Abschnitt 2

Mecklenburg unter Wallenstein - Wiedereroberung des Landes durch die Herzöge


Indessen hatte Gustav Adolf nach verschiedenen schnellen Erfolgen in Pommern die mecklenburgische Grenze im äußersten Nordosten überschritten und Ribnitz besetzt, von wo aus er am 28. September/8. Oktober 1630 ein geharnischtes Schreiben an alle Mecklenburger und ein besonderes an die Stadt Rostock richtete, mit der Aufforderung, den schmählichen Abfall von ihrem angestammten Fürstenhause dadurch wieder gut zu machen, daß sie die Waffen ergriffen und die fremden Eroberer und ihre Mitschuldigen erschlügen oder aus dem Lande jagten. Allein die Wallensteinsche Herrschaft war noch, besonders in den größeren Städten, zu stark, da die Besatzungen von Wismar und Rostock seit der Uebergabe an Wallenstein von 1000 auf etwa 3000 Mann gebracht, die Bürger dagegen entwaffnet worden waren. Der erste Ansturm Gustav Adolfs gegen die kaiserlsche bezw. Wallensteinsche Macht in Mecklenburg war also gescheitert. Dagegen war es im Südwesten des Landes dem Herzog Franz Carl von Sachsen-Lauenburg gelungen, die Orte Lauenburg und Boizenburg zu besetzen. Doch war auch diese Unternehmung nicht von dauerndem Erfolge begleitet, da Franz Carl, von den mecklenburgischen Herzögen nur ganz ungenügend unterstützt, die gewonnenen Plätze wieder aufgeben mußte. Er besetzte darauf Ratzeburg, das ihm aber von Pappenheim wieder entrissen wurde, wobei er selbst in dessen Gefangenschaft gerieth. Die mecklenburgischen Herzöge erklärten zwar öfters ihren guten Willen, sich thatsächlich dem Könige von Schweden anzuschließen, mußten aber auch stets hinzufügen, es mangele ihnen vollkommen an Geld und Werbeplätzen. Sie schickten deshalb am 14./24. Dezember 1630 ihren Obersten Wilhelm von Calckum, genannt Lohausen, den eigentlichen Leiter und die Seele der späteren kriegerischen Unternehmungen in Mecklenburg, an König Christian IV. mit der Bitte um Anweisung, eines Werbeplatzes. Der König gab mehrfach ausweichende Antworten. Am 29. Januar/8. Februar 1631 erteilte er endlich dem zäh unterhandelnden Lohausen den Bescheid: man müsse weitere Erfolge Gustav Adolfe sowie die Beschlüsse der zum Februar vom Kurfürsten von Sachsen nach Leipzig zusammenberufenen evangelischen Fürsten abwarten. Einen Werbeplatz aber könne er nicht geben, da seine Länder nicht im Stande waren, 12000 Mann zu ernähren. Auch der Herzog von Holstein verwies die Herzöge am 22. Februar/4. März 1631 zur Geduld. Diese noch schwebenden Verhandlungen waren auch der Grund dafür, daß die Herzöge den mehrfachen Aufforderungen Gustav Adolfs (im Januar und Februar) zum Anschlüsse nicht Folge leisteten, sondern ausweichend antworteten und wieder den Mangel an Sammelplätzen und Geld vorschützten. Da theilte am 23. März/2. April 1631 der schwedische Geheim-Gesandte in Hamburg, Dr. Jakob Steinberg, der mit den Herzögen schon seit längerer Zeit in Korrespondenz stand, dem Herzoge Johann Albrecht mit, Gustav Adolf wolle ihm nicht nur ohne Obligation die Werbegelder für zwei oder drei Fußregimenter vorschießen, sondern ihm auch von seinen Truppen Reiterei und Fürstvolk zur Verfügung stellen, wünsche aber, mit dem Herzoge persönlich zu verhandeln. Dieser beschloß, da der Konvent der protestantischen Fürsten zu Leipzig für ihre Sache völlig ergebnißlos verlaufen war, dem Rufe des Königs Folge zu leisten und reiste auf einem schwedischen Kriegsschiffe nach Stettin, wo er am 21. April/1. Mai eintraf und von Steinberg die Weisung übermittelt erhielt, sich sogleich zum Könige zu verfügen, um mit diesem sich über die Allianzbedingungen zu einigen. Gustav Adolf hatte indessen im Januar zu Bärwalde mit Frankreich einen Subsidienvertrag auf 400 000 Thaler abgeschlossen, hatte die Mark Brandenburg von den Kaiserlichen gesäubert und im April Frankfurt a. O. sowie Landsberg a. W. genommen, während seine Offiziere in Brandenburg und Mecklenburg die kleineren Landstädte besetzten. Der Herzog Johann Albrecht traf den König am 4./14. Mai in Kölln an der Spree und schloß mit ihm am 6./16. Mai zu Spandau einen Bündnißvertrag ab. Danach wollte Gustav Adolf sofort anordnen, daß dem Herzoge in Hamburg die Werbegelder für drei Regimenter Infanterie ausbezahlt würden. Der Herzog solle in des Königs Namen werben und Führer dieses Heeres sein, stets aber unter dem Oberkommando des Königs stehen und den schwedischen General Achatius Tott, dessen Truppen für Mecklenburg aber erst nach dem Falle Greifswalds verfügbar seien, als militärischen Beirath neben sich haben. Johann Albrecht überließ die Durchführung der Belagerung von Greifswald dem General Tott, meldete am 12./22. Mai von Greifenhagen (Pommern) aus seinem Bruder Adolf Friedrich, er sei auf der schleunigen Heimreise nach Lübeck, und bat ihn, den schwedischen Gesandten Salvius in Hamburg zu veranlassen, nunmehr die von Gustav Adolf bewilligten Werbegelder unverzüglich auszuzahlen.


Sofort nach dem Falle Greifswalds, der am 15./25. Juni erfolgte, erhielt Tott vom Könige den Befehl, mit seinen Truppen in Mecklenburg einzurücken. Er schickte seinen Obersten Pauli voraus, der, wie ein Anonymus dem Herzog Johann Albrecht mittheilte, ohne Widerstand zu finden, Güstrow am 19./29. Juni besetzte. Aber der Aufbruch der Herzöge verzögerte sich, vermuthlich durch den langsamen Fortgang der Werbungen, noch fast einen Monat. Am 17. 27. Juli brachen beide endlich aus Lübeck auf und jeder eilte zunächst nach seiner Residenz. Adolf Friedrich mußte die seinige erst mit Waffengewalt nehmen. Am 17./27. Juli kam der Herzog bis Gadebusch, an den beiden folgenden Tagen marschierte er über Langenbrütz gegen Schwerin, dem er sich vom Spielthun (Spielthor) her näherte. Am Schmiedethor kam es zum kurzen Straßenkampf, bei dem auf beiden Seiten einige Leute fielen. Der Feind wurde ins Schloß zurückgeworfen, wo er sich - etwa zweihundert Mann stark - verschanzte und unter dem Kommando der Hauptleute Kelli und Milatz zehn Tage lang hielt. Als jedoch die Schweden vom Ostorfer Berge aus das Schloß mit Kanonen beschossen, kapitulirte die Besatzung am 29. Juli/8. August und zog am folgenden Tage, zum größten Aerger der herzoglichen Truppen, die auf reiche Beute gerechnet hatten, mit allen Ehren ab. Die Mehrzahl der Kaiserlichen trat sofort in das herzogliche bezw. schwedische Heer ein, Kelli marschierte mit einem kleinen Rest nach Dömitz, Milatz wurde nach Wismar geleitet. Während dieser zehntägigen Belagerung des Schlosses bat Herzog Adolf Friedrich mehrfach den General Tott um Truppen, besonders um Reiterei und Geschütze. Jedoch gab Tott stets an, er könne nichts entbehren, da er vom Könige strengen Befehl erhalten habe, alle verfügbaren Truppen zum königlichen Hauptquartier zu schicken. Auch der Herzog Johann Albrecht, der am 21./31. Juli still und ohne jedes jubelnde Gepränge in Güstrow eingezogen war, klagte bitter über Truppenmangel, der ihn daran hindere, sofort mit Aussicht auf Erfolg gegen Rostock vorzugehen. Es war aber nichts gegen den Willen des schwedischen Generals zu thun. Schrieb doch selbst Gustav Adolf, und zwar mit vollem Recht, aus dem Lager bei Werben am 31. Juli/10. August an den Herzog Adolf Friedrich, er werde einsehen, daß Mecklenburgs Heil jetzt nicht auf der Konservierung etlicher mecklenburgischer Quartiere beruhe, sondern auf der Stärke des königlichen Hauptheeres; dieses aber bedürfe sehr der Ergänzung. Tilly sei von ihm gehörig abgewiesen und wolle sich nun mit aller Macht gegen Mecklenburg wenden, werde aber auch hier die ganze Kraft der schwedischen Armee spüren. Er rieth dem Herzoge, alles Vieh und Getreide in feste Orte, wie Plau, Malchin, Bützow u. A. zu bringen, dann werde dem im Rücken heftig bedrängten Feinde schon bald die Lust an Mecklenburg vergehen; er (der König) müsse aber deshalb unbedingt die Reiterei haben.

Zum Glück für Mecklenburg erfüllten sich diese Befürchtungen Gustav Adolfs nicht!

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg unter Wallenstein