Röbeln

Die Stadt Röbeln an einer Bucht des großen Müritz-Sees, in einer angenehmen Landschaft, an den Straßen von dem südöstlichsten Theile von Meklenburg-Schwerin nach der Mark Brandenburg gelegen, ist ein sehr alter Ort, welcher im Mittelalter eine nicht unbedeutende Stelle eingenommen hat. Durch die ganze Gesschichte der Stadt geht bezeichnend die Eintheilung derselben in die Altstadt und die Neustadt, welche durch eine Niederung geschieden werden; die ganze Stadt ist in die Länge gebauet und stellt sich hiedurch, durch ihre Lage und ihre beiden Kirchen ganz ansehnlich und malerisch dar. Diese Theilung der Stadt in zwei Theile hat einen uralten geschichtlichen Grund, indem der südliche Theil (die Neustadt) zum Lande Vipperow, der nördliche Theil (die Altstadt) zum Lande Röbel gehörte; daher ging auch die Gränze der Bisthümer Havelberg und Schwerin mitten durch die Stadt, denn zu jenem gehörte die Neustadt, zu diesem die Altstadt.

Die Stadt, wegen der umherliegenden bedeutenden Gewässer an einem nicht unwichtigen Straßenzuge liegend, wird schon zu den wendischen Zeiten eine fürstliche Burg gehabt haben; wahrscheinlich ist die steile Höhe, aus welcher die altstädtische Kirche steht, links auf unserm Bilde, der alte Burgwall, und daher wird auch dieser Theil der Stadt der älteste und die Altstadt genannt sein.


Die Altstadt ward von dem Fürsten Heinrich Borwin u. (1218–1226) gegründet: ihr ältestes Privilegium ist vom J. 1226. Sehr bald darauf ward auch die Neustadt angelegt. Bei der ersten Landestheilung vom J. 1229 fiel Röbel dem Fürstenhause Werle zu; im J. 1261 gab der Fürst Nicolaus I. von Werle, um die Stiftung seines Vaters Heinrich Borwin zu vollenden, der Neustadt die schriftliche Ausfertigung des schwerinschen Rechts.

Im 13. Jahrhundert war Röbel eine beliebte Residenz der Landesherren. Sehr häufig erscheinen die Fürsten seit dem J. 1227 zu Röbel und treten die Burgmänner und der ritterliche Vogt von Röbel in ihrem Gefolge auf. Bis in das 14. Jahrhundert stand zu Röbel ein fürstliches Residenzsschloß.

Vorzüglich hervorragend waren aber die geistlichen Verhältnisse. Jeder Stadttheil hatte früher, wie noch heute, eine eigene Kirche; beide sind sehr alt und in schönenl Styl und sehr tüchtig bei der Grundung der Stadt erbauet. In jedem Stadttheile residirte ein bischöflicher Stellvertreter, Archidiakonus oder Propst, in der Altstadt für den Bischof von Schwerin, in der Neustadt für den Bischof von Havelberg. Dazu hatte die Stadt im 13. Jahrh. zwei Klöster. Seit den frühesten Zeiten bestand in der Neustadt ein Nonnenkloster des Angustiner-Ordens. Im J. 1285 ward in der Altstadt ein Dominikaner-Mönchskloster gestiftet. Da aber das Nonnenkloster arm war und zwei Klöster, außer der zahlreichen Geistlichkeit, für die kleine Stadt zu viel waren, so ward das Nonnenkloster im J. 1298 nach Alt-Malchow verlegt, wo es noch heute besteht, und den Dominikanern der Nonnenhof auf der Neustadt, in der Nähe der Stadtmauer, angewiesen. Dieses Mönchskloster ward erst zur Zeit der Reformation aufgehoben und seit dem J. 1568 nach und nach abgebrochen; die Steine wurden zum Theile zum Bau in Wredenhagen verwandt, die Chorstühle der Kirche wurden in den Chor der neustädter Kirche versetzt, wo sie noch heute stehen. Ferner hatte das Kloster Dobbertin für seine in der Nahe der Müritz gelegenen Güter einen Verwalter in Röbel wohnen, welcher hier neben dem Dominikanerkloster einen Hof mit Haus und Speichern hatte; wegen der Beschaffenheit mehrerer dieser Güter ward derselbe, im Gegensatze zu den beiden andern Pröpsten zu Röbeh Sandpropst genannt, woher denn die Güter selbst den Namen Sandpropstei erhielten. Endlich hatte die Stadt noch ein St. Georgen-Hospital mit einer Kapelle, ein Hospital zum Heiligen Geist (seit 1298), wahrscheinlich ebenfalls mit einer Kapelle, eine Brüderschaft, zwei Altäre zu Mirow in der Kirche der Johanniterritter, mit denen die Stadt in vielfachem Verkehr stand, und andere geistliche Stiftungen.

Ein so sehr bewegtes geistliches Leben ward ohne Zweifel durch die Beförderung der fürstlichen Familie hervorgerufen; wenn Röbel auch keine Hauptresidenz ward, so war es doch öfter fürstlicher Wittwensitz. Namentlich residirte hier an 20 Jahre des werleschen Fürsten Johann I. einflußreiche Wittwe Sophia, aus dem nahen landesherrlichen Hause Lindow-Ruppin, welche sich hier mit einem großen geistlichen Hofstaate umgab und zwei ihrer Söhne, Bernhard und Heinrich, in das dortige Dominikanerkloster schickte und mit diesen hier begraben ward; auch Nicolaus II. Gemahlin Richenza, Princessin von Dänemark, welche jedoch vor dem Gemahle starb (1308), hatte Röbel zum Leibgedinge. Unter diesen Verhältnissen wandten sich auch viele ritterliche Familien nach Röbel, welche bei der neustädter Kirche wohnten, wie die von Morin, welche auch Geistliche zu den röbelschen Pfründen stellten, und die von Buno, und außerdem wohnten auf der Altstadt die ritterlichen Burgmänner.

Bald trat Röbel jedoch gegen die mehr aufstrebenden werlesschen Residenzen Güstrow und Parchim, und später Goldberg, in den Hintergrund. Zwar schien der Stadt noch ein Mal das Glück lächeln zu wollen, als im J. 1347 die Brüder der werle-güstrowsschen Linie, Nicolaus und Bernhard, die Länder theilten und dem letztern Röbel, Wredenhagen, Waren und Penzlin zufielen; aber Bernhard wandte sich mehr nach Waren und begünstigte Wredenhagen in der Nähe von Röbel. Endlich verpfändete Bernhard im J. 1362 Land und Stadt Röbel an den Herzog Albrecht von Meklenburg, welcher sich verpflichtete, ein fürstliches Haus in der Stadt zu erbauen; Albrecht aber verpfändete im J. 1368 Schloß, Stadt und Land Röbel an die von Flotow auf Stur, welche im Mittelalter in diesen Gegenden das angesehenste und reichste Rittergeschlecht bildeten und seit 1354 auch in dem Pfandbesitze des angrenzenden Landes Malchow waren. Seit dieser Zeit scheint die politissche Rolle Röbels aufgehört zu haben, sicher seit dem Aussterben des werlesschen Fürstenhauses i. J. 1436.

Durch eine beträchtliche und fruchtbare Feldmark, welche in den guten Zeiten erworben und vergrößert ward, hat sich die freundliche Stadt immer eines gewissen Wohlstandes erfreut. Im J. 1274 erwarb die Neustadt jenseit der Müritz den „Düstern Wold“, später ,,Röbelschen Wold“ genannt, welcher in den neuesten Zeiten an das angrenzende Gut Speck veräußert ist; in den J. 1284 und 1288 erwarb die Neustadt 19 Hufen in dem südlich an die Feldmark grenzenden, schon früh untergegangenen Dorfe Kuskow.

Auf unserm Bilde sehen wir die Stadt in ihrer Längenausdehnung, links die hoch liegende altstädter Kirche, rechts die tiefer liegende neustädter Kirche mit ihrem 235 Fuß hohen, atten Thurme.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg in Bildern 1845