenburg ward auf seinen Befehl auf dem "Gutower Werder", das ist die jetzige "Schön-Insel" im Gutower oder Insel-See, ein Fasanenhaus gebauet. So heißt es in der Baurechnung vom J. 1629: "19-25 October, 6 Tage 3 Zimmerleute aufm "Wehrder zum Phasan-Hause." Am 27. Januar 1630 erging ein Befehl, einen "neuen Garten auf dem Gutower Werder anrichten zu lassen" 7).

Wir werden diesen und ähnlichen Neigungen im Verfolge dieser Darstellung noch öfter begegnen.

Daneben ging die bekannte Neigung zur Astrologie. Noch wenige Tage vor seinem Abzuge aus Mecklenburg heißt es in der Baurechnung: "1629, Junii 29 bis Julii 4, Der "Hoftischler Meister Pankratz mit dessen Gesellen und Jungen 1 Woche Arbeiten am Thurm und Fensterrahmen, wie auch für I. F. G. und dem Mathematico einen laden gemacht."

Nachdem Wallenstein grade ein Jahr in Mecklenburg zu Güstrow verweilt hatte, beschloß er aufzubrechen und zunächst nach Mitteldeutschland abzuziehen. Alle Veranstaltungen zu dieser Reise wurden, namentlich bei dem damaligen Zustande der Landstraßen, immer rechtzeitig vorher genau getroffen. Und hieraus lernt man vorzüglich viele Eigenthümlichkeiten Wallensteins genau kennen.

Wallenstein machte in seinem Hofhalte den allergrößten Aufwand, wie er selbst am kaiserlichen Hofhalt nicht vorkam. Wir haben hierüber eine gleichzeitige Schilderung in einer handschriftlichen 8) Beschreibung des Herzogthums Mecklenburg von Cosmus von Simmern von 1616 und den folgenden Jahren. Dieser sagt über Wallensteins Hofhaltung Folgendes.

"Wie ich aus eines vohrnemen adelichen mannes schreiben, sub dato den 20 Februar anno 1629 aus Güstrow geschrieben, erfahren, ist eine solche hoffhaltunge, dergleichen bey itzigem, auch vorigen Römischen kayser nicht gesehen, vorhanden, daß sich darüber nicht genugsam zu verwundern. Dan ihme in die 70 graffen, freyherren und vom adell, über aller maßen stattlich gekleidet, auffwarten. Item 100 leibschützen und 24 trabanten, seine köche, küchenmeister, stallmeister und futterschreiber, gehen alle in gülden ketten, und werden täglich 2 freye fürstliche taffelen gehalten, darzu dan alle tage 24 scheffel auff brott und semmelen muß geschaffet werden. Aufn futter werden gehalten 170 hauptpferde, item 140 klepper, 160 guttschenpferde, wie auch 50 maulesel. Die speisen werden alle in großen silbernen schüßelen, so woll waß gekocht, alß auch confectschalen dirigiret zu tisch getragen, und alles sehr sauber, strenge und ordentlich gehalten."

Hiemit stimmen denn auch die urkundlichen Nachrichten völlig überein.

Am 8. Julii 1629 ward der Aufbruch zum 13. Julii bestimmt und die nöthige Anordnung 9) getroffen. Wallenstein wollte am Montag den 13. Julii 1629 von Güstrow aufbrechen und das erste Nachtlager in der kleinen Stadt Sternberg halten; hiezu sollte man "das Rathhaus säubern, "Holz herbeischaffen und was sonst zur Ausrichtung nöthig" sei. Am Dienstag den 14. Julii wollte er nach Schwerin aufbrechen und hier 4 Nächte verharren. Endlich wollte er am Sonnabend den 18. Julii von Schwerin bis Neustadt reisen und hier die letzte Nacht in Mecklenburg schlafen. In dem Zuge waren 220 Personen und 440 Bagagepferde, so wie eine Compagnie Reiter von 60 Pferden 10), die "Leib-Guardi", also ungefähr so viel Pferde, wie Cosmus von Simmern in den Wallensteinschen Ställen angiebt. Zur Geschäftsführung begleiteten 11) ihn außer dem Cabinet der "Herr Custos" und während des Aufenthalts in Schwerin zur Ertheilung von Aufklärungen und Annahme von Verwaltungsbefehlen der Kammer-Präsident von der Lühe.

Für das bloße Nachtlager in Sternberg, welches nur 3 Meilen von Güstrow entfernt ist, wurden keine besondern Maaßregeln genommen.

Aber für den Aufenthalt in Schwerin und Neustadt, wo Wallenstein längere Zeit verweilen wollte, wurden sehr umfassende Veranstaltungen getroffen. Die Hauptausführung ward dem Hauptmann Joachim von der Lühe zu Schwerin übertragen. Zunächst ward für den Hofhalt und die Speisung so vieler Personen ein sehr beträchtlicher Küchenzettel 12) ausgeschrieben und der Hauptmann v. d. Lühe "ganz ernstlich befehligt, sich bei Zeiten mit aller Nothdurft einzurichten, damit an keinem Mangel gespürt werde 13)". Vorzüglich ward ihm aufgetragen, "sich mit guten Fischen zu versehen, damit er am einfallenden Fischtage (Freitag) die Nothdurft ausgeben könne 14) Etwa der vierte Theil der ausgeschriebenen Vorräthe war für Neustadt bestimmt 15). Das Waizenmehl sollte von Dömitz geholt werden 16). Zur Verpflegung des vielen Volks waren in Schwerin 2000 Commißbrote von 2 Pfund bestellt 17). Dem Proviantmeister zu Bützow ward aufgegeben, von dem auf dem dortigen Amte vorräthigen Roggen mahlen und daraus Commißbrot für die Kutscher bei den Bagage-Pferden backen zu lassen, für jede Person täglich 2 Pfund 18). Besonders umfassende Vorkehrungen wurden zur Unterhaltung der vielen Pferde getroffen. Von Güstrow sollte schon Hafer geschickt werden, wahrscheinlich nach Sternberg. Dann aber sollten von der fürstlichen "Officialei" (Amtsbehörde) zu Rostock 167 Drömt Hafer geliefert und durch die Amtsunterthanen der Aemter Schwan, Bützow und Rühn nach Schwerin gefahren werden 19). Der Amtmann zu Schwan ward mit der Besorgung beauftragt und "ganz ernstlich befehligt, keine Säumniß darin zu zeigen, so lieb es ihm sei, Seiner Fürstlichen Gnaden Ungnade zu vermeiden 20)." Außerdem wurden von den Aemtern Schwan, Bützow und Rühn 66 Drömt Hafer bereit gehalten und davon ungefähr 25 Drömt abgegeben 21). Endlich sollten von dem Amte Dömitz noch gegen 14 Drömt Hafer "in aller Eil von dannen abgefordert werden 22)".




7) Nach völliger Beendigung des dreißigjährigen Krieges ließ der Herzog Gustav Adolph von Mecklenburg-Güstrow, der diesen "Werder" besonders liebte, den Fasanengarten auf demselben wieder aufrichten. Am 24. März 1666 erließ er einen Befehl, "auf dem Gutower Werder bey dem Fasan-Garten den umgefallenen Zaun alsobald wieder zurecht zu machen."
8) Im Besitze des Freiherrn Julius v. Bohlen auf Bohlendorf, jetzt auch in Abschrift in der Bibliothek Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin. Diese Chronik ist eine sonst fast ganz werthlose Zusammenstoppelung von Nachrichten aus den damals vorhandenen bekannten mecklenburgischen Chroniken. Es hat fast allein die hier mitgetheilte Nachricht einigen Werth.
9) Vgl. Beilage Nr. 1.
10) Vgl. Beilage Nr. 2.
11) Vgl. Beilagen Nr. 10 und 18.
12) Vgl. Beilage Nr 3.
13) Vgl. Beilage Nr. 1 und 2.
14) Vgl. daselbst.
15) Vgl. daselbst.
16) Vgl. Beilage Nr. 2.
17) Vgl. Beilage Nr. 3.
18) Vgl. Beilage Nr. 6.
19) Vgl. Beilagen Nr. 4 und 5.
20) Vgl. Beilage Nr. 5.
21) Vgl. Beilage Nr. 8.
22) Vgl. Beilage Nr. 1.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg unter Wallenstein