Abschnitt 3

Mecklenburg unter Wallenstein - Wiedereroberung des Landes durch die Herzöge


Mit Tott hatten die Herzöge während dieser Zeit der Wiedereroberung des Landes noch öfters im stillen zu kämpfen; sein starrer Eigensinn, oft unterstützt durch die strengen Weisungen Gustav Adolfs, die er dann genau dem Wortlaute nach befolgte, ohne sich um die Veränderung der zeitlichen und sachlichen Umstände zu bekümmern, machte den Herzögen und ihrem General Lohausen oft böse Stunden. Auch folgender Vorfall wirft grade kein gutes Licht auf die Stellung der Parteien zu einander. Am 4./14. Januar 1632 theilte Adolf Friedrich, der im königlichen Hauptquartier weilte, entrüstet seinem Bruder mit, Tott habe sie gewaltig beim Könige angeschwärzt und man glaube hier seinen Lügen mehr, als den Beteuerungen des Herzogs. Tott habe nämlich den mecklenburgischen Oberst Dietrich von Gortzsche beim Könige verklagt, er hätte die Schotten nicht durch das eroberte Rostock marschieren lassen und diese dadurch gezwungen, bei der Umgehung der Stadt bis an den Hals im Wasser zu waten. Dazu habe Tott die Abschrift eines Gortzscheschen Schreibens gefügt, woraus hervorgehe, daß er dieses auf gemessenen Befehl des Herzogs Johann Albrecht gethan habe. Der König sei sehr erbittert, habe ihm, dem Herzoge Adolf Friedrich, allerstrengste Bestrafung Gortzsches anbefohlen und sei kaum zu beruhigen; Johann Albrecht und Oberst Gortzsche möchten sofort wahrheitsgetreue Berichte über diese Angelegenheit einsenden. Der Ausgang dieser unangenehmen Sache ist aus den Akten nicht zu ersehen, scheint, aber, wenn man das spätere Verhalten Gustav Adolfsden Herzögen gegenüber in Erwägung zieht, für Tott nicht gerade günstig gewesen zu sein.


Ende August endlich war die Truppenmacht wieder stark genug, um zum Angriffe gegen Rostock, das nach Ermordung des Obersten von Hatzfeld (am 22. Januar/1. Februar 1631) vom General von Virmont und Wallensteins Statthalter und Neffen Berthold von Wallenstein vertheidigt wurde, vorgehen zu können. Herzog Johann Albrecht, der vor Rostock das Oberkommando führte, meldete am 27. August/6. September seinem Bruder die durch Beschießung sowie durch Meuterei der Besatzung erfolgte Einnahme der Warnemünder Schanze. Resignirt fügte er hinzu: er habe sie nur mit schwedischen Truppen besetzt, da der König es doch verlange, überhaupt sich die Verfügung über Meklenburg vorbehalten werde.

Am 29. August/8. September schrieb Lohausen an den Herzog Adolf Friedrich, er solle möglichst bald kommen, da Rostock binnen kurzem fallen werde und doch beiden Herzögen gemeinsam zuständig sei. Die Besatzung scheine nicht mehr sehr kampfesfreudig zu sein, man habe vor kurzem an Virmonts Hause folgenden Drohreim gelesen:

"Pumpernickel wil nit mehr dantzen,
Rostocker Soldat nit mehr schantzen,
Virmondt behelt allein das geldt,
Der ziehe auch allein zu feldt."

Am selben Tage bat auch Tott den Herzog Adolf Friedrich um seine Gegenwart vor Rostock sowie um Ueberlassung des nach Dömitz bestimmten Regiments Dumenys, da sie vor Rostock etwas schwach seien. Am 2./12. September meldete ihm der Herzog seine demnächstige Ankunft im Feldlager an; die andere Bitte aber müsse er ihm abschlagen, da dieses Regiment Boizenburg und Lauenburg besetzen solle. Was er sonst noch an Truppen habe, sei zur Beobachtung und Straßensperrung gegen Wismar und Dömitz unbedingt nöthig.

Noch im Verlaufe des September begab sich Adolf Friedrich in das Feldlager vor Rostock und ließ den Major Elias Arcischoff von Arcischoffsky in Schwerin als Kommandanten zurück. Am 17./27. d. Mts. forderte er den General von Virmont zur Ergebung auf, was dieser am folgenden Tage mit der Begründung ablehnte, er wolle warten, bis er weiteres von der kaiserlichen Armee wisse. Nachdem er jedoch sichere Nachricht von der schweren Niederlage Tillys bei Leipzig erhalten hatte, erklärte er sich zur Kapitulation bereit. Sie wurde am 4./14. Oktober auf folgende Bedingungen hin abgeschlossen: Virmont und seine Truppen erhielten freien Abzug mit allen kriegerischen Ehren nach irgend einer kaiserlichen Garnison der Wesergegend, die Gefangenen sollten ausgetauscht werden, die Festungswerke unverletzt bleiben. Auch sollte dieser Vertrag der Besatzung von Wismar mitgetheilt werden, um sie zu einem gleichen zu veranlassen. Leben und Habe des Statthalters Berthold von Wallenstein, Gebhard von Moltkes und des Kanzlers von Eltz blieben unangetastet, auch erhielten die Wallensteinschen Beamten freien Abzug. Dagegen wurde, was von Wallensteins Privatbesitz noch da war, von den Herzögen mit Beschlag belegt, da er auch ihnen so vieles geraubt habe. Die Bürgerschaft mußte sämmtliche Feuerwaffen abgeben, blieb aber von Plünderung verschont.

Am 6./16. Oktober rückte Virmont ab, am selben Tage zogen die Herzöge in Rostock ein. Doch schon am 11./21. d. Mts. brachen die Truppen gegen Wismar auf, das dem Kommando des Obersten Gramm (Gramb), eines, wie es scheint, verwegenen Haudegens, unterstand. Er hatte die Stadt und die in der Wismarschen Bucht liegende Insel Walfisch stark befestigt und in aller Eile ausreichend verproviantirt, und blickte dem Angriffe der Herzöge und der Schweden in Ruhe entgegen. Geschickt und kraftvoll vertheidigte er sich, sah aber schließlich doch ein, daß er ohne Unterstützung sich nicht mehr lange würde halten können, zumal der schwedische Admiral Erich Ryning ihm zur See jegliche Zufuhr von Truppen und Lebensmitteln abschnitt. Er eröffnete daher die Kapitulationsverhandlungen und bat, ihn einen Offizier an den General von Tieffenbach abschicken zu lassen, um sich Sicherheit über die Wirkung der Schlacht bei Leipzig und Rath für seine Lage zu holen. Dieses Verlangen wurde ihm am 16./26. November bewilligt und zugleich ein Waffenstillstand auf vier Wochen abgeschlossen.

Während desselben zog ein größerer Theil der schwedischen Belagerungstruppen ab, um die Kaiserlichen aus dem Erzstifte Bremen zu verjagen. Auch Lohausen verließ mit 200 Mann das Lager vor Wismar, um die Festung Dömitz, die bisher nur scharf beobachtet war, nun ernstlich zu belagern. Der dort kommandirende Oberstleutnant Straube erkannte bald, daß er sich mit seinen zweihundert Mann ohne jede Aussicht auf Entsatz nicht gut verteidigen könnte und ein weiterer Widerstand zwecklos wäre; er kapitulierte und zog am 19./29. Dezember nach der Wesergegend hin ab.

In denselben Tagen kam auch Gramms Bote vom General Tieffenbach zurück; der Erfolg seiner Nachricht war, daß die Kapitulation Wismars am 7./17. Januar 1632 vollzogen wurde. Schwedischerseits unterzeichneten sie Achatius von Tott und Wilhelm von Lohausen. Danach erhielten die Besatzungen von Wismar und des Walfischs, zusammen etwa 3200 Mann, freien Abzug mit allen kriegerischen Ehren; dagegen wurden die unter Jacques de Febure im Hafen liegenden kaiserlich-spanischen Schiffe nicht freigegeben. Bei dem Abzuge verging sich Gramm schwer gegen die Kapitulationsbedingungen, indem er mehr Geschütze und Munition mitnahm, als ihm erlaubt war; auch ließ er einen schwedischen Offizier, der einige der Kaiserlichen zum Ueberlaufen verführen wollte, niederschießen. Auf die Kunde hiervon befahl Tott den Abziehenden nachzusetzen. Gramm wurde gefangen genommen und nach Greifswald in scharfe Haft geschickt, der größte Theil seiner Leute trat sofort in schwedische Dienste, der Rest marschierte nach Schlesien ab. Erich Ryning wurde trotz der Bemühungen der Herzöge, die Lohausen zum Kommandanten in Wismar haben wollten, Gouverneur dieser Stadt, die ebenso wie Zoll und Schanze vor Warnemünde von Gustav Adolf für sich mit Beschlag belegt wurde.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg unter Wallenstein