Abschnitt 1. Katholizis in Mecklenburg, Graf Ernst von Mansfeld, Herzog Christian von Braunschweig und König Christian IV. von Dänemark waren unterlegen. Der siegreiche Tilly in Norddeutschland.

Mecklenburg unter Wallenstein – Besitzergreifung


Der Katholizismus hatte im Jahre 1626 auf der ganzen Linie gesiegt, Graf Ernst von Mansfeld, Herzog Christian von Braunschweig und zuletzt der König Christian IV. von Dänemark waren unterlegen. Aber auch nach der Niederlage des Dänenkönigs, des erwählten Obersten des niedersächsischen Kreises, blieb der siegreiche Tilly in Norddeutschland stehen, um gestützt auf seine erdrückende Truppenmacht, die religiösen Reaktionspläne des Kaisers in den reichen Stiftern dieser Länder zu verwirklichen, und stand drohend südwestlich von Mecklenburg denn an der untern Elbe sich festsetzenden Dänen gegenüber.


Von Südosten her aber nahte sich noch eine andere Armee, einer gewitterschweren Wolke vergleichbar, das Heer Wallensteins, der nach Besiegung des Grafen von Mansfeld in Eilmarschen aus Schlesien wieder gen Norden gegen die Dänen zog, deren völlige Niederwerfung er seinem ligistischen Nebenbuhler Tilly nicht gönnte. Schlesien, Sachsen, Brandenburg waren vom Feinde gesäubert, so blieb neben Pommern nur noch Mecklenburg übrig, dessen westliche und südwestliche Teile von den Truppen König Christians besetzt waren.

Die mecklenburgischen Herzöge Adolf Friedrich I. von Schwerin und Johann Albrecht II. von Güstrow selbst hatten sowohl dem Kaiser wie ihren Landständen gegenüber des öfteren erklärt, sie seien zu schwach, um die Dänen mit Waffengewalt aus dem Lande vertreiben zu können. Auf friedliche Verhandlungen aber ließ sich Christian IV. gar nicht ein, rücksichtslos ließ er durch seinen Oberst-Wachtmeister von Schlammersdorf am 3./13. Januar 1627 den Westen Mecklenburgs samt der kleinen aber wichtigen Elbfestung Dömitz mit 400 Mann, die allerdings sofort dem Befehl des mecklenburgischen Hauptmanns Gerhard Oberberg unterstellt wurden, besetzen. Tilly blieb zunächst bis zum Sommer 1627 ruhig in den Braunschweig-Lüneburgischen Landen stehen und schrieb von dort aus an die Herzöge von Mecklenburg seine erfolglosen Briefe und Ermahnungen. Erst im Juli 1627 begann er seinen Vormarsch gegen die Dänen und überschritt im August die Elbe; zur selben Zeit aber näherte sich auch Wallenstein dem Lande, das fast vier Jahre hindurch seinem unbeschränkten Willen untertan sein sollte.

Zunächst betrat er selbst jedoch die Herzogtümer noch nicht, sondern schickte zwei seiner hervorragendsten Offiziere, den Grafen Heinrich Schlick und den Obersten Johann Georg von Arnim, voraus. Graf Schlick zeigte sofort, wie Wallenstein sich Tilly gegenüber stellen wollte, indem er den Kommandanten von Dömitz, Gerhard Oberberg, beweg, die Festung durch Akkord ihm zu übergeben. Die Kapitulation, in der Oberberg sehr günstige Bedingungen erhielt, wurde am 21./31. August 1627 abgeschlossen, obwohl Tilly schon seit einiger Zeit mit dem Herzoge Adolf Friedrich wegen Einräumung der Festung verhandelt hatte. Durch den Besitz dieser Stadt, der vertragsmäßig allerdings nur für die Zeit des dänischen Krieges vorgesehen war, schloss Wallenstein den gefährlichen Nebenbuhler von einem Eingreifen in die mecklenburgischen Verhältnisse, von dem entscheidenden Kampfe gegen den Dänenkönig aus.

Hatte selbst Tilly noch im November 1627 die Ergebenheit der Herzöge dem Kaiser gegenüber gerühmt, hatte im August 1627 Wallenstein zu ihrem Abgesandten Friedrich von Damnitz gesagt, er habe keinen Befehl, einen Reichsfürsten, der das Schwert gegen den Kaiser nicht gezückt habe, anzugreifen, so ballte sich das drohende Unwetter dennoch am Ende dieses selben Jahres zusammen und sandte in seinen letzten Tagen den verheerenden Blitzstrahl aus. Trotz freiwilliger Übergabe von Wismar und Poel an Wallensteins Offiziere, trotz vieler Verhandlungen des mecklenburgischen Agenten am Kaiserhofe, Jeremias Pistorius von Burgdorf, selbst durch eigens abgefertigte Gesandte vermochten die Herzöge nicht, den Sinn des Kaisers ihnen freundlicher zu stimmen; stets warf er ihnen Ungehorsam gegen seinen letzten, am 23. Juni/3. Juli 1627 erlassenen Befehl, die dänischen Truppen mit Gewalt aus dem Lande zu bringen, vor. Und doch hatten die Herzöge dieses Schreiben nicht nur erst am 1./11. August erhalten, sondern sie waren auch in der That militärisch viel zu schwach, um den Befehl mit Aussicht auf Erfolg ausführen zu können.

Wallenstein bearbeitete inzwischen selbst und durch seine Freunde am Kaiserhofe die leitenden Beamten des Kaisers für seinen Plan, den er am 19./29. Oktober 1627 dem Oberstlieutenant von St. Julien ankündigte 1): Absetzung der Herzöge wegen Hochverrats und Belehnung Wallensteins mit Mecklenburg zur Entschädigung für seine ausstehenden Kriegsforderungen. Zwei Parteien stritten lange am Hofe des Kaisers über diese Pläne und ihre Berechtigung, schließlich siegte Wallenstein mit Hülfe des jesuitischen Einflusses bei dem engherzig-katholischen Kaiser und schon am Ende des Jahres, wahrscheinlich am 9./19. Dezember 1627, 2) übergab dieser in geheimer Audienz zu Brandeis die Herzogtümer Mecklenburg an Wallenstein, vorerst allerdings, wie die für die Öffentlichkeit bestimmte Urkunde ausspricht, nur als Unterpfand für die von ihm vorgeschossenen Kriegsgelder, "bis Sr. Liebden angeregte Kriegsunkosten erstattet und bezahlet worden". 3) Johann von Altringer und Reinhard von Walmerode wurden als kaiserliche Kommissare am 22. Januar/1. Februar abgesandt, um das kaiserliche Patent in Mecklenburg zu verkünden, die Untertanen ihres den Herzögen geleisteten Treueides zu entbinden und auf Wallenstein, den neuen Herrn, in der Pfandhuldigung zu verpflichten.

Man hatte vielleicht am Kaiserhofe gehofft, dass die Herzöge, aufs Höchste bestürzt, ihr Land sofort verlassen würden, um hilfesuchend nach Dänemark oder Schweden zu gehen. Auch Wallenstein hatte diese Hoffnung geteilt; denn er schrieb am 6./16. 1 ) November 1627 an Arnim, wenn der ältere oder der jüngere Herzog nach Schweden wollten, so solle er ihnen dabei helfen, er würde ihm, Wallenstein, damit einen großen Dienst erweisen. Die Herzöge blieben jedoch zunächst im Lande, und versuchten durch verschiedene Gesandtschaften an den Kaiser, an Tilly, ja an Wallenstein selbst, sowie durch Bitten an mehrere Fürsten um Interzessionalschreiben, diesen Beschluss des Kaisers rückgängig zu machen.

Alles war vergebens. Die Kommissare waren bereits Ende Februar 1628 in Boizenburg an der Elbe eingetroffen und Arnim hatte Mecklenburg schon zum Teil besetzt. Am 3./13. März riet 2 ) Herzog Adolf Friedrich seinem Bruder Johann Albrecht, der stündlich auf das eintreffen Arnims in Güstrow wartete, wenn die kaiserlichen Kommissare ernstlich die Pfandsumme von 700 000 Thalern einforderten, so müssten sie ihre Schuldlosigkeit einwenden, und dass ihre Gesandten am kaiserlichen Hofe noch auf Bescheid warteten, sowie dass sie schon viele Tonnen Goldes verloren hätten und das Geld nicht zahlen könnten. Wenn die Kommissare Ritter- und Landschaft zusammenberiefen, so müssten sie, die Herzöge, Gesandte an sie abschicken und auf die von Kaiser und Reich den Herzögen erteilten Regalien, wie das jus convocandi subditos hinweisen, sowie auf die Anfangs beim Einrücken der kaiserlichen Armee ihnen gegebenen Versprechungen, müssten ferner um Aufschub bitten und nochmals beim Kaiser vorstellig werden. Wäre auch dieses nutzlos,




1) Jahrb. 40, S. 93, Nr. 2.
2) Diesen Tag macht Gindely (I, S. 365) als den richtigen geltend, indem er der Khevenhüllerschen Aufzeichnung den Bericht entgegenstellt, den der päpstliche Nuntius Caraffa bereits am 29. Dezember 1627 n. St. über den Vorgang nach Rom richtete. Auch Wallenstein berichtet schon am 20. Dezember 1627 n. St. aus Brandeis an Arnim über die "Mutacion" mit Meklenburg: "allbereit ist es accordirt". (Förster, Briefe I, S. 169, Nr. 100.)
3) So das Patent vom 1. Februar 1628 n. St. durch das Johann Altringer und Reinhard von Walmerode als kaiserliche Kommissarien und Exekutoren eingesetzt wurden. (Gedr. Förster, Briefe I, S. 291.) Das Schweriner Archiv bewahrt bei den Homagialakten eine nicht ganz vollständige Abschrift einer sog. Konzessionsurkunde über die Herzogthümer (leider ohne Datum), die sich inhaltlich enge an das Patent anschließt, und in der gleichfalls die Herzogtümer Wallenstein "zu einem währenden Unterpfande so lang unablöslich" übergeben werden, "bis Se. Liebden angeregter Kriegesunkosten zu derselben billigmäßigen Satisfaction und Genügen wieder erstattet und bezahlet worden sein". Diese Urkunde, die nach dem Fundorte namentlich auf Mecklenburg berechnet zu sein scheint, tritt also noch zu den von Gindely, I, S. 367 f., besprochenen Urkunden, in denen der Handel in Kaufesform ausgedrückt wurde. (Der Kaufbrief vom 26. Januar 1628 n. St. ist gedruckt bei Förster, Proceß, S. 91.) Obschon diese Form auch in die Öffentlichkeit gelangte, wie des päpstlichen Nuntius Caraffa's Bericht nach Rom vom 12. April 1628 (Gindely, I, S. 367) und ein Bericht an Oxenstierna vom Mai 1628 (Axel Oxenstierna's Skrifter och Brefvexling II. Reihe, Bd. 10, S. 112) beweisen, scheint in den Herzogtümern nur die Form des Unterpfandes bekannt geworden zu sein. Die pfandweise Überlassung des Bistums Schwerin erfolgte auch am 26. Januar 1628 n. St. in urkundlicher Form (Gindely, I, S. 367).

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg unter Wallenstein