Sülz

Die Stadt Sülz, in dem Kniee des Reknitzflusses, liegt an dem von der Trebel und Reknitz gebildeten, großen, wiesen- und torfreichen Thale, welches Meklenburg von Schwedisch-Pommern (in alter Zeit: Festland Rügen) Scheidet und an mehreren Stellen Salzquellen hat. Von allen meklenburgischen Salzquellen ist die sülzer bei weitem die reichste und älteste, ist seit uralter Zeit immer benutzt worden und hat der Stadt ihre Entstehung gegeben, wie sie auch ihren Namen von der Salzquelle trägt, denn alle an Salzquellen gelegenen Orte in Meklenburg heißen Sülz oder Suiten, da hier Salzquelle oder Salzwerk durch das Wort Sülte oder Sülze bezeichnet wird.

Die Salzquellen von Sülz werden seit den allerältesten Zeiten benutzt worden sein, selbst als noch keine Stadt bei denselben stand. Ein viel älterer Ort als die Stadt Sülz ist das eine Meile von derselben gelegene Städtchen Marlow, welches schon im 12. Jahrhundert neben einer alten fürstlichen Burg bestand, auf welcher fürstliche Vögte und Burgmänner die Gegend verwalteten. Daher wird das Salzwerk zu Sülz das 13. Jahrhundert hindurch gewöhnlich die Saline bei Marlow genannt. Im J. 1243 wird die Saline in Urkunden zuerst genannt, als das Kloster Doberan Besitzungen in derselben erhielt; im J. 1252 erhielt auch das Kloster Dargun ähnliche Gerechtigkeiten. Schon im J. 1262 waren die Stadt und die Saline vollständig geordnet, da in diesem Jahre zuerst der Magistrat genannt und die Einrichtung der Saline ziemlich genau beschrieben wird. Eine sichere Regelung erhielt die Stadt durch die Verleihung des lübischen Rechts, welches ihr die Fürsten von Rostock, in deren Gebiete sie lag, wiederholt, z. B. 1277 und 1298, bestätigten. Das Jahr 1298 war überhaupt für Sülz eines der wichtigsten, welche die Stadt erlebt hat; am 21. Sept. d. J. verlieh ihr nämlich der Fürst Nicolaus von Rostock das Eigenthumsrecht des Dorfes Symen, welches sie gekauft hatte, machte ihr jedoch die Ummauerung und Umwallung der Stadt zur Pflicht, versprach ferner, für einen Kanal (den ,,Moorgraben“) zwischen der Reknitz und der Trebel und für einen Landweg durch das Salzmoor zwischen Sülz und Triebsees zu sorgen, und verlegte das Landgericht (Landding), d. h. den Sitz des fürstlichen Vogtes und des Amtsgerichts, von Marlow nach Sülz. Diese Begnadigungen sind die wahren Lebensbedingungen der Stadt geworden. Die Feldmark Symen, welche unter das lübische Recht der Stadt gelegt war, ward in Erben unter die angesessenen Bürger (die „Symer Erbtheiler) vertheilt, eine Einrichtung, welche zum Theil noch besteht. Das Dorf Redderstorf, welches die Stadt im J. 1326 erwarb, ging im Anfange des 16. Jahrh. an die v. Kardorf und bald darauf an die v. d. Lühe über. Die von der Lühe, welche seit alter Zeit in jenen Gegenden ansässig sind, haben überhaupt großen Einfluß auf die Stadt ausgeübt. Sie waren schon im 14. Jahrh. landesherrliche Vögte zu Sülz und im Pfandbesitze der Saline. Zwar ward die Stadt Sülz, so wie die Stadt Marlow, im J. 1371 an das Bisthum Schwerin verpfändet, um die Stadt von den von Dewitz und wahrscheinlich auch die Saline von den von der Luhe einzulösen; aber nach langen Streitigkeiten zwischen den Bischöfen und den Herzogen, während welcher diese die Stadt und die Saline wieder erlangten, verpfändeten die Herzöge im J. 1448 wieder an die von der Luhe die Städte und Länder Sülz und Marlow und bekräftigten ihnen im J. 1450 den erblichen Pfandbesitz, in welchem sie sich bis zum J. 1768 behaupteten.


Die Saline war seit alter Zeit im Besitze verschiedener Herren und daher nicht besonders gut verwaltet. Eine bessere Zeit für dieses wichtige Werk begann im J. 1744, als der meklenburgische Oberhofmeister von Vieregge auf Rossewitz, der nachmalige kurhessische Minister Freiherr Waitz von Eschen zu Cassel und der Cammerrath und Salinedirigent Koch zu Nauheim zusammen die fürstlichen Antheile an der Saline in Pacht nahmen und einen Sohn des Cammerraths Koch zum Verwalter der Saline bestellten. Der Oberhofmeister von Vieregge schied bald aus; dagegen blieben die Familien Waitz und Koch bis Johannis 1816 in dem Besitze der Pachtung. Viel ward im Laufe dieser Pachtzeit für die Saline gethan und der Flor, dessen sich die Saline jetzt erfreut, stammt aus jener Zeit. Zunächst wurden alle einzelnen Pfannenbesitzer ausgekauft, und bald war das ganze Werk unter Einen Herrn vereinigt: noch vor Ablauf eines Jahres war die Saline im Besitze der Landesherrschaft. Daraus wurden die alten Brunnen gereinigt und neue Brunnen gegraben, neue große Gradirhäuser angelegt, Mühlen und andere Bewegungswerke angelegt, wichtige Grundstücke erworben, kurz, alles für einen regelrechten Betrieb des Werkes geschaffen, so daß die Saline ein so wichtiges Werk ward, daß sie in den J. 1807 bis 1813 das ganze Land mit Salz versorgen konnte. Im J. 1816 ging die Saline in fürstlichen Besitz zur Admmistration der Cammer über unter der Verwaltung eines eigenen Salinenamts. Seit dieser Zeit ward das Werk wieder bedenkend vergrößert und verbessert und mit wichtigen Erwerbungen vermehrt.

Durch die Erkenntniß der Wichtigkeit der Bäder angeregt, ward durch den hochseligen Großherzog Friederich Franz, unter der Leitung des Geheimen-Medicinal-Raths Vogel, des Gründers des Seebades Doberan, im J. 1822 zu Sülz ein Soolbad gegründet und stattlich ausgerichtet; leider hat es bis jetzt noch nicht die verdiente Beachtung gefunden, obgleich es für viele Krankheitsformen heilbringend und kräftig ist.

Eine im J. 1828 gegründete chemische Fabrik mußte wegen des großen Aufschwunges anderer großen Werke ähnlicher Art bald wieder eingehen, da sie nicht so niedrige Preise, wie andere Anstalten, halten konnte und nicht günstig für den Absatz lag.

Die Saline aber, welche das ganze Land mit Salz versorgen kann, und die einzige im Betrieb begriffene und zugleich die reichste Salzquelle im Lande besitzt, geht ihrer Vervollkommnung immer mehr entgegen. Hat auch die kleine Stadt ausreichende und fruchtbare Besitzungen aller Art, so wird ihr doch fortwährend ein großer Theil ihres Verkehrs und Wohlstandes durch die Saline zugeführt, so daß sie sich in diesem Jahrhundert mit der Saline immer mehr vergrößert und verschönert hat.

Auf unserem Bilde, welches von der Windmühle aus aufgenommen, sehen wir links die Stadt und rechts die Saline von der Reknitz.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg in Bildern 1845