Die allgemeine Kriegslage 1760
Die allgemeine Kriegslage 1760; dritte Offensive der schwedischen Armee 1760; Vermehrung der mecklenburgischen Truppen; Zug des Generals von Werner nach Mecklenburg; der Herzog begibt sich nach Lübeck; Verhandlungen mit General von Landtinghausen; Rückkehr des Herzogs; Kriegsschaden des Jahres 1760.
Das Kriegsjahr 1760 drohte für Friedrich den Großen verderblich zu werden. Maria Theresia war entschlossen, Alles daran zu setzen, dem verhassten Gegner den Todesstoß zu geben. Mit 120.000 Mann unter Daun und Laudon und mit 60.000 Russen begannen die Alliierten ihre Operationen. Dieser Uebermacht konnte König Friedrich nur 90.000 Mann, zum Teil von recht zweifelhaftem Werte entgegenstellen.
Es war daher dem König nicht möglich, den General Stutterheim an der Peene zu verstärken. Wir haben gesehen, dass dieser General der ca. 17.000 Mann starken schwedischen Armee mit nur 5.000 Mann gegenüberstand, und dass von diesen Truppen nur die beiden Bataillone des Freiregiments Hordt und die Cavallerie völlig kriegstüchtig, die 8 Bataillone Infanterie aber, neu formiert, noch in der Ausbildung und Ausrüstung begriffen waren. Von einem nachhaltigen Widerstande gegen einen energischen Vormarsch der Schweden konnte also nicht die Rede sein.
Den Herzog hatten die günstigen Berichte, welche der Baron Dittmar über den unverminderten Kriegseifer am Wiener Hofe abgestattet, in die hoffnungsvollste Stimmung versetzt. Auch von den schwedischen Operationen versprach er sich in diesem Jahre den vollständigsten Erfolg. Auf Anraten Dittmars sandte er, schon im Winter, den Oberst-Lieutenant von Glüer vom Regimente Alt-Zülow als Militair-Attaché in das Hauptquartier des Generals Lantinghausen nach Greifswald. Auf diese Weise wurde nicht allein der Herzog in jedem Augenblick über den Fortgang der Operationen unterrichtet, sondern es setzten auch seine aus authentischer Quelle stammenden Mitteilungen seinen Gesandten in Wien in den Stand, durch den Grafen von Choiseuil 1) auf den Marquis von Havrincourt 2) und durch diesen auf die Stockholmer Regierung einwirken zu können, wenn der schwedische Oberbefehlshaber ein gar zu langsames Tempo anschlug.
Im Frühling dieses Jahres fand, ebenfalls auf Anraten des Baron Dittmar, wiederum eine Vermehrung der mecklenburgischen Truppen statt. Dieser scharfsichtige Staatsmann war, als er den leitenden Ministern und den Botschaftern in Wien persönlich näher getreten war, zu der festen Überzeugung gekommen, dass alle Traktate, Deklarationen und Accessionsacte völlig nutzlos und nicht im Stande wären, dem Herzog auch nur ein Dorf seiner verpfändeten Ämter oder einen Thaler Entschädigungsgelder zu verschaffen, wenn sich derselbe nicht entschließen könne, mit den Waffen in der Hand seine Rechte geltend zu machen. Der Kanzler Kaunitz und der Graf Coloredo sprachen sich bei jeder Gelegenheit in diesem Sinne aus, ebenso die fremden Gesandten. Diese Reden fielen bei dem kriegerisch gesonnenen mecklenburgischen Vizekanzler auf überaus günstigen Boden. Schon während der Werbungsstreitigkeiten mit Preußen hatte er stets den energischsten Maßregeln das Wort geredet, jetzt wollte er offenen Kampf bis aufs Messer mit dem Gegner, der ihm seit langen Jahren verhasst war. „Man gibt mir hier überall zu verstehen,“ berichtet Dittmar im April 1760, „dass es für Eure Durchlaucht nicht sowohl auf Abschluß weiterer Traktaten ankomme, sondern auf das Glück der Waffen. Mein Rat ihr die Truppen zu vermehren, etwa bis auf 4000 Mann, und dann, sobald sich die Gelegenheit bietet, die zurückverlangten Ämter zu besetzen.“
1) Der französische Gesandte in Wien.
2) Der französische Gesandte in Stockholm.
Um sich für alle Fälle vorzubereiten, hauptsächlich aber wohl, um den Alliierten Mächten seinen guten Willen zu zeigen, der hie und da stark bezweifelt wurde, schritt der Herzog zur Vermehrung seiner Truppen. Aus dem Bataillon von Both wurde ein Regiment gemacht und dasselbe, ebenso wie die beiden Regimenter von Zülow, auf 8 Compagnien gebracht. Dies ergab für die Infanterie eine Stärke von 1.425 Köpfen.
Die 3 Regimenter hatten den Winter auf Rügen zugebracht, in schlechten Quartieren und schlecht verpflegt, und waren, als die Schweden im Sommer 1760 ihre Offensive begannen, nach Rostock abmarschiert, woselbst sie am 16. Juni eintrafen und vorläufig verblieben, weil sich in der Gegend von Dargun preußische Cavallerie-Patrouillen gezeigt hatten, eine Dislocirung in die verschiedenen Garnisonsstädte also noch nicht ratsam erschien.
Die Cavallerie wurde in diesem Frühjahr ebenfalls vermehrt. Der Kommandeur der Leibgarde zu Pferde, der Oberst von Barssen, formierte im April aus den 28 berittenen Gardisten eine Compagnie Cavallerie in Goldberg, unter dem Befehl des Rittmeisters von Oldenburg in der Stärke von 4 Offizieren und 86 Reitern. Zu gleicher Zeit wurde eine Schwadron Husaren unter Befehl des Majors von Bader in der Stärke von 3 Offizieren und 65 Mann errichtet und nach Teterow in Garnison gelegt. Beide Schwadronen hatten den Befehl, sich bei Annäherung der Preußen auf Stralsund zurückzuziehen.
Um den schwedischen Obergeneral, welcher, unentschlossenen Charakters und schwerfällig in seinen Dispositionen, im Juli noch unverrückt hinter der Peene stand, zu rascherem Handeln anzuspornen, sparte der Herzog keine Artigkeiten und Gefälligkeiten. Als er in Erfahrung gebracht, dass der General ein Liebhaber von schönen Gemälden sei, sandte er ihm zwei wertvolle Huchtenbergs und ließ ihm durch Oberst-Lieutenant von Glüer andeuten, dass noch weitere Präsente von Wert folgen würden.
In unserer Zeit würde es ein misslicher Auftrag für einen Militair-Bevollmächtigten sein, einem kommandierenden General derlei Andeutungen auszurichten. Allein wir dürfen nicht den Maßstab von heute anlegen, sondern müssen uns in die Anschauungen der Zeit, die wir zu schildern versuchen, hinein versetzen. Der Geist dieser Zeit fand aber nichts Anstößiges darin, wenn Obersten und Generäle sich in Feindesland für ihre Person „Douceurgelder“ auszahlen ließen oder von fremden Fürstlichkeiten „Ergötzlichkeiten von 1.000 Pistolen“ (Louisd'or) und mehr als Geschenk annahmen, während den an der Spitze der Armeen stehenden Feldherren oder den Ministern Tonnen Goldes 1) angeboten und ausgezahlt wurden, um sie zu bewegen, ihren Einfluss in der gewünschten Richtung zur Geltung zu bringen. Die Annahme dieser Gelder, sofern nicht geradezu eine grobe Pflichtwidrigkeit dafür gefordert wurde, sah man nicht als Bestechung an und wurde Niemandem verdacht. Es muss aber doch wohl recht schwer gewesen sein, die richtige Grenze innezuhalten und zu unterscheiden, ob die gezahlten Summen lediglich in der Absicht gegeben wurden, um Jemand in der Ausübung seiner Pflicht eifriger zu machen, oder ob sie verheißen wurden, um etwas zu erreichen, was den Empfänger, wenn auch nicht gerade in Konflikt mit seinem Pflichtgefühl brachte, ihn aber doch verleiten konnte, das Wichtige über dem Unwichtigen zu versäumen, ein Fall, der beispielsweise eingetreten sein würde, wenn der General Lantinghausen sich durch die Geschenke des Herzogs von Mecklenburg hätte bewegen lassen, sein Hauptaugenmerk, anstatt auf die Offensive gegen Berlin, auf die sorgfältige Beschützung der mecklenburgischen Grenzen zu richten. Die Hauptgefahr aber einer solchen Geschenkpraxis lag darin, dass nicht ganz sichere Charaktere in Versuchung geführt wurden, für Geld geradezu gegen ihre Pflicht zu handeln. Hierfür liefert uns die Geschichte des vorigen Jahrhunderts zahlreiche Beispiele; auch in unserer Geschichtserzählung fanden wir drei Fälle in denen Personen durch je 500 Louisd'or und durch 100 Thaler bestochen wurden, ihr Pflicht bis über die Grenze des Landesverrats hinaus in gröblicher Weise zu verletzen.
Als der General von Lantinghausen sich Anfangs August anschickte, seinen Vormarsch zu beginnen, kannte er die Stärke und die Stellung des Gegners vollständig. Die mecklenburgische Regierung hatte dem Assessor von Storch den Befehl gegeben, genaue Erkundigungen über die preußischen Truppen an der Grenze einzuziehen und darüber nach Schwerin zu melden. Diese Berichte wurden in das schwedische Hauptquartier an den Oberst-Lieutenant von Glüer gesandt.
1) Eine Tonne Goldes - 100.000 Thaler.
Eine derartige Correspondenz der Regierung mit ihrem Militär-Bevollmächtigten war nicht ohne Gefahr. Schon die Anwesenheit Glüer's im schwedischen Hauptquartier war mit den Begriffen einer strengen Neutralität nicht vereinbar, denn nach dem Brauche damaliger Zeit sandte man Offiziere nur in das Hauptquartier einer verbündeten Macht. Und nun das regelmäßig organisierte Kundschaftswesen! Wurde die Korrespondenz aufgefangen, so konnte sich der Herzog nicht mehr beklagen, von Preußen als Feind behandelt zu werden, und wurde Herr v. Storch mit seinen Agenten ergriffen, so wurden sie nach Kriegsrecht samt und sonders als Spione gehängt.
Für den schwedischen Oberbefehlshaber waren die Mitteilungen der Schweriner Regierung von hohem Werte, da er bei der großen Überlegenheit der preußischen leichten Truppen nicht im Stande war, auch nur einigermaßen zuverlässige Nachrichten über die Stellung des Feindes zu erlangen und, was für ihn besonders wichtig war, rechtzeitig in Erfahrung zu bringen, wann der König von Preußen etwa unvermutet Verstärkungen an den General Stutterheim schickte. Er ließ daher dem Herzoge seinen verbindlichsten Dank ausdrücken und ihn bitten, mit den Berichten möglichst oft fortzufahren.
Endlich - am 12. August - waren die viele Monate langen Vorbereitungen soweit gediehen, dass der General Lantinghausen dem Herzoge mitteilen konnte, die Armee werde in den nächsten Tagen aufbrechen; zugleich bat er um Lebensmittel für seine Truppen, so lange dieselben mecklenburgisches Gebiet passieren würden. Infolgedessen wurde der Ober-Amtmann Brandt als MarschKommissar nach Greifswald geschickt, dem General Lantinghausen aber übersandte der Herzog in der Freude seines Herzens eine kostbare, mit Diamanten besetzte und mit seinem Bildnis versehene Tabatiére als Präsent und wünschte ihm den göttlichen Segen zu seinen Unternehmungen.
Wir beabsichtigen den Feldzug dieses Jahres etwas detaillierter zu behandeln, einmal, weil die Gefechte mehrfach auf mecklenburgischem Boden geführt worden sind, dann aber auch, weil uns das Kriegstagebuch des Oberst-Lieutenant von Glüer, welches mit Sachkenntnis und Genauigkeit geführt ist, und manches in den Geschichtswerken bisher nicht Erwähnte vor Augen führt, vorgelegen hat.
Der General Lantinghausen beschloss, um den schwierigen Angriff auf die Peenefront zu vermeiden, den linken Flügel des Feindes zu umgehen und so dessen Rückzug auf Berlin zu bedrohen. Zu dem Ende ließ er den General Ehrenswärd mit 3.000 Mann bei Anklam demonstrieren, er selbst ging am 17. August über die Trebel und marschierte auf Malchin, nachdem die Avantgarde unter dem General von Fersen schon Tags zuvor diesen Fluss bei Volckersdorf überschritten hatte.
Der General Stutterheim, in Ungewissheit über den Angriffspunkt der Schweden, hatte den Oberst Belling von Krukow nach Demmin gesandt, während er selbst mit dem Gros zur Verstärkung seines rechten Flügels von Krien gegen Medow vorrückte.
Die Tete der schwedischen Avantgarde bildete das Husaren-Regiment des Grafen Sparre und vor der Spitze der Husaren ritt in ächt französischer Prahlerei der französische Militär-Bevollmächtigte, der Marquis von Caulaincourt Diesmal sollte dem Franzosen sein Übermut schlecht bekommen. Als die Bellingschen Husaren erschienen und sofort zur Attacke vorgingen, kommandierte der schwedische Offizier: „Rechts um, Kehrt!“ Diese einfache Bewegung wurde aber von seinen Leuten so ungeschickt ausgeführt, dass sich dieselben gegenseitig umritten und der Marquis, welcher nicht mehr ausweichen konnte, mit seinem Pferde in den Knäuel der am Boden liegenden Pferde und Husaren hineinstürzte. Der schwedische Offizier half ihm zwar rasch wieder aufs Pferd, hierbei überschlug sich dasselbe aber und der Marquis ward gefangen, als er sich vergeblich bemühte, sein Pferd zu besteigen.
Dieser an und für sich unwichtige Vorfall erhält dadurch Bedeutung, dass Herr von Caulaincourt mit seinem Feuereifer die Seele der Vorwärtsbewegung der Armee war und nun der General Lantinghausen, sich selbst überlassen, mit einer Behutsamkeit und Unentschlossenheit vorrückte. welche die seiner drei Vorgänger noch übertraf.
Als der Oberst Belling dem General Stutterheim bestimmte Meldung von der feindlichen Umgehung machte, beschloss Letzterer die Peenelinie aufzugeben. Er räumte Demmin und Anklam am 19. August und ging über den Kavelpass auf der Pasewalker Straße zurück.
Der General Lantinghausen war mit dem Gros der Armee über Dargun marschiert und lagerte am 19. bei Malchin. Tags darauf vereinigte er sich mit seiner Avantgarde und schlug am 21. sein Hauptquartier in Schmarsow auf. In dieser Stellung blieb die Armee bis zum 25. „Um sich auszuruhen,“ sagt Glüer in seinem Tagebuch.
Dem Oberst Belling blieb kein Schritt der feindlichen Armee verborgen. Seine Reiterei war überall; ein Zug Husaren blieb sogar in den Wäldern bei Malchin versteckt und durchstreifte die Gegend im Rücken des Feindes. Als der Oberst sah, dass der Feind ihm nicht folgte, rückte er sofort wieder bis Friedland vor und besetzte den Landgraben. Am Kavelpass wurde der Major von Kalkstein mit 2 Compagnien und 2 Geschützen postiert.
Am 25. August setzte die schwedische Armee ihren Vormarsch fort, in eigentümlicher Marschordnung, ohne Avantgarde, in vier auf gleicher Höhe neben einander marschierenden Kolonnen; jeder Kolonne gingen reitende Jäger und Husaren vorauf. Die Armee rückte bis Iven, das Detachement Ehrenswärd bis Thurow vor. Am Abend überfiel Oberst Belling die Vorposten und nahm den Rittmeister von Silfverskiold, dessen Vedetten abgesessen waren und die Annäherung der Preußen infolgedessen nicht bemerkt hatten, mit 30 Husaren und Jägern gefangen. Auch auf dem rechten Flügel gelang den Preußen ein kecker Streich; der Major von Knobelsdorf vom Freiregiment Hordt überfiel mit 2 Compagnien und 1 Kanone in der Nacht vom 26. auf den 27. den Major von Platen, welchen General Ehrenswärd zur Deckung seiner Verbindung mit Anklam mit 180 Husaren und Jägern in Woserow postiert hatte und nahm ihm 30 Gefangene ab.
Am 27. August ließ der General Lantinghausen den Kavelpass durch den Oberst Graf Sparre forcieren. Der Major von Kalkstein zog sich nach kurzer Kanonade auf das Gros in Friedland zurück und nun nahm der Oberst Belling Stellung hinter dem Mühlbach bei Gahlenbeck. Das Gros der schwedischen Armee aber blieb bis zum 29. unbeweglich hinter dem Kavelpass stehen.
Nach den Vorgängen der beiden letzten Feldzüge ist man nicht berechtigt, besonders schnelle und kühne Operationen von der schwedischen Armee zu erwarten, aber die schneckenartige Langsamkeit, mit welcher der General von Lantinghausen seine Truppen nicht vorwärts marschieren, sondern kriechen lässt, wäre schlechterdings nicht zu verstehen, wenn uns nicht die Korrespondenz des Oberst-Lieutenant von Glüer Aufschluss verschaffte.
Der General Lantinghausen scheute sich, das coupirte Terrain jenseits Friedland zu betreten, um so mehr, als ihn seine Cavallerie gänzlich ohne Nachrichten über den Verbleib des Feindes ließ. „Der General lässt dringend bitten,“ schreibt Glüer am 28. August an den Herzog, „ihm von Zeit zu Zeit zuverlässige Nachrichten über die Preußen zu schicken, um convenables contremesures treffen zu können; über Demmin ist der Weg zur Armee frei.“ Also schon 10 Tage nach Eröffnung des Feldzuges, als dessen Ziel ihm seine Regierung die preußische Hauptstadt gesteckt hatte, war der schwedische Oberbefehlshaber mehr darauf bedacht, feindliche Angriffe abzuwehren, als selbst die Offensive zu ergreifen. Indessen waren es nicht die geringen Streitkräfte des Generals Stutterheim, deren Stärke er genau kannte, welche seine Offensive hemmten, es waren Motive anderer Natur. Das Wort „Gegenmaßregeln“ weist darauf hin, dass er zögerte, den schwachen Gegner über den Haufen zu werfen und rücksichtslos vorzudringen, weil er bei jedem Schritte vorwärts die Blitzesschnelle fürchtete, mit welcher Friedrich der Große gewohnt war, Verstärkungen an einem besonders gefährdeten Punkte unvermutet auftreten zu lassen. Umgangen, abgeschnitten und vernichtet zu werden, war das Schreckbild, welches den General nicht mehr verließ und welches seine Bewegungen lähmte.
Die herzogliche Regierung, welche sich der Unvorsichtigkeit ihres Verfahrens bewusst geworden und peinlich bemüht war, wenigstens den Schein der striktesten Neutralität aufrecht zu halten, ging auf die Bitte des Generals nicht ein; vielmehr wurde Glüer angewiesen, solche Schreiben, deren Wegnahme für die mecklenburgische Sache von den widrigsten Folgen sein könne, nicht der Post anzuvertrauen, überhaupt aber derartige Anträge des schwedischen Generals sofort abzulehnen und sich derselben in seinen Berichten zu enthalten. Die preußischen Husaren machten in der Tat die Gegend im Rücken der schwedischen Armee so unsicher, dass der Oberst-Lieutenant seinen nächsten Bericht - 4. September - nicht mehr über Demmin - der Haupt-Etappe der Armee! - sondern über Anklam, Greifswald und Triebsees per Staffette schicken mußte.
Am 28. August marschierte die Schwedische Armee bis Boldekow, dicht am Kavelpass; Graf Sparre rückte mit der Avantgarde gegen Neumühle vor. Bei Friedland stieß derselbe auf den Oberst Belling, welcher mit einigen Schwadronen eine Recognoscirung ausführte. Dies führte zu einem lebhaften Kavalleriegefecht bei Lübbersdorf, in welchem die Preußen der Uebermacht weichen mußten und von ihrer Infanterie bei Neumühle aufgenommen wurden. Bei diesem Gefecht nahmen die preußischen Husaren den schwedischen Junker von Blücher, den späteren preußischen General-Feldmarschall, gefangen.
Am 30. passierte die Armee den Kavelpass und ging in zwei Colonnen auf der Straßburger und Pasewalker Straße vor, der General Ehrenswärd marschierte auf Ferdinandshof. Am 31. bezog die Armee ein Lager bei Straßburg.
Der General Stutterheim zog sich, der Uebermacht gegenüber und weil seine rechte Flanke durch den General Ehrenswärd bedroht war, hinter die Uker zurück und besetzte Liepe, Pasewalk und Prenzlau, das Gros dahinter Rollwitz.
Durch den Übergang auf das rechte Ukerufer gab der General Stutterheim dem Feinde zwar den Weg auf Berlin völlig frei, aber, da er auch den Auftrag hatte, Stettin gegen einen combinirten russisch-schwedischen Angriff zu decken, so erreichte er durch diese Bewegung beide Zwecke: er schützte Stettin direkt, Berlin aber indirekt durch die Einnahme einer Flankenstellung. Um eine etwaige Absicht des Feindes auf Berlin rechtzeitig zu erfahren, mußte Oberst Belling auf dem linken Ukerufer die Übergänge des sumpfigen Abschnittes bei Taschenberg besetzen.
Am 3. September ließ der General Lantinghausen durch seinen General-Adjutanten von Wrangel mit 15 Eskadrons die preußischen Vorposten über die Uker zurückwerfen; General Ehrenswärd nahm an demselben Tage Pasewalk nach kurzem Kampf. Das schwedische Hauptquartier blieb bis zum 5. bei Werbelow.
Der General Stutterheim ging bis Bitkow zurück; Prenzlau blieb mit 3 Compagnieen Hordt unter Major von Below besetzt, dahinter als Repli das Detachement Belling. Es konnte nicht in der Absicht des Generals liegen, Prenzlau ernstlich zu verteidigen, da die Ukerlinie durch die Einnahme Pasewalks und durch den Anmarsch des Generals Ehrenswärd in der rechten preußischen Flanke völlig unhaltbar geworden war; er beabsichtigte nur, den Feind möglichst lange aufzuhalten.
Der General Lantinghausen ließ, ehe er zum Angriff gegen Prenzlau schritt, die Stadt auffordern, mit der Drohung, dieselbe zu beschießen, wenn sie nicht unverzüglich übergeben würde, und dass den Major die Verantwortung treffen würde, wenn die Stadt in Flammen aufginge. Major von Below ließ antworten, wenn der General das tue, so handele er gegen den Kriegsgebrauch und er würde in dem Falle 4 gefangene, blessierte schwedische Offiziere in das erste brennende Haus tragen und dort verbrennen lassen. Obgleich man im schwedischen Hauptquartier höchlichst entrüstet über diese unverschämte Antwort war, wie Glüer berichtet, sah man doch von einer Beschießung ab und ließ die Infanterie zum Angriff vorgehen. Nach sehr hartnäckiger Gegenwehr wurden die Preußen aus der Stadt geworfen - 6. September -.
Mit der Einnahme der Stadt Prenzlau erreichte die schwedische Offensive ihr Ende. Der General Lantinghausen rückte zwar am 9. noch bis Röpersdorf vor (was den General Stutterheim veranlasste, noch an demselben Tage nach Zehdenick aufzubrechen, um sich dem Marsche des Feindes auf Berlin vorzulegen) ging aber sogleich wieder nach Prenzlau zurück und bezog zwischen dieser Stadt und Güstrow ein verschanztes Lager. Der General Ehrenswärd wurde nach Pasewalk zurückgesandt, um der Armee die Verbindung mit der Peene zu sichern, welche durch die Stettiner Garnison gefährdet erschien. In dieser Stellung beschloss der schwedische Obergeneral, den weiteren Verlauf der Ereignisse auf den großen Kriegstheatern abzuwarten.
Das Kriegsjahr 1760 begann nicht günstig für die preußischen Waffen. Am 29. Juni hatte der Feldzeugmeister Laudon an der Spitze von 40.000 Mann das Corps des Generals Fouqué, welchem mit 15.000 Mann die Verteidigung Schlesiens übertragen war, bei Landshut vernichtet und am 26. Juli die Festung Glatz nach kurzem Kampfe erstürmt. 1) Im August gestalteten sich die Dinge günstiger. Der General Tauentzien behauptete Breslau und den vereinten Bemühungen des Prinzen Heinrich, welcher die Mark und Pommern gegen die Russen verteidigen sollte und des Königs, der aus Sachsen herbeieilte, gelang es, die Vereinigung der Russen und Österreicher zu hindern. Dann warf der glänzende Sieg des Königs über Laudon bei Liegnitz die Österreicher gänzlich in die Defensive zurück - 15. August -.
Endlich im September machte die russische Armee Ernst. Der Feldmarschall Soltykoff, welcher nur durch die bestimmtesten und wiederholten Befehle der Kaiserin Elisabeth von gänzlicher Untätigkeit abgehalten wurde, war erkrankt und sein Nachfolger im Kommando, der General Fermor, ließ sich zur Belagerung Colbergs und im Vereine mit einem österreichischen Corps zu einer Unternehmung auf Berlin bewegen. Am 19. September rückte die russische Armee an die Oder vor und am 9. Oktober hielt der General Tottleben seinen Einzug in Berlin. Es ist ein beredtes Zeugnis für die planlose Kriegführung der Alliierten, dass dieselben dem schwedischen Oberbefehlshaber von dem Zuge nach Berlin, welcher bereits am 25. September fest beschlossen war, nicht früher Nachricht gaben, als bis das russisch-österreichische Corps Berlin wieder verlassen hatte, d. i. am 12. Oktober. In welche schlimme Lage hätte der General Lantinghausen geraten müssen, wenn er der österreichischen Aufforderung, eiligst auf die preußische Hauptstadt zu marschieren, Folge gegeben hätte!
1) Der Kommandant von Glatz, der Oberst D'O, wurde vor ein Kriegsgericht gestellt und zum Tode verurteilt.
Als der General Lantinghausen in die Stellung von Prenzlau zurückgegangen war, hatte der Oberst Belling seine Vorposten bis hart an das schwedische Lager vorgeschoben. Durch Verstärkungen an leichter Cavallerie - der König hatte dem Corps 450 Reconvalescenten und zwar 250 Plettenberg-Dragoner und 200 Ziethen-Husaren überwiesen - war der Oberst völlig Herr der Situation geworden. Die schwedische Cavallerie durfte sich überhaupt nicht mehr außerhalb des Lagers sehen lassen und zu den Fouragirungen mußten stets größere Detachements von gemischten Waffen verwendet werden. Der General Lantinghausen erfuhr daher von den Ereignissen vor Colberg nur gerüchtweise, tappte überhaupt völlig im Dunkeln, da seine rückwärtigen Verbindungen oft tagelang durch die preußischen Streifparteien unterbrochen waren. Im schwedischen Lager verbreiteten sich die widersprechendsten Nachrichten, bald sollte ein preußisches Corps vom rechten Oderufer her in Stettin eingerückt sein, bald der General Stutterheim einen großen Teil seiner Truppen zum Entsatze von Colberg detachirt haben.
Um sich hierüber Aufschluss zu verschaffen, ordnete der schwedische Oberbefehlshaber für den 22. September eine Rekognoscirung in der Richtung auf Greifenberg an, verbunden mit einer größeren Fouragirung in Fredersdorf und Umgegend. Die Rekognoscirung führte der Oberst Graf Putbus mit 300 Husaren und Jägern, die letztere sollte der Oberst Graf Sparre mit 3 Bataillonen Infanterie und 1 Cavallerie-Regiment decken. Glüer giebt uns eine ausführliche Schilderung des Verlaufes dieser Expedition, welche wir, da sie uns in klarer Weise den Unterschied zwischen der preußischen und schwedischen Kriegsführung veranschaulicht, hier kurz wiedergeben wollen.
Als Oberst Putbus das Dorf Polssen, 1/2 Meile westlich von Fredersdorf passiert hatte, erhielt er aus dem Dorfe Schmiedeberg Kanonenfeuer. Er machte Halt und ließ den Grafen Sparre ersuchen, ihm Infanterie nachzuschicken, um das Dorf angreifen zu können. Da letzterer ihm aber antworten ließ: „Ich bin da, um die Fouragirung zu decken, Sie, um zu rekognosciren, treffen Sie danach gefälligst für sich Ihre Dispositionen!“ trat Graf Putbus seinen Rückzug an. Aber schon war es dazu zu spät.
Oberst Belling hatte durch seine Vedetten frühzeitig den Abmarsch der schwedischen Detachements aus dem Lager erfahren und danach seine Dispositionen getroffen. Er schickte 2 Eskadrons seines Regiments und die Eskadron Ziethen-Husaren nach Schmiedeberg mit dem Auftrage, sich in den Waldungen, welche sich bis um und hinter Polssen erstreckten, in's Versteck zu legen. Schmiedeberg ließ er durch 1 Eskadron Plettenberg-Dragoner mit 1 Geschütz besetzen.
Sobald Oberst Putbus seinen Rückzug antrat, attackierten ihn die Dragoner aus dem Dorfe heraus und zwangen ihn, Front zu machen. In demselben Augenblick eilten aber 2 der in den Wäldern versteckten Schwadronen im vollen Rosseslauf von beiden Seiten herbei, während die dritte aus Polssen debouchirte und ihm den Weg völlig verlegte. Die schwedischen Schwadronen wurden völlig zersprengt, der Oberst nebst 7 Offizieren gefangen und 180 Reiter vom Pferde gehauen. Erst bei Fredersdorf setzte Oberst Sparre der preußischen Verfolgung ein Ziel.
Von diesem Tage an bis zum 3. Oktober erfuhr der General Lantinghausen absolut nichts vom Feinde; von den preußischen Befehlshabern aber wurde derweilen ein Plan gefaßt, welcher der schwedischen Armee den Untergang zu bereiten drohte.
Friedrich der Große hatte dem soeben von seiner Wunde genesenen Prinzen Eugen von Württemberg 1) den Oberbefehl gegen die Schweden übertragen. Am 30. September traf der Prinz im Hauptquartier zu Zehdenick ein. Er brachte 1 Bataillon Reconvalescenten und sechs Zwölfpfünder mit sich. Außerdem war der General von Werner, welcher soeben die Russen von Colberg vertrieben hatte, vom Könige befehligt, gegen die Schweden zu marschieren. Derselbe passirte Stettin mit seinem Corps am 2. Oktober und bezog Quartiere zwischen der Festung und Löckenitz.
1) Derselbe ward bei Kunersdorf verwundet.
Schon vor der Ankunft des Prinzen hatte der General von Stutterheim mit dem Gouverneur von Stettin, dem Herzog von Bevern, einen Angriffsplan verabredet und zur Ausführung desselben nur die Ankunft des Werner'schen Corps abgewartet. Der Prinz billigte den Plan und bestimmte den 3. Oktober zum Beginn der Operationen.
Der Oberst Belling, verstärkt durch 1 Bataillon Infanterie, erhielt den Befehl, das schwedische Lager über Gollmitz in der Front anzugreifen, während das Gros unter General Stutterheim von Templin über Boizenburg gegen den rechten Flügel des Feindes dirigiert wurde, in der Weise, dass das Dorf Gollmitz den Vereinigungspunkt Beider bilden sollte. Der Major von Knobelsdorf, einer der kühnsten und geschicktesten Offiziere im Parteigängerkriege, wurde beauftragt, sich mit 3 Compagnieen Hordt und 200 Husaren, mit welchen er bei Boizenburg gestanden und seine Vorposten bis Gollmitz vorgeschoben hatte, durch die Waldungen von Schönermark zu schleichen, die Taschenberger Defileen im Rücken des Feindes zu besetzen und sämtliche Brücken abzubrechen. Der General Werner endlich sollte durch die Wälder des Randow-Baches über die Uker gehen und sich dem Feinde an den Defileen von Ferdinandshof vorlegen.
Aus dieser hochgefährlichen Lage befreite den schwedischen Oberbefehlshaber nicht eigenes Verdienst, sondern die Gunst der Ereignisse.
Am 3. Oktober hatten sich die preußischen Colonnen schon vor Tagesanbruch in Bewegung gesetzt und der Prinz war bereits zu Pferde gestiegen, als ein Kurier des Königs ihm den Befehl brachte, sofort aufzubrechen, um die Hauptstadt gegen die Russen und Österreicher zu schützen. Der Prinz marschierte eiligst mit dem Gros des Stutterheimschen Corps in der Richtung auf Berlin ab und ließ nur den Oberst Belling mit 2 Bataillonen Hordt, seinem Husaren-Regiment und 90 Plettenberg-Dragonern gegen die Schweden zurück.
Den General Werner hatte der Befehl des Prinzen, dass der ganze Angriff aufgegeben werden sollte, nicht mehr erreicht. Derselbe hatte sich ebenfalls mit Tagesanbruch auf der Straße Stettin-Torgelow in Bewegung gesetzt. Mit Einschluss der Truppen, welche ihm der Herzog von Bevern für die Expedition zugeteilt hatte, war sein Corps - 6 Bataillone Infanterie, 2 Frei-Compagnieen, 9 Eskadron Husaren und 1 Eskadron Dragoner - ungefähr 3.000 Bayonette und 1.200 Säbel stark.
Am 2. Oktober Abends hatte der General Ehrenswärd in Erfahrung gebracht, dass an demselben Tage ein preußisches Corps, von Colberg kommend, durch Stettin gerückt und bei Löckenitz Quartier genommen habe. Um nähere Erkundigungen einzuziehen, schickte der General am 3. mit Tagesanbruch den Major von Platen mit 200 Mann Infanterie und 100 Husaren auf Löckenitz zur Rekognoscirung vor. Der Major besetzte mit seiner Infanterie Löckenitz, von wo die von der Stettiner Garnison gegebenen Vorposten soeben abmarschiert waren, um an der Expedition des General Werner teilzunehmen und trabte mit den Husaren auf der Straße von Stettin vor. Bald stießen seine Seitenpatrouillen mit den preußischen Vortruppen zusammen, welche auf Torgelow marschierten. Der General Werner, welcher seinen Marsch entdeckt sah und überdies in dem sehr coupirten, waldigen Terrain einen Feind in seiner linken Flanke nicht unbeachtet lassen konnte, griff die schwedischen Husaren an und warf dieselben mit großem Verlust auf Löckenitz zurück. Hier wurden die preußischen Husaren durch das Feuer der schwedischen Infanterie abgewiesen, letztere aber, als sie sich auf der Pasewalker Straße zurückzog, durch die Husaren festgehalten und von der herbeigeeilten preußischen Infanterie nach tapferster Gegenwehr, nachdem sie die letzte Patrone verschossen, gefangen genommen.
Der General Werner war ein sehr entschlossener Mann. Seine Anwesenheit in der Flanke des Gegners war entdeckt; von einem Verlegen des Rückzugs bei Ferdinandshof konnte nicht mehr die Rede sein, da die Schweden Ferdinandshof auf der geraden Straße nach Anklam viel früher erreichen konnten, als er auf den Waldwegen der Randow. Er gab daher ohne Zaudern den bisherigen Plan auf und griff den General Ehrenswärd bei Pasewalk an.
Um den Besitz der Stadt, welche von den Schweden verschanzt und auf das Hartnäckigste verteidigt wurde, entspann sich ein 7stündiger, äußerst blutiger Kampf, welcher bei Einbruch der Dunkelheit und nachdem dem General Werner die Nachricht von dem Abmarsche des Prinzen von Württemberg zugegangen war, mit dem Rückzug der Preußen endete. Es war das verlustreichste Gefecht während des ganzen schwedischen Krieges. Die Preußen verloren 10 Offiziere und 240 Mann, führten aber 6 eroberte Geschütze, incl. der beiden bei Löckenitz erbeuteten, mit sich; die Schweden büßten incl. der Gefangenen 24 Offiziere und 500 Mann ein; der General Ehrenswärd war verwundet.
Am 3. Oktober Morgens, als sich die preußischen Colonnen von allen Seiten bereits in Bewegung gesetzt hatten, wusste der General Lantinghausen von Alledem nicht das Geringste. Unbegreiflicherweise hatte er aus Pasewalk keinerlei Meldung erhalten, weder von dem Eintreffen des preußischen Corps bei Stettin, noch von der beabsichtigen Recognoscirung seines Unterbefehlshabers gegen Löckenitz. Ein Zufall enthüllte ihm aber bald die Anwesenheit des Prinzen von Württemberg und den geplanten Angriff.
Der General Lantinghausen hatte am 2., Abends, den Oberst-Lieutenant Siegroth mit 2 Bataillonen und 1 Cavallerie-Regiment abgeschickt, um den ihn besonders lästigen Major von Knobelsdorf bei Gollmitz aufzuheben. Um diese Expedition vor den überall streifenden preußischen Husaren-Patrouillen geheim zu halten, mußte das Detachement aus dem Anklamer Tor die Stadt verlassen und auf weitem Umwege durch mecklenburgisches Gebiet in den Rücken des Feindes auf Boizenburg marschieren. Zur Unterstützung dieses Angriffs rückten 2 andere kleine Colonnen, die eine direkt gegen Gollmitz, die andere gegen Kröchelndorf aus dem Lager vor.
Der Major Knobelsdorf, im Begriff seinen Marsch nach den Taschenberger Defileen anzutreten, entdeckte den Anmarsch dieser beiden feindlichen Colonnen frühzeitig und zog sich auf den Oberst Belling zurück, welcher bereits im Anmarsch auf Gollmitz begriffen war; dem Prinzen aber, von dessen Abberufung er noch nichts erfahren hatte, meldete der Major direkt schriftlich, dass er in Folge der Angriffsbewegung des Feindes seinen Marsch auf Taschenberg aufgegeben habe. Diese Meldung, welche er nicht auf der Straße Prenzlau-Templin, sondern über Boizenburg absendete, von wo her er den Prinzen mit dem Gros in Anmarsch glauben mußte, fiel in die Hände des Oberst-Lieutenants Siegroth und hierdurch erfuhr der schwedische Oberbefehlshaber die Gefahr seiner Lage. Er rief sofort die ausgesandten Truppen ins Lager zurück, und als bald darauf auch die Nachricht von dem ernstlichen Angriff auf Pasewalk einging, schickte er eiligst 4 Bataillone über Pasewalk nach Anklam voraus und zog sich in der Nacht nach Werbelow zurück, woselbst er ein Lager bezog.
Der Oberst Belling hatte die Nachricht von der Abberufung des Prinzen erhalten, als er im Anmarsch auf Gollmitz den von dort zurückgehenden Major von Knobelsdorf aufgenommen hatte. Um den Abmarsch des Prinzen dem Feinde zu verbergen, blieb er langsam im Vorrücken und ließ die beiden schwedischen Colonnen, welche bis Kröchelndorf gelangt waren, durch den Major von Knobelsdorf angreifen. Als aber der Oberst-Lieutenant Siegroth von Boizenburg her in seiner linken Flanke erschien, brach er das Gefecht ab und zog sich auf Templin zurück. Dort erfuhr er durch seine Patrouillen, dass schwedische Truppen nach Pasewalk abzögen und dass die Armee Anstalten treffe, das Lager abzubrechen. Sofort marschierte er, um den Rückzug des Feindes zu beschleunigen, mit seinem ganzen Detachement links ab und traf am folgenden Tage in Woldegk ein. Von hier entsandte er den Major von Knobelsdorf auf Rothenmühle, direkt in den Rücken des Feindes, während seine Husaren bis an die Peene streiften und Kuriere und Transporte abfingen.
Der Plan des Obersten, den Feind durch Bedrohung seiner rückwärtigen Verbindungen zum Verlassen des preußischen Gebiets zu zwingen, misslang. Der General Lantinghausen blieb unbeweglich bei Werbelow im Lager und entsandte den General Arnfeldt mit 4 Bataillonen und mehreren Schwadronen nach Straßburg, um den Major Knobelsdorf abzuschneiden. Es gelang indessen der großen Wachsamkeit und Geschicklichkeit des Letzteren den Feind zu täuschen und glücklich nach Woldegk zurückzugelangen. Strasburg blieb von den Schweden besetzt.
Der Oberst Belling zog sich hierauf nach Prenzlau zurück, woselbst am 9. Oktober auch der General Werner, nachdem er die Stettiner Compagnien dem Herzog von Bevern zurückgeschickt hatte mit seinen Truppen eintraf - gerade zu der Zeit, als Berlin den Russen und Österreichern seine Tore geöffnet hatte.
Die Detachements Werner und Belling 1) bestanden zusammen aus nicht mehr als 2.000 Bajonetten, 1.600 Säbeln und den Bataillonsgeschützen. Beide Führer pflogen in Prenzlau Rat, was zu tun sei.
Mit ihren geringen Streitkräften dem vierfach stärkeren Gegner im offenen Kampfe entgegenzutreten, lag außer aller Frage. Wenn der General von Lantinghausen mit seiner ganzen Armee vorwärts ging, konnten die preußischen Befehlshaber ihm den Marsch auf Berlin nicht verwehren. Es war indessen fraglich, ob der schwedische Oberbefehlshaber von der Gefahr, welche Berlin bedrohte, bereits unterrichtet war. Seine völlig untertätige Haltung mußte sie in der Annahme bestärken, dass dies nicht der Fall war und hierauf bauten sie ihren Plan. Sie beschlossen, die Berliner Straße völlig freizugeben und durch Expeditionen, welche sie an den verschiedensten Stellen und mit möglichstem Eklat im Rücken des Feindes ausführten, Letzteren zum Rückzuge und zur gänzlichen Räumung des preußischen Gebiets zu veranlassen. Schlimmsten Falles waren sie immer noch in der Lage, bei der wohlbekannten Schwerfälligkeit und Langsamkeit des schwedischen Hauptquartiers, den Feind bei seinem Marsche auf Berlin einholen und zum Stehen bringen zu können. Es ist die Frage, ob die beiden kühnen Husaren diesen immerhin verwegenen Entschluss gefaßt haben würden, wenn sie gewusst hätten, dass am Tage ihres Abmarsches von Prenzlau - am 12. Oktober - ein österreichischer Rittmeister, vom General Lascy aus Berlin abgeschickt, sich über Straßburg und Friedland in das schwedische Hauptquartier durchgeschlichen und dem dort befindlichen österreichischen Militair-Bevollmächtigten, dem General von Medniansky, die Nachricht von der Capitulation der preußischen Hauptstadt - 8. Oktober - gebracht hatte, mit der dringlichen Aufforderung an den General Lantinghausen nun auch seinerseits unverzüglich auf Berlin zu marschieren. Es war schlechterdings nicht anzunehmen, dass der schwedische Oberbefehlshaber dieser lockenden Versuchung, mit so leichter Mühe seine Fahnen in der feindlichen Hauptstadt entfalten zu können, widerstehen würde. Aber die Schrecknisse des 3. Oktober, welche ihn veranlassten, das Lager von Prenzlau eiligst zu räumen, hatten ihm den letzten Rest von Tatkraft gelähmt und seinen Blick völlig nach rückwärts gewendet. Unentschlossen blieb er bei Werbelow stehen; und als Deserteurs aussagten, dass Oberst Belling in der Gegend von Straßburg und beim Kavelpaß stehe, und er bald darauf durch gefangene preußische Husaren erfuhr, dass General Werner in das Mecklenburgische gegangen war, gab er jeden Gedanken an Offensive endgültig auf, und trat am 17. Oktober den Rückzug hinter die Peene an.
1) General Werner kommandierte das Grenadier-Bataillon Schwerin, die Frei-Bataillone Wunsch und Corbière, 7 Eskadrons braune Husaren und 1 Eskadron Bayreuth-Dragoner, Oberst Belling 2 Frei-Bataillone Hordt, 5 Eskadrons Husaren und 1 Eskadron Plettenberg-Dragoner.
Die beiden preußischen Corps-Führer hatten sich bei ihrem Abmarsche von Prenzlau getrennt. Oberst Belling wandte sich gegen die rechte Flanke des Feindes und postierte sich dem schwedischen Detachement in Straßburg gegenüber. Von hier entsendete er den Major Knobelsdorf auf die Pasewalk-Friedlander Straße, um die Verbindung des Feindes über den Kavelpaß zu bedrohen. General Werner aber eilte in rapiden Märschen in den Rücken des Feindes. Schon am 13. stand er in Treptow und erließ von dort an demselben Tage ein Manifest an den Engeren Ausschuss - die herzogliche Regierung in Schwerin ignorierte auch er völlig -, in welchem er den Ständen und Untertanen „des Distrikts von Mecklenburg-Schwerin ankündigte, dass sie nunmehr gänzlich unter königlich-preußischer Botmäßigkeit ständen, also ansonsten nirgends Parition zu leisten hätten.“ Zugleich verlangte er, dass Deputierte an das Feld-Kriegs-Kommissariat gesendet werden sollten, zur Beschaffung von 800.000 Thaler Kontribution, von 2.000 Remonten und einer ungeheuren Menge von Lebensmitteln und Fourage. Alles bei Ankündigung ungesäumter Beitreibung durch Feuer und Schwert. Bald darauf rückte der General in Mecklenburg ein und nahm sein Hauptquartier in Neukalen. Durch ausgesandte Kavallerie-Kommandos wurde das Manifest in allen umliegenden Ortschaften durch Maueranschlag bekannt gemacht. Diese Kommandos erpressten überall unter den heftigsten Drohungen und Tätlichkeiten alles Geld, was von dem ohnehin schon aufs Äußerste in Anspruch genommenen Einwohnern mit Hervorsuchung des letzten Hellers aufzubringen war. Die herzoglichen Steuer- und Postkassen wurden geleert und die Beamte angewiesen, alle eingehenden Gelder an das Kriegs-Kommissariat einzuzahlen. Ganze Dörfer wurden völlig ausgeplündert, die Untertanen bis auf den Tod geprügelt und die unerhörtesten Exzesse begangen. 1)
1) Nach amtlicher Darstellung der herzoglichen Regierung.
Am 20. Oktober rückte ein Kommando Husaren und Dragoner in Rostock ein. Der Kommandirende Major forderte, abgesehen von den vorhin erwähnten 800.000 Thaler, allein von der Stadt 200.000 Thaler, von welcher Summe ihm als Abschlagszahlung 15.000 Thaler sofort ausgezahlt wurden. Um eine Sicherheit wegen der an das Land gestellten Forderungen zu haben, ließ General Werner ein Mitglied des Engeren Ausschusses, den Oberst-Lieutenant a. D. von Drieberg auf Granzow, als Geisel in sein Hauptquartier bringen.
Nachdem diese Angelegenheiten geregelt waren, allarmierte der General sämtliche schwedische Posten an den Trebelpässen und stand vor den Toren Triebsees, als er die Nachricht erhielt, dass seine mit viel Lärm und Ostentation betriebenen Streifzüge die beabsichtigte Wirkung gehabt hätten. Die schwedische Armee befand sich, wie wir wissen, seit dem 17. Oktober im vollen Rückzuge. Nun machte der General Kehrt und führte seine Truppen ins Mecklenburgische zurück, um denselben bei den Fleischtöpfen des Landes die verdiente Erholung von den übergroßen Strapazen zu gewähren; hier blieb er bis Ende Oktober. Als der General Lantinghausen zu dieser Zeit das preußische Gebiet gänzlich geräumt hatte, erhielt Werner Befehl nach dem rechten Oderufer abzumarschieren, um dort gegen die Russen verwendet zu werden. Dem Oberst Belling mit seinem schwachen Detachement von 2 Bataillonen Hordt, 5 Eskadrons Husaren und 1 Eskadron Dragoner fiel somit die Aufgabe zu, während des Winters die schwedische Armee in Schach zu halten. Er postierte je 1 Bataillon Infanterie in Anklam und Demmin, während er mit seiner Cavallerie die sehr ausgedehnten Flusslinien bewachte.
Der Schweriner Hof war durch das Erscheinen des Generals Werner in die äußerste Bestürzung versetzt. Soeben war man durch die Nachricht, dass 40.000 Russen und Österreicher siegreich in die preußische Hauptstadt eingerückt waren, in einen Taumel von Freude versetzt und unmittelbar darauf erließ der preußische General in Treptow jenes Manifest, welches mit unzweideutigen Worten den Herzog seiner Krone zu berauben drohte. Und dazu die Exzesse und Gewalttätigkeiten, mit welchen die Truppen ihre Forderungen eintrieben! „Bisher,“ schrieb die mecklenburgische Regierung, „betrugen sich die Preußen diszipliniert, die Wernerschen Regimenter aber betragen sich wie ein Haufen ausschweifender Marodeurs, die unter keinem Kommando stehen!“
Der Herzog war bei dem Einmarsche Werners in seiner Residenz geblieben und hatte einen Kammersekretär an den General abgeschickt, um denselben zu bewegen, von der feindseligen Behandlung des Landes eines völlig neutralen Reichsfürsten abzustehen, mit dem Hinzufügen, „sonst sehe sich Serenissimus in die unangenehme Lage versetzt, von dem einem jeden Privatmann zustehenden Recht, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben, Gebrauch zu machen.“ Der herzogliche Beamte war im preußischen Hauptquartier verlacht worden, und der General hatte es nicht für nötig gehalten, eine Antwort zu erteilen. Als der Letztere bald darauf von Triebsees nach Mecklenburg zurückkehrte, hielt sich der Herzog im Lande nicht mehr für sicher und ging nach Lübeck, wo er bis zum Abmarsch des Wernerschen Corps verblieb.
Zu gleicher Zeit hatte der Herzog den Oberst Glüer beauftragt, die Ansicht des Generals Lantinghausen darüber einzuholen, ob es sich wohl empfehle, starke Patrouillen gegen die marodierenden feindlichen Kommandos auszusenden, um Gewalt mit Gewalt zu vertreiben, hatte, aber, gleichsam erschrocken über die Kühnheit eines solchen Gedankens, hingefügt, an einem Angriff auf preußische Truppen dürften dieselben aber unter keinen Umständen teilnehmen.
Der General Lantinghausen, in der übelsten Stimmung ob des verlorenen Feldzuges, war wenig geneigt, mit dem mecklenburgischen Militär-Bevollmächtigten, so hoch angesehen derselbe auch persönlich bei ihm war, die allerdings nicht leichte Frage, wie man es anzufangen habe, zu kämpfen, ohne seine Waffen zu gebrauchen, akademisch zu erörtern. Auf seine dringenden Verstellungen erhielt Glüer stets dieselbe Antwort, zuletzt in Gegenwart des ganzen Hauptquartiers: „Die Absendung der mecklenburgischen Patrouillen hat keinen Sinn! Wenn ich die Lande Ihres Herzogs schützen soll, so muss derselbe seine Truppen zu meiner Armee stoßen lassen; die Krone Schweden will kein neutrales Land schützen, wenn dessen eigener Landesherr nicht um seinen Thron kämpfen will. Lassen Sie Ihre Truppen bis Rostock vorrücken und ich sende Ihnen sofort 3 Infanterie-Regimenter mit der nötigen Cavallerie und Artillerie zu Hülfe.“ Diesen Worten des Oberbefehlshabers stimmten die anwesenden fremdherrlichen Militär-Bevollmächtigten zur großen Freude Glüers in lauter und demonstrativer Weise bei.
Der Herzog beeilte sich den gerechten Unwillen des Generals Lantinghausen zu besänftigen; er trüge kein Bedenken seine Truppen an der Verteidigung des Landes teilnehmen zu lassen; deshalb habe er auch dem General von Zülow befohlen, in Dammgarten - dorthin hatte sich Letzterer beim Einmarsche des Generals Werner zurückgezogen - stehen zu bleiben; 2 Eskadrons ständen à portée diesseits der Trebel; ob der General aber nicht Malchin besetzen wolle, dann schütze er gleichzeitig Mecklenburg und die Lande seines Königs; in diesem Falle wolle der Herzog sofort Rostock besetzen.
Der General Lantinghausen antwortete auf die Vorschläge der mecklenburgischen Regierung mit keiner Sylbe, dagegen machte er seiner Verstimmung durch die bittersten Klagen Luft; warum seine Truppen ihr Blut vergießen sollten für einen Fürsten, der seine Soldaten hinter der schwedischen Front in Sicherheit brächte und der nicht einmal ein Bundesgenosse seines Königs sei? Dessen Untertanen ihr Korn lieber umsonst den Feinden seines Herrn zuführten, anstatt es den Freunden desselben für bares Geld zu überlassen, während der Widerspenstige Magistrat zu Rostock durch schwedische Offiziere mit Gewalt habe gezwungen werden müssen, in der Stadt ein Patent affichiren zu lassen, durch welches die mecklenburgische Bevölkerung zur Erfüllung ihrer Pflicht gegen ihren Landesherrn ermuntert werden sollte.
Der Herzog beeilte sich, dem Wunsche des schwedischen Oberbefehlshabers in Bezug auf die Korn-Lieferungen zu entsprechen, denn es eröffnete sich Anfang November eine neue Konjunktur, welche der preußischen Herrschaft in Pommern ein Ende zu machen drohte, wozu aber die Mitwirkung der Schweden dringend erforderlich war - es war die Hülfe der Russen.
In den ersten Kriegsjahren hatten die Operationen der russischen Armeen regelmäßig damit ihren Abschluß gefunden, dass dieselben sich im Herbst hinter die russischen Grenzflüsse zurückgezogen und erst im Sommer des nächsten Jahres wieder auf dem Kriegsschauplatz erschienen waren. Aber nicht so in diesem Jahre.
Die Zarin Elisabeth war es müde geworden, ihre Feldherrn unter den verschiedensten Vorwänden ihren Befehlen entgegenhandeln zu sehen. Dem Feldmarschall Soltykow war bei Beginn des Feldzugs des Jahres 1760 befohlen, mit den Armeen in Pommern zu überwintern und diese Befehle hatte die Kaiserin, deren leidenschaftlicher Hass gegen den König von Preußen mit den Jahren zunahm, dem Feldmarschall Buturlin, welcher im November den Oberbefehl an Stelle Soltikows übernommen hatte, auf das Bestimmteste wiederholt.
Die Generäle Czernitscheff und Tottleben hatten bei der Annäherung des Königs am 12. Oktober Berlin eilfertig verlassen und waren nach Frankfurt a. O. marschiert, um sich dort mit der Hauptarmee zu vereinigen. Letztere ging jedoch, da die Gegenden zwischen der Oder, Warthe und Weichsel völlig verwüstet waren, im November über den letztgenannten Fluss in die Winterquartiere. Der Oberbefehlshaber ließ indessen, um den Befehlen der Kaiserin nicht ungehorsam zu sein, die Corps der Generäle Czernitscheff und Tottleben in der Gegend von Cöslin zurück. Von hier aus streiften die Kosaken weit in die Ukermark hinein, bis Templin und einige Meilen von Neubrandenburg, so dass Oberst Belling, als er der abziehenden schwedischen Armee folgte, sich bewogen fand, den Lieutenant Memerti mit 20 Husaren als Beobachtungsposten in Prenzlau stehen zu lassen. Dies Kommando war Anfang November von den Kosaken aufgehoben worden.
Auf diese Tatsachen baute der Herzog Friedrich seine Hoffnung, den General Werner, welcher am 29. Oktober aus Mecklenburg abmarschiert war, zwischen zwei Feuer bringen und vernichten zu können. Er bat den General Lantinghausen dringend, sich doch diese günstige Gelegenheit nicht entgehen zu lassen und mit der Armee vorzurücken.
Im schwedischen Hauptquartier war man aber nichts weniger als kriegerisch gesonnen. Der Kommandierende erwiderte, weder der russische Oberbefehlshaber, noch der schwedische Militär-Bevollmächtigte im dortigen Hauptquartier habe ihm eine Mitteilung von den russischen Operationen gemacht. Daraus müsse er schließen, dass die Russen sich nicht in Vorpommern festsetzen, sondern nur brandschatzen wollten, sonst würden sie wohl versuchen, Stettin und Küstrin wegzunehmen. Er wolle sich hüten, über die Peene vorzugehen und seine Armee auf das Spiel zu setzen; ihm sei es nur zu deutlich in der Erinnerung, dass die Russen und Österreicher an eben dem Tage - 12. Oktober - wieder abmarschiert seien, als er in Berlin hätte eintreffen können. Zum Glück hätte der österreichische General es ihm damals noch vertraulich geschrieben, dass die Russen in Berlin nicht Stand halten würden. Gleichzeitig wiederholte der General nochmals sehr dringend die Bitte, der Herzog möge seine Truppen sich in Rostock festsetzen lassen; er wolle in diesem Falle 2 Bataillone Infanterie und 3 Eskadrons zu ihnen stoßen lassen.
Zu dieser Bitte bewog den schwedischen Oberbefehlshaber aber nicht die Rücksicht auf den Schutz des herzoglichen Gebiets, sondern der Wunsch, eine starke Postierung in Mecklenburg zu haben, welche geeignet war, die Etappenstraße über Rostock und Wismar nach Holstein, wo die schwedische Regierung sämtliche Remonten für die Armee ankaufte, zu decken. Der Herzog glaubte aber jetzt auf diese Bitte um so weniger eingehen zu können, als er in Betreff der Verpflegung der an den Grenzen stehenden preußischen Truppen mit dem Befehlshaber derselben in Verhandlung getreten war.
Nach dem Abmarsche der Wernerschen Truppen - Ende Oktober 1760 - war der Herzog in seine Residenz zurückgekehrt. Kaum aber war dies geschehen, so ließ der Oberst Belling durch Vermittlung des Hof- und Justizrats von Altrock 1) der Schweriner Regierung mitteilen, dass ihm von Seiner Majestät dem Könige die mecklenburgischen Lande als Winterquartiere angewiesen seien und er berechtigt sei, freie Verpflegung für seine Truppen und Douceurgelder zu fordern; mit einem Pauschquantum von 100.000 Thlr., zahlbar binnen 14 Tagen, außer der Naturalverpflegung seiner Truppen, wolle er zufrieden sein, hatte er hinzugefügt.
1) Eine offizielle Korrespondenz zwischen der mecklenburgischen Regierung und den preußischen Befehlshabern fand während des ganzen Krieges nicht statt.
Die Schweriner Regierung war nicht abgeneigt, auf ein solches Abkommen einzugehen, indessen schien ihr die Summe gar zu hoch gegriffen. Sie sandte daher den Hofrat Altrock und den Major a. D. von Lowtzow, welcher mit dem Oberst Belling von der Zeit her, als Letzterer beim Ziethen-Husaren-Regiment in Parchim in Garnison gestanden hatte, eng befreundet war, nach Demmin, um mit dem Oberst in Verhandlung zu treten. Das Äußerste aber, was die Abgesandten erreichen konnten, war, dass Letzterer mit der täglichen Lieferung von 2.500 Portionen und Rationen und 417 Thlr. an barem Gelde, vom 24. November bis zu dem Termin, an welchem die preußischen Truppen das Land verlassen würden, zufrieden sein zu wollen erklärte.
Man war genötigt, diese Forderung zuzugestehen und zwar um so mehr, als schon aufs Neue aller Orten die größten Exzesse und Plünderungen, Geld-Erpressungen und Misshandlung der Untertanen begangen wurden und Oberst Belling ausdrücklich erklärt hatte, diese Unregelmäßigkeiten nicht abstellen zu können, wenn nicht durch die genannten Lieferungen und Zahlungen seinen Truppen der nötige Unterhalt verschafft würde.
Unter diesen Umständen glaubte der Herzog von einer Verlegung schwedischer Regimenter nach Rostock absehen zu müssen, da der Oberst Belling, dessen bewiesene große Mäßigung und chevalereskes Benehmen vom Schweriner Hofe sehr gerühmt wird, dies mit Recht als einen Bruch des geschlossenen Übereinkommens angesehen haben würde.
Wie unangenehm und peinlich wurde daher der Herzog durch die Nachricht berührt, dass ein Gefecht zwischen den Schweden und Preußen stattgefunden und dass sich mecklenburgische Truppen an demselben beteiligt hatten. Die Sache verhielt sich folgendermaßen:
Als das Werner'sche Corps in Mecklenburg einmarschierte, war der General von Zülow mit den mecklenburgischen Truppen, welche in und um Rostock gestanden hatten, über die schwedische Grenze gerückt und hatte vorläufig bei Redebas Cantonnements bezogen 1) die Husaren-Eskadron aber und die Compagnie Cavallerie hatte er zu Sülze und Marlow postiert, mit dem Auftrage, durch Absendung von Patrouillen dem Marodiren und den Exzessen der preußischen Streif-Kommandos zu wehren. Dieser Befehl hatte die Kampflust der mecklenburgischen Offiziere, welche vor Begierde brannten, sich nach dem demütigenden Versteckspielen auf Rügen endlich im offenen Kampfe mit dem Gegner messen zu können, mächtig geweckt. Der schwedische Oberbefehlshaber scheint diese Stimmung geschickt für seine Zwecke benutzt zu haben, denn als am 13. November der (schwedische) Major von Schwartzer mit einem Detachement von 200 Infanteristen und 300 Reitern von Triebsees aus entsandt wurde, um dem Major von Schulenburg, welcher vom Oberst Belling mit 150 Husaren zum Abfangen eines schwedischen Remontetransports in die Gegend von Wismar abgeschickt war, entgegenzutreten, hatte sich der Major von Baader bereden lassen, mit 100 Mann, welche er aus seiner Husaren-Schwadron und der Compagnie des Rittmeisters von Oldenburg ausgesucht hatte, unter Annahme der schwedischen Feldzeichen an der Expedition teilzunehmen.
1) Den Befehlen des Herzogs gemäß mußte der General bei Annäherung des Feindes einen Kriegsrat, bestehend aus sämtlichen Stabsoffizieren, zusammenrufen und demselben die Frage vorlegen, ob die Umstände den Abmarsch über die schwedische Grenze geböten? Was die Mehrheit der Stimmen beschlossen habe, solle er als eine vom Herzog erteilte Instruktion ansehen.
Die Unternehmung nahm ein übles Ende. Oberst Belling, dessen Husaren nicht die geringste Bewegung unter den feindlichen Truppen entging, eilte von Demmin aus mit 300 Husaren, 60 Dragonern und 1 Compagnie Hordt den Schweden nach und nahm bei Tessin die feindliche Infanterie, welche der Major Schwartzer als Rückhalt daselbst hatte stehen lassen, gefangen. Letzterem gelang es indessen, glücklich zu entkommen, indem er den Oberst täuschte und den Major Schulenburg, welcher ihm bei Kamin (bei Lage) den Rückweg verlegen wollte, über den Haufen warf.
Am schlimmsten war der mecklenburgische Major daran. Nach seiner Angabe wurde er beim eiligen Rückzug der Schweden einfach in Schwaan, wohin er befehligt war, vergessen. Der Rückweg an die schwedische Grenze war ihm verlegt, ihm blieb nichts Anderes übrig, als nach Schwerin zu marschieren. Anfangs wurde er sehr ungnädig vom Herzog empfangen und mit Kriegsrecht bedroht; als er aber einen Brief des Oberst von Glüer aus dem schwedischen Hauptquartier vorzeigte, aus welchem hervorging, dass der General Lantinghausen ihn zu dem unvorsichtigen Schritt verleitet und dass der Major im guten Glauben gewesen sei, im Sinne seines Kriegsherrn zu handeln, verzieh ihm der Herzog. Aber er war wegen der üblen Folgen besorgt. Der Rittmeister von Oldenburg meldete von Sülze, dass die preußischen Husaren seine Leute mit Karabinerschüssen begrüßt hätten und Oberst Belling hatte zu einem befreundeten Gutsbesitzer geäußert: „Nun des Herzogs Truppen gegen den König meinen Herrn dienen und auch schon auf meine Leute gefeuert haben, will ich künftig ganz anders mit Mecklenburg verfahren!“ Der General Lantinghausen, verdrießlich wegen der verunglückten Expedition äußerte sich Glüer gegenüber sehr ungehalten, dass der Herzog sich so hartnäckig weigere, seine Truppen mitkämpfen zu lassen.
Es war dies die letzte Unterredung, welche der Oberst mit dem schwedischen Oberbefehlshaber hatte; zur Ersparung der Kosten 1) mußte er sich während des Winters bei demselben beurlauben und kehrte nach Schwerin zurück. Bald darauf, mit einem Auftrage des Herzogs an den Kommandanten von Dömitz geschickt, wurde er unterwegs von dem Major von Zülow vom Belling'schen Husaren-Regiment 2) aufgegriffen und nach Stettin gebracht. Hier wurde er bis zum Friedensschlusse inhaftiert gehalten. Eine Ranzionierung gegen Erlegung von 600 Thlrn., welche ihm der Oberst Belling im folgenden Jahre - 1761 - hatte antragen lassen, genehmigte der Herzog des nahe erwarteten Friedensschlusse wegen nicht.
1) Um standesgemäß im schwedischen Hauptquartier auftreten zu können, mußte der Oberst 6 Diener und 12 Pferde halten.
2) Sohn des Oberst von Zülow, des Kommandeurs vom Regiment Jung-Zülow.
Nach der eben erzählten Affaire trat völlige Waffenruhe zwischen den schwedischen und preußischen Truppen ein. Belling verlegte sein Hauptquartier in das Mecklenburgische nach Prebberede; die Infanterie hielt Anklam und Demmin besetzt, die Husaren lagen in und um Lage, kleinere Kommandos in Tessin, Sülze und Ribnitz.
Das Jahr 1760 war für Mecklenburg, verglichen mit den beiden ersten Kriegsjahren, sehr günstig verlaufen. Die gesammten Schäden und Kosten betrugen nicht mehr als 135.240 Thlr.; nur ein Rekrut wurde gewaltsam weggenommen. Aber mit dem Beginn des kommenden Jahres begann für das schwergeprüfte Land eine Zeit der Not, gegen welche alle Bedrückung der früheren Jahre nur ein Kinderspiel zu nennen war.
Das Kriegsjahr 1760 drohte für Friedrich den Großen verderblich zu werden. Maria Theresia war entschlossen, Alles daran zu setzen, dem verhassten Gegner den Todesstoß zu geben. Mit 120.000 Mann unter Daun und Laudon und mit 60.000 Russen begannen die Alliierten ihre Operationen. Dieser Uebermacht konnte König Friedrich nur 90.000 Mann, zum Teil von recht zweifelhaftem Werte entgegenstellen.
Es war daher dem König nicht möglich, den General Stutterheim an der Peene zu verstärken. Wir haben gesehen, dass dieser General der ca. 17.000 Mann starken schwedischen Armee mit nur 5.000 Mann gegenüberstand, und dass von diesen Truppen nur die beiden Bataillone des Freiregiments Hordt und die Cavallerie völlig kriegstüchtig, die 8 Bataillone Infanterie aber, neu formiert, noch in der Ausbildung und Ausrüstung begriffen waren. Von einem nachhaltigen Widerstande gegen einen energischen Vormarsch der Schweden konnte also nicht die Rede sein.
Den Herzog hatten die günstigen Berichte, welche der Baron Dittmar über den unverminderten Kriegseifer am Wiener Hofe abgestattet, in die hoffnungsvollste Stimmung versetzt. Auch von den schwedischen Operationen versprach er sich in diesem Jahre den vollständigsten Erfolg. Auf Anraten Dittmars sandte er, schon im Winter, den Oberst-Lieutenant von Glüer vom Regimente Alt-Zülow als Militair-Attaché in das Hauptquartier des Generals Lantinghausen nach Greifswald. Auf diese Weise wurde nicht allein der Herzog in jedem Augenblick über den Fortgang der Operationen unterrichtet, sondern es setzten auch seine aus authentischer Quelle stammenden Mitteilungen seinen Gesandten in Wien in den Stand, durch den Grafen von Choiseuil 1) auf den Marquis von Havrincourt 2) und durch diesen auf die Stockholmer Regierung einwirken zu können, wenn der schwedische Oberbefehlshaber ein gar zu langsames Tempo anschlug.
Im Frühling dieses Jahres fand, ebenfalls auf Anraten des Baron Dittmar, wiederum eine Vermehrung der mecklenburgischen Truppen statt. Dieser scharfsichtige Staatsmann war, als er den leitenden Ministern und den Botschaftern in Wien persönlich näher getreten war, zu der festen Überzeugung gekommen, dass alle Traktate, Deklarationen und Accessionsacte völlig nutzlos und nicht im Stande wären, dem Herzog auch nur ein Dorf seiner verpfändeten Ämter oder einen Thaler Entschädigungsgelder zu verschaffen, wenn sich derselbe nicht entschließen könne, mit den Waffen in der Hand seine Rechte geltend zu machen. Der Kanzler Kaunitz und der Graf Coloredo sprachen sich bei jeder Gelegenheit in diesem Sinne aus, ebenso die fremden Gesandten. Diese Reden fielen bei dem kriegerisch gesonnenen mecklenburgischen Vizekanzler auf überaus günstigen Boden. Schon während der Werbungsstreitigkeiten mit Preußen hatte er stets den energischsten Maßregeln das Wort geredet, jetzt wollte er offenen Kampf bis aufs Messer mit dem Gegner, der ihm seit langen Jahren verhasst war. „Man gibt mir hier überall zu verstehen,“ berichtet Dittmar im April 1760, „dass es für Eure Durchlaucht nicht sowohl auf Abschluß weiterer Traktaten ankomme, sondern auf das Glück der Waffen. Mein Rat ihr die Truppen zu vermehren, etwa bis auf 4000 Mann, und dann, sobald sich die Gelegenheit bietet, die zurückverlangten Ämter zu besetzen.“
1) Der französische Gesandte in Wien.
2) Der französische Gesandte in Stockholm.
Um sich für alle Fälle vorzubereiten, hauptsächlich aber wohl, um den Alliierten Mächten seinen guten Willen zu zeigen, der hie und da stark bezweifelt wurde, schritt der Herzog zur Vermehrung seiner Truppen. Aus dem Bataillon von Both wurde ein Regiment gemacht und dasselbe, ebenso wie die beiden Regimenter von Zülow, auf 8 Compagnien gebracht. Dies ergab für die Infanterie eine Stärke von 1.425 Köpfen.
Die 3 Regimenter hatten den Winter auf Rügen zugebracht, in schlechten Quartieren und schlecht verpflegt, und waren, als die Schweden im Sommer 1760 ihre Offensive begannen, nach Rostock abmarschiert, woselbst sie am 16. Juni eintrafen und vorläufig verblieben, weil sich in der Gegend von Dargun preußische Cavallerie-Patrouillen gezeigt hatten, eine Dislocirung in die verschiedenen Garnisonsstädte also noch nicht ratsam erschien.
Die Cavallerie wurde in diesem Frühjahr ebenfalls vermehrt. Der Kommandeur der Leibgarde zu Pferde, der Oberst von Barssen, formierte im April aus den 28 berittenen Gardisten eine Compagnie Cavallerie in Goldberg, unter dem Befehl des Rittmeisters von Oldenburg in der Stärke von 4 Offizieren und 86 Reitern. Zu gleicher Zeit wurde eine Schwadron Husaren unter Befehl des Majors von Bader in der Stärke von 3 Offizieren und 65 Mann errichtet und nach Teterow in Garnison gelegt. Beide Schwadronen hatten den Befehl, sich bei Annäherung der Preußen auf Stralsund zurückzuziehen.
Um den schwedischen Obergeneral, welcher, unentschlossenen Charakters und schwerfällig in seinen Dispositionen, im Juli noch unverrückt hinter der Peene stand, zu rascherem Handeln anzuspornen, sparte der Herzog keine Artigkeiten und Gefälligkeiten. Als er in Erfahrung gebracht, dass der General ein Liebhaber von schönen Gemälden sei, sandte er ihm zwei wertvolle Huchtenbergs und ließ ihm durch Oberst-Lieutenant von Glüer andeuten, dass noch weitere Präsente von Wert folgen würden.
In unserer Zeit würde es ein misslicher Auftrag für einen Militair-Bevollmächtigten sein, einem kommandierenden General derlei Andeutungen auszurichten. Allein wir dürfen nicht den Maßstab von heute anlegen, sondern müssen uns in die Anschauungen der Zeit, die wir zu schildern versuchen, hinein versetzen. Der Geist dieser Zeit fand aber nichts Anstößiges darin, wenn Obersten und Generäle sich in Feindesland für ihre Person „Douceurgelder“ auszahlen ließen oder von fremden Fürstlichkeiten „Ergötzlichkeiten von 1.000 Pistolen“ (Louisd'or) und mehr als Geschenk annahmen, während den an der Spitze der Armeen stehenden Feldherren oder den Ministern Tonnen Goldes 1) angeboten und ausgezahlt wurden, um sie zu bewegen, ihren Einfluss in der gewünschten Richtung zur Geltung zu bringen. Die Annahme dieser Gelder, sofern nicht geradezu eine grobe Pflichtwidrigkeit dafür gefordert wurde, sah man nicht als Bestechung an und wurde Niemandem verdacht. Es muss aber doch wohl recht schwer gewesen sein, die richtige Grenze innezuhalten und zu unterscheiden, ob die gezahlten Summen lediglich in der Absicht gegeben wurden, um Jemand in der Ausübung seiner Pflicht eifriger zu machen, oder ob sie verheißen wurden, um etwas zu erreichen, was den Empfänger, wenn auch nicht gerade in Konflikt mit seinem Pflichtgefühl brachte, ihn aber doch verleiten konnte, das Wichtige über dem Unwichtigen zu versäumen, ein Fall, der beispielsweise eingetreten sein würde, wenn der General Lantinghausen sich durch die Geschenke des Herzogs von Mecklenburg hätte bewegen lassen, sein Hauptaugenmerk, anstatt auf die Offensive gegen Berlin, auf die sorgfältige Beschützung der mecklenburgischen Grenzen zu richten. Die Hauptgefahr aber einer solchen Geschenkpraxis lag darin, dass nicht ganz sichere Charaktere in Versuchung geführt wurden, für Geld geradezu gegen ihre Pflicht zu handeln. Hierfür liefert uns die Geschichte des vorigen Jahrhunderts zahlreiche Beispiele; auch in unserer Geschichtserzählung fanden wir drei Fälle in denen Personen durch je 500 Louisd'or und durch 100 Thaler bestochen wurden, ihr Pflicht bis über die Grenze des Landesverrats hinaus in gröblicher Weise zu verletzen.
Als der General von Lantinghausen sich Anfangs August anschickte, seinen Vormarsch zu beginnen, kannte er die Stärke und die Stellung des Gegners vollständig. Die mecklenburgische Regierung hatte dem Assessor von Storch den Befehl gegeben, genaue Erkundigungen über die preußischen Truppen an der Grenze einzuziehen und darüber nach Schwerin zu melden. Diese Berichte wurden in das schwedische Hauptquartier an den Oberst-Lieutenant von Glüer gesandt.
1) Eine Tonne Goldes - 100.000 Thaler.
Eine derartige Correspondenz der Regierung mit ihrem Militär-Bevollmächtigten war nicht ohne Gefahr. Schon die Anwesenheit Glüer's im schwedischen Hauptquartier war mit den Begriffen einer strengen Neutralität nicht vereinbar, denn nach dem Brauche damaliger Zeit sandte man Offiziere nur in das Hauptquartier einer verbündeten Macht. Und nun das regelmäßig organisierte Kundschaftswesen! Wurde die Korrespondenz aufgefangen, so konnte sich der Herzog nicht mehr beklagen, von Preußen als Feind behandelt zu werden, und wurde Herr v. Storch mit seinen Agenten ergriffen, so wurden sie nach Kriegsrecht samt und sonders als Spione gehängt.
Für den schwedischen Oberbefehlshaber waren die Mitteilungen der Schweriner Regierung von hohem Werte, da er bei der großen Überlegenheit der preußischen leichten Truppen nicht im Stande war, auch nur einigermaßen zuverlässige Nachrichten über die Stellung des Feindes zu erlangen und, was für ihn besonders wichtig war, rechtzeitig in Erfahrung zu bringen, wann der König von Preußen etwa unvermutet Verstärkungen an den General Stutterheim schickte. Er ließ daher dem Herzoge seinen verbindlichsten Dank ausdrücken und ihn bitten, mit den Berichten möglichst oft fortzufahren.
Endlich - am 12. August - waren die viele Monate langen Vorbereitungen soweit gediehen, dass der General Lantinghausen dem Herzoge mitteilen konnte, die Armee werde in den nächsten Tagen aufbrechen; zugleich bat er um Lebensmittel für seine Truppen, so lange dieselben mecklenburgisches Gebiet passieren würden. Infolgedessen wurde der Ober-Amtmann Brandt als MarschKommissar nach Greifswald geschickt, dem General Lantinghausen aber übersandte der Herzog in der Freude seines Herzens eine kostbare, mit Diamanten besetzte und mit seinem Bildnis versehene Tabatiére als Präsent und wünschte ihm den göttlichen Segen zu seinen Unternehmungen.
Wir beabsichtigen den Feldzug dieses Jahres etwas detaillierter zu behandeln, einmal, weil die Gefechte mehrfach auf mecklenburgischem Boden geführt worden sind, dann aber auch, weil uns das Kriegstagebuch des Oberst-Lieutenant von Glüer, welches mit Sachkenntnis und Genauigkeit geführt ist, und manches in den Geschichtswerken bisher nicht Erwähnte vor Augen führt, vorgelegen hat.
Der General Lantinghausen beschloss, um den schwierigen Angriff auf die Peenefront zu vermeiden, den linken Flügel des Feindes zu umgehen und so dessen Rückzug auf Berlin zu bedrohen. Zu dem Ende ließ er den General Ehrenswärd mit 3.000 Mann bei Anklam demonstrieren, er selbst ging am 17. August über die Trebel und marschierte auf Malchin, nachdem die Avantgarde unter dem General von Fersen schon Tags zuvor diesen Fluss bei Volckersdorf überschritten hatte.
Der General Stutterheim, in Ungewissheit über den Angriffspunkt der Schweden, hatte den Oberst Belling von Krukow nach Demmin gesandt, während er selbst mit dem Gros zur Verstärkung seines rechten Flügels von Krien gegen Medow vorrückte.
Die Tete der schwedischen Avantgarde bildete das Husaren-Regiment des Grafen Sparre und vor der Spitze der Husaren ritt in ächt französischer Prahlerei der französische Militär-Bevollmächtigte, der Marquis von Caulaincourt Diesmal sollte dem Franzosen sein Übermut schlecht bekommen. Als die Bellingschen Husaren erschienen und sofort zur Attacke vorgingen, kommandierte der schwedische Offizier: „Rechts um, Kehrt!“ Diese einfache Bewegung wurde aber von seinen Leuten so ungeschickt ausgeführt, dass sich dieselben gegenseitig umritten und der Marquis, welcher nicht mehr ausweichen konnte, mit seinem Pferde in den Knäuel der am Boden liegenden Pferde und Husaren hineinstürzte. Der schwedische Offizier half ihm zwar rasch wieder aufs Pferd, hierbei überschlug sich dasselbe aber und der Marquis ward gefangen, als er sich vergeblich bemühte, sein Pferd zu besteigen.
Dieser an und für sich unwichtige Vorfall erhält dadurch Bedeutung, dass Herr von Caulaincourt mit seinem Feuereifer die Seele der Vorwärtsbewegung der Armee war und nun der General Lantinghausen, sich selbst überlassen, mit einer Behutsamkeit und Unentschlossenheit vorrückte. welche die seiner drei Vorgänger noch übertraf.
Als der Oberst Belling dem General Stutterheim bestimmte Meldung von der feindlichen Umgehung machte, beschloss Letzterer die Peenelinie aufzugeben. Er räumte Demmin und Anklam am 19. August und ging über den Kavelpass auf der Pasewalker Straße zurück.
Der General Lantinghausen war mit dem Gros der Armee über Dargun marschiert und lagerte am 19. bei Malchin. Tags darauf vereinigte er sich mit seiner Avantgarde und schlug am 21. sein Hauptquartier in Schmarsow auf. In dieser Stellung blieb die Armee bis zum 25. „Um sich auszuruhen,“ sagt Glüer in seinem Tagebuch.
Dem Oberst Belling blieb kein Schritt der feindlichen Armee verborgen. Seine Reiterei war überall; ein Zug Husaren blieb sogar in den Wäldern bei Malchin versteckt und durchstreifte die Gegend im Rücken des Feindes. Als der Oberst sah, dass der Feind ihm nicht folgte, rückte er sofort wieder bis Friedland vor und besetzte den Landgraben. Am Kavelpass wurde der Major von Kalkstein mit 2 Compagnien und 2 Geschützen postiert.
Am 25. August setzte die schwedische Armee ihren Vormarsch fort, in eigentümlicher Marschordnung, ohne Avantgarde, in vier auf gleicher Höhe neben einander marschierenden Kolonnen; jeder Kolonne gingen reitende Jäger und Husaren vorauf. Die Armee rückte bis Iven, das Detachement Ehrenswärd bis Thurow vor. Am Abend überfiel Oberst Belling die Vorposten und nahm den Rittmeister von Silfverskiold, dessen Vedetten abgesessen waren und die Annäherung der Preußen infolgedessen nicht bemerkt hatten, mit 30 Husaren und Jägern gefangen. Auch auf dem rechten Flügel gelang den Preußen ein kecker Streich; der Major von Knobelsdorf vom Freiregiment Hordt überfiel mit 2 Compagnien und 1 Kanone in der Nacht vom 26. auf den 27. den Major von Platen, welchen General Ehrenswärd zur Deckung seiner Verbindung mit Anklam mit 180 Husaren und Jägern in Woserow postiert hatte und nahm ihm 30 Gefangene ab.
Am 27. August ließ der General Lantinghausen den Kavelpass durch den Oberst Graf Sparre forcieren. Der Major von Kalkstein zog sich nach kurzer Kanonade auf das Gros in Friedland zurück und nun nahm der Oberst Belling Stellung hinter dem Mühlbach bei Gahlenbeck. Das Gros der schwedischen Armee aber blieb bis zum 29. unbeweglich hinter dem Kavelpass stehen.
Nach den Vorgängen der beiden letzten Feldzüge ist man nicht berechtigt, besonders schnelle und kühne Operationen von der schwedischen Armee zu erwarten, aber die schneckenartige Langsamkeit, mit welcher der General von Lantinghausen seine Truppen nicht vorwärts marschieren, sondern kriechen lässt, wäre schlechterdings nicht zu verstehen, wenn uns nicht die Korrespondenz des Oberst-Lieutenant von Glüer Aufschluss verschaffte.
Der General Lantinghausen scheute sich, das coupirte Terrain jenseits Friedland zu betreten, um so mehr, als ihn seine Cavallerie gänzlich ohne Nachrichten über den Verbleib des Feindes ließ. „Der General lässt dringend bitten,“ schreibt Glüer am 28. August an den Herzog, „ihm von Zeit zu Zeit zuverlässige Nachrichten über die Preußen zu schicken, um convenables contremesures treffen zu können; über Demmin ist der Weg zur Armee frei.“ Also schon 10 Tage nach Eröffnung des Feldzuges, als dessen Ziel ihm seine Regierung die preußische Hauptstadt gesteckt hatte, war der schwedische Oberbefehlshaber mehr darauf bedacht, feindliche Angriffe abzuwehren, als selbst die Offensive zu ergreifen. Indessen waren es nicht die geringen Streitkräfte des Generals Stutterheim, deren Stärke er genau kannte, welche seine Offensive hemmten, es waren Motive anderer Natur. Das Wort „Gegenmaßregeln“ weist darauf hin, dass er zögerte, den schwachen Gegner über den Haufen zu werfen und rücksichtslos vorzudringen, weil er bei jedem Schritte vorwärts die Blitzesschnelle fürchtete, mit welcher Friedrich der Große gewohnt war, Verstärkungen an einem besonders gefährdeten Punkte unvermutet auftreten zu lassen. Umgangen, abgeschnitten und vernichtet zu werden, war das Schreckbild, welches den General nicht mehr verließ und welches seine Bewegungen lähmte.
Die herzogliche Regierung, welche sich der Unvorsichtigkeit ihres Verfahrens bewusst geworden und peinlich bemüht war, wenigstens den Schein der striktesten Neutralität aufrecht zu halten, ging auf die Bitte des Generals nicht ein; vielmehr wurde Glüer angewiesen, solche Schreiben, deren Wegnahme für die mecklenburgische Sache von den widrigsten Folgen sein könne, nicht der Post anzuvertrauen, überhaupt aber derartige Anträge des schwedischen Generals sofort abzulehnen und sich derselben in seinen Berichten zu enthalten. Die preußischen Husaren machten in der Tat die Gegend im Rücken der schwedischen Armee so unsicher, dass der Oberst-Lieutenant seinen nächsten Bericht - 4. September - nicht mehr über Demmin - der Haupt-Etappe der Armee! - sondern über Anklam, Greifswald und Triebsees per Staffette schicken mußte.
Am 28. August marschierte die Schwedische Armee bis Boldekow, dicht am Kavelpass; Graf Sparre rückte mit der Avantgarde gegen Neumühle vor. Bei Friedland stieß derselbe auf den Oberst Belling, welcher mit einigen Schwadronen eine Recognoscirung ausführte. Dies führte zu einem lebhaften Kavalleriegefecht bei Lübbersdorf, in welchem die Preußen der Uebermacht weichen mußten und von ihrer Infanterie bei Neumühle aufgenommen wurden. Bei diesem Gefecht nahmen die preußischen Husaren den schwedischen Junker von Blücher, den späteren preußischen General-Feldmarschall, gefangen.
Am 30. passierte die Armee den Kavelpass und ging in zwei Colonnen auf der Straßburger und Pasewalker Straße vor, der General Ehrenswärd marschierte auf Ferdinandshof. Am 31. bezog die Armee ein Lager bei Straßburg.
Der General Stutterheim zog sich, der Uebermacht gegenüber und weil seine rechte Flanke durch den General Ehrenswärd bedroht war, hinter die Uker zurück und besetzte Liepe, Pasewalk und Prenzlau, das Gros dahinter Rollwitz.
Durch den Übergang auf das rechte Ukerufer gab der General Stutterheim dem Feinde zwar den Weg auf Berlin völlig frei, aber, da er auch den Auftrag hatte, Stettin gegen einen combinirten russisch-schwedischen Angriff zu decken, so erreichte er durch diese Bewegung beide Zwecke: er schützte Stettin direkt, Berlin aber indirekt durch die Einnahme einer Flankenstellung. Um eine etwaige Absicht des Feindes auf Berlin rechtzeitig zu erfahren, mußte Oberst Belling auf dem linken Ukerufer die Übergänge des sumpfigen Abschnittes bei Taschenberg besetzen.
Am 3. September ließ der General Lantinghausen durch seinen General-Adjutanten von Wrangel mit 15 Eskadrons die preußischen Vorposten über die Uker zurückwerfen; General Ehrenswärd nahm an demselben Tage Pasewalk nach kurzem Kampf. Das schwedische Hauptquartier blieb bis zum 5. bei Werbelow.
Der General Stutterheim ging bis Bitkow zurück; Prenzlau blieb mit 3 Compagnieen Hordt unter Major von Below besetzt, dahinter als Repli das Detachement Belling. Es konnte nicht in der Absicht des Generals liegen, Prenzlau ernstlich zu verteidigen, da die Ukerlinie durch die Einnahme Pasewalks und durch den Anmarsch des Generals Ehrenswärd in der rechten preußischen Flanke völlig unhaltbar geworden war; er beabsichtigte nur, den Feind möglichst lange aufzuhalten.
Der General Lantinghausen ließ, ehe er zum Angriff gegen Prenzlau schritt, die Stadt auffordern, mit der Drohung, dieselbe zu beschießen, wenn sie nicht unverzüglich übergeben würde, und dass den Major die Verantwortung treffen würde, wenn die Stadt in Flammen aufginge. Major von Below ließ antworten, wenn der General das tue, so handele er gegen den Kriegsgebrauch und er würde in dem Falle 4 gefangene, blessierte schwedische Offiziere in das erste brennende Haus tragen und dort verbrennen lassen. Obgleich man im schwedischen Hauptquartier höchlichst entrüstet über diese unverschämte Antwort war, wie Glüer berichtet, sah man doch von einer Beschießung ab und ließ die Infanterie zum Angriff vorgehen. Nach sehr hartnäckiger Gegenwehr wurden die Preußen aus der Stadt geworfen - 6. September -.
Mit der Einnahme der Stadt Prenzlau erreichte die schwedische Offensive ihr Ende. Der General Lantinghausen rückte zwar am 9. noch bis Röpersdorf vor (was den General Stutterheim veranlasste, noch an demselben Tage nach Zehdenick aufzubrechen, um sich dem Marsche des Feindes auf Berlin vorzulegen) ging aber sogleich wieder nach Prenzlau zurück und bezog zwischen dieser Stadt und Güstrow ein verschanztes Lager. Der General Ehrenswärd wurde nach Pasewalk zurückgesandt, um der Armee die Verbindung mit der Peene zu sichern, welche durch die Stettiner Garnison gefährdet erschien. In dieser Stellung beschloss der schwedische Obergeneral, den weiteren Verlauf der Ereignisse auf den großen Kriegstheatern abzuwarten.
Das Kriegsjahr 1760 begann nicht günstig für die preußischen Waffen. Am 29. Juni hatte der Feldzeugmeister Laudon an der Spitze von 40.000 Mann das Corps des Generals Fouqué, welchem mit 15.000 Mann die Verteidigung Schlesiens übertragen war, bei Landshut vernichtet und am 26. Juli die Festung Glatz nach kurzem Kampfe erstürmt. 1) Im August gestalteten sich die Dinge günstiger. Der General Tauentzien behauptete Breslau und den vereinten Bemühungen des Prinzen Heinrich, welcher die Mark und Pommern gegen die Russen verteidigen sollte und des Königs, der aus Sachsen herbeieilte, gelang es, die Vereinigung der Russen und Österreicher zu hindern. Dann warf der glänzende Sieg des Königs über Laudon bei Liegnitz die Österreicher gänzlich in die Defensive zurück - 15. August -.
Endlich im September machte die russische Armee Ernst. Der Feldmarschall Soltykoff, welcher nur durch die bestimmtesten und wiederholten Befehle der Kaiserin Elisabeth von gänzlicher Untätigkeit abgehalten wurde, war erkrankt und sein Nachfolger im Kommando, der General Fermor, ließ sich zur Belagerung Colbergs und im Vereine mit einem österreichischen Corps zu einer Unternehmung auf Berlin bewegen. Am 19. September rückte die russische Armee an die Oder vor und am 9. Oktober hielt der General Tottleben seinen Einzug in Berlin. Es ist ein beredtes Zeugnis für die planlose Kriegführung der Alliierten, dass dieselben dem schwedischen Oberbefehlshaber von dem Zuge nach Berlin, welcher bereits am 25. September fest beschlossen war, nicht früher Nachricht gaben, als bis das russisch-österreichische Corps Berlin wieder verlassen hatte, d. i. am 12. Oktober. In welche schlimme Lage hätte der General Lantinghausen geraten müssen, wenn er der österreichischen Aufforderung, eiligst auf die preußische Hauptstadt zu marschieren, Folge gegeben hätte!
1) Der Kommandant von Glatz, der Oberst D'O, wurde vor ein Kriegsgericht gestellt und zum Tode verurteilt.
Als der General Lantinghausen in die Stellung von Prenzlau zurückgegangen war, hatte der Oberst Belling seine Vorposten bis hart an das schwedische Lager vorgeschoben. Durch Verstärkungen an leichter Cavallerie - der König hatte dem Corps 450 Reconvalescenten und zwar 250 Plettenberg-Dragoner und 200 Ziethen-Husaren überwiesen - war der Oberst völlig Herr der Situation geworden. Die schwedische Cavallerie durfte sich überhaupt nicht mehr außerhalb des Lagers sehen lassen und zu den Fouragirungen mußten stets größere Detachements von gemischten Waffen verwendet werden. Der General Lantinghausen erfuhr daher von den Ereignissen vor Colberg nur gerüchtweise, tappte überhaupt völlig im Dunkeln, da seine rückwärtigen Verbindungen oft tagelang durch die preußischen Streifparteien unterbrochen waren. Im schwedischen Lager verbreiteten sich die widersprechendsten Nachrichten, bald sollte ein preußisches Corps vom rechten Oderufer her in Stettin eingerückt sein, bald der General Stutterheim einen großen Teil seiner Truppen zum Entsatze von Colberg detachirt haben.
Um sich hierüber Aufschluss zu verschaffen, ordnete der schwedische Oberbefehlshaber für den 22. September eine Rekognoscirung in der Richtung auf Greifenberg an, verbunden mit einer größeren Fouragirung in Fredersdorf und Umgegend. Die Rekognoscirung führte der Oberst Graf Putbus mit 300 Husaren und Jägern, die letztere sollte der Oberst Graf Sparre mit 3 Bataillonen Infanterie und 1 Cavallerie-Regiment decken. Glüer giebt uns eine ausführliche Schilderung des Verlaufes dieser Expedition, welche wir, da sie uns in klarer Weise den Unterschied zwischen der preußischen und schwedischen Kriegsführung veranschaulicht, hier kurz wiedergeben wollen.
Als Oberst Putbus das Dorf Polssen, 1/2 Meile westlich von Fredersdorf passiert hatte, erhielt er aus dem Dorfe Schmiedeberg Kanonenfeuer. Er machte Halt und ließ den Grafen Sparre ersuchen, ihm Infanterie nachzuschicken, um das Dorf angreifen zu können. Da letzterer ihm aber antworten ließ: „Ich bin da, um die Fouragirung zu decken, Sie, um zu rekognosciren, treffen Sie danach gefälligst für sich Ihre Dispositionen!“ trat Graf Putbus seinen Rückzug an. Aber schon war es dazu zu spät.
Oberst Belling hatte durch seine Vedetten frühzeitig den Abmarsch der schwedischen Detachements aus dem Lager erfahren und danach seine Dispositionen getroffen. Er schickte 2 Eskadrons seines Regiments und die Eskadron Ziethen-Husaren nach Schmiedeberg mit dem Auftrage, sich in den Waldungen, welche sich bis um und hinter Polssen erstreckten, in's Versteck zu legen. Schmiedeberg ließ er durch 1 Eskadron Plettenberg-Dragoner mit 1 Geschütz besetzen.
Sobald Oberst Putbus seinen Rückzug antrat, attackierten ihn die Dragoner aus dem Dorfe heraus und zwangen ihn, Front zu machen. In demselben Augenblick eilten aber 2 der in den Wäldern versteckten Schwadronen im vollen Rosseslauf von beiden Seiten herbei, während die dritte aus Polssen debouchirte und ihm den Weg völlig verlegte. Die schwedischen Schwadronen wurden völlig zersprengt, der Oberst nebst 7 Offizieren gefangen und 180 Reiter vom Pferde gehauen. Erst bei Fredersdorf setzte Oberst Sparre der preußischen Verfolgung ein Ziel.
Von diesem Tage an bis zum 3. Oktober erfuhr der General Lantinghausen absolut nichts vom Feinde; von den preußischen Befehlshabern aber wurde derweilen ein Plan gefaßt, welcher der schwedischen Armee den Untergang zu bereiten drohte.
Friedrich der Große hatte dem soeben von seiner Wunde genesenen Prinzen Eugen von Württemberg 1) den Oberbefehl gegen die Schweden übertragen. Am 30. September traf der Prinz im Hauptquartier zu Zehdenick ein. Er brachte 1 Bataillon Reconvalescenten und sechs Zwölfpfünder mit sich. Außerdem war der General von Werner, welcher soeben die Russen von Colberg vertrieben hatte, vom Könige befehligt, gegen die Schweden zu marschieren. Derselbe passirte Stettin mit seinem Corps am 2. Oktober und bezog Quartiere zwischen der Festung und Löckenitz.
1) Derselbe ward bei Kunersdorf verwundet.
Schon vor der Ankunft des Prinzen hatte der General von Stutterheim mit dem Gouverneur von Stettin, dem Herzog von Bevern, einen Angriffsplan verabredet und zur Ausführung desselben nur die Ankunft des Werner'schen Corps abgewartet. Der Prinz billigte den Plan und bestimmte den 3. Oktober zum Beginn der Operationen.
Der Oberst Belling, verstärkt durch 1 Bataillon Infanterie, erhielt den Befehl, das schwedische Lager über Gollmitz in der Front anzugreifen, während das Gros unter General Stutterheim von Templin über Boizenburg gegen den rechten Flügel des Feindes dirigiert wurde, in der Weise, dass das Dorf Gollmitz den Vereinigungspunkt Beider bilden sollte. Der Major von Knobelsdorf, einer der kühnsten und geschicktesten Offiziere im Parteigängerkriege, wurde beauftragt, sich mit 3 Compagnieen Hordt und 200 Husaren, mit welchen er bei Boizenburg gestanden und seine Vorposten bis Gollmitz vorgeschoben hatte, durch die Waldungen von Schönermark zu schleichen, die Taschenberger Defileen im Rücken des Feindes zu besetzen und sämtliche Brücken abzubrechen. Der General Werner endlich sollte durch die Wälder des Randow-Baches über die Uker gehen und sich dem Feinde an den Defileen von Ferdinandshof vorlegen.
Aus dieser hochgefährlichen Lage befreite den schwedischen Oberbefehlshaber nicht eigenes Verdienst, sondern die Gunst der Ereignisse.
Am 3. Oktober hatten sich die preußischen Colonnen schon vor Tagesanbruch in Bewegung gesetzt und der Prinz war bereits zu Pferde gestiegen, als ein Kurier des Königs ihm den Befehl brachte, sofort aufzubrechen, um die Hauptstadt gegen die Russen und Österreicher zu schützen. Der Prinz marschierte eiligst mit dem Gros des Stutterheimschen Corps in der Richtung auf Berlin ab und ließ nur den Oberst Belling mit 2 Bataillonen Hordt, seinem Husaren-Regiment und 90 Plettenberg-Dragonern gegen die Schweden zurück.
Den General Werner hatte der Befehl des Prinzen, dass der ganze Angriff aufgegeben werden sollte, nicht mehr erreicht. Derselbe hatte sich ebenfalls mit Tagesanbruch auf der Straße Stettin-Torgelow in Bewegung gesetzt. Mit Einschluss der Truppen, welche ihm der Herzog von Bevern für die Expedition zugeteilt hatte, war sein Corps - 6 Bataillone Infanterie, 2 Frei-Compagnieen, 9 Eskadron Husaren und 1 Eskadron Dragoner - ungefähr 3.000 Bayonette und 1.200 Säbel stark.
Am 2. Oktober Abends hatte der General Ehrenswärd in Erfahrung gebracht, dass an demselben Tage ein preußisches Corps, von Colberg kommend, durch Stettin gerückt und bei Löckenitz Quartier genommen habe. Um nähere Erkundigungen einzuziehen, schickte der General am 3. mit Tagesanbruch den Major von Platen mit 200 Mann Infanterie und 100 Husaren auf Löckenitz zur Rekognoscirung vor. Der Major besetzte mit seiner Infanterie Löckenitz, von wo die von der Stettiner Garnison gegebenen Vorposten soeben abmarschiert waren, um an der Expedition des General Werner teilzunehmen und trabte mit den Husaren auf der Straße von Stettin vor. Bald stießen seine Seitenpatrouillen mit den preußischen Vortruppen zusammen, welche auf Torgelow marschierten. Der General Werner, welcher seinen Marsch entdeckt sah und überdies in dem sehr coupirten, waldigen Terrain einen Feind in seiner linken Flanke nicht unbeachtet lassen konnte, griff die schwedischen Husaren an und warf dieselben mit großem Verlust auf Löckenitz zurück. Hier wurden die preußischen Husaren durch das Feuer der schwedischen Infanterie abgewiesen, letztere aber, als sie sich auf der Pasewalker Straße zurückzog, durch die Husaren festgehalten und von der herbeigeeilten preußischen Infanterie nach tapferster Gegenwehr, nachdem sie die letzte Patrone verschossen, gefangen genommen.
Der General Werner war ein sehr entschlossener Mann. Seine Anwesenheit in der Flanke des Gegners war entdeckt; von einem Verlegen des Rückzugs bei Ferdinandshof konnte nicht mehr die Rede sein, da die Schweden Ferdinandshof auf der geraden Straße nach Anklam viel früher erreichen konnten, als er auf den Waldwegen der Randow. Er gab daher ohne Zaudern den bisherigen Plan auf und griff den General Ehrenswärd bei Pasewalk an.
Um den Besitz der Stadt, welche von den Schweden verschanzt und auf das Hartnäckigste verteidigt wurde, entspann sich ein 7stündiger, äußerst blutiger Kampf, welcher bei Einbruch der Dunkelheit und nachdem dem General Werner die Nachricht von dem Abmarsche des Prinzen von Württemberg zugegangen war, mit dem Rückzug der Preußen endete. Es war das verlustreichste Gefecht während des ganzen schwedischen Krieges. Die Preußen verloren 10 Offiziere und 240 Mann, führten aber 6 eroberte Geschütze, incl. der beiden bei Löckenitz erbeuteten, mit sich; die Schweden büßten incl. der Gefangenen 24 Offiziere und 500 Mann ein; der General Ehrenswärd war verwundet.
Am 3. Oktober Morgens, als sich die preußischen Colonnen von allen Seiten bereits in Bewegung gesetzt hatten, wusste der General Lantinghausen von Alledem nicht das Geringste. Unbegreiflicherweise hatte er aus Pasewalk keinerlei Meldung erhalten, weder von dem Eintreffen des preußischen Corps bei Stettin, noch von der beabsichtigen Recognoscirung seines Unterbefehlshabers gegen Löckenitz. Ein Zufall enthüllte ihm aber bald die Anwesenheit des Prinzen von Württemberg und den geplanten Angriff.
Der General Lantinghausen hatte am 2., Abends, den Oberst-Lieutenant Siegroth mit 2 Bataillonen und 1 Cavallerie-Regiment abgeschickt, um den ihn besonders lästigen Major von Knobelsdorf bei Gollmitz aufzuheben. Um diese Expedition vor den überall streifenden preußischen Husaren-Patrouillen geheim zu halten, mußte das Detachement aus dem Anklamer Tor die Stadt verlassen und auf weitem Umwege durch mecklenburgisches Gebiet in den Rücken des Feindes auf Boizenburg marschieren. Zur Unterstützung dieses Angriffs rückten 2 andere kleine Colonnen, die eine direkt gegen Gollmitz, die andere gegen Kröchelndorf aus dem Lager vor.
Der Major Knobelsdorf, im Begriff seinen Marsch nach den Taschenberger Defileen anzutreten, entdeckte den Anmarsch dieser beiden feindlichen Colonnen frühzeitig und zog sich auf den Oberst Belling zurück, welcher bereits im Anmarsch auf Gollmitz begriffen war; dem Prinzen aber, von dessen Abberufung er noch nichts erfahren hatte, meldete der Major direkt schriftlich, dass er in Folge der Angriffsbewegung des Feindes seinen Marsch auf Taschenberg aufgegeben habe. Diese Meldung, welche er nicht auf der Straße Prenzlau-Templin, sondern über Boizenburg absendete, von wo her er den Prinzen mit dem Gros in Anmarsch glauben mußte, fiel in die Hände des Oberst-Lieutenants Siegroth und hierdurch erfuhr der schwedische Oberbefehlshaber die Gefahr seiner Lage. Er rief sofort die ausgesandten Truppen ins Lager zurück, und als bald darauf auch die Nachricht von dem ernstlichen Angriff auf Pasewalk einging, schickte er eiligst 4 Bataillone über Pasewalk nach Anklam voraus und zog sich in der Nacht nach Werbelow zurück, woselbst er ein Lager bezog.
Der Oberst Belling hatte die Nachricht von der Abberufung des Prinzen erhalten, als er im Anmarsch auf Gollmitz den von dort zurückgehenden Major von Knobelsdorf aufgenommen hatte. Um den Abmarsch des Prinzen dem Feinde zu verbergen, blieb er langsam im Vorrücken und ließ die beiden schwedischen Colonnen, welche bis Kröchelndorf gelangt waren, durch den Major von Knobelsdorf angreifen. Als aber der Oberst-Lieutenant Siegroth von Boizenburg her in seiner linken Flanke erschien, brach er das Gefecht ab und zog sich auf Templin zurück. Dort erfuhr er durch seine Patrouillen, dass schwedische Truppen nach Pasewalk abzögen und dass die Armee Anstalten treffe, das Lager abzubrechen. Sofort marschierte er, um den Rückzug des Feindes zu beschleunigen, mit seinem ganzen Detachement links ab und traf am folgenden Tage in Woldegk ein. Von hier entsandte er den Major von Knobelsdorf auf Rothenmühle, direkt in den Rücken des Feindes, während seine Husaren bis an die Peene streiften und Kuriere und Transporte abfingen.
Der Plan des Obersten, den Feind durch Bedrohung seiner rückwärtigen Verbindungen zum Verlassen des preußischen Gebiets zu zwingen, misslang. Der General Lantinghausen blieb unbeweglich bei Werbelow im Lager und entsandte den General Arnfeldt mit 4 Bataillonen und mehreren Schwadronen nach Straßburg, um den Major Knobelsdorf abzuschneiden. Es gelang indessen der großen Wachsamkeit und Geschicklichkeit des Letzteren den Feind zu täuschen und glücklich nach Woldegk zurückzugelangen. Strasburg blieb von den Schweden besetzt.
Der Oberst Belling zog sich hierauf nach Prenzlau zurück, woselbst am 9. Oktober auch der General Werner, nachdem er die Stettiner Compagnien dem Herzog von Bevern zurückgeschickt hatte mit seinen Truppen eintraf - gerade zu der Zeit, als Berlin den Russen und Österreichern seine Tore geöffnet hatte.
Die Detachements Werner und Belling 1) bestanden zusammen aus nicht mehr als 2.000 Bajonetten, 1.600 Säbeln und den Bataillonsgeschützen. Beide Führer pflogen in Prenzlau Rat, was zu tun sei.
Mit ihren geringen Streitkräften dem vierfach stärkeren Gegner im offenen Kampfe entgegenzutreten, lag außer aller Frage. Wenn der General von Lantinghausen mit seiner ganzen Armee vorwärts ging, konnten die preußischen Befehlshaber ihm den Marsch auf Berlin nicht verwehren. Es war indessen fraglich, ob der schwedische Oberbefehlshaber von der Gefahr, welche Berlin bedrohte, bereits unterrichtet war. Seine völlig untertätige Haltung mußte sie in der Annahme bestärken, dass dies nicht der Fall war und hierauf bauten sie ihren Plan. Sie beschlossen, die Berliner Straße völlig freizugeben und durch Expeditionen, welche sie an den verschiedensten Stellen und mit möglichstem Eklat im Rücken des Feindes ausführten, Letzteren zum Rückzuge und zur gänzlichen Räumung des preußischen Gebiets zu veranlassen. Schlimmsten Falles waren sie immer noch in der Lage, bei der wohlbekannten Schwerfälligkeit und Langsamkeit des schwedischen Hauptquartiers, den Feind bei seinem Marsche auf Berlin einholen und zum Stehen bringen zu können. Es ist die Frage, ob die beiden kühnen Husaren diesen immerhin verwegenen Entschluss gefaßt haben würden, wenn sie gewusst hätten, dass am Tage ihres Abmarsches von Prenzlau - am 12. Oktober - ein österreichischer Rittmeister, vom General Lascy aus Berlin abgeschickt, sich über Straßburg und Friedland in das schwedische Hauptquartier durchgeschlichen und dem dort befindlichen österreichischen Militair-Bevollmächtigten, dem General von Medniansky, die Nachricht von der Capitulation der preußischen Hauptstadt - 8. Oktober - gebracht hatte, mit der dringlichen Aufforderung an den General Lantinghausen nun auch seinerseits unverzüglich auf Berlin zu marschieren. Es war schlechterdings nicht anzunehmen, dass der schwedische Oberbefehlshaber dieser lockenden Versuchung, mit so leichter Mühe seine Fahnen in der feindlichen Hauptstadt entfalten zu können, widerstehen würde. Aber die Schrecknisse des 3. Oktober, welche ihn veranlassten, das Lager von Prenzlau eiligst zu räumen, hatten ihm den letzten Rest von Tatkraft gelähmt und seinen Blick völlig nach rückwärts gewendet. Unentschlossen blieb er bei Werbelow stehen; und als Deserteurs aussagten, dass Oberst Belling in der Gegend von Straßburg und beim Kavelpaß stehe, und er bald darauf durch gefangene preußische Husaren erfuhr, dass General Werner in das Mecklenburgische gegangen war, gab er jeden Gedanken an Offensive endgültig auf, und trat am 17. Oktober den Rückzug hinter die Peene an.
1) General Werner kommandierte das Grenadier-Bataillon Schwerin, die Frei-Bataillone Wunsch und Corbière, 7 Eskadrons braune Husaren und 1 Eskadron Bayreuth-Dragoner, Oberst Belling 2 Frei-Bataillone Hordt, 5 Eskadrons Husaren und 1 Eskadron Plettenberg-Dragoner.
Die beiden preußischen Corps-Führer hatten sich bei ihrem Abmarsche von Prenzlau getrennt. Oberst Belling wandte sich gegen die rechte Flanke des Feindes und postierte sich dem schwedischen Detachement in Straßburg gegenüber. Von hier entsendete er den Major Knobelsdorf auf die Pasewalk-Friedlander Straße, um die Verbindung des Feindes über den Kavelpaß zu bedrohen. General Werner aber eilte in rapiden Märschen in den Rücken des Feindes. Schon am 13. stand er in Treptow und erließ von dort an demselben Tage ein Manifest an den Engeren Ausschuss - die herzogliche Regierung in Schwerin ignorierte auch er völlig -, in welchem er den Ständen und Untertanen „des Distrikts von Mecklenburg-Schwerin ankündigte, dass sie nunmehr gänzlich unter königlich-preußischer Botmäßigkeit ständen, also ansonsten nirgends Parition zu leisten hätten.“ Zugleich verlangte er, dass Deputierte an das Feld-Kriegs-Kommissariat gesendet werden sollten, zur Beschaffung von 800.000 Thaler Kontribution, von 2.000 Remonten und einer ungeheuren Menge von Lebensmitteln und Fourage. Alles bei Ankündigung ungesäumter Beitreibung durch Feuer und Schwert. Bald darauf rückte der General in Mecklenburg ein und nahm sein Hauptquartier in Neukalen. Durch ausgesandte Kavallerie-Kommandos wurde das Manifest in allen umliegenden Ortschaften durch Maueranschlag bekannt gemacht. Diese Kommandos erpressten überall unter den heftigsten Drohungen und Tätlichkeiten alles Geld, was von dem ohnehin schon aufs Äußerste in Anspruch genommenen Einwohnern mit Hervorsuchung des letzten Hellers aufzubringen war. Die herzoglichen Steuer- und Postkassen wurden geleert und die Beamte angewiesen, alle eingehenden Gelder an das Kriegs-Kommissariat einzuzahlen. Ganze Dörfer wurden völlig ausgeplündert, die Untertanen bis auf den Tod geprügelt und die unerhörtesten Exzesse begangen. 1)
1) Nach amtlicher Darstellung der herzoglichen Regierung.
Am 20. Oktober rückte ein Kommando Husaren und Dragoner in Rostock ein. Der Kommandirende Major forderte, abgesehen von den vorhin erwähnten 800.000 Thaler, allein von der Stadt 200.000 Thaler, von welcher Summe ihm als Abschlagszahlung 15.000 Thaler sofort ausgezahlt wurden. Um eine Sicherheit wegen der an das Land gestellten Forderungen zu haben, ließ General Werner ein Mitglied des Engeren Ausschusses, den Oberst-Lieutenant a. D. von Drieberg auf Granzow, als Geisel in sein Hauptquartier bringen.
Nachdem diese Angelegenheiten geregelt waren, allarmierte der General sämtliche schwedische Posten an den Trebelpässen und stand vor den Toren Triebsees, als er die Nachricht erhielt, dass seine mit viel Lärm und Ostentation betriebenen Streifzüge die beabsichtigte Wirkung gehabt hätten. Die schwedische Armee befand sich, wie wir wissen, seit dem 17. Oktober im vollen Rückzuge. Nun machte der General Kehrt und führte seine Truppen ins Mecklenburgische zurück, um denselben bei den Fleischtöpfen des Landes die verdiente Erholung von den übergroßen Strapazen zu gewähren; hier blieb er bis Ende Oktober. Als der General Lantinghausen zu dieser Zeit das preußische Gebiet gänzlich geräumt hatte, erhielt Werner Befehl nach dem rechten Oderufer abzumarschieren, um dort gegen die Russen verwendet zu werden. Dem Oberst Belling mit seinem schwachen Detachement von 2 Bataillonen Hordt, 5 Eskadrons Husaren und 1 Eskadron Dragoner fiel somit die Aufgabe zu, während des Winters die schwedische Armee in Schach zu halten. Er postierte je 1 Bataillon Infanterie in Anklam und Demmin, während er mit seiner Cavallerie die sehr ausgedehnten Flusslinien bewachte.
Der Schweriner Hof war durch das Erscheinen des Generals Werner in die äußerste Bestürzung versetzt. Soeben war man durch die Nachricht, dass 40.000 Russen und Österreicher siegreich in die preußische Hauptstadt eingerückt waren, in einen Taumel von Freude versetzt und unmittelbar darauf erließ der preußische General in Treptow jenes Manifest, welches mit unzweideutigen Worten den Herzog seiner Krone zu berauben drohte. Und dazu die Exzesse und Gewalttätigkeiten, mit welchen die Truppen ihre Forderungen eintrieben! „Bisher,“ schrieb die mecklenburgische Regierung, „betrugen sich die Preußen diszipliniert, die Wernerschen Regimenter aber betragen sich wie ein Haufen ausschweifender Marodeurs, die unter keinem Kommando stehen!“
Der Herzog war bei dem Einmarsche Werners in seiner Residenz geblieben und hatte einen Kammersekretär an den General abgeschickt, um denselben zu bewegen, von der feindseligen Behandlung des Landes eines völlig neutralen Reichsfürsten abzustehen, mit dem Hinzufügen, „sonst sehe sich Serenissimus in die unangenehme Lage versetzt, von dem einem jeden Privatmann zustehenden Recht, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben, Gebrauch zu machen.“ Der herzogliche Beamte war im preußischen Hauptquartier verlacht worden, und der General hatte es nicht für nötig gehalten, eine Antwort zu erteilen. Als der Letztere bald darauf von Triebsees nach Mecklenburg zurückkehrte, hielt sich der Herzog im Lande nicht mehr für sicher und ging nach Lübeck, wo er bis zum Abmarsch des Wernerschen Corps verblieb.
Zu gleicher Zeit hatte der Herzog den Oberst Glüer beauftragt, die Ansicht des Generals Lantinghausen darüber einzuholen, ob es sich wohl empfehle, starke Patrouillen gegen die marodierenden feindlichen Kommandos auszusenden, um Gewalt mit Gewalt zu vertreiben, hatte, aber, gleichsam erschrocken über die Kühnheit eines solchen Gedankens, hingefügt, an einem Angriff auf preußische Truppen dürften dieselben aber unter keinen Umständen teilnehmen.
Der General Lantinghausen, in der übelsten Stimmung ob des verlorenen Feldzuges, war wenig geneigt, mit dem mecklenburgischen Militär-Bevollmächtigten, so hoch angesehen derselbe auch persönlich bei ihm war, die allerdings nicht leichte Frage, wie man es anzufangen habe, zu kämpfen, ohne seine Waffen zu gebrauchen, akademisch zu erörtern. Auf seine dringenden Verstellungen erhielt Glüer stets dieselbe Antwort, zuletzt in Gegenwart des ganzen Hauptquartiers: „Die Absendung der mecklenburgischen Patrouillen hat keinen Sinn! Wenn ich die Lande Ihres Herzogs schützen soll, so muss derselbe seine Truppen zu meiner Armee stoßen lassen; die Krone Schweden will kein neutrales Land schützen, wenn dessen eigener Landesherr nicht um seinen Thron kämpfen will. Lassen Sie Ihre Truppen bis Rostock vorrücken und ich sende Ihnen sofort 3 Infanterie-Regimenter mit der nötigen Cavallerie und Artillerie zu Hülfe.“ Diesen Worten des Oberbefehlshabers stimmten die anwesenden fremdherrlichen Militär-Bevollmächtigten zur großen Freude Glüers in lauter und demonstrativer Weise bei.
Der Herzog beeilte sich den gerechten Unwillen des Generals Lantinghausen zu besänftigen; er trüge kein Bedenken seine Truppen an der Verteidigung des Landes teilnehmen zu lassen; deshalb habe er auch dem General von Zülow befohlen, in Dammgarten - dorthin hatte sich Letzterer beim Einmarsche des Generals Werner zurückgezogen - stehen zu bleiben; 2 Eskadrons ständen à portée diesseits der Trebel; ob der General aber nicht Malchin besetzen wolle, dann schütze er gleichzeitig Mecklenburg und die Lande seines Königs; in diesem Falle wolle der Herzog sofort Rostock besetzen.
Der General Lantinghausen antwortete auf die Vorschläge der mecklenburgischen Regierung mit keiner Sylbe, dagegen machte er seiner Verstimmung durch die bittersten Klagen Luft; warum seine Truppen ihr Blut vergießen sollten für einen Fürsten, der seine Soldaten hinter der schwedischen Front in Sicherheit brächte und der nicht einmal ein Bundesgenosse seines Königs sei? Dessen Untertanen ihr Korn lieber umsonst den Feinden seines Herrn zuführten, anstatt es den Freunden desselben für bares Geld zu überlassen, während der Widerspenstige Magistrat zu Rostock durch schwedische Offiziere mit Gewalt habe gezwungen werden müssen, in der Stadt ein Patent affichiren zu lassen, durch welches die mecklenburgische Bevölkerung zur Erfüllung ihrer Pflicht gegen ihren Landesherrn ermuntert werden sollte.
Der Herzog beeilte sich, dem Wunsche des schwedischen Oberbefehlshabers in Bezug auf die Korn-Lieferungen zu entsprechen, denn es eröffnete sich Anfang November eine neue Konjunktur, welche der preußischen Herrschaft in Pommern ein Ende zu machen drohte, wozu aber die Mitwirkung der Schweden dringend erforderlich war - es war die Hülfe der Russen.
In den ersten Kriegsjahren hatten die Operationen der russischen Armeen regelmäßig damit ihren Abschluß gefunden, dass dieselben sich im Herbst hinter die russischen Grenzflüsse zurückgezogen und erst im Sommer des nächsten Jahres wieder auf dem Kriegsschauplatz erschienen waren. Aber nicht so in diesem Jahre.
Die Zarin Elisabeth war es müde geworden, ihre Feldherrn unter den verschiedensten Vorwänden ihren Befehlen entgegenhandeln zu sehen. Dem Feldmarschall Soltykow war bei Beginn des Feldzugs des Jahres 1760 befohlen, mit den Armeen in Pommern zu überwintern und diese Befehle hatte die Kaiserin, deren leidenschaftlicher Hass gegen den König von Preußen mit den Jahren zunahm, dem Feldmarschall Buturlin, welcher im November den Oberbefehl an Stelle Soltikows übernommen hatte, auf das Bestimmteste wiederholt.
Die Generäle Czernitscheff und Tottleben hatten bei der Annäherung des Königs am 12. Oktober Berlin eilfertig verlassen und waren nach Frankfurt a. O. marschiert, um sich dort mit der Hauptarmee zu vereinigen. Letztere ging jedoch, da die Gegenden zwischen der Oder, Warthe und Weichsel völlig verwüstet waren, im November über den letztgenannten Fluss in die Winterquartiere. Der Oberbefehlshaber ließ indessen, um den Befehlen der Kaiserin nicht ungehorsam zu sein, die Corps der Generäle Czernitscheff und Tottleben in der Gegend von Cöslin zurück. Von hier aus streiften die Kosaken weit in die Ukermark hinein, bis Templin und einige Meilen von Neubrandenburg, so dass Oberst Belling, als er der abziehenden schwedischen Armee folgte, sich bewogen fand, den Lieutenant Memerti mit 20 Husaren als Beobachtungsposten in Prenzlau stehen zu lassen. Dies Kommando war Anfang November von den Kosaken aufgehoben worden.
Auf diese Tatsachen baute der Herzog Friedrich seine Hoffnung, den General Werner, welcher am 29. Oktober aus Mecklenburg abmarschiert war, zwischen zwei Feuer bringen und vernichten zu können. Er bat den General Lantinghausen dringend, sich doch diese günstige Gelegenheit nicht entgehen zu lassen und mit der Armee vorzurücken.
Im schwedischen Hauptquartier war man aber nichts weniger als kriegerisch gesonnen. Der Kommandierende erwiderte, weder der russische Oberbefehlshaber, noch der schwedische Militär-Bevollmächtigte im dortigen Hauptquartier habe ihm eine Mitteilung von den russischen Operationen gemacht. Daraus müsse er schließen, dass die Russen sich nicht in Vorpommern festsetzen, sondern nur brandschatzen wollten, sonst würden sie wohl versuchen, Stettin und Küstrin wegzunehmen. Er wolle sich hüten, über die Peene vorzugehen und seine Armee auf das Spiel zu setzen; ihm sei es nur zu deutlich in der Erinnerung, dass die Russen und Österreicher an eben dem Tage - 12. Oktober - wieder abmarschiert seien, als er in Berlin hätte eintreffen können. Zum Glück hätte der österreichische General es ihm damals noch vertraulich geschrieben, dass die Russen in Berlin nicht Stand halten würden. Gleichzeitig wiederholte der General nochmals sehr dringend die Bitte, der Herzog möge seine Truppen sich in Rostock festsetzen lassen; er wolle in diesem Falle 2 Bataillone Infanterie und 3 Eskadrons zu ihnen stoßen lassen.
Zu dieser Bitte bewog den schwedischen Oberbefehlshaber aber nicht die Rücksicht auf den Schutz des herzoglichen Gebiets, sondern der Wunsch, eine starke Postierung in Mecklenburg zu haben, welche geeignet war, die Etappenstraße über Rostock und Wismar nach Holstein, wo die schwedische Regierung sämtliche Remonten für die Armee ankaufte, zu decken. Der Herzog glaubte aber jetzt auf diese Bitte um so weniger eingehen zu können, als er in Betreff der Verpflegung der an den Grenzen stehenden preußischen Truppen mit dem Befehlshaber derselben in Verhandlung getreten war.
Nach dem Abmarsche der Wernerschen Truppen - Ende Oktober 1760 - war der Herzog in seine Residenz zurückgekehrt. Kaum aber war dies geschehen, so ließ der Oberst Belling durch Vermittlung des Hof- und Justizrats von Altrock 1) der Schweriner Regierung mitteilen, dass ihm von Seiner Majestät dem Könige die mecklenburgischen Lande als Winterquartiere angewiesen seien und er berechtigt sei, freie Verpflegung für seine Truppen und Douceurgelder zu fordern; mit einem Pauschquantum von 100.000 Thlr., zahlbar binnen 14 Tagen, außer der Naturalverpflegung seiner Truppen, wolle er zufrieden sein, hatte er hinzugefügt.
1) Eine offizielle Korrespondenz zwischen der mecklenburgischen Regierung und den preußischen Befehlshabern fand während des ganzen Krieges nicht statt.
Die Schweriner Regierung war nicht abgeneigt, auf ein solches Abkommen einzugehen, indessen schien ihr die Summe gar zu hoch gegriffen. Sie sandte daher den Hofrat Altrock und den Major a. D. von Lowtzow, welcher mit dem Oberst Belling von der Zeit her, als Letzterer beim Ziethen-Husaren-Regiment in Parchim in Garnison gestanden hatte, eng befreundet war, nach Demmin, um mit dem Oberst in Verhandlung zu treten. Das Äußerste aber, was die Abgesandten erreichen konnten, war, dass Letzterer mit der täglichen Lieferung von 2.500 Portionen und Rationen und 417 Thlr. an barem Gelde, vom 24. November bis zu dem Termin, an welchem die preußischen Truppen das Land verlassen würden, zufrieden sein zu wollen erklärte.
Man war genötigt, diese Forderung zuzugestehen und zwar um so mehr, als schon aufs Neue aller Orten die größten Exzesse und Plünderungen, Geld-Erpressungen und Misshandlung der Untertanen begangen wurden und Oberst Belling ausdrücklich erklärt hatte, diese Unregelmäßigkeiten nicht abstellen zu können, wenn nicht durch die genannten Lieferungen und Zahlungen seinen Truppen der nötige Unterhalt verschafft würde.
Unter diesen Umständen glaubte der Herzog von einer Verlegung schwedischer Regimenter nach Rostock absehen zu müssen, da der Oberst Belling, dessen bewiesene große Mäßigung und chevalereskes Benehmen vom Schweriner Hofe sehr gerühmt wird, dies mit Recht als einen Bruch des geschlossenen Übereinkommens angesehen haben würde.
Wie unangenehm und peinlich wurde daher der Herzog durch die Nachricht berührt, dass ein Gefecht zwischen den Schweden und Preußen stattgefunden und dass sich mecklenburgische Truppen an demselben beteiligt hatten. Die Sache verhielt sich folgendermaßen:
Als das Werner'sche Corps in Mecklenburg einmarschierte, war der General von Zülow mit den mecklenburgischen Truppen, welche in und um Rostock gestanden hatten, über die schwedische Grenze gerückt und hatte vorläufig bei Redebas Cantonnements bezogen 1) die Husaren-Eskadron aber und die Compagnie Cavallerie hatte er zu Sülze und Marlow postiert, mit dem Auftrage, durch Absendung von Patrouillen dem Marodiren und den Exzessen der preußischen Streif-Kommandos zu wehren. Dieser Befehl hatte die Kampflust der mecklenburgischen Offiziere, welche vor Begierde brannten, sich nach dem demütigenden Versteckspielen auf Rügen endlich im offenen Kampfe mit dem Gegner messen zu können, mächtig geweckt. Der schwedische Oberbefehlshaber scheint diese Stimmung geschickt für seine Zwecke benutzt zu haben, denn als am 13. November der (schwedische) Major von Schwartzer mit einem Detachement von 200 Infanteristen und 300 Reitern von Triebsees aus entsandt wurde, um dem Major von Schulenburg, welcher vom Oberst Belling mit 150 Husaren zum Abfangen eines schwedischen Remontetransports in die Gegend von Wismar abgeschickt war, entgegenzutreten, hatte sich der Major von Baader bereden lassen, mit 100 Mann, welche er aus seiner Husaren-Schwadron und der Compagnie des Rittmeisters von Oldenburg ausgesucht hatte, unter Annahme der schwedischen Feldzeichen an der Expedition teilzunehmen.
1) Den Befehlen des Herzogs gemäß mußte der General bei Annäherung des Feindes einen Kriegsrat, bestehend aus sämtlichen Stabsoffizieren, zusammenrufen und demselben die Frage vorlegen, ob die Umstände den Abmarsch über die schwedische Grenze geböten? Was die Mehrheit der Stimmen beschlossen habe, solle er als eine vom Herzog erteilte Instruktion ansehen.
Die Unternehmung nahm ein übles Ende. Oberst Belling, dessen Husaren nicht die geringste Bewegung unter den feindlichen Truppen entging, eilte von Demmin aus mit 300 Husaren, 60 Dragonern und 1 Compagnie Hordt den Schweden nach und nahm bei Tessin die feindliche Infanterie, welche der Major Schwartzer als Rückhalt daselbst hatte stehen lassen, gefangen. Letzterem gelang es indessen, glücklich zu entkommen, indem er den Oberst täuschte und den Major Schulenburg, welcher ihm bei Kamin (bei Lage) den Rückweg verlegen wollte, über den Haufen warf.
Am schlimmsten war der mecklenburgische Major daran. Nach seiner Angabe wurde er beim eiligen Rückzug der Schweden einfach in Schwaan, wohin er befehligt war, vergessen. Der Rückweg an die schwedische Grenze war ihm verlegt, ihm blieb nichts Anderes übrig, als nach Schwerin zu marschieren. Anfangs wurde er sehr ungnädig vom Herzog empfangen und mit Kriegsrecht bedroht; als er aber einen Brief des Oberst von Glüer aus dem schwedischen Hauptquartier vorzeigte, aus welchem hervorging, dass der General Lantinghausen ihn zu dem unvorsichtigen Schritt verleitet und dass der Major im guten Glauben gewesen sei, im Sinne seines Kriegsherrn zu handeln, verzieh ihm der Herzog. Aber er war wegen der üblen Folgen besorgt. Der Rittmeister von Oldenburg meldete von Sülze, dass die preußischen Husaren seine Leute mit Karabinerschüssen begrüßt hätten und Oberst Belling hatte zu einem befreundeten Gutsbesitzer geäußert: „Nun des Herzogs Truppen gegen den König meinen Herrn dienen und auch schon auf meine Leute gefeuert haben, will ich künftig ganz anders mit Mecklenburg verfahren!“ Der General Lantinghausen, verdrießlich wegen der verunglückten Expedition äußerte sich Glüer gegenüber sehr ungehalten, dass der Herzog sich so hartnäckig weigere, seine Truppen mitkämpfen zu lassen.
Es war dies die letzte Unterredung, welche der Oberst mit dem schwedischen Oberbefehlshaber hatte; zur Ersparung der Kosten 1) mußte er sich während des Winters bei demselben beurlauben und kehrte nach Schwerin zurück. Bald darauf, mit einem Auftrage des Herzogs an den Kommandanten von Dömitz geschickt, wurde er unterwegs von dem Major von Zülow vom Belling'schen Husaren-Regiment 2) aufgegriffen und nach Stettin gebracht. Hier wurde er bis zum Friedensschlusse inhaftiert gehalten. Eine Ranzionierung gegen Erlegung von 600 Thlrn., welche ihm der Oberst Belling im folgenden Jahre - 1761 - hatte antragen lassen, genehmigte der Herzog des nahe erwarteten Friedensschlusse wegen nicht.
1) Um standesgemäß im schwedischen Hauptquartier auftreten zu können, mußte der Oberst 6 Diener und 12 Pferde halten.
2) Sohn des Oberst von Zülow, des Kommandeurs vom Regiment Jung-Zülow.
Nach der eben erzählten Affaire trat völlige Waffenruhe zwischen den schwedischen und preußischen Truppen ein. Belling verlegte sein Hauptquartier in das Mecklenburgische nach Prebberede; die Infanterie hielt Anklam und Demmin besetzt, die Husaren lagen in und um Lage, kleinere Kommandos in Tessin, Sülze und Ribnitz.
Das Jahr 1760 war für Mecklenburg, verglichen mit den beiden ersten Kriegsjahren, sehr günstig verlaufen. Die gesammten Schäden und Kosten betrugen nicht mehr als 135.240 Thlr.; nur ein Rekrut wurde gewaltsam weggenommen. Aber mit dem Beginn des kommenden Jahres begann für das schwergeprüfte Land eine Zeit der Not, gegen welche alle Bedrückung der früheren Jahre nur ein Kinderspiel zu nennen war.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg und der 7jährige Krieg