Neukloster

Bald nach der Beruhigung und Bekehrung des Obotritenlandes waren in demselben zwei Klöster des Cistercienser-Ordens gestistet: das Mönchskloster Doberan zu Althof (1170) von dem Fürsten Pribislav durch die Bemühung des Bischofs Berno von Schwerin und ein Nonnenkloster bei Bützow, (vor 1178) von dem Bischofe Berno. Beide wurden von den Wenden in dem Aufstande nach dem Tode Pribislavs (30. Dec. 1178) wieder zerstört. Das Mönchskloster Doberan ward im J. 1186 von Pribislavs Sohne Borwin zu Doberan wieder hergestellt, das vom Bischofe Berno in dessen Lande gestiftete Nonnenkloster im J. 1233 von dem Bischöfe Brunward zu Rühn in der Nähe von Bützow wieder aufgerichtet. Nicht lange nach der ersten Stiftung dieser beiden Klöster war auch von den Landesherren, entweder noch von Pribislav, oder was glaublicher ist, von Borwin I., ein Nonnenkloster Cistercienser-Ordens gestiftet; denn Ueberlieferungen setzen die Zeit der Stiftung in das J. 1211. So viel ist aber gewiß, daß mehrere Jahre vor 1219 dieses Kloster zuerst zu Parkow bei Westenbrügge, in der Nähe von Bukow, gegründet ward. Noch jetzt heißt seit alter Zeit eine von Moor rings umgebene Erhöhung in einer Thalsenkung auf dem Felde von Parkow, ganz nahe bei Westenbrügge: „auf dem Kloster“, und ein Bach, der dieselbe bespült: „der Klosterbach“. Ohne Zweifel ist diese Erhöhung, wenigstens zum Theil, ein künstlicher Wall und höchst wahrscheinlich eine Burg oder ein Tempelheiligthum der Wenden, da die ältesten Klöster in den Wendenländern gewöhnlich aus heidnischen Tempelstätten oder Burgen errichtet wurden; denn das wendische Wort Parkow bedeutet: Lichtfeld oder Sonnenfeld. Auch neben dem alten Kloster zu Bützow liegt ein Ort Parkow.

Sei es nun, daß auch das Kloster zu Parkow von den Wenden zerstört worden, sei es, daß die Lage des Klosters zu Parkow, wie gewöhnlich der wendischen Burgen, zu beschränkt und ungünstig war, namentlich, da es hier an Gewässern fehlt, sei es, daß für den Flor des Klosters in der Nähe nicht Grundbesitz genug zur Verfügung stand: der Fürst Borwin I. verpflanzte das Kloster an einen anderen Ort. Im J. 1219 nämlich verlegte der Fürst Borwin I., unter Zustimmung seiner Gemahlin Adelheid und seiner Söhne Heinrich und Nicolaus, dasselbe nach seinem Erbgute Kussin und gab dem Kloster und dem Orte den alten Namen des Klosters: Sonnenkamp oder Sonnenfeld, als deutsche Uebersetzung des wendischen Namens Parkow; gewöhnlich aber ward es das Neue Kloster Parkow (oder Sonnenkamp) geheißen, woher denn das Kloster schon bald nach der Stiftung und hundert Jahre später allein das Neue Kloster oder Neukloster genannt ward. Wahrsscheinlich wurden alle Ueberlieferungen von dem alten Kloster aus das neue übertragen; denn seit uralter Zeit liegt neben dem Kloster Neukloster der Sonnenberg und ihm gegenüber ein Düsterberg. Der Fürst schenkte zur Klosterstätte die Domaine Kussin mit den dazu gehörenden Dörfern, welche auch mit Wasser, Wiesen und Wäldern gesegnet war, und legte dazu nicht allein die Güter des alten Klosters Parkow, sondern auch mehrere Dörfer in entfernteren Gegenden, namentlich Brunshaupten mit Fischerei auf der Ostsee, und bewidmete das Kloster mit denselben Rechten, welche das Kloster Doberan besaß. Die ersten Nonnen kamen wahrscheinlich aus dem Kloster Arendsee in der Altmark, welches schon im J. 1215 das Dorf Warkentin (bei Basedow) und den halben warkentiner (malchiller) See geschenkt erhalten hatte; eines der ältesten Dörfer des Klosters Neukloster erhielt wohl daher schon im 13. Jahrh. auch den Namen Arendsee (bei Brunshaupten). Die Stifung ward vollzogen in Gegenwart der fürstlichen Familie, vieler Geistlichen und vieler Edlen aus wendisschen Geschlechtern; es waren also alle Elemente zusammen, welche im Obotritenlande einen neuen Zustand gründen und bilden helfen sollten, und die Stiftung von Neukloster war ohne Zweifel eine wichtige, aussöhnende Handlung beim Anbruch der Morgenröthe einer neuen Zeit. Der Bischof Brunward, als „Nachfolger Berno's, des ersten, der die „Götzen vernichtete“, schenkte bei der Bestätigung dem Kloster von dessen Gütern alle bischöflichen Zehnten, damit das ,,Land des Grauens „und der Wüste bebauet und dem wilden Volke durch den Eintritt „der Gläubigen der Glaube zu Gemüthe gebracht werde.“


So ward das erste Nonnenkloster im Obotritenlande unter besonders günstigen Vorbedeutungen gestiftet und behielt als das älteste und vornehmste im meklenburgischen Wendenlande immer den ersten Rang unter den Nonnenklöstern. Daher mehrte sich durch eigene, kluge Wirthschaft und durch von allen Seiten zuströmende Stiftungen sein Reichthum schnell und bedeutend, so daß es zur Zeit seiner Blüthe nicht allein das neuere Amt Neukloster, sondern auch große Gruppen von Gütern bei Grevismühlen, Goldberg und Bukow, und Brunshaupten und Arendsee besaß.

Wahrscheinlich im Anfange des Monats Angust 1236 wurden durch den Erzbischof Gerhard II. von Bremen, dem Oberhirten des Landes, in Gegenwart der Bischöfe von Schwerin, Ratzeburg und Lübeck, des Abtes von Doberan und des Landesherrn Johann von Meklenburg mit seinen Rittern, Kirche uud Kloster geweihet, da alle diese Personen zu derselben Zeit zu Neukloster versammelt waren.

Die fernere Geschichte des Klosters ist ein beständiger Wachsthum an Gütern, Ansehen, milden Stiftungen und tüchtigen Einrichtungen; das Personal war bedeutend, alle Gebäude und Anstalten Achtung gebietend. Im J. 1516 lebten 54 Nonnen im Kloster.

Die Reformation ging ohne besondere Unruhe an dem Kloster vorüber. Zwar erfuhr es einzelne Einwirkungen derselben, hielt sich aber ohne besondere Aufregung, bis es im J. 1555 aufgehoben ward und die Güter zu den fürstlichen Domainen geschlagen wurden, die in der Nähe des Klosters liegenden Güter als ein eigenes fürstliches Amt Neukloster. Dieses ward mit Wismar durch den westphälischen Frieden im J. 1648 an die Krone Schweden abgetreten, die es so lange besaß, bis es der Herzog Friederich Franz im J. 1803 wieder mit Meklenburg vereinigte.

Der Ort Neukloster, nicht weit von der Stadt Warin, hat immer einige Bedeutung behalten und liegt in langer Ausdehnung neben dem ehemaligen Kloster, auf welchem jetzt ein Pachthof steht. Obgleich nur ein Dorf, hat er über 700 Einwohner , unter denen viele Handwerker, 2 Jahrmärkte und viele gut gebauete Häuser, so daß der Ort viel Verkehr hat, dem Flecken Dargun ähnlich.

Auf unserm Bilde sehen wir den Theil, der das ehemalige Kloster enthält. Die Kirche ist eine freundliche Kreuzkirche, jedoch ohne Seitenschiffe, also auch ohne Pfeilerstellungen. Das Aeußere ist jedoch in hohem Grade schön und tüchtig und die Kirche gehört zu den ausgezeichnetsten Bauwerken des Vaterlandes; sie ist im Uebergangsstyle vom Rundbogen zum Spitzbogen gebauet und hat noch viele Reste des Rundbogenstyls, namentlich ist der Hauptgiebel des südlichen Kreuzschiffes mit seiner Rundbogenpforte und seinen Verzierungen äußerst würdig. Der aus dem Mittelalter stammende Altar ist ein Meisterwerk der Schnitzkunst. Der Glockenthurm, in der Form eines niedrigen Zwingers, steht in der Kirchhofsmauer zwischen der Kirche und dein Wirthschaftshofe. Rechts von der Kirche, in gleicher Richtung mit dieser, steht das eigentliche Klostergebäude mit einem schön verzierten Giebel; wahrscheinlich ist es im Anfange des 15. Jahrh. erbauet. Nach der Reformation diente es öfter als fürstliche Residenz, zur schwedischen Zeit war es „Amtshaus“, jetzt Pächterwohnung; im westlichen Theile des Erdgeschosses liegen die großartigen, gewölbten Räume für Küche, Keller, Brau- und Backhaus des Klosters, wohin das Wasser vom Sonnenberge her durch eine Wasserkunst geleitet ward. Von dem im rechten Winkel daran stoßenden großen, massiven Gebäude, der ,,Brunshaupt“ genannt, steht nur noch der untere Stock. Von den zahlreichen andern Klostergebäuden aus alter Zeit steht wenig mehr, als etwa noch der „kleine Marstall“ mit spitzbogigen Giebeln.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg in Bildern 1844