Abschnitt 2. Die protestantischen Herzöge von Mecklenburg, Einberufung der Stände, Altringer und Walmerode in Begleitung der Vertreter Wallensteins.

Mecklenburg unter Wallenstein – Besitzergreifung


1) Wallenstein wendete stets den neuen Kalenderstil an, während die protestantischen Herzöge von Mecklenburg nach dem alten Stile rechneten. Es sind daher hier stets beide Datierungen angegeben.
2) Schweriner Archiv: Acta invas. host. Vol. IX. (Korrespondenz zwischen den Herzögen Adolf Friedrich und Johann Albrecht.)


so müßten sie sich mit einer Protestation verwahren. Schließlich riet er seinem Bruder zur sofortigen Einberufung der Stände, mit denen man auch wegen Erleichterung der Einquartierungslasten sich bereden könnte.

Drei Tage später, am 6./16. März 1628, erteilte der Kaiser dem mecklenburgischen Abgesandten von Plessen die kurze Antwort, es bleibe zunächst bei seinem früheren Bescheide und er müsse erst den Bericht der nach Mecklenburg geschickten Kommissare erwarten, ehe er sich auf weitere Verhandlungen einlassen könnte.

Altringer und Walmerode waren indessen, wie gesagt, in Begleitung der Vertreter Wallensteins, nämlich des Obersten Heinrich von St. Julien, des Dr. Justus Lüders sowie des Dr. Heinrich Niemann, in Boizenburg an der Elbe eingetroffen und hatten am 11./21. März die mecklenburgischen Landstände zum 23. März/2. April nach Güstrow zusammenberufen. Gegen diese Einberufung legten die Herzöge sofort bei den Kommissaren sowie bei dem kaiserlichen Abgesandten in Lübeck, dem Grafen von Schwarzenberg, Protest ein. Sie befahlen aber dann doch den Ständen, die von ihnen zur Vertretung ihrer Rechte vor der Kommission den Hofgerichtsassessor Dr. Heinrich Schuckmann als Beistand erhalten hatten, aus Ergebenheit gegen den Kaiser, der Ladung Folge zu leisten.

Zahlreich fanden sich die Landstände an dem festgesetzten Tage in Güstrow ein, und unter dem Schutze kaiserlicher Truppen begannen im Schlosse die Verhandlungen über die Einsetzung Wallensteins als Herzogs von Mecklenburg, die Absetzung und Vertreibung der angestammten Fürsten. Am 24. März/3. April reiste auch der Herzog Adolf Friedrich nach Güstrow, wie er in seinem Tagebuche angiebt, um die Absichten der Kommissare zu erfahren und, wenn möglich, zu hintertreiben.

Beide Herzöge baten um Aussetzung des Kommissoriums, da sie sich nochmals an den Kaiser zur Untersuchung der Sache wenden und die Zahlung der Wallenstein zuerkannten Kriegsgelder selbst übernehmen wollten. Auch die Stände erklärten sich zur Uebernahme dieser Schuld bereit und baten um eine Frist von drei Monaten. Trotz aller Bitten aber erlangten sie von den Kommissaren, die sich auf die ihnen gegebenen Befehle beriefen, nur einen Aufschub von wenigen Tagen. Am 29. März/8. April stellten die Stände die Bedingung auf, daß sie unter dem neuen Herrn bei der augsburgischen Konfession sowie allen Privilegien und Rechten erhalten blieben und es ihnen freistehe, sich der Herzöge anzunehmen und beim Kaiser für sie um Verzeihung zu bitten. Die Kommissare lehnten eine uneingeschränkte Bewilligung dieser Bedingung ab: von einer solchen Konfirmation stehe nichts in ihrem Kommissorium, Mecklenburg werde an Wallenstein mit denselben Rechtszuständen übergehen, wie es die Herzöge inne gehabt hätten. Nachdem Dr. Schuckmann Namens der Stände erklärt hatte, sie hätten von dem Obersten von Arnim gehört, daß ihre Herzöge sie des Gehorsams entlassen hätten, erfolgte noch an demselben Tage (29. März/8. April 1628) unter Reservation der Religion, Privilegien und Gerechtigkeiten die Huldigung für den neuen Pfandbesitzer Mecklenburgs, Albrecht von Wallenstein. Am folgenden Tage wurde der Kommissionsabschied unterschrieben, daß die Herzoge binnen vierzehn Tagen die Residenzen räumen sollten. Es war dies eine Forderung, auf deren Verwirklichung Wallenstein schon lange bei seinem Stellvertreter St. Julien gedrängt hatte. Wie oben bereits erwähnt, hätte er es gerne gesehen, wenn die Herzöge schon 1627 hätten "durchgehen" wollen zum Schweden oder sonst wo hin, da er sie nicht im Lande zu sehen begehrte, wo sie zuvor geherrscht haben; am 30. Januar/9. Februar 1628 befahl er in seiner drastischen Art dem Obersten St. Julien, die Fürsten unbedingt zu entfernen, "denn zween Hanen auf einem Müst taugen nicht zusammen". Immer wieder drängte er in seinem Schreiben darauf, daß die Herzöge "per amor o per forza ' aus dem Lande geschafft würden, "quia salus suadet". Am 10./20. April bewilligte er ihnen noch einen fünfzehntägigen Aufenthalt auf den Leibgedingsgütern ihrer Gemahlinnen; aber auch die Herzoginnen müßten außer Landes gehen, könnten jedoch diese Güter behalten und durch eigene Beamte für ihre Rechnung verwalten lassen. Am 11./21. Mai verlangte er wiederum sofortigen Abzug, der denn auch am 12./22. Mai erfolgte.

Vor einer Frau aber mußte sich auch der eiserne Wille Wallensteins beugen: trotz aller Befehle und Anfeindungen verließ die verwittwete Herzogin-Mutter Sophie ihren Wittwensitz Lübz nicht und setzte es schließlich auch bei Wallenstein durch, daß sie dort verbleiben konnte. Am 14./24. Mai 1628 schrieb er an St. Julien: "Was aber die alte Herzogin betrift, solches remitire ich alles in des Herrn discretion, viel lieber wolte ich schon das sie auch weck ziehen thete, vermeint aber der Herr, das nicht sein kan, so seys."

Hatten die Herzöge, noch während sie im Lande waren, sich eifrig nach Unterstützung umgesehen, so vergrößerte die Verbannung naturgemäß ihre Anstrengungen.

Die zum Theil nur kärglich erhaltenen Akten aus dieser für sie so traurigen und entbehrungsreichen Zeit geben uns kaum ein schwaches Bild von dem Briefwechsel, der von den Herzögen in der Zeit ihres Exils von ihren sächsischen Wohnorten sowohl wie später von Lübeck aus geführt worden ist. Kein Fürst, Niemand von Rang oder Stand, von dem man annehmen konnte, daß er. irgend Einfluß beim Kaiser habe, wurde übergangen. Alle Kurfürsten, der König von Spanien, die Infantin zu Brüssel, der spätere römische König Ferdinand III., österreichische Erzherzöge, der Erzbischof von Bremen und andere Reichsfürsten, Mitglieder des Reichshofraths und des kaiserlichen geheimen Raths, ja sogar Tilly und Wallenstein selbst wurden um ihre Interzession gebeten. Dazu verband ein überaus reger Briefwechsel den Herzog Adolf Friedrich in Torgau, dann in Reinharz, mit seinem Bruder Johann Albrecht in Harzgerode über die abzuschickenden Schreiben, die vielfach quälenden Geldsorgen und die Pläne für die Zukunft.

Den Höhepunkt erreichten diese Bemühungen der Herzöge in der Abfassung der umfangreichen Apologie, auf deren Anfertigung schon im Juni 1629 ihr Agent zu Wien, Jeremias von Burgdorf, zugleich Agent Kursachsens, drängte. Der erste Theil dieser Schrift ist eine geschichtliche Darstellung der jüngsten Verwickelungen in Norddeutschland, der zweite eine Sammlung von Akten- und Urkundenmaterial, das den Beweis für die Unschuld der Herzöge liefern sollte. Die Zusammenstellung dieser Schriftstücke war ihnen dadurch bedeutend erschwert worden, daß Wallenstein, um authentische Beweise für ihre Schuld zu erlangen, ihre Archive sofort eingezogen und jede Benutzung verhindert hatte. Trotzdem ist in der Schrift ein sehr umfangreiches Aktenmaterial geschickt zusammengestellt, und es geht für jeden unbefangen Denkenden klar daraus hervor, daß die Herzöge nicht mehr Schuld trugen, wenn überhaupt von einer Verschuldung die Rede sein kann, als die übrigen Mitglieder des niedersächsischen Kreises auch, und daß diese überaus schwere Bestrafung der Fürsten durchaus unverdient und ungerecht war. Was das Zustandekommen dieser Apologie betrifft, so kann ich mich nur der von Schulenburg geäußerten Ansicht anschließen. Christoph von Hagen hat den Grund gelegt, auf dem der Rath Cothmann weiter baute und schließlich dem Gebäude den Schlußstein aufsetzte. Daß Dr. von Hagen an der Arbeit betheiligt war, sie aber nicht zu Ende geführt hat, ergiebt sich meines Erachtens auch aus einer neuerdings gefundenen Rechnung in den Akten des Schweriner Archivs; es heißt dort:

"Verzeichnus was D. Christoph von Hagen die Zeit über als er die Apologiam verfertiget alhie in Lübeck verzehret."

Dann sagt Dr. von Hagen selbst am Schlusse: "Ist bis auf den 4 Januarii des jetzigen 1630. Jahrs, da ich davon abgetreten, 9 wochen", nämlich, daß er bei Jacob Beckmann eingezogen ist

Am 26. Mai/5. Juni 1630 untersiegelten die Herzöge die Schrift, die in 65 gedruckten gebundenen Exemplaren verschickt und zum größten Theil durch den Rath Simon Gabriel zur Nedden auf dem im Juni eröffneten Kurfürstentage zu Regensburg vertheilt wurde. Sie machte ungeheures Aufsehen und wurde viel verlangt, aber auch heftig angefeindet und verfolgt.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg unter Wallenstein