Abschnitt 3. Sommer 1627, Wallenstein mit eisernem Besen, Mecklenburg mit kaiserlichen Truppen besetzt, Salvaguardiabriefe.

Mecklenburg unter Wallenstein – Besitzergreifung


Doch gehen wir wieder zum Sommer 1627 zurück. Wallenstein verstand es, sich binnen kurzer Zeit Mecklenburg militärisch vollkommen zu sichern und von den Dänen zu säubern. Mit eisernem Besen fegte er über das Land, das bis dahin fast ganz von der Kriegsfurie verschont worden war. Zunächst war es sein Bestreben, das flache Land und besonders die Städte vor seinem eigenen Mitkämpfer Tilly und dessen zügelloser und beutegieriger Soldateska zu schützen. Am 11./21. August 1627 befahl er Arnim, soviel feste Orte wie möglich in Mecklenburg mit kaiserlichen Truppen zu besetzen; am 19./29. September wiederholte er den Befehl in verschärfter Form: es seien alle festen Orte Mecklenburgs zu besetzen, und beim geringsten Widerstande der Herzöge: schonungslose Gewalt! Noch mehrfach ergingen Weisungen in diesem Sinne, ja, Arnim erhielt die Erlaubniß, sogar über die von Wallenstein selbst gegebenen Salvaguardiabriefe hinweg handeln zu dürfen. Am 29. September/9. Oktober 1627 beruhigte Wallenstein Arnim wegen dieses rücksichtslosen Vorgehens gegen den General der Liga: er möge sich keine Sorge darüber machen, daß Tilly nicht nach Mecklenburg hinein solle, denn kaiserliche und nicht bayerische Truppen hätten das Land besetzt. Im November befahl er ihm, dafür Sorge zu tragen, daß kein Tillyscher Soldat in Mecklenburg Winterquartier beziehe; auch Güstrow und Schwerin seien, wie schon am 22. September/2. Oktober befohlen, wenn auch nur schwach zu besetzen, damit wenigstens Wallensteinsche Soldaten, oder wie er selbst sie nennt, Kaiserliche, dort seien. So drängte er Tilly völlig von Mecklenburg ab und sicherte sich zunächst den militärischen Alleinbesitz des Landes.


Daneben galt es, die Herzogthümer zu Lande und besonders zu Wasser gegen Dänemark wirksam zu schützen. Hauptsächlich ein etwaiger Angriff von der See her machte ihm große Sorge, da er den Dänen keine Seemacht entgegenstellen konnte und daher stets auf dem Sprunge sein mußte, dahin zu eilen, wohin diese ihre Schiffe lenkten. Seine eifrigen Bemühungen um Schaffung einer Kriegsflotte schlugen gänzlich fehl, und so ließ ihm, wie er selbst mehrfach sagt, die Sorge um genügende Besetzung und Befestigung der beiden mecklenburgischen Seestädte - Wismar mit der vorliegenden Insel Poel und Rostock mit dem Hafen Warnemünde - keinen ruhigen Augenblick. Ende 1627 und Anfang 1628 ergingen fast täglich Wallensteinsche Schreiben zuerst an den Obersten von Arnim, nachher an den Obersten von St. Julien, seinen Stellvertreter in Mecklenburg, wegen der Besetzung und Befestigung dieser Städte, denen man durch Bedrohung mit Citadellen und Einlegung von Garnisonen "einen Zaum ins Maul legen" müsse. Zwar war Wallenstein am 29. September/9. Oktober 1627 noch ganz damit einverstanden, daß Arnim mit Rostock glimpflich verfahre, aber nach der Besetzung Wismars (10./20. Oktober 1627) und besonders nach der Einnahme des Hauses Poel (21. November/1. Dezember 1627) trat er ganz anders Rostock gegenüber auf.

Am 6./16. Oktober 1627 verlangte der Oberst von Arnim von dem Herzoge Adolf Friedrich, der in der Veste Poel weilte, die Uebergabe von Wismar, worauf der Herzog eine entsprechende Aufforderung an die dortigen Bürger schickte, die aber zunächst schroff abgewiesen wurde. Schnell jedoch schlug die Meinung in der Stadt um, die Bürger baten um 3 Tage Bedenkzeit, die dem Herzog für sie von Arnim bewilligt wurden. Am 10./20. Oktober wurde die Kapitulation abgeschlossen. Danach mußte Wismar eine kaiserliche Besatzung von 1000 Mann aufnehmen, die nach Beendigung des dänischen Krieges wieder herausgenommen werden sollte; in Religionssachen bleibe alles unverändert; die wismarschen Schiffe müßten zum kaiserlichen Dienste gegen Entschädigung zur Verfügung stehen. Wismar selbst war nun zwar in der Hand Wallensteins, aber nach der See hin war es noch immer durch die von den Dänen unter Oberst von Schlammersdorf besetzte Insel Poel in Fesseln gelegt, während die darauf befindliche kleine Festung, das Haus Poel, von ihrer schwachen mecklenburgischen Besatzung tapfer und erfolgreich gegen die Dänen behauptet wurde. Am 23. Oktober/2. November befahl Wallenstein, Haus und Insel Poel zu besetzen. Da in Kurzem in Mecklenburg eine "Mutation" vorgenommen werde, sollte das Land möglichst von Truppen befreit und nur Dömitz und die beiden Seehäfen mit Garnisonen belegt werden. Aber erst am 21. November/1. Dezember 1627 kam das Haus Poel durch freiwillige Uebergabe seitens des Herzogs Adolf Friedrich - Schlammersdorf war während der Zeit schon von der Insel abgezogen - in die Hand des Wallensteinschen Obersten Hebron. Nach den Bedingungen sollte Arnim beim Kaiser besonders das Freiwillige der Uebergabe hervorheben. Auch diese Veste sollte, wie Dömitz, nach Beendigung des dänischen Krieges wieder an den Herzog ausgeliefert werden.

Nun wandte sich Wallenstein gegen Rostock, den einzigen Ort des Landes, den er noch nicht in seiner Gewalt hatte. Dort hatten die Bürger im November 1627 begonnen, Befestigungen um ihre Stadt aufzuführen. Sofort befahl Wallenstein dem Obersten von Arnim, nicht nur die Ausführung dieser Bauten zu verhindern, sondern auch schleunigst die stärksten Gegenbauten und Citadellen vor Rostock aufzuführen. Es begannen nun langwierige Verhandlungen zwischen der Stadt Rostock und dem Obersten von Arnim über die Kontribution der Stadt, in deren Verlaufe man sich auf die von ihr zu zahlende einmalige Summe von 140000 Thalern einigte, wogegen sie frei von Einquartierung bleiben sollte. Wallenstein erklärte sich am 22. November/2. Dezember 1627 damit einstweilen für einverstanden, fügte indessen sogleich Arnim gegenüber die Beschränkung hinzu, daß diese Abmachung nur ein Provisorium für einige Monate sei. Schon am 5./15. November 1627 hatte Wallenstein den Obersten von Arnim dringend aufgefordert, Rostock wie Wismar so stark zu befestigen, daß sie sich auch mit kleineren Garnisonen vertheidigen könnten, und fast in jedem Briefe kehrte der Befehl zum Citadellenbau wieder, "denn der Herr gar wol weis das die grosse stett ohne Citadell gar nichts werth sein". Im Februar 1628 schickte Wallenstein mehrfach Befehle, auch Warnemünde zu befestigen und zu besetzen und ließ durch den Obersten von St. Julien weiter mit der Stadt verhandeln. Dieser führte während dessen mit unbeugsamer Strenge durch Fronarbeiten der umwohnenden Bauern den Bau der Schanze an der Mündung der Warnow aus und meldete am 19./29. Februar 1628 an Wallenstein die Vollendung dieses Befestigungswerkes.

In den Augen der Ausländer galt Rostock, dessen Hafen durch diesen Schanzenbau in die Gewalt Wallensteins gekommen war, nunmehr für gut kaiserlich, und sofort ließ Christian IV. von Dänemark den Handel Rostocks lahm legen, indem er die in dänischen Häfen liegenden Rostocker Schiffe festhielt und die auf hoher See befindlichen kaperte. Rostock schickte deshalb Gesandte an Wallenstein, die Mitte März in Gitschin vor ihm erschienen und besonders um Herausgabe der Warnemünder Schanze, sowie auch unter anderem um Verschonung mit Einquartierung baten. Als die Verhandlungen im besten Gange waren, lief die für die Rostocker ungünstige Meldung St. Juliens ein, daß Pöbel und Seeleute, insgesammt etwa 2000 Mann, sich in Rostock zusammengerottet und den Kaiserlichen gedroht hätten, sich mit den Dänen zu vereinigen und die Warnemünder Schanze zu stürmen, auch halte er die Ritterschaft nicht für unschuldig an dem Aufruhr. Wallenstein, aufs Höchste gereizt, befahl sofortige Entwaffnung der Bürger und Beschleunigung des Citadellenbaues. Indessen versprach er, nachdem am 9./19. April die Nachricht von der geschehenen Pfandhuldigung eingetroffen war, den erschrockenen Gesandten Einquartierungsfreiheit für ihre Stadt, wenn nicht ratio belli es anders erfordere, sowie Freiheit von der Landeskontribution wegen der bis dahin geleisteten übergroßen Beiträge zu den Kriegsbedürfnissen.

Schon am 17./27. Februar 1628 sprach Wallenstein Arnim gegenüber die Befürchtung aus, daß, wenn Jener jetzt von Stralsund unverrichteter Dinge abzöge, die übrigen Städte (besonders Wismar und Rostock) sich ein Herz fassen und anfangen würden, Befestigungen anzulegen; sein Mißerfolg vor Stralsund im Sommer 1628 bestärkte ihn vielleicht in dieser Befürchtung und er beschloß, nunmehr sich Rostocks völlig zu bemächtigen. In der Nacht vom 15./25. zum 16./26. Oktober 1628 rückte er, nachdem er vorher den Bürgern durch eine List den Brotvorrath abgelockt hatte, vor die Stadt und verlangte sofortige Einnahme einer Garnison. Nach vielen Verhandlungen sowohl zwischen Wallenstein und dem Rathe, der das Nutzlose eines Widerstandes einsah, wie zwischen diesem und den Bürgern, die sich auf nichts einlassen wollten, und nachdem es beinahe zur Erstürmung gekommen war, wurde am 17./27. Oktober 1628 die Kapitulation von Wallenstein unterschrieben, wobei er nochmals versicherte, die Garnison solle nur zum Schutze der Stadt gegen König Gustav Adolf von Schweden dienen. Auch Rostock wurde, ebenso wie Wismar, zunächst mit 1000 Mann belegt. Wallenstein selbst hat die Stadt niemals betreten.

Neben diesen beiden wichtigsten und festesten Städten Mecklenburgs wurden auch die Residenzstädte Schwerin und Güstrow nicht vergessen; sie erhielten trotz der ihnen gegebenen Salvaguardiabriefe ihre, wenn auch nur geringe, kaiserliche Besatzung. Bereits Ende Dezember 1627 waren sie mit überwinternden Wallensteinschen Truppen belegt worden, hatten indessen dann Freiheit von Einquartierung erhalten. Diese Vergünstigung wurde ihnen aber nicht allzulange zu Theil, denn schon am 16./26. März 1628 besetzte Morgens um 7 Uhr der kaiserliche Hauptmann Samuel Hoffmann auf Befehl des Obersten von St. Julien auch das Schloß zu Schwerin mit einigen Soldaten, ohne daß der dort anwesende Herzog Adolf Friedrich irgendwelchen Widerspruch dagegen erhob. Die Stadt Güstrow aber beschwerte sich am 26. Mai/5. Juni 1628 darüber, daß sie trotz ihrer schweren Lasten für Winterquartiere auch zur Zeit der kaiserlichen Kommission, des Land- und Huldigungstages unter der Soldateska habe leiden müssen. Daß Güstrow später, so lange es Residenz Wallensteins war, mit einer ständigen Sicherheitswache belegt wurde, ist als selbstverständlich anzunehmen.

Siehe Bild 1

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg unter Wallenstein