Die Lage Preußens nach der Schlacht bei Kollin und die Pläne der Koalition

Der Tag von Kollin war der Anfang einer Reihe von Unglücksfällen, die Preußen Schlag auf Schlag trafen. Die nächste Folge war die Aufhebung der Belagerung Breslaus und der verlustreiche Rückzug aus Böhmen gewesen. Vergeblich hatte der König in der Lausitz Halt gemacht und dem Prinzen von Lothringen und dem Feldmarschall Daun die Schlacht angeboten. Im Nordwesten Deutschlands war der Herzog von Cumberland dem Marschall d'Estrées unterlegen und die mit den Franzosen unter Soubise vereinte Reichsarmee rückte von Süden heran. Es war die höchste Zeit, der Letzteren einen Schlag beizubringen, und zu dem Ende marschierte der König, den Herzog von Bevern mit dem General von Winterfeld in der Lausitz zurücklassend, am 20. August nach Thüringen ab.

Auf dem Marsche dorthin traf ihn eine Unglücksnachricht nach der anderen: dass Hannover mit der Kaiserin-Königin unterhandle; dass der Feldmarschall von Lehwaldt bei Groß-Jägerndorf von den Russen geschlagen sei (30. August); der Abschluss der Konvention von Zeven (8. September); der Abmarsch der Franzosen nach dem Halberstädtischen und der Tod seines Freundes Winterfeld in dem Treffen bei Moys (7. September). Auch von Norden her drohte Gefahr; die Schweden hatten am 12. September die Peene überschritten und waren bis Pasewalk vorgedrungen. Der Weg in das Herz der preußischen Monarchie stand ihnen offen.


Der mecklenburgische Gesandte am Berliner Hofe, der Geheime Rat von Hövel berichtet uns von der Stimmung, welche zu dieser Zeit in Berlin herrschte. Viele Familien der Hauptstadt, darunter die ansehnlichsten preußischen Vasallen wollten Berlin verlassen und in Mecklenburg Zuflucht nehmen. Sie fragten Hövel, ob der Herzog ihnen wohl den Aufenthalt in seinem Lande gestatten würde? Sie wüssten zwar, das Seine Durchlaucht groß, weise und christlich dächten, allein er habe doch gar zu Widriges früher von ihrem Monarchen erfahren. Ihnen wurde die Antwort, dass Mecklenburg allen ehrlichen Leuten, namentlich in betrübten Zeiten offen stehe. „Die Gemütsverfassung des Königs“, schloss der Gesandte seinen Bericht „soll an Tiefsinnigkeit grenzen und hier sieht sich Alles fast bis an die Grenzen der Verzweiflung gebracht“.

Nach dem Siege von Kollin trugen sich die Feinde des Königs mit den weitgehendsten Plänen. Während die Reichsarmee die Preußen aus Sachsen treiben sollte, fiel dem Herzog von Richelieu, welcher seit dem 4. August den Marschall d'Estrées im OberKommando der französischen Armee ersetzt hatte, die Aufgabe zu, sich an der Elbe festzusetzen und Magdeburg zu belagern. Demnächst sollte dieser Marschall, nachdem der König von Frankreich die durch die Auflösung der Cumberlandschen Armee in ihr Land zurückgesandten hessischen und braunschweigischen Contingente – 18.000 Mann - in seinen Sold genommen, diese Truppen zu den Schweden in Pommern stoßen lassen. Diese nur aus Protestanten bestehende Armee sollte unter einem französischen Obergeneral operieren und zur Verabredung der gemeinsamen Operationen war der Marquis von Montalembert Ende Oktober in das schwedische Hauptquartier gesandt worden.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg und der 7jährige Krieg