Abschnitt 23

„Es releviret weiter nichts, wie die bisherige Handhabung dieser Klöster beschaffen gewesen, quo titulo vel modo dieselbe an die Landschaft gekommen ist, in specie ob die Bestimmung: daß die Klöster zu Auferziehung innländischer Jungfrauen gebraucht werden, - daß die Landschaft die Kloster-Vorsteher setzen und beurlauben, - und daß das erübrigte Aufkommen der Klöster zu deren Besten verwandt werden soll - (: und weiter erstrecken sich die Rechte der Landschaft nicht :) aus den ersten Fundations-Briefen, oder aus nachherigen Vereinbarungen herrühret? Dieß alles kann nur zur Frage kommen, so lange diese Klöster existiren. Non entis nulla sunt praedicata. Wenn die Klöster, vermöge der neuen Einrichtung von Teutschland, aufhören zu seyn, so cessiren die Fragen, wer sie berechnen, verwalten, vertreten solle, per se; folglich auch die Bestimmungen darüber in alten Verträgen; eben so als die jura, die Grenzen, die Stadt-Kämmerey nicht mehr zur Sprache kommen kann, wenn die Stadt selbst durch eine Bestimmung inter gentes eingehen muß.“

Zu demselben Ergebnis wie Krüger kam, wenn auch auf anderem Wege, Rudloff, der sein Votum damit schloß: „Es wird solchem nach, Wenn Serenissimus sich erst bestimmt und rein über Ihre höchste WillensMeinung zur Annahme des Reichsschlusses werden zu erklären geruhet haben, nichts weiter als die Art und Weise der buchstäblichen Vollstreckung desselben zu überlegen übrig seyn“ und er forderte, „daß dann damit, ohne weiteres, schnell und thätig zu verfahren sei“. 26)


Auf die Abgabe dieser Voten folgten noch weitere Deliberationen im Regierungskollegium, welches dann am 7. Januar 1804 das „Resultat seiner collegialischen Beratungen“ dem Herzog vorlegte. Es erschien dem Kollegium „am geratensten, zuerst das Recht zur Einziehung der LandesKlöster so viel möglich außer Zweifel zu setzen, immittelst aber den etwanigen höchsten Rechten so wenig durch Handlungen zu praejudicieren, als durch Verfügungen oder Verordnungen der Ritter- und Landschaft Anlaß zu Beschwerden zu geben und dadurch das Seegen bringende gute Vernehmen zwischen Regenten und Ständen zu stören.“ Zwar habe der Herzog beschlossen, über das Recht zur Einziehung der Klöster das Erachten eines auswärtigen StaatsRechtslehrers einzuholen, doch scheine die bloße Konsultation eines Privatgelehrten in diesem wichtigen Falle, wo es auf Auslegung und Anwendung eines Reichsgesetzes ankomme, nicht so beruhigend und sichernd als die vorherige vertrauliche Kommunikation mit andern protestantischen Höfen, in deren Landen sich fast ähnliche protestantische Klöster befänden und die folglich mit dem Herzog in gleicher Lage seien. Das Regierungskollegium finde sich zu dieser Betrachtung vorzüglich dadurch angeregt, daß bis dahin kein protestantischer Landesherr auf Grund des § 35 protestantische Stifter oder Klöster eingezogen habe. Das Regierungskollegium gebe daher dem Herzog submissest anheim, entweder mit solchen Landesherren über Auslegung und Anwendung des § 35 unmittelbar in Korrespondenz zu treten, oder zu genehmigen, daß eine solche Korrespondenz mit den Ministerien solcher Höfe eröffnet werde.

Damit erklärte sich der Herzog unterm 14. Januar einverstanden. Er verzichtete aus das Erachten eines Staatsrechtslehrers, erklärte sich bereit, mit Fürsten, die sich in gleicher Lage befänden, in unmittelbare Korrespondenz zu treten, und wählte dazu den Kurfürsten von Württemberg und den Herzog von Braunschweig, genehmigte aber dann auf die Vorstelligungen des Ministeriums hin, daß auch an die Könige von Preußen und von Dänemark Handschreiben gerichtet würden. In diesen Handschreiben, mit deren Abfassung der Geheime Kanzleirat Siggelkow beauftragt war, hieß es:

„Indem jeder Reichs-Fürst aus dem Haupt-Schluß der Reichs-Deputation vom 25. Februar v. J. den möglichsten Nutzen zu ziehen sucht, halte ich es auch für Pflicht gegen mich und mein Herzogliches Haus, keinen der Vortheile, welche er mir gewähren könnte, unbenutzt zu lassen.“

„In meinen Landen sind drei protestantische Frauen-Klöster von meinen Vorfahren im Jahre 1572 der damaligen Landschaft zu christlicher Auferziehung der inländischen Jungfrauen überwiesen, indem der darüber 1572 ausgefertigte Revers wörtlich lautet: ,Zum Vierten überweisen Wir (die Herzöge Hans Albrecht und Ulrich) Unserer Landschaft die drei Jungfrauen-Klöster Dobbertin, Ribnitz und Malchow dergestalt, daß sie zu christlicher ehrbarer Auferziehung der inländischen Jungfrauen, so sich darin zu begeben Lust hätten, angewandt und gebraucht werden, und die Landschaft Macht haben soll, einen Amtmann, Vorsteher oder Verwalter, doch vermittelst Unserer Confirmation und Bestätigung, darin zu setzen, und aus erheblichen Ursachen wieder zu enturlauben, welcher sämmtlichen Uns, und etlichen, so die Landschaft verordnet, von seiner Haushaltung jährlich Rechnung thun, und was an Einkommen ersparet und erübriget wird, dem Kloster zum Besten angewendet; dagegen auch die Jungfrauen nach Unserer gefaßten Reformation leben und wandeln, und durch die Landschaft eine gewiße Ordnung der Haushaltung, auf Unsere Ratification gemacht, und darin gehalten werden soll usw.“

„Auch der unter Römisch-Kayserlicher Majestät allerhöchster Ratification im Jahre 1755 zwischen dem damaligen regierenden Herzoge Christian Ludewig und seiner Ritter- und Landschaft geschlossene LandesGrundGesetzliche ErbVergleich in seinem §pho 121 deshalb wörtlich disponiret: ,Die drei Klöster Dobbertin, Ribnitz und Malchow sollen bei ihrer Consistenz und bei ihren Rechten, wie darunter die Reversales vom Jahr 1572 Art. 4 und das Herkommen Maaße geben, gelassen und geschützet werden.“

„Dieses macht mir, bei Betrachtung des Reichs-Deputations-Schlusses, besonders die § 35 und 36 desselben interessant. Um indessen gewiß zu seyn, daß ich nicht weiter gehe, als diese §§ nach einer anerkannt billigen Auslegung zu gehen mir volle Befugniß geben, so wende ich mich hiemit Vertrauensvoll an Ew. . . mit der Frage: Ob Hochdieselben diese §§ so auslegen, daß durch Sie die Landes-Herren aller und jeder Deutscher Reichsländer berechtiget werden, alle und jede Stifter und Clöster, ohne alle Neben-Rücksicht ganz oder zum Theil einzuziehen, und ob diese Auslegung der gedachten §§, oder welche in HochDero eigenen deutschen Staaten in Anwendung gebracht werden dürfte.“




26) Rudloff hat seine Ansicht von der Berechtigung der Landesherren zur Einziehung der Klöster weiter ausgeführt in der 1804 in Regensburg gedruckten anonymen Schrift „Versuch einer richtigen Auslegung und Anwendung des Hauptschlusses der außerordentlichen Reichs-Deputation zu Regensburg vom 25. Februar 1803, § 35. 36“ (2. Aufl. Schwerin 1804) und dann, als seine Darlegungen im Auftrage der mecklenburgischen Ritterschaft von Karl Friedrich Häberlin („Ueber Aufhebung mittelbarer Stifter, Abteien und Klöster in Deutschland . . . mit Anwendung auf die Mecklenburgischen Jungfrauen-Klöster,“ Helmstedt 1805) bekämpft wurden, in einem 2. Teil seines Buches (Schwerin 1805) Häberlin zu widerlegen gesucht

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg und die Kurwürde