Abschnitt 24

„Mit aufrichtigem Dank werde ich Ew. . . Antwort entgegen nehmen, und die Meinung eines so mächtigen Reichs-MitStandes wird mich in den Stand setzen, meine individuelle Angelegenheit um so richtiger und zuverlässiger zu beurtheilen.“

Diese ihm zur Unterschrift vorgelegten Briefe aber wies der Herzog kurzerhand zurück. „Da ich es für meine Pflicht halte“ - so schrieb er am 25. Januar - „in der Mir so wichtigen Angelegenheit der Aufhebung der Klöster frey so wie ich denke zu sprechen, so wird es mein getreues RegierungsCollegium mir nicht verdenken, daß ich Anliegende Schreiben nicht behandzeichne, in dem ich zwar von der Ausarbeitung, da Sie gewiß den Beweiß der Sachkenntniß an sich trägt, sehr zufrieden binn, nur finde ich Sie zu Umständlich für dasjenige, was ich eigentlich denen zu fragenden Fürsten zur beantwortung vorlegen will. Ein Rechts-Urtheil will ich von Sie nicht erhalten, sondern ich will nur von Sie wißen, wie Sie denn § 35 und 36 des Reichs-DeputationsSchlußes Auslegen und Anzuwenden gedenken, ihnen aber meine landesGesetze nicht zur beurtheilung Vorlegen. Denn wenn ich meine Anfrage erstlich von denn Fürsten werde beantwortet erhalten haben, als denn ist es meine Sorge Als Landesherr zu beurtheilen, ob ich nach meinen landesGesezen die Sache Ausführen kann oder Will.“ Der Herzog erwartet daher andere, nach den angegebenen Gesichtspunkten veränderte Schreiben; es werde genügen, wenn solche nur an den König von Preußen und an den Herzog von Braunschweig als kreisausschreibende Höfe des niedersächsischen Kreises ergingen.


Diese vom 25. Januar datierten neuen Schreiben lauteten:

„So bestimmt auch die § 35 und 36 des Reichs-Deputations-Hauptschlusses vom 25. Februar v. J. zu lauten scheinen, so wünschte von Ew. . . ich doch unterrichtet zu seyn, wie Dieselben die besagten Stellen des Deputationsschlusses auslegen und anzuwenden gedenken, weil dies mich in den Stand setzen würde, auch in Ansehung der in meinen Landen befindlichen Protestantischen JungfrauenKlöster Dobbertin, Ribnitz und Malchow, auch des Klosters zum heiligen Kreuz in der Stadt Rostock, meine individuelle Angelegenheit um so richtiger und zuversichtlicher zu beurtheilen. Als eine außerordentliche Gefälligkeit würde ich es daher erkennen und zu schätzen wissen, wenn Ew. . . . mir darüber eine hochgeneigte und gütige genügende Eröffnung zu geben geruhen wollten.“

In der Zeit nun, die zwischen der Absendung dieser Schreiben und dem Eingang der Antworten lag, berichtete Plessen am 26. März, nach Mitteilung des kurbrandenburgischen Gesandten habe der König von Preußen nunmehr eine feste Einrichtung für die sämtlichen Klöster und Stifter in seinen alten Reichslanden ergehen lassen. „Die Existenz derselben soll auf alle künftige Zeiten gesichert seyn, und nur in deren Verfaßung die Abänderung getroffen werden, daß dem Landesherrn die ausschließende Befugnis zusteht, künftig alle vacant werdende Stellen zur Belohnung von Verdiensten oder als Pension an alte Staatsdiener selbst zu vergeben . . . . Bey den Frauenstiftern ist die Versorgung der Dürftigen als Hauptzweck anzusehen. Diese ganze Verfügung ist bei Gelegenheit einer Anfrage des DomCapitels zu Halberstadt ergangen und den beiden Ministern v. Reck und v. Massow ist die Untersuchung, und das abzuändernde aller dieser alten Stifter aufgetragen.“ „Gewiß ist diese zu treffende Anordnung“ - so bemerkt dazu Plessen, der seinem Bericht eine Abschrift der betreffenden Kabinettsordre vom 21. Februar beilegte - „so billig als zweckmäßig, und, ohne dadurch die erworbenen Rechte eines Dritten zu verletzen, gewinnt der Staat durch die Ersparung notwendiger Pensionen einen beinahe gleichen Vortheil, als ihm durch die völlige Aufhebung der Stifter erwachsen würde. Der neu acquirirten EntschädigungsLande ist in dieser Landesherrlichen Verfügung gar nicht gedacht. Jedoch ist, wie ich weiß, die Absicht, selbige beinahe alle einzuziehen, und nur deren zwey, als Capitel der beiden erforderten Bischöfe, bestehen zu laßen.“

Der Inhalt der preußischen Kabinettsordre erfüllte den Herzog mit großer Zuversicht. Zwar stand die Antwort des Königs noch aus, und der Herzog befahl, ihm, wenn Sie bis zum 1. Mai nicht eingetroffen sei, dann ein Erinnerungsschreiben zu seiner Behandzeichnung vorzulegen, aber er meinte: „sie kann nicht anders als günstig für Uns ausfallen.“ „Nach Eingang der Antwort Sr. Majestät von Preußen“ - so heißt es in der Kabinettsresolution vom 14. April - „werden Wir nicht verfehlen, Unsere weitere WillensMeynung über die wichtige Angelegenheit der Aufhebung oder Veränderung der ietzigen Verfassung Unserer LandesKlöster dem Collegio bekannt zu machen. Sollte indessen auf die zweyte Anfrage ebenfalls keine Antwort erfolgen, so genügt Uns die publicirte Cabinetsordre hinlänglich als Antwort.“

In eben diesen Tagen, am 12. April, traf die Antwort des Herzogs von Braunschweig ein, datiert vom 16. Februar - Herzog Friedrich Franz war gewiß berechtigt, es „auffallend zu finden, daß das Antwortschreiben sieben bis acht Wochen von Braunschweig hieher unterwegens gewesen ist“. Graf Bassewitz hielt es für angezeigt, nachforschen zu lassen, ob dieses Schreiben vielleicht in Schwerin auf der Post liegen geblieben sei, erfuhr aber vom Postcomtoir, daß es erst in der Nacht vom 11. auf den 12. in Schwerin eingetroffen sei, und sprach nun dem Herzog die Vermutung aus, „daß das Schreiben erst kürzlich erlaßen, aber aus Versehen, oder aus unbekannten Gründen, zurück datirt sey, weil darinn am Schlus auf öffentliche Nachrichten Bezug genommen würde, welche der malen (im Monath Februar) nicht bekannt gewesen, und allererst kürzlich zur Kentnis des Reichstags und Publicums gekommen wären.“

Dieses Schreiben des Herzogs Carl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig, welches dem Herzog Friedrich Franz „sehr passend“ erschien, lautete:

„Auf Cw. Liebd. sehr verehrliches Schreiben vom 25. vorigen Monats erwiedere ich in ergebenster Antwort hiemit freimüthig, wie aus den § 35 und 36 des Reichs-Deputations-Haupt-Schlusses vom 25. Jan. v. J. es mir noch nicht so ganz deutlich hervor leuchte in wie fern Man dadurch berechtiget sein werde, die, in den Alt-Welt-Fürstl. evangelischen Landen vorhandenen Stifter und Klöster aufzuheben, und die Einkünfte davon zu andern Staats-Bedürfnissen einzuziehen, ja es dürfte in verschiedenen Rücksichten, besonders da ein Theil der, durch die Aushebung dergleichen Stiftungen erwachsenden Einkünfte zu andern Zwecken noch bestimmt zu sein scheinen, und Man vielleicht gar darüber solcher Gestalt disponiren könnte, daß sie auf Ausgaben außerhalb Landes angewiesen würden, nicht ohne Bedenken sein, damit vorzuschreiten, daher, so viel die hiesigen Lande angeht, ich es gerathener gehalten, damit alles in statu quo zu lassen. Sollten Ew. Liebden nach der dortigen Lage der Sache jedoch ein Anderes Ihrer Convenienz gemäßer finden, so gebe Denenselben ich anheim, ob es nicht gefällig sein wolle, die Meinung des Königl. Preußischen Hofes, welcher den öffentlichen Nachrichten nach, mit der Aufhebung einiger alten Stiftungen schon den Anfang gemacht hat, hierüber einzuziehen.“

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg und die Kurwürde