Die 4. Offensive der Schweden im Jahr 1761

Die 4. Offensive der Schweden im Jahr 1761; Rückkehr der mecklenburgischen Truppen nach Mecklenburg und dritter Marsch derselben nach Rügen; Sendung des Capitains von Mecklenburg in das russische Hauptquartier; die Gefechte bei Malchin; Kriegsschäden im Jahr 1761.

Bevor wir in der Erzählung weiter fortfahren, müssen wir unseren Blick auf die Ereignisse des Jahres 1761 auf dem schwedischen Kriegsschauplatze zurücklenken.


Wie schon erwähnt, war der General von Ehrenswärd zum Oberbefehlshaber der schwedischen Armee ernannt worden. Derselbe übernahm im Juni das Kommando, blieb aber vorerst noch in Stockholm, um die Ausrüstung der Truppen, welche sich auch in diesem Jahre ungebührlich verzögerte, zu beschleunigen.

Ein bestimmter Operationsplan war dem Oberbefehlshaber auch in diesem Jahre nicht vorgeschrieben; es war ihm nur die allgemeine Direktive erteilt, sich mit den russischen Befehlshabern zwecks Kooperation in Verbindung zu setzen. Im Übrigen hatte der General völlige Aktionsfreiheit.

Gleich nach Übernahme des Oberkommandos hatte der General Ehrenswärd den Capitain Poppe, welcher früher in russischen Diensten gestanden hatte, in das Hauptquartier des Generals Romanzoff gesandt, um mit Letzterem einen gemeinsamen Operationsplan zu verabreden und um Überlassung von 2.000 Mann leichter Cavallerie, an welcher Waffe es auch in diesem Jahre gänzlich mangelte, zu bitten, welche auf der Insel Wollin - die Oder-Inseln waren in diesem Winter im Besitz der Schweden geblieben - landen sollten. Teils dieser Umstand, teils die Abwesenheit des Kommandierenden in Stockholm verzögerte den Beginn der Operationen bis über die Mitte des Juli hinaus

Der Herzog von Mecklenburg hatte an Stelle des gefangenen Obersten Glüer den Oberstlieutenant von Plessen vom Infanterie-Regiment von Both als Bevollmächtigten in das schwedische Hauptquartier gesandt. Derselbe Schloss sich eng an den Marquis von Caulaincourt an, welcher aus der preußischen Gefangenschaft entlassen, wieder bei der Armee eingetroffen war. Das eifrigste Bestreben dieser beiden Offiziere war es, den schwedischen Oberfehlshaber, welcher Anfangs Juli bei der Armee eingetroffen war und der in Langsamkeit und Bedächtigkeit des Entschlusses seinen Vorgängern nichts nachgab, zur raschen Aufnahme der Offensive zu bewegen. Der Herzog genehmigte das Gesuch des Generals Ehrenswärd um Ernennung eines Marsch-Kommissärs, welcher die Verpflegung der schwedischen Truppen in den mecklenburgischen Landen regeln sollte, und um Gestellung einiger der Gegend kundiger Führer, fügte jedoch den Wunsch hinzu, der General möge den herzoglichen Amtmann in Gnoien, einen ritterschaftlichen Deputierten, sowie einige Dorfschulzen und Förster gewaltsam ausheben lassen, um den Schein zu erwecken, als sei der Einmarsch der Schweden in Mecklenburg gegen den Willen des Herzogs geschehen.

Das Bellingsche Corps hatte seine oben erwähnte Aufstellung beibehalten: die beiden Infanterie-Bataillone Hordt in Demmin und Anklam, die Husaren in Lage und Umgegend.

Am 19. Juli überschritt die schwedische Armee, 15.000 Mann stark, in 3 Colonnen die Grenze. Plessen schildert die Truppen als auf das Beste ausgerüstet und „unverbesserlich in den Waffen geübt.“

Die Haupt-Kolonne unter dem Kommandierenden ging bei Loitz über die Peene und drängte den Oberstlieutenant von der Goltz, welcher mit 7 Compagnien Hordt und 4 Geschützen in Demmin stand, auf Malchin zurück. Bei diesem Rückzuge fielen den Schweden 150 Gefangene in die Hände.

Die zweite und dritte Kolonne, unter den Generälen von Lybecker und Graf Hessenstein überschritten bei Dammgarten und Triebsees die Grenze, um ebenfalls auf Demmin zu operieren. Die bei Ribnitz, Sülze und Gnoien aufgestellten Posten des Detachements Goltz erreichten nur mit Mühe und nicht ohne empfindliche Verluste Malchin. Der rechte preußische Flügel unter Major von Knobelsdorf war auf Treptow zurückgegangen, hatte aber die Tollense-Pässe Clempenow und Breest besetzt gehalten.

Die Generäle Lybecker und Hessenstein hatten sich bei Dargun vereinigt, gingen bei Verchen über die Peene und stießen bei Demmin zur Hauptcolonne. Bei dieser Gelegenheit erhielten die schwedischen Husaren eine derbe Lehre. Als die Avantgarde über Verchen hinausgegangen war, um den Übergang der Infanterie über den Fluss zu decken, wurde sie vom Major von Zülow, welcher mit 200 Husaren die Vorhut des Obersten Belling bildete, überraschend angegriffen, über den Haufen geworfen und zum großen Teil gefangen genommen. Die preußischen Husaren attackierten nach Verchen hinein und hieben den Kommandeur der Dalschen Infanterie vor der Front seines Regiments zusammen. Graf Hessenstein und Oberstlieutenant Plessen, welche sich gerade an der Seite dieses Generals befanden, verdankten ihr Entkommen nur der Schnelligkeit ihrer Pferde.

Nach dieser weiten Umgehung durch das mecklenburgische Gebiet, welche bei der geringen Stärke des Feindes, die man genau kannte, völlig zwecklos und zeitraubend war, rückte die schwedische Armee am 22. Juli bis Vanselow vor und blieb vor den Pässen von Clempenow und Breest bis zum 30. völlig unbeweglich stehen.

Der Grund dieser Untätigkeit lag in der ungemeinen Geschicklichkeit, mit welcher der Oberst Belling das schwedische Hauptquartier fortwährend über seine Stellung und über seine Absichten in Ungewissheit zu erhalten wusste. Ihm kam es vor Allem darauf an Zeit zu gewinnen, um die großen Magazine von Malchin und Treptow nach Havelberg und Stettin abzufahren, was gerade jetzt bei der fortgesetzt nötigen Verproviantierung von Colberg und des Corps des Prinzen von Württemberg, welcher daselbst zum Schutze der Festung ein verschanztes Lager bezogen hatte, von besonderer Wichtigkeit war. Hierbei kam ihm der Vormarsch des Feindes auf dem rechten Tollense-Ufer ganz ungemein zu Statten.

Um den Feind zu täuschen, marschierte Belling mit den Husaren und 3 Infanterie-Compagnien auf Demmin, so dass der Marsch deutlich vom rechten Tollense-Ufer beobachtet werden konnte, während gleichzeitig kleine Husaren-Detachements über die Tollense-Pässe hinausschweiften. Am 27. ging er dann, ungesehen vom Feinde, über Treptow nach Friedland und beunruhigte den Feind, seine Reiter weit über den Kavelpaß vorschiebend. Am 29. erhielt der Oberst 2 Compagnien und 2 Landschwadronen Verstärkung aus Stettin.

Es folgte sodann eine Reihe kleiner Gefechte, in welchen es sich um den Besitz der Postierungen an der Tollense und am Landgraben handelte und durch welche sich die Schweden am 5. August in den Besitz von Treptow und Malchin setzten. In letztgenannter Stadt fanden sie noch eine beträchtliche Menge Vorräte aller Art vor, welche der Oberst nicht hatte fortschaffen können, weil die mecklenburgischen Ämter und die Gutsbesitzer es unterlassen hatten, die requirirten Wagen zu stellen. Dieser Verlust war für den Augenblick sehr empfindlich, später jedoch trugen die mecklenburgischen Einwohner den Schaden, da sie bei der Rückkehr der preußischen Truppen im Herbst dieses Jahres alle durch die schwedische Armee weggenommenen Vorräte ersetzen mußten. Am 6. bezog Letztere ein Lager zwischen Rehberg und Iven.

Oberst Belling war am 5. August nach Friedland zurückgegangen, aber schon am folgenden Tage warf er die Vorhut der Schweden unter Oberstlieutenant von Wrangel nach Treptow zurück und griff am 7. den schwedischen rechten Flügel bei Malchin an; am 9. ging er dann über Neubrandenburg nach Sadelkow; hier gönnte er seinem Corps, welches nach dem Eintreffen der Verstärkung aus Stettin 2.200 Mann stark war, einige wohlverdiente Ruhetage.

Das Erscheinen des Obersten Belling bald auf dem rechten, bald auf dem linken feindlichen Flügel hatte das OberKommando der schwedischen Armee völlig in Verwirrung gebracht; es liefen die widersprechendsten und verkehrtesten Meldungen im Hauptquartier ein, und schon jetzt tauchte das Schreckgespenst einer preußischen Verstärkung von 6.000 Mann unter General von Stutterheim auf, welche von Pasewalk her die Armee bedrohen sollte. Unter diesen Umständen schien dem General Ehrenswärd das Geratenste - abzuwarten, zumal er ganz ohne Nachrichten aus dem russischen Hauptquartier war und somit kein bestimmtes Operationsobject hatte. Volle 8 Tage blieb die Armee unbeweglich bei Rehberg stehen, dann schob sie ein kleines Detachement am 14. über den Kavelpaß vor, welches Friedland besetzte. Um den Feind zwischen zwei Feuer zu bringen, war der General Hessenstein am 13. von Treptow über Neubrandenburg nach Woldegk dirigiert worden, während der Major von Platen nach Finkenbrück marschiert war; das Gros der Armee blieb hinter dem Kavelpaß im Lager.

Der Oberst Belling war am 13. August gegen Friedland vorgegangen, um zu recognosciren, als er die Meldung von dem Vordringen der Hessensteinschen Colonne erhielt. Sofort machte er kehrt und marschierte ihr entgegen; gegen Friedland blieb ein Beobachtungsposten stehen und zur Sicherung seiner rechten Flanke ließ er den Major Knobelsdorf mit 3 Compagnien und 50 Husaren die Defileen bei Finkenbrück besetzen. In dem Dorfe Rühlow meldeten ihm seine Patrouillen, dass der Feind mit 8 Bataillonen, 2 Cavallerie-Regimentern und mehreren Eskadrons Husaren auf Woldegk marschiere und bereits seinen Rücken bedrohe.

Aber auch der General Hessenstein erhielt Meldung von dem Anmarsche feindlicher Truppen in seiner linken Flanke. Das konnte Niemand anders sein, als der gefürchtete General von Stutterheim. Eiligst trat er den Rückzug an, zumal er den Befehl hatte, nichts zu riskieren und eingetroffenen feindlichen Verstärkungen gegenüber sich zurückzuziehen. Aber so leichten Kaufes ließ Belling den schwedischen General nicht los. Unvermutet aus den Rühlower Waldungen vorbrechend, fiel er auf seine Arrièregarde und hieb das Cavallerie-Regimenut Süd-Schonen zusammen. Dieser kühne Anprall von 9 preußischen Schwadronen brachte das ganze schwedische Detachement in solche Unordnung, dass es eine ernstliche Schlappe erlitten haben würde, wenn die Bellingsche Infanterie den vorausgeeilten Husaren hätte folgen können. Bei Liepen (zwischen Neu-Brandenburg und Friedland) nahm der General Hessenstein wieder Stellung; die Haltung seiner Truppen hatte aber derart gelitten, dass der Kommandirende es für geboten erachtete das Detachement, „damit es sich von den Fatiguen dieser Affaire erhole“, am nächsten Tage hinter Friedland zurückzunehmen.

Bereits am 13. August hatte der General Ehrenswärd die Meldung erhalten, dass der Feind gegen den General Hessenstein im Anmarsche sei. Er war ebenfalls der Ansicht, dass nunmehr der General Stutterheim mit den erwarteten Verstärkungen eingetroffen sei, und rückte mit der Armee näher an die Tollense bis Boldekow. Als er am folgenden Tage den Unfall seines Unterbefehlshabers erfahren, entsandte er, um seine rückwärtigen Verbindungen besorgt, den General Stackelberg mit 3 Bataillonen und 4 Eskadrons nach Treptow und einige Tage später sogar 1 Bataillon zur Besetzung Anklams.

In steter Besorgnis beim weiteren Vorrücken in die Ukermark in Flanke und Rücken durch Truppen der Stettiner Besatzung und den von Sachsen her erwarteten General Stutterheim, dessen sehr geringe Streitkräfte das Gerücht auf 6.000 Mann vergrößert hatte, angegriffen zu werden, hätte der schwedische Oberbefehlshaber am liebsten in völliger Untätigkeit die weitere Entwickelung der Dinge auf dem russisch-pommerschen Kriegstheater abgewartet. Allein an der Spitze von 15.000 Mann wohlausgerüsteter Truppen konnte er doch nicht untätig zusehen, wie ein nicht viel mehr als 2.000 Mann starker Feind in einem befreundeten Lande und in unmittelbarer Nähe seiner Armee nach Belieben schaltete und waltete. Der Oberst Belling hatte nämlich fortwährend festen Fuß in Mecklenburg behalten; seine Kommandos durchstreiften das Land nach allen Richtungen hin und holten ungehindert Geld und Vorräte aller Art. Auf das wiederholte Andrängen der mecklenburgischen Regierung, dem der Oberstlieutenant von Plessen den lebhaftesten Ausdruck gab, hatte der schwedische Oberbefehlshaber vor kurzem den General Hessenstein über Neubrandenburg auf Woldegk vorgehen lassen. Jetzt erneuerte er den missglückten Versuch und befahl dem General Stackelberg Neubrandenburg zu besetzen.1)

Der Oberst Belling war nach dem Rückzuge des Generals Hessenstein in die Gegend von Woldegk gegangen und von hier aus, als ihm der Abmarsch des Majors von Platen aus Finkenbrück gemeldet war, dorthin geeilt. Als er auf seinem rechten Flügel aber Alles ruhig fand, war er nach Woldegk zurückgegangen. Hier erfuhr er, dass der General Stackelberg am 16. August Neubrandenburg besetzt habe.

Durchaus nicht gewillt, seine Verbindung mit Mecklenburg aufzugeben, brach der Oberst mit 5 Compagnien und seinem Husaren-Regiment am 18. nach Neubrandenburg auf, ließ einen kleinen Posten vor der Stadt und marschierte um die Südspitze des Tollense-Sees herum, um den Feind im Rücken anzugreifen. Durch seine Patrouillen von der Umgehung benachrichtigt, räumte der General Stackelberg in der Nacht auf den 20. eilfertig die Stadt und zog aus Treptow ab, lebhaft vom Feinde bis an den Abschnitt von Tetzleben verfolgt.

Um dem Oberst Belling Neubrandenburg wieder zu entreißen, sandte der General Ehrenswärd dem General Stackelberg 3 Bataillone Infanterie und 2 Cavallerie-Regimenter Verstärkung. Nunmehr an der Spitze von 6 Bataillonen und 3 Cavallerie-Regimentern drängte Letzterer die Vorposten Bellings zurück und forderte am 22. die Stadt Neubrandenburg zur Uebergabe auf. „Ich werde die neutrale Stadt räumen, um sie zu schonen, aber ich werde den Herrn General draußen erwarten!“ ließ Belling erwidern.

1) Oberstlieutenant von Plessen spricht die Vermutung aus, dass der General Ehrenswärd wohl hauptsächlich deshalb Neubrandenburg habe besetzen lassen, um die Aufmerksamkeit Bellings und seiner Streifkommandos von einem Remonte-Transporte abzulenken, welchen er aus Holstein über Rostock im Lager erwartete.

Die schwedische Cavallerie drängte ungestüm nach, debouchirte im Galopp aus der Stadt und setzte sogleich zur Attacke an. Die preußischen Husaren gingen zurück - nach preußischem Bericht, um die Feinde in den Bereich ihrer Infanterie zu locken, nach schwedischem wurden sie geworfen und verloren 200 Gefangene, - machten aber plötzlich Front, als die schwedischen Schwadronen durch heftiges Geschütz- und Musketenfeuer der verdeckt aufgestellten preußischen Infanterie völlig in Unordnung geraten waren und warfen den Feind in die Stadt zurück. Bei dieser Attacke befreiten sie die gefangenen Husaren, nahmen 1 Major und 30 Reiter gefangen und erbeuteten die Standarte des Regiments Westgöta. Als hierauf die schwedische Infanterie aus der Stadt debouchirte, zog der Oberst aus Woldegk ab.

Bis zum 28. August hielt der General Stackelberg Neubrandenburg besetzt; dann erhielt er Befehl aus dem Mecklenburg-Strelitzschen Gebiet abzumarschieren und bei Wodarg zu kampieren. Ob dem schwedischen Oberbefehlshaber das dringende Ersuchen des Herzogs Adolf Friedrich, sein Land zu räumen, welches er durch den Kammerjunker von der Knesebeck mündlich stellen ließ, zu dieser Maßregel bewog oder ob ihm die Stellung des Detachements in Neubrandenburg zu exponiert erschien, muss dahin gestellt bleiben. Indessen nach der nicht eben freundlichen Antwort, welche der General Ehrenswärd dem Abgesandten des Herzogs erteilte: „er erwarte, dass Seine Durchlaucht dasselbe Ansinnen an die Preußen gestellt hätte“, zu schließen, ist ehe das Letztere anzunehmen.

Oberst Belling, welchem soeben eine Unterstützung dadurch geworden war, dass der Gouverneur von Stettin die 3 Infanterie-Bataillone, welche bisher als Rückhalt für sein Corps Pasewalk besetzt gehalten, bis Woldegk hatte vorrücken lassen, besetzte sofort Neubrandenburg und griff sogar Treptow an, wurde hier aber durch den Oberstlieutenant Wrangel, welchen der General Stackelberg bei seinem Abmarsch nach Wodarg als Besatzung daselbst zurückgelassen hatte, abgewiesen. Der Oberst nahm hierauf Stellung hinter dem Abschnitt bei Tetzleben, um daselbst die Ankunft des Generals von Stutterheim, dessen nahe Ankunft ihm in Aussicht gestellt war, abzuwarten.

Wir erwähnten den gänzlichen Mangel an brauchbaren leichten Truppen bei der schwedischen Armee. Dem General Ehrenswärd wurde dieser Mangel, einem Feinde gegenüber, dessen Aufenthalt, wie Plessen berichtet, so veränderlich war, dass er sich kaum 6 Stunden an demselben Orte aufhielt, so fühlbar, dass er Anfangs August dazu schritt sich aus Freiwilligen aller Regimenter ein Freicorps zu bilden. Dasselbe bestand aus 2 Freibataillonen Infanterie und 4 Compagnien Cavallerie; außerdem waren dem Corps noch 2 Grenadier-Bataillone zugeteilt. Den Oberbefehl über dies 1800 Mann starke Corps1) erhielt der General-Adjutant Major Sprengporten.

1) Nach preußischen Angaben 2.500 Mann.

Anfang September besichtigte der Oberkommandierende dies Corps eingehend, welches in einem abgesonderten Lager vereinigt war, um für seine Zwecke ausgebildet zu werden und sprach seine volle Zufriedenheit über die Gewandtheit und Präzision, mit welcher die Truppen ihre Übungen ausführten, dem Major Sprengporten aus.

Am 31. August traf der General von Stutterheim, welchen der Prinz Heinrich von Torgau aus entsendet hatte, um Berlin gegen die Schweden zu schützen, mit 4 Bataillonen und 8 schweren Geschützen bei Treptow ein, in Summa 1600 Mann. Durch diese Verstärkungen wurden die preußischen Streitkräfte auf circa 4.000 Mann gebracht, waren aber auch in dieser Stärke nicht in der Lage der fast vierfachen Uebermacht den Einmarsch in die Ukermark verwehren zu können. Der General beschloss daher den vom Obersten Belling gefassten Plan beizubehalten und auf die rückwärtigen Verbindungen des Feindes zu wirken.

Schon am 31., kurz vor dem Eintreffen des Generals Stutterheim, hatte der Oberst den vergeblichen Versuch gemacht, sich in den Besitz des Clempenower Passes zu setzen. Am 1. und 2. September wurden die Angriffe wiederholt und es gelang dem Obersten Belling, durch Demonstrationen bei Breest und Clempenow den Feind täuschend, den Übergang bei Brock mit leichter Mühe zu nehmen. Am folgenden Tage schob er seine Vorposten über Iven und Rehberg bis in die Nähe des schwedischen Lagers bei Boldekow vor. Am 3. behauptete sich der Oberst den Angriffen des Feindes gegenüber auf dem rechten Tollense-Ufer.

Endlich ließ sich der General Ehrenswärd bewegen, energische Maßregeln zur Vertreibung des allzu kecken Feindes zu treffen. Mit 11 Bataillonen und 10 Eskadrons brach er am 4. aus dem Lager auf. Der Oberst Belling wich fechtend bis an die Tollense zurück, wo er durch das Feuer der schweren Geschütze, welche der General Stutterheim auf dem linken Flussufer aufgefahren hatte, aufgenommen wurde. Die Schweden richteten den Hauptangriff gegen den Übergang von Clempenow; allein so tapfer auch die Infanterie vorging und so oft sie ihre Angriffe wiederholte, sie wurde jedesmal durch das Feuer der beiden Freicompagnien, welche sich in dem Schlosse von Clempenow zur Verteidigung eingerichtet hatten, abgewiesen. Abends kehrte der General Ehrenswärd ins Lager zurück, indem er nur den General Carpellan mit einem Detachement zur Beobachtung der Flussübergänge stehen ließ.

Gleichzeitig mit den Kämpfen an den Tollense-Übergängen fand eine Entsendung des Freicorps gegen den preußischen rechten Flügel statt; dasselbe drängte den Oberstlieutenant Goltz, welcher mit einem Bataillon bei Gehren, südöstlich von Friedland, stand und den Major von Knobelsdorf (2 Compagnien) über die Defileen des Zarower Baches bei Finkenbrück auf Woldegk zurück und war am 5. September bis Neuensund vorgedrungen.

Am Abend des 5. erhielt der General Stutterheim Meldung über die Vorgänge auf seinem rechten Flügel. Das Vorgehen der Schweden bedrohte seine Verbindung mit Stettin und der Ukermark. Diese aufrecht zu erhalten, war für ihn aber gerade jetzt sehr wichtig, da der Kampf um Colberg anfing, sich für den Prinzen von Württemberg sehr ungünstig zu gestalten und er jeden Augenblick gewärtig sein mußte, dorthin abberufen zu werden. Er marschierte daher, zur Verdeckung seines Abzuges Husaren-Posten an den Tollense-Pässen stehen lassend, am 6. über Neubrandenburg ab und stand Tags darauf bei Pragsdorf; der Oberst Belling bei Kuhblank. Auf die Kunde vom Anrücken dieser Truppen ging der Major Sprengporten in das Lager von Boldekow zurück.

Erst am 7. Abends erhielt der schwedische Oberbefehlshaber Meldung von dem General Carpellan, dass der Feind ihm gegenüber verschwunden sei und ließ infolgedessen am 9. eine Recognoscirung durch den Major Sprengporten über Friedland in der Richtung auf Jatzke ausführen. Hier standen die Vorposten Bellings; es kam zu einem Reitergefecht und die Schweden gingen über den Kavelpaß zurück, Friedland besetzt haltend.

Am folgenden Tage richtete der Prinz von Württemberg das dringende Ersuchen an den General von Stutterheim, einen großen Provianttransport, welcher von Stettin nach Colberg abgesendet werden sollte, zu decken. Letzterer marschierte deshalb mit seinen 4 Bataillonen sofort in die Gegend von Stettin ab. Hier traf ihn am 19. September, als er im Begriff war, die Oder zu überschreiten, der bestimmte Befehl des Prinzen Heinrich von Preußen, zu dessen Armee er gehörte, sich lediglich auf den Zweck seiner Sendung, nämlich die Ukermark und Berlin gegen die Schweden zu decken, zu beschränken. Er kehrte deshalb um und marschierte am 23. bis Prenzlau.

Nach dem Abmarsche des Generals Stutterheim hatte sich die Lage des Obersten Belling ungünstig gestaltet. Der General Ehrenswärd hatte am 17. den General Lybecker mit 7 Bataillonen und 2 Cavallerie-Regimentern über den Kavelpaß gegen Cosabroma und das Freicorps gegen Finkenbrück vorgehen lassen.

Der Oberst griff unerschrocken zunächst den General Lybecker an. Abgewiesen durch die große Uebermacht, wandte er sich dann gegen das Freicorps, welches bis Rothemühle vorgedrungen war. Der Major Sprengporten führte aber seine Truppen so geschickt und diese kämpften mit solcher Tapferkeit, dass das Bellingsche Corps eine ernstliche Schlappe erlitt, - das Bataillon Ingersleben von der Stettiner Garnison wurde fast aufgerieben - und gezwungen wurde, sich hinter die Taschenberger Defileen zurückzuziehen. Die beiden Stettiner Grenadier-Bataillone besetzten Pasewalk.

Der General Lybecker, welcher sich mit dem Major Sprengporten vereinigt hatte, drang bis Woldegk vor, von wo aus er sofort die ausgedehntesten Fouragirungen ins Werk setzte und Kontributionen in der Ukermark beitrieb.

Zieht man in Erwägung, dass der General Ehrenswärd mit dem Gros der Armee unbeweglich im Lager bei Boldekow, also 5 Meilen rückwärts, stehen blieb, so muss man annehmen, dass es sich bei dieser Expedition lediglich darum handelte, sich den Unterhalt der Armee aus Feindesland zu verschaffen.

Am 22. September wurden die beiden Stettiner Grenadier-Bataillone zurückberufen, um die Deckung des vorhin erwähnten Provianttransports zu übernehmen. Aus diesem Grunde ging der Oberst Belling über die Ufer zurück und besetzte Pasewalk, schob aber seine Vorposten sofort wieder gegen den Taschenberger Abschnitt vor, als der General Stutterheim am 23. bei Prenzlau eingetroffen war. Noch an demselben Tage wurde der Oberst, dessen Husaren durch ihre kühnen Streifereien die Fouragirungen der Schweden äußerst erschwert hatten, bei Taschenberg angegriffen, wies aber den Feind entschieden zurück. Als darauf im schwedischen Hauptquartier die Nachricht eingegangen war, dass der General Stutterheim, dessen Stärke man fortgesetzt überschätzte, zurückgekehrt sei, nahm der General Ehrenswärd beide Detachements von Woldegk bis Friedland und Ferdinandshof zurück, „um die Verbindung mit Anklam zu sichern“.

Es war dies die Einleitung zu dem gänzlichen Rückzuge der schwedischen Armee hinter die Peene. Am 7. Oktober berichtet Oberstlieutenant von Plessen dem Herzog: „der Kommandirende habe sich resolvirt, mit der Armee nach Schwedisch-Pommern zurückzugehen und nur Anklam, Demmin und Wollin - nach letzterem Ort war der General Hessenstein bereits am 12. September mit 4.000 Mann detachirt - besetzt zu halten; da nunmehr Mecklenburg den Preußen offen sei, riete der General Ehrenswärd dem Herzoge seine Truppen wieder nach Rügen marschieren zu lassen.“

Das ganze Resultat dieses Feldzuges war also gewesen, dass der General Ehrenswärd an der Spitze eines wohlausgerüsteten, tapferen, 15.000 Mann starken Heeres kaum 4.000 Preußen beschäftigt und 8 Wochen lang auf Kosten des Feindes gelebt hatte. Die strategischen Operationen des schwedischen Heeres hatten sich darauf beschränkt, sich hinter der Linie der Tollense und des Landgrabens zu behaupten und durch kleinere oder größere Detachements Rekognoscirungen und Fouragirungen ausführen zu lassen. Man sucht vergebens nach militärischen Gründen, um die völlige Untätigkeit des schwedischen Oberbefehlshabers zu erklären. Der General wusste, dass die Streitkräfte des Königs von Preußen durch die energische Kriegführung der Russen, in diesem Jahre überall derart engagirt waren, dass eine weitere Detachirung als die des Generals von Stutterheim nicht zu erwarten stand. Allerdings führte gerade um diese Zeit der General von Platen jenen kühnen Zug im Rücken der Russen aus, der weithin Schrecken und Verwirrung verbreitete. Giebt man aber auch zu, dass die Besorgnis, der General von Platen möchte seinen Streifzug bis in die Ukermark ausdehnen, lähmend auf die Offensive des Generals Ehrenswärd einwirkte und ihn an der Tollense festhielt, so ist doch schlechterdings nicht anzunehmen, dass ihm dieser Gedanke so sehr allen Mut raubte, dass er schon im Beginn Oktober, also kaum 2 Monate nach Eröffnung des Feldzuges jeden Gedanken an Kriegführung aufgab und vor einem Feinde, von dessen Annäherung er nichts wusste, hinter die Grenzgewässer zurückfloh. Wir müssen nach anderen Beweggründen suchen, welche die Handlungsweise des Generals bestimmten und hierzu giebt uns die Plessen'sche Correspondenz einigen Anhalt.

Der Rückzug der schwedischen Armee traf die mecklenburgische Regierung wie ein Donnerschlag. Wir erinnern uns, dass man in Schwerin große Hoffnung auf das Projekt des Obersten von Petersdorf setzte, demzufolge 8.000 Russen über Prenzlau oder Wollin zur schwedischen Armee stoßen sollten. Zog sich nun letztere hinter die Peene zurück, so war an eine Ausführung dieses Plans überhaupt nicht zu denken und Mecklenburg war in dem kommenden Winter von Neuem der preußischen Invasion ausgesetzt. Der Herzog wies daher den Geh. Kammerrat von Müller, welcher unter dem Vorwande, den Oberstlieutenant von Plessen besuchen zu wollen, in das schwedische Hauptquartier reiste, an, durch den Oberstlieutenant, besonders aber durch die Mitwirkung des Marquis von Caulaincourt zu erreichen zu suchen, dass die schwedische Armee zu einer Zeit, in welcher die Angelegenheiten vor Colberg anfingen, ein günstigeres Aussehen zu gewinnen, nicht zurückginge. Dem Geheimen Rat wurde die mit dem Obersten von Petersdorf gepflogene Korrespondenz mitgegeben, mit der Ermächtigung, aus derselben vertrauliche Mitteilungen an den General Ehrenswärd und an den Marquis zu machen.

Dieser heißblütige Franzose hatte während des Sommers seine ganze Beredsamkeit vergeblich aufgeboten, um den wenig zugänglichen schwedischen Oberbefehlshaber zu einer raschen Offensive anzuspornen. Jetzt bot sich ihm eine neue Chance und er ergriff dieselbe mit Feuereifer. In stundenlangen Unterredungen bearbeitete er im Verein mit den mecklenburgischen Herren den General Ehrenswärd, um ihn für den russischen Plan zu gewinnen. Aber Letzterer zeigte sich zurückhaltender denn je; auf eine Besprechung des Petersdorf'schen Projektes ging er überhaupt nicht ein, ließ aber eine große Empfindlichkeit durchblicken, dass man in Petersburg bereits seit dem Sommer über einen Plan verhandle, in welchem der schwedischen Armee eine tätige Rolle zugedacht sei, ohne dass weder seine Regierung noch er das Geringste davon wisse. Als nun am 15. Oktober auch Anklam von den Schweden geräumt wurde, machte der Geheime Rat Müller von der ihm erteilten Vollmacht Gebrauch und stellte dem General im Namen des Herzogs eine sehr namhafte Erkenntlichkeit in Aussicht. Auch auf den General-Adjutanten von Schönstrom mußte der Oberstlieutenant von Plessen einwirken. „Wenn Schönstrom seinen Chef zur Tätigkeit bringt,“ schrieb Graf Bassewitz an Plessen, „will Serenissimus demselben nicht 2, sondern 200 neue Pistolen gerne gewähren.“1)

1) Plessen hatte vor einiger Zeit als Geschenk für den General-Adjutanten zwei Reiter-Pistolen erbeten.

Nach und nach wurde der General Ehrenswärd mitteilsamer. Er sprach sich dahin aus, dass er zur Beförderung der Ankunft des russischen Corps Alles beitragen wolle, dass er auch dieserhalb schon Instruktion von seinem Hofe erhalten habe und eben um deswillen bisher noch Demmin sowohl als Wollin besetzt halte. Um seiner Regierung etwas Positives vorlegen zu können, verfasste der Geheime Rat Müller vor seiner Abreise ein Memoire, in welchem er ausführlich darlegte, dass die Kaiserin von Russland beschlossen hatte, zum Schutze der mecklenburgischen Lande ein Corps an der Grenze Mecklenburgs überwintern zu lassen und den schwedischen Oberbefehlshaber ersuchte, zur Vereinigung dieses Corps mit der Armee seines Königs die Hand bieten zu wollen. Hierauf erwiderte der General Ehrenswärd in einem Gegen-Memoire, dass, wenn dies russische Corps über Wollin nach Mecklenburg passiere, er nicht unterlassen wolle, demselben hilfreiche Hand zu leisten. Hiervon müsse er aber bei Zeiten definitiv unterrichtet werden, denn bei der späten Jahreszeit und der eingetretenen üblen Witterung könne er weder Wollin lange behaupten, noch die schwedische Flottille im Haff zurückbehalten. Das Projekt, Prenzlau zum Zwecke der Vereinigung mit den russischen Truppen zu nehmen, verwarf er als ganz untunlich.

Mit dieser Antwort des Generals war die mecklenburgische Regierung im höchsten Grade unzufrieden. „Dieser Bericht,“ sagte der Minister Graf Bassewitz beim Vortrage dem Herzog, „und noch mehr die mündlichen Ausführungen des Geheimen Rat Müller ergeben klar, dass der General Ehrenswärd Comödie spielt und den Petersdorf'schen Plan schon lange gekannt hat.1) Sollte es wohl nicht mehr denn zu richtig sein, dass er sich bloß darum von Prenzlau zurückgezogen und mit einer fast unbegreiflichen Eilfertigkeit die Winterquartiere bezogen hat und nun auch Wollin aufgeben will, weil er oder sein Hof - wie die Russen schon während dieses ganzen Krieges öffentlich behauptet haben -, aus Eifersucht gegen Russland die Konjunktion nicht gerne sieht?!“

Eine neue Hoffnung erwuchs der mecklenburgischen Regierung, als sie die Mitteilung erhielt, dass die russische Hauptarmee unter Feldmarschall Buturlin in Hinterpommern eingerückt sei, um zur Unterstützung des Generals Romanzoff bereit zu sein. Auf diese Nachricht hin hatte sich der Marquis von Caulaincourt sofort - Ende Oktober 1761 - in das russische Hauptquartier begeben; er hoffte dort den Obersten von Petersdorf anzutreffen und mit dessen Hülfe das russische Hilfscorps nach Mecklenburg in Bewegung zu setzen.

1) Die schwedische Regierung kannte das Petersdorfer Projekt bereits seit dem Sommer durch den französischen Gesandten in Stockholm, welchem dasselbe durch Mr. de Champeaux vertraulich mitgeteilt war.

Die Reise des Marquis in das russische Hauptquartier bestärkte den mecklenburgischen Minister in seiner Ansicht. ?Nun weiß man genau,“ trug er dem Herzog vor, „warum der General Ehrenswärd den Plan des Obersten von Petersdorf dem Marquis verschwiegen hat. Der General wusste unfehlbar, dass dieser eifrige Mann eine Conjunktion betreiben würde, welche er oder die schwedische Krone während dieses ganzen Krieges nicht gewollt und die man doch auf eine Art zu vermeiden wünschte, dass die schwedische Abneigung gegen Russland nicht merklich werde.“

Der General Ehrenswärd war über die Reise des Marquis von Caulaincourt sehr aufgebracht, da er fürchtete, dass die persönlichen Bemühungen desselben zu Verabredungen mit dem russischen Oberbefehlshaber führen möchten, die ihn zwingen würden, von Neuem die Offensive zu ergreifen. Der Oberstlieutenant von Plessen erfuhr seine Missstimmung bei der nächsten Unterredung. „Ihr Hof hat mich hintergangen,“ fuhr der General ihn an, „es ist ihm noch niemals Ernst mit der Vermehrung seiner Truppen gewesen. Man hat mich mit falschen Vorspiegelungen den ganzen Sommer hingehalten und sich gleichzeitig um fremde Hülfe bemüht!“

In Letzterem lag die ernstliche Verstimmung des Generals. „Der Nationalhass zwischen Schweden und Russen,“ äußerte sich der Graf Bassewitz, „eine Abneigung gegen die, für die gemeinsame Sache und diese Gegenden gleichmäßig heilsame Konjunktion der schwedischen und russischen Truppen und eine daherige Unzufriedenheit über das negotium des Obersten von Petersdorf steckt dem guten Herrn General im Kopfe. Aus eben diesem Grunde verspürte unser Gesandte in Stockholm sogleich eine Verstimmung an dem Grafen von Eckebladt,1) als dieser den Plan aus Russland erfahren hatte. Aus keinem anderen Grunde hat sich auch die schwedische Armee zurückgezogen.“

1) Schwedischer Minister.

Die Reise des französischen Militär-Bevollmächtigten in das russische Hauptquartier endete mit einem gänzlichen Misserfolge. Wir erinnern uns, dass der Plan, ein Truppencorps nach Mecklenburg zu schicken, in Petersburg ganz plötzlich wieder aufgegeben war. Als der General Romanzoff, mit welchem der Marquis die Verhandlungen führte, erklärte, er habe keine Befehle von seiner Herrin, Truppen nach Mecklenburg abzusenden, gerieten die beiden Offiziere so hart an einander, dass sie sich völlig überwarfen und der Franzose abreiste. Genau denselben Verlauf nahmen die Verhandlungen, welche der General Ehrenswärd - um den Schein zu wahren - mit dem russischen Oberbefehlshaber angeknüpft hatte. Infolgedessen wollte der General sofort seine Truppen aus Wollin zurückziehen; den inständigen Bitten des Oberstlieutenants von Plessen gelang es jedoch, dies zu verhindern. Der General erlaubte Letzterem sogar, ein Schreiben an den General Romanzoff durch einen schwedischen Offizier abzusenden und wenn dies, wie zu erwarten stand, nichts fruchtete, selbst in das russische Hauptquartier zu reisen.

Im Übrigen spielte der General die Rolle eines gekränkten Bundesgenossen weiter. Vertraulich äußerte er sich zu Plessen, der Herzog habe ihn während der ganzen Campagne hintergangen; hätte er das Projekt des Obersten von Petersdorf rechtzeitig gekannt, so würde er Malchin besetzt und befestigt haben, aber dem Herzog sei es nicht Ernst mit der Verteidigung seiner unglücklichen Lande. „Ich habe einen Eid getan,“ rief der General erregt aus, „nie wieder der dupe eines Königs oder Fürsten zu sein; lieber will ich mich von einem ehrlichen Soldaten, wie Sie es sind, dupiren lassen!“

Die mecklenburgische Regierung setzte keine Hoffnungen mehr auf die beabsichtigte Reise des Oberstlieutenants von Plessen. „Bei der stattgehabten allgemeinen Brouillerie,“ bemerkt Graf Bassewitz, „können die Sachen nur schlecht gehen. Wenn wirklich ein russisches Corps kommt - de quo valde dubito - wird der schwedische General ihnen nur den Weg zeigen, weiter aber mit ihnen nicht conjugiren, concertiren oder sich abgeben.“ Indessen wurde Plessen doch beauftragt, die Reise zu unternehmen, auch dem General Romanzoff eine ansehnliche Erkenntlichkeit zu versprechen.

Am 18. November, als der Oberstlieutenant gerade im Begriff war abzureisen, wurde er zum Kommandierenden gerufen. Derselbe teilte ihm offiziell mit, dass ihm soeben mitgeteilt sei, der General Romanzoff habe sich von Colberg zurückgezogen und der Prinz von Württemberg stehe, nachdem er sich mit General von Platen vereinigt, bei Greifenberg zwischen Colberg und Wollin. Dadurch sei das schwedische Detachement in Wollin gefährdet und befehligt worden, sich nach Usedom zurückzuziehen, so dass die Kommunikation mit den Russen völlig unterbrochen sei.

Die Reise des Oberstlieutenants unterblieb und Graf Bassewitz klagte: „Solchergestalt sind denn nunmehr die russischen und schwedischen Generäle nach ihrem innern reciproquen antipathetischen Wunsch wiederum weit genug von einander entfernt, diese herzoglichen Lande aber von neuem der Wut und Grausamkeit der in kurzem vermutlich allesamt unbeschäftigten königlich-preußischen Kriegsvölker bloßgestellt. Gott erbarme sich solcher Anstalten und eines so elenden concert!“

Als aber Anfang Dezember die sichere Nachricht einging, dass der General Romanzoff nach wie vor Colberg belagere und die Festung nach dem Rückzuge des Prinzen von Württemberg ihrem Falle nahe sei, war man in Schwerin fest überzeugt, dass der General Ehrenswärd wissentlich die Unwahrheit gesagt habe, um den Oberstlieutenant von der Reise abzuhalten.1)

Am 15. Oktober hatte die schwedische Armee die gewohnten Quartiere an der preußischen und mecklenburgischen Grenze wieder bezogen; von preußischem Gebiet war nur Demmin besetzt geblieben und ein Teil der Oder-Inseln.

Auf der preußischen Seite war der General von Stutterheim mit seinem Detachement am 16. Oktober zur Armee des Prinzen Heinrich nach Sachsen zurückgerufen worden und der Oberst Belling hatte den Oberbefehl übernommen. Ihm lag die schwierige Aufgabe ob, mit seinen beiden Frei-Bataillonen und 10 Eskadrons Husaren die lang ausgedehnte Grenze zu überwachen und außerdem die mecklenburgischen Lieferungen, welche während des diesjährigen Feldzuges sehr in Rückstand gekommen waren, eifrigst beizutreiben. Der Oberst nahm sein Hauptquartier in der Gegend von Dargun und bemühte sich, die Schweden zum Aufgeben von Demmin zu veranlassen. von hier aus wurde er am 2. November abberufen, um mit seinem Detachement nach Berlin zu marschieren, welches man durch ein österreichisches Streifcorps in Gefahr glaubte. Der Oberst war am 4. bis Röbel marschiert, als er Gegenbefehl erhielt und seine frühere Postierung wieder einnahm.

Im August dieses Jahres - 1761 - waren die mecklenburgischen Truppen nach dem Abmarsch der Preußen in die Heimat zurückgekehrt.2) Der Empfang auf vaterländischem Boden war kein freundlicher: die Stadt Rostock Schloss ihre Tore und die Stadtsoldaten verweigerten dem Lieutenant von Zülow, welcher die Aventgarde mit der Husaren-Eskadron - 130 Mann - führte, den Einmarsch, gestatteten demselben jedoch, auf sein wiederholtes dringendes Begehren, für seine Person in die Stadt reiten zu dürfen. von dieser Erlaubnis machte der aufgebrachte Offizier einen so energischen Gebrauch, dass die erschreckten Stadtsoldaten nicht dazu kamen, das Tor wieder zu schließen, als nun auch die Husaren heransprengten. Der General von Zülow nahm hierauf ungehindert Quartier in der Stadt und der Umgegend. In Rostock blieben die Truppen bis zum Herbst. Als der Oberst Belling im Oktober in Mecklenburg einrückte, berief der General von Zülow einen Kriegsrat der Stabs-Offiziere zur Beratung „ob es nunmehr an der Zeit sei nach Rügen abzumarschieren.“ Es wurde aber einstimmig der Beschluss gefaßt, vorläufig noch nicht über die schwedische Grenze zu rücken. Als aber die preußischen Husaren in Sülze und Ribnitz erschienen, die Schildwachen an den Toren Rostocks laut verhöhnten3) und dem General von Zülow von einem Gutsbesitzer aus der Gegend von Röbel die zuverlässige Nachricht wurde, dass der Oberst einen Handstreich gegen die mecklenburgischen Truppen beabsichtige, suchten dieselben - am 8. November 1761 - ihr Asyl auf der Insel Rügen zum dritten Mal auf.

1) Ob mit Recht? ist fraglich; denn die Mitteilung des Generals Ehrenswärd, dass der Prinz von Württemberg sich mit dem General Platen vereinigt habe und zwischen Colberg und Wollin stehe, so dass die Verbindung mit der russischen Armee unterbrochen war, traf zu.

2) Die Soldatenfamilien und die Bagage waren zu Schiff nach Ribnitz gesendet. Das Regiment Alt-Zülow allein führte 61Weiber und 27 Kinder mit sich.

3) Als der General von Zülow sich dieserhalb beim Obersten von Belling beschwerte, entschuldigte derselbe in einem äußerst höflichen Schreiben das Benehmen seiner Leute und versprach Abhülfe.


Um die Kontributionen und Lieferungen in Mecklenburg ungestörter eintreiben zu können, trug der Oberst von Belling Anfang Dezember beim General Ehrenswärd auf den Abschluß einer Waffenruhe während des Winters an. Letzterer schlug dies Ansinnen jedoch kurz ab und Oberst Belling, hierüber aufgebracht, beunruhigte nunmehr die ganze Linie der schwedischen Vorposten von Demmin bis Dammgarten unaufhörlich.

Unterdessen hatte der Oberst von der Heide die Festung Colberg nach heldenmütigster Verteidigung aus Mangel an Lebensmitteln übergeben müssen und der General Romanzoff diesen Erfolg der russischen Waffen dem Herzog von Mecklenburg durch den dauernd in seinem Hauptquartier anwesenden schwedischen Capitain Poppe schriftlich anzeigen lassen - 20. Dezember -. Aus diesem lediglich der Courtoisie des russischen Generals entsprungenen Schritt schöpfte die mecklenburgische Regierung neue Hoffnung auf russische Hülfe und der Herzog beschloss, einen Offizier in das russische Hauptquartier zu senden, um den General Romanzoff zu beglückwünschen, zugleich aber auch, um mit demselben wegen Absendung eines Hülfscorps zu verhandeln. Zu dieser Sendung wurde der Capitain von Mecklenburg bestimmt, welcher, mit einem Passe des Obersten von Belling versehen, zunächst nach Stralsund ging, um mit dem Oberstlieutenant von Plessen genauere Rücksprache zu nehmen. Inzwischen mußten die Verhandlungen zwischen dem General Ehrenswärd und dem General Romanzoff wieder aufgenommen sein, denn Ersterer sandte - am 20. Januar 1762 - mit dem mecklenburgischen Offizier den schwedischen Capitain von Rosenberg in das russische Hauptquartier.

Die mecklenburgische Regierung hatte nicht aufgehört, den General Ehrenswärd auf das Dringlichste um Hülfe zu bitten. Der Vorschlag des Letzteren - 24. November -, der Herzog möge mit seinen Truppen Demmin und Malchin besetzen, dann wolle er die nötigen Streitkräfte als Rückhalt aufstellen, war bei der ihm wohlbekannten Sinnesart des Herzogs wohl kaum ernstlich gemeint. „Ich kann meine eignen Lande nicht schützen und nun soll ich gar in die königlich preußischen Lande einbrechen und Demmin besetzen! Das wäre ja gehandelt wie die Preußen in Sachsen!“ schrieb denn auch der Herzog entrüstet zurück. Als aber die Grenzgewässer zufroren - Demmin wurde infolge dessen am 6. Dezember von den Schweden geräumt - und die Preußen die schwedischen Vorposten in allzu lästiger Weise beunruhigten, beschloss der General Ehrenswärd, Ersteren eine derbe Lektion zu erteilen und dadurch sich Ruhe und in zweiter Linie Mecklenburg Schutz zu verschaffen. Hocherfreut berichtete Plessen an den Grafen Bassewitz, der Kommandirende habe ihm geschworen, in nächster Zeit dem Lande helfen zu wollen und bat um recht genaue Angabe der preußischen Stellungen.

Am 21. Dezember hatte der Oberstlieutenant Sprengporten sein Freicorps bei Triebsees konzentriert und rückte über Dargun aus Malchin vor. Der Oberstlieutenant Carnal wurde mit 2 Infanterie-Regimentern gegen Demmin entsendet, um diese Stadt als Rückhalt für das Freicorps zu besetzen.

Der Oberst Belling, welcher rechtzeitig von den Bewegungen der schwedischen Truppen Meldung erhalten hatte, gab alle vorgeschobenen Posten sofort auf und konzentrierte sein Detachement bei Malchin. Während das Freiregiment Hordt unter Oberstlieutenant von der Goltz - 700 Gewehre mit 5 Kanonen - die Stadt besetzte, nahmen die Husaren eine Aufnahmestellung hinter der Stadt.

Die Schweden griffen Malchin von 3 Seiten zugleich an und nahmen die Stadt nach hartnäckigem Kampfe. Der Oberstlieutenant Goltz zog sich, aufgenommen von der Cavallerie, auf der Warener Straße zurück, verfolgt von den Schweden, welche Basedow besetzten. Aber schon nach 2 Tagen - 24. Januar - bewog der Oberst Belling durch einen heftigen Angriff den Oberstlieutenant Sprengporten, letzteren Ort wieder aufzugeben und sich auf die Besetzung Malchins zu beschränken.

Um den Feind auch von hier zu vertreiben, begann der Oberst nach seiner alten Kriegsweise die rückwärtigen Verbindungen des Feindes zu bedrohen. Zu dem Ende ließ er das 1. Bataillon Hordt bei Basedow stehen und schickte dem Major von Zülow - am 25. - mit 3 Eskadrons auf dem linken Peene-Ufer dem Feind bei Wendischhagen in den Rücken, während 2 Eskadrons aus Verchen dirigiert wurden, um die Verbindung des Gegners mit Demmin zu unterbrechen; das 2. Bataillon Hordt und 1 Bataillon Husaren unter dem Major von Knobelsdorf folgten dem Major von Zülow über die gefrorenen Gewässer als Rückhalt und wurden bei Gorschendorf postiert.

So war der Oberstlieutenant Sprengporten von allen Seiten umstellt, allerdings nur von so ungenügenden Streitkräften, dass er mit Leichtigkeit im Stande war, die feindlichen Postierungen nach jeder Richtung hin zu durchbrechen. Aber es drohte ihm eine andere Gefahr.

Dem Prinzen von Württemberg waren nach der Eroberung Colbergs die Winterquartiere in Mecklenburg angewiesen worden und er marschierte jetzt über Stettin und Pasewalk heran. Obgleich die Truppenteile seines Corps durch die ungeheuren Anstrengungen und Entbehrungen im Colberger Lager, unter Schnee und Eis und beständigen Kämpfen sehr heruntergekommen und an Kopfzahl so schwach waren, dass einzelne Infanterie-Regimenter nur 300 Mann bei der Fahne zählten, - das ganze Corps war circa 4000 Mann stark mit 26 Geschützen - beschloss der Prinz doch, sich nicht darauf zu beschränken, die Schweden aus Mecklenburg zu vertreiben, sondern dieselben zum Strecken der Waffen zu zwingen.

Zu dem Ende wollte der Prinz mit dem Gros Malchin von Leuschentin her angreifen; eine zweite Kolonne unter dem Oberstlieutenant von Schwerin sollte bei Verchen über die Peene und gegen die Stadt auf dem linken Flussufer vorgehen. Der Oberst Belling endlich, welcher seine Truppen bei der Annäherung des Prinzen auf der Malchin-Neubrandenburger Straße bei Jürgensdorf versammelt hatte, sollte, verstärkt durch das Regiment Lehwaldt, über Basedow vorrücken. Der Angriff war auf den 31. Dezember festgesetzt.

Der Oberstlieutenant Sprengporten hatte am 29. Dezember Meldung von dem Marsch des Obersten Belling auf Jürgensdorf erhalten und erfuhr Tags darauf aus Demmin, dass der Prinz im Anmarsch von Friedland her begriffen sei. Er beschloss, Malchin aufzugeben; da ihm aber der Rückzug über Neukalen frei blieb, so beeilte er seinen Abmarsch nicht, um noch den Rest der in Malchin lagernden Vorräte nach Demmin abzufahren und ordnete für den 31. eine Recognoscirung in der Richtung auf Stavenhagen an. Als aber an diesem Tage die Truppen des Prinzen von Leuschentin her vor Malchin erschienen, marschierte er unverzüglich auf Neukalen ab. Die Tete seiner Marsch-Colonne war bis an die Peenebrücke bei Pisede gelangt, als ihm auch von dort her der Anmarsch des Feindes gemeldet ward. Anstatt sich nun unverzüglich, wie die Umstände es dringend geboten, mit Aufbietung aller Kräfte den Weg nach Neukalen zu öffnen, ging er nach Malchin zurück, um sich dort bis zum Einbruch der Dunkelheit zu behaupten und dann während der Nacht nach Neukalen durchzubrechen. Es gelang ihm auch den mit großer Heftigkeit unternommenen Angriff des Prinzen abzuweisen, als aber auch der Oberstlieutenant Schwerin herangerückt war und sich in den Besitz der Peenebrücke bei Pisede gesetzt hatte, gab er den Gedanken an den Rückzug gänzlich auf und beschloss, sich bis zum Eintreffen von Entsatz bis auf das Äußerste zu wehren.

Nach einer heftigen Beschießung während der Nacht ging die preußische Infanterie - am 1. Januar 1762 - von neuem zum Angriff vor, wurde aber wiederum mit großem Verlust abgewiesen. Infolgedessen sah der Prinz von einem weiteren Sturm auf die Stadt ab und beschränkte sich darauf, dieselbe zu cerniren. Den Oberbefehl auf dem linken Peene-Ufer übernahm der Oberst Belling; er hatte hier die 4 Bataillone des Oberstlieutenants Schwerin, das Freiregiment Hordt und sein Husaren-Regiment zur Disposition.

Als der General Ehrenswärd Nachricht von dem Anmarsch des Prinzen von Württemberg erhalten, hatte er das Detachement des Oberstlieutenants Carnal bei Demmin auf 5 Bataillone und 600 Husaren – 2.000 Mann verstärkt und diese Truppen als Avantgarde über Dargun nach Malchin ausbrechen lassen; er selbst folgte mit einem größeren Truppencorps.

Der Oberst Belling erfuhr die Annäherung der schwedischen Truppen frühzeitig durch seine Patrouillen. Rasch entschlossen ging er ihnen mit 3 Bataillonen und der Cavallerie bis zum Abschnitt von Neukalen entgegen - am 2. Januar -; 2 Bataillone ließ er an der Peenebrücke bei Pisede stehen, um einem etwaigen Vorbrechen des Feindes aus Malchin zu begegnen. Es kam zu einem sehr heftigen Gefecht bei Neukalen, welches dem Obersten die Hälfte seiner Infanterie kostete und ihn zum Rückzug auf das rechte Peene-Ufer über Wendischhagen nötigte. Zwei Zwölfpfünder, deren Bespannung getötet war, mußte er in den Händen des Feindes lassen.

In Malchin hatte man von dem Gefecht bei Neukalen nichts erfahren. Der Oberstlieutenant Sprengporten ließ, da er nicht angegriffen wurde - am 2. Januar -, nach allen Richtungen hin recognosciren, fand aber überall die Preußen in ihren Stellungen. Am Nachmittag ging die Meldung ein, dass die preußischen Truppen von der Peenebrücke auf Wendischhagen abzögen und am Abend zog der General Ehrenswärd in Malchin ein.

Was hierauf von Seiten der schwedischen Heeresleitung geschah, würde uns ganz unbegreiflich erscheinen, wenn uns nicht die völlig planlose Kriegsführung derselben in den Feldzügen der letzten 4 Jahre vor Augen stände.

Der Herzog von Mecklenburg hatte sofort - am 4. Januar - dem Oberstlieutenant von Plessen ein Gratulationsschreiben, in warmen Ausdrücken verfasst, für den schwedischen Oberbefehlshaber übersandt, aber auch die Bitte hinzugefügt, der General möge nun auch nach dem glänzenden Siege bei Malchin eine solche Stellung in Mecklenburg beibehalten, dass er das Land gegen alle preußischen Gewalttätigkeiten schützen könne. Für den Oberstlieutenant Sprengporten1) wurde ein Wechsel auf 2.000 Thaler mitgesandt, weil ihm der Herzog den Aufenthalt während seiner Einschließung in Malchin nicht durch Tafelgelder und andere Ergötzlichkeiten habe angenehm machen können. Außerdem wurde die Kammer angewiesen, dem jedesmaligen Befehlshaber der schwedischen Truppen in den mecklenburgischen Landen soviel Tafelgelder auszuzahlen, als der Oberst Belling bisher für seine Person aus den herzoglichen Domainen in Anspruch genommen hatte, d. h. 1.000 Thaler die Woche. Man sah in Schwerin die Dinge im rosigsten Lichte an; Plessen sollte den General Ehrenswärd fragen, wieviel Truppen er in Mecklenburg zu lassen gedächte, um nach Möglichkeit für deren gute Verpflegung sorgen zu können und ihn ersuchen, die Preußen aus Parchim, wo dieselben ihr Rekruten- und Remonte-Depot hatten, zu vertreiben; auch in strategischer Hinsicht wussten die mecklenburgischen Minister guten Rat zu geben, indem sie dem General empfahlen, eine Zentralstellung an der Tollense zwischen Anklam und Waren mit dem Gros der Armee einzunehmen.

1) Ein Bruder desselben war bei Malchin gefallen.

In alle diese Pläne und Hoffnungen traf wie ein Donnerschlag die Meldung des Oberstlieutenants von Plessen, dass der General Ehrenswärd „der Kälte und des eingetretenen Regenwetters wegen“ den Rückzug nach Pommern antreten werde. Am 6. Januar rückte die schwedische Armee über Demmin in die Winterquartiere ab.

Der Prinz von Württemberg schien auch nichts Anderes zu erwarten, denn als am Tage nach dem Gefecht von Neukalen und auch am folgenden Tage kein Angriff des Feindes erfolgte, ging er am 5. Januar, unbekümmert um die 10.000 Schweden, welche jetzt bei Malchin konzentriert waren, in die Winterquartiere und nahm sein Hauptquartier in Rostock. Der Oberst Belling blieb zur Beobachtung des Feindes bei Teterow stehen; nach dem Abzuge des Letzteren ging er nach Dargun und sein Detachement bildete die Vorposten von Anklam bis Ribnitz.

Ganz Mecklenburg war wiederum in der Gewalt der preußischen Befehlshaber. Die Regimenter des Prinzen breiteten sich nach Gefallen im Lande aus und bezogen zu ihrer größeren Bequemlichkeit und besseren Verpflegung weite Cantonnements-Quartiere. Die Mannschaften befanden sich in sehr schlechtem Zustande; lange Wagen-Kolonnen mit Kranken und Verwundeten folgten den Truppen, welche in zerlumpten Montirungen, bleich und abgemagert die deutlichen Spuren der in dem Lager bei Colberg ausgehaltenen Strapazen an sich trugen. Die beiden stärksten Regimenter waren zusammen 1.500 Mann stark und standen in Güstrow; die Mehrzahl der Regimenter hatte jedoch nur 300 Mann bei der Fahne, das Freibataillon Courbière sogar nur 150; am schlimmsten hatte bei dem untätigen Leben im Lager die Cavallerie gelitten.

Der Herzog hatte sich bereits am 10. Januar mit seinem Hofe nach Lübeck begeben und setzte von dort aus alle Hebel in Bewegung, um die schwedische Armee zur Wiederaufnahme der Feindseligkeiten zu bewegen. Aber so oft der Oberstlieutenant Plessen Schritte in diesem Sinne beim General Ehrenswärd tat, stets erhielt er dieselbe Antwort, er könne ohne die Befehle seiner Regierung nicht handeln; sodass die mecklenburgische Regierung ihren Gesandten in Stockholm beauftragte, dieserhalb Schritte beim Grafen Eckebladt zu tun. Ganz erstaunt erwiderte dieser, er begriffe den General Ehrenswärd nicht, derselbe habe plein pouvoir die Operationen wieder aufzunehmen, wann und wie es ihm gut dünke. Als Letzterem diese Antwort durch Plessen mitgeteilt wurde, wurde der General sehr heftig und behauptete, er habe in Mecklenburg nicht einmal gegen bare Bezahlung Subsistenzmittel für seine Truppen erhalten können; man sah deutlich, er wollte nicht helfen.

Indignirt bat Plessen um seine Abberufung; „der General Ehrenswärd ist ein Mann“, schrieb er, „der ein böses Herz hat und dem es platterdings an aller Resolution fehlt.“ Anfang April wurde er angewiesen, unter dem Vorwand der bevorstehenden Exercierzeit sich zu seinem Regiment nach Putbus zu begeben und nur alle 14 Tage nach Stralsund zu reisen, um von dort aus Bericht zu erstatten.

Die Mission der Capitains von Rosenberg und von Mecklenburg in das russische Hauptquartier war gänzlich erfolglos verlaufen. Der Tod der Kaiserin Elisabeth hatte die Verhältnisse dort vollständig verändert. Als die beiden Offiziere Ende Januar 1762 in Cöslin eintrafen, war der General Romanzoff zu einer militärischen Beratung nach Petersburg gerufen worden. Der ihn vertretende Fürst Wolkowsky empfing die Herrn sehr artig, aber alle Versuche derselben, Verhandlungen anzuknüpfen, scheiterten vollständig. Sehr niedergeschlagen meldete dies der Capitain von Mecklenburg seiner Regierung; militärische Hülfe sei bei dem jetzigen Regierungssystem von Russland überall nicht zu erwarten, übrigens wisse auch im ganzen russischen Hauptquartier kaum ein Einziger, dass das Land Mecklenburg überhaupt in der Welt existiere. Ende März schickte dann der Fürst einen Adjutanten mit dem Auftrage, den beiden militärischen Diplomaten zu sagen, seine Majestät der Kaiser wolle keine fremde „Volontairs“ bei der Armee mehr dulden und ließ ihnen eine glückliche Reise wünschen.

Mecklenburg hatte während des Unglücksjahres 1761 durch die Kontributionen und Lieferungen, und besonders durch die mit großer Härte ausgeführten Exekutionen mehr. gelitten, als in den bisherigen Kriegsjahren zusammengenommen. Während sich die Gesamtschäden Mecklenburgs in den Jahren 1758, 59 und 60 auf 3.822.841 Thaler beliefen, kostete das eine Jahr 1761 dem Lande die ungeheure Summe von 4.341.991 Thalern und zwar an barem Gelde 1.339.679 und an Lieferungen 3.002.312 Thaler. Als Rekruten wurden in diesem Jahre 546 Personen gewaltsam ausgehoben.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg und der 7jährige Krieg