Abschnitt 26

8) Soll nach genommenen Besitz der Vier LandesKlöster durch Unseren ComitialGesandten in Regensburg dem Reichstage die Anzeige gemacht werden, daß Wir von der Uns Zustehenden Befugniß Von Sämtlichen LandesKlöstern denn Schohnensten Gebrauch gemacht haben.“

In den Beratungen des Regierungskollegiums über diese Kabinettsresolution war eine Einstimmigkeit nicht zu erzielen. Während Krüger und Rudloff die Frage des Ob durch die herzogliche Entschließung für erledigt betrachteten und nur über das Wie teilweise anderer Meinung waren, fand sich Graf Bassewitz, dem sich Brandenstein in allen Punkten anschloß, dadurch, daß von Berlin gar keine und von Braunschweig eine so unbestimmte Antwort gekommen war, in seinen Zweifeln über die Ratsamkeit der ganzen Maßregel noch mehr bestärkt und wünschte dringend mindestens einen Aufschub bis dahin, daß andere Reichsfürsten in gleicher Lage mit einer Einziehung der Klöster und Stifter vorgegangen sein würden. Unter diesen Umständen kam man überein, dem Herzog statt eines gemeinschaftlichen Erachtens vielmehr die abgegebenen Vota originaliter vorzulegen. In einer daraufhin unterm 29. Juni ergangenen Kabinettsordre erklärte der Herzog, er bestehe zwar auf seinem Entschluß betreffs der Veränderung mit den Landesklöstern, sei aber bereit, von der Ausführung einstweilen Abstand zu nehmen; indessen werde er es gern sehen, wenn die Regierung Vorschläge mache, „die eine Unterhandlung mit dem Lande wegen Veränderung der Klöster veranlaßten, oder auch, daß das Land für das Recht, welches er vielleicht nicht in Anwendung bringen werde, dem herzoglichen Hause auf ewige Zeiten eine jährliche Revenue von etwa 60 000 bis 80 000 Talern mehr gebe.“


In einem Promemoria vom 4. Juli versicherte das Regierungskollegium seine Bereitwilligkeit, „nach gehobenen Bedenklichkeiten diese Angelegenheit in Anrege zu bringen und alle Umstände zu benutzen, welche sich ereignende Gelegenheiten etwa herbeiführen möchten, um die höchste Absicht, so viel möglich, durch Unterhandlungen zu erreichen.“ Es sei aber zu bemerken, „daß der Erfolg den geäußerten höchsten Erwartungen wohl nie gleichkommen könne“, denn wenn auch die Gesamteinnahme der Klöster nicht genau bekannt sei, so könne doch mit Sicherheit angenommen werden, daß sie jährlich nicht 60 000 bis 80 000 Taler betrage 28). „Hätte“ - so fährt das Promemoria fort - „der dem Collegio ohnlängst gnädigst eröffnete Plan zur künftigen Einrichtung der Klöster sofort ganz zur Anwendung gebracht werden können: so würde der Überschuß, so lange die jetzigen Percipientinnen leben, nur unbedeutend, in der Folge nur geringfügig, wahrscheinlich aber wol nie, wenigstens nicht ohne große Veränderung aller Umstände so groß gewesen sein als die geäußerte Summe. Eine anderweitige Bewilligung des ganzen Landes für die Nichtanwendung der etwanigen höchsten Rechte und Erhaltung der Klöster bei ihrer jetzigen Verfassung stehet nicht in Vorschlag zu bringen und zu erwarten, weil bekanntlich nur ein Teil der Ritterschaft an den drey Landesklöstern Anteil nimmt, und die Landschaft daran durch den Vergleich mit der Ritterschaft d. a 1737 und den § 125 des Landesvergleichs nur in beschränktem Maaße participiret, mithin die Erhaltung der Klöster nur einen Teil der Landstände interessiret.“

Also Bedenken über Bedenken. Und nun kam endlich die so lange erwartete Antwort des Königs von Preußen, die völlig ernüchternd wirkte. Dieses vom 16. Juni datierte Schreiben lautete:

„Das Vertrauen ist Mir sehr Schätzbar, mit welchem Ew. Durchl. in Ihren gefälligen Zuschriften vom 25. Januar und 4. Mai d. J. Meine Meinung über die Auslegung und Anwendung der §§ 35 und 36 des Reichs-Deputations-Receßes vom 25. Februar v. J. in Absicht der in Ihren Landen befindlichen Jungfrauen-Klöster haben nachsuchen wollen.“

„Ich glaube diesem Vertrauen nicht freundschaftlicher zu entsprechen, als wenn Ich Ew. Durchl. Meine Ueberzeugung eröffne, daß eine Anwendung des Recees schon deshalb nicht whl werde eintreten können, weil ihr anderweitige Rechte und rechtliche Verhältniße entgegen stehen, die auf den Klöstern haften. Die dortige Ritter- und Landschaft hat slche zu reclamiren, vermöge der Uebereinkunft vom Jahre 1572, wodurch ihr die Klöster Dobbertin, Malchow und Ribnitz gegen Uebernahme sehr beträchtlicher Schulden, und zur Auferziehung und Versorgung einländischer Jungfrauen überwiesen worden, und vermöge der Bewandniß, die es in ähnlicher Art mit dem Kloster zu Rostock hat. Da dieselbe in beiden Herzoglichen Landestheilen nur Eine Corporation und Eine Gemeinschaft ausmacht, so stehen auch dem Herrn Herzog von Mecklenburg-Strelitz landesverfaßungsmäßige Rechte und Mit-Ansprüche über jene drei Klöster zu. Dieses sind jura quaesita, die der Deputations-Receß, nach seinem Sinn und Inhalt nicht hat aufheben können noch wollen. Selbst Mein Königliches Churhaus hat hierauf zu halten noch ein gewißes Recht, vermöge des schiedsrichterlichen Amtes, welches Churfürst Joachim II. von Brandenburg nach der Mitte des Sechszehnten Jahrhunderts zur Beilegung damaliger Irrungen in Mecklenburg ausgeübt hat 31), indem in seinem erlaßenen Ausspruch das Verbleiben der Jungfrauen-Klöster ausdrücklich festgesetzt worden.“

„Da dieses Verbleiben überdies für so viele in Meinen Militair- und Civil-Diensten stehende Mecklenburgische Edelleute, welche ihre Töchter und Verwandte in den Klöstern versorgt sehen und künftig zu versorgen Aussicht haben, von ausnehmender Wichtigkeit ist, so läßt Mich dies nach der obigen Bewandniß um so mehr wünschen, daß Ew. Durchl. von dem etwanigen Vorhaben einer Aufhebung der Klöster zu abstrahiren gut finden wollen, als solche nur großen Collisionen, Irrungen und unabsehbaren Schwierigkeiten die Thüre öffnen würde.“

Am 8. Juli erging dann von Doberan aus an das Regierungskollegium ein herzogliches Reskript: „Vor einigen Tagen haben Wir anliegendes Antwortschreiben Sr. Majestät von Preußen, in der Angelegenheit der Aufhebung der LandesKlöster erhalten, welches Uns denn föllig bestimmt hat, es bey Unserer Resolution vom 29. m. p. zu laßen.“

Damit schließen unsere Akten. Aber auch weiterhin haben die Klosterangelegenheiten sowohl den Herzog als auch den Erbprinzen, der allerdings die Auffassung seines Vaters nicht durchaus teilte, beschäftigt. Ihre Erledigung fand die Sache erst auf dem Rostocker Konvokationstage vom 1. September bis 4. Oktober 1808 und durch die sich an ihn anschließenden Verhandlungen. Stände bewilligten eine „Beihülfe von 80 000 Talern N 2/3 aus den Überschüssen der Landesklöster zu den dringendsten Bedürfnissen des Augenblicks“, wogegen der Herzog durch den Vergleich vom 25. April 1809 auf etwaige aus dem Reichsdeputationshauptschluß abzuleitende Ansprüche auf die Klöster verzichtete.




28) Nach dem am Klostersonntag 14. Dezember 1913 erstatteten Bericht betrug das Kapitalvermögen der drei Landesklöster am Schlusse des Rechnungsjahres 1912/13: Dobbertin 1 610 434, Malchow 1 029 790, Ribnitz l 519 806 . Mecklenburger Nachrichten 1913 Nr. 294 (vom 17. Dezember) 1. Beiblatt.
29) S. das Landtagsprotokoll vom 14. November 1737, abgedruckt bei Bärensprung S. 691.
30) . . . Daß den Land-Städten über die, in dem Closter Dobbertin habende 3 Plätze zur vollen Hebung, noch 6 Plätze zur halben Geld-Hebung, als Zweene in dem Closter Dobbertin, Zweene in dem Closter Ribnitz, und Zweene in dem Closter Malchau . . hiemit accordiret werden. Wogegen sich die Städte hiedurch verbindlich machen, daß sie ferner und zu ewigen Zeiten unter keinerley Vorwand, mehrere Stellen in allen dreyen Clöstern . . . verlangen, noch sich sonstige Jura als sie bishero exerciret, anmassen
31) Der sog. Ruppinsche Machtspruch vom 1. August 1556. S. darüber Viereck, Die Rechtsverhältnisse der Mecklenburgischen Jungfrauenklöster nach ihrer geschichtlichen Entwicklung dargestellt. Tl. 1 S. 47 ff.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg und die Kurwürde