Penzlin

Die Stadt Waren ist durch ihren Verkehr eine der bedeutendsten Landstädte Meklenburgs, obgleich sie nicht sehr groß ist und ungefähr 5.000 Einwohner zählt. Ihre Bedeutsamkeit hat sie ohne Zweifel ihrer Lage zu verdanken, indem sie am nördlichen Ende des großen Müritz-Sees und dadurch am Anfange der großen Wasserverbindung der bis in die Elbe reichenden Eldegewässer, der bedeutendsten Wasserverbindung Meklenburgs, liegt und hinter sich eine weite Landschaft hat, welche zu den fruchtbarsten und reichsten Meklenburgs gehört. Sobald Waren seine Lage erkennt und benutzt, wird es immer blühend sein. Daher ist es auch seit alter Zeit immer Ziel des Strebens gewesen, theils die Eldengewässer zur Schifffahrt zu ordnen, theils eine Wasserverbindung zwischen der Müritz und den Havelgewässern herzustellen, durch welche Waren in die Mitte zwischen die beiden wichtigen Flußsysteme zu stehen kommt. Schon vor dem J. 1273 hatte der edle Fürst Nicolaus I. von Werle bei Bök einen Kanal von der Müritz nach den Seen der Havelverbindungen graben lassen; es ward derselbe jedoch schon nach hundert Jahren der Böker Mühlengraben genannt. Jedoch ist vor ungefähr zehn Jahren ganz in der Nähe dieses alten Kanals, bei der Boldter Mühle, ein neuer Kanal gegraben. An der Eldenschiffahrt ward schon im 16. Jahrh. mächtig gearbeitet; sie ist in tinfern Zeiten vollendet. Ja seit dem J. 1845 geht ein in Plau erbauetes Dampfschiff von Plau in die Müritz!

Die Zeit der Entstehung der Stadt ist dunkel, da ihre Original-Urkunden Verbrannt sind. Der Ort ist wahrscheinlich uralt, da sein Name an den des alten Volks der Warner erinnert. In den noch vorhandenen Urkunden wird die deutsche Stadt zuerst im J. 1271 erwähnt, als der Fürst Nicolaus von Werle ihr den dritten Theil der Gerichtsbarkeit und andere Freiheiten verlieh. Dann wird die Kirche genannt, als im J. 1273 deren Patronat dem Kloster Broda verliehen ward, welches in der Nähe von Waren mehrere Besitzungen hatte. Diese St. Georgen-Kirche auf der Altstadt, die eigentliche Pfarrkirche der Stadt, giebt aber den Beiveis, daß die Stadt noch in der ersten Hälfte des 13. Jahrh., etwa zwischen 1220 und 1240, gegründet sei, indem sie einen kleinen viereckigen Chor im Uebergangsstyl mit Rundbogenverzierungen besitzt, eine Bauweise, welche der ersten Hälfte des 13. Jahrh. eigenthümlich ist. Eine bedeutendere Rolle spielt die Stadt seit dem J. 1292, als sie sich gegen die werleschen Vatermörder erklärte und ihre Erklärung durch Kraft in mehreren Belagerungen behauptete. Damals muß sie schon stark befestigt gewesen sein und eine fürstliche Burg gehabt haben. Die fürstliche Burg lag dicht an der Stadt, neben der jetzigen Marienkirche und der Burgstraße; die Marienkirche war in alten Zeiten Burgkapelle, genannt zu St. Marien, und um die Burg bildete sich schon früh eine Neustadt. Nach mehreren Eigenthümlichkeiten im Bau wird auch diese oft ausgebrannte und schlecht hergestellte Kirche in oder schon vor der Mitte des 13. Jahrh. erbauet worden sein. Die Burg selbst aber war im J. 1458 so zerfallen, daß sie dieser Kirche geschenkt ward. Schon seit dem 13. Jahrh. hatte auch einer der sechs Archidiakone des Bischofs von Schwerin seinen Sitz zu Waren. Im J. 1292 erhielt die Stadt ihre Feldmark und deren Grenzen bestätigt.


Zur großen Blüthe gelangte Waren jedoch seit dem J. 1347, als die Fürsten von Werle-Güstrow ihre Länder theilten und der Fürst Bernhard seine Residenz zu Waren nahm und dadurch eine eigene werle-warensche Linie stiftete, welche das 14. Jahrh. hindurch zu Waren wohnte.

Durch das Aussterben des fürstlichen Hauses Werle im J. 1436 verlor Waren allerdings viel. In den Zeiten der neuern Geschichte litt es bedeutend, indem es 1568 und 1671 gänzlich abbrannte und im dreißigjährigen Kriege wiederholt stark heimgesucht ward. Am 1. Nov. 1806 fiel in der Stadt ein bekanntes Gefecht zwischen Blücher und den nacheilenden Franzosen vor.

Dennoch hat die Stadt sich bald wieder gehoben; sie hat in alter Zeit die Gunst der Umstände benutzt und sehr bedeutende Güterbesitzungen und Gerechtigkeit erworben, so daß sie eine der größten Stadtfeldmarken im Lande mit vielen kleinen Ortschaften besitzt.

Den bedeutendsten Gewinn hat die Stadt aber in den neuesten Zeiten aus der Erkenntniß und Benutzung seiner Lage und einem bedeutenden hierauf gegründeten Handelsverkehr gezogen. An der Müritz ist ein tüchtiger Uferdamm gebauet, auf demselben steht eine Reihe großer Speicher und Fabriken mit Dampfmaschinen, so daß diese ganze Einrichtung ein wahrhaft großstädtisches Anehen hat, welches das Aeußere mancher kleinen Seestadt verdunkelt.

Auf unserem Bilde sehen wir die Stadt mit ihrem Hafen, an welchem die Speicher und Fabriken liegen, und links die St. Georgen- Kirche auf der Altstadt, rechts die St. Marien-Kirche auf der Neustadt.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg in Bildern 1845