Abschnitt 2

Gadebusch


Im 14. Jahrhundert war Gadebusch nur Nebenresidenz, jedoch blieb die Burg immer zum fürstlichen Hoflager eingerichtet. Die Zahl der Einwohner und deren Wohlstand mehrte sich, so daß die Kirche am Ende des 14. Jahrhunderts um den hohen Chor erweitert werden mußte und die Stadt im Mittelalter 4 Hospitäler, zu H. Geist, H. Kreuz, S. Georg und S. Gertrud, besaß.


Im 15. Jahrhundert war Gadebusch Leibgedinge und Residenz fürstlicher Wittwen. Der Herzog Albrecht, welcher 1363–1389 König von Schweden war, vermählte sich nach dem Verluste seines Reiches, von welcheln er jedoch fortan den Königstitel führte, und nach Beendigung seiner Gefangenschaft (bis 1395) im J. 1396 mit der Prinzessin Agnes von Braunschweig, welcher er das Land Gadebusch zum Leibgedinge verschrieb; er selbst war gerne in Gadebusch, seitdem er von Schwerin aus ruhig seine Erblande regierte. Als er sein Ende herannahen fühlte, übergab er dem Vogte Hinrich v. Drautem zu Schwerin das Land Gadebusch zur treuen Bewachung, um es nach seinem Tode seiner Gemahlin frei zu überliefern. Nach ihres Gemahls Tode im J. 1412 bezog die Königin sogleich Gadebusch, wo sie schon im J. 1400 das Gertruden-Hospital von Jarmstorf gestiftet hatte. Sie ließ hier eine (am 11. Mai 1423 eingeweihete) Kapelle (Marien-Kapelle) an die Nordseite der Kirche anbauen, an deren zwei Altären drei Geistliche täglich das Andenken an ihren Gemahl und an die verstorbenen Fürsten Meklenburgs feiern sollten. Sie ließ auch ihren Gemahl in dieser Kapelle beisetzen, in welcher sie im J. 1434 selbst ihre Ruhe fand. Noch jetzt steht die Kapelle mit ihrer alten Einrichtung unter dem Namen der Königs-Kapelle. Darauf war Gadebusch Leibgedinge der Herzogin Catharine († 1448), welche sich jedoch wenig auf ihrem Leibgedinge aufhielt. Des Herzogs Heinrich III. Gemahlin Dorothea von Brandenburg, welche ebenfalls Gadebusch zu Leibgedinge hatte, jedoch in den letzten Zeiten ihres Lebens im Kloster Rehna lebte, ward im J. 1491 in der Königs-Kapelle begraben. Auch in den spätern Zeiten waren die Herzoge der Stadt geneigt, und hielten hier im 16. Jahrh. lange Zell hindurch eine Münze. Im J. 1491 war noch ein Thiergarten bei Gadebusch. Nachdem der Herzog Christoph im J. 1569 aus Liefland, nach vielen, leidensreichen und vergeblichen Bemühungen um das Bisthum dieses Landes heimgekehrt war, nahm er von seinem Bisthum Ratzeburg Besitz und erhielt dazu die Aemter Gadebusch und Tempzin. Mit ruhigerm Sinne wandte er sich ganz der Regierung und künstlerisschen und wissensschaftlichen Beschäftigungen zu und ließ sich 1570–1571 durch den Baumeister Christoph Haubitz das Schloß im Styl der Schlösser zu Wismar und Gadebussch erbauen, welches von allen Gebäuden der Burg allein noch auf dem uralten Burgwalle steht und als Amtsgebäude benutzt wird. In dem nordischen Kriege (1700–1720) gelangte Gadebusch zu einer Berühmtheit, die jedoch viele Leiden über die Stadt brachte. Nachdem der kühne König Carl XII. von Schweden in Rußland unterlegen war, faßten seine Feinde die schwedischen Besitzungen in Deutschland ins Auge. Der König Friederich W. von Dänemark rückte selbst mit 24.000 Mann gegen Wismar, ihm folgten die Sachsen und die Russen unter der persönlichen Anführung des Czars Peter d. G. Bald landete der Schwedische General Steinbock bei Stralsund mit 16.000 Mann, besetzte Rostock, entsetzte Wismar und schlug die Dänen am 20. Dec. 1712 bei Gadebusch (und Wakenstädt) mit einem Verluste von 8000 Todten und über 3000 Gefangenen nach Holstein zurück; der König wohnte auf dem Schlosse zu Gadebusch. Daher hört man noch heute den plattdeutschen Sang: ,,Pip, Dän', Pip, din Schonen büst du quit, vör Wismar hest du lange legen, bi Gadebusch hest du Schläge kregen, Pip, Dän', Pip.“

Auf unserm Bilde sehen wir die Stadt von der Schweriner Seite, rechts vor der Stadt auf dem Burgwalle das Schloß und rechts davon die Waldhöhen, in welchen die Bewohner der Stadt jetzt sehr angenehme, viel besuchte Vergnügungsörter haben.

Die Kirche zu Gadebusch.


Die Kirche zu Gadebusch ist eines der merkwürdigsten Gebäude in Meklenburg und in Norddeutschland überhaupt. Die Kirche besteht aus Chor (im Osten) und Schiff (im Westen), beide durchaus ganz verschieden. Der älteste Theil der Kirche ist das Schiff, welches in den ältesten Zeiten allein die Kirche der Stadt bildete; ungefähr am Ende des 14. Jahrhunderts ward die Altarnische der alten Kirche abgebrochen und durch einen neuen Chor ungefähr von der Größe des Schiffes erweitert.

Das jetzige Schiff oder die alte Kirche ist ein Gebäude im reinen Rundbogenstyl, deren 12 Gewölbe, von 6 zierlichen Säulenbündeln getragen, und Oeffnungen im Rundbogen gewölbt sind, mit einer Pforte, einzig in ihrer Art in Meklenburg. Dieser Bau beweiset unwiderleglich, daß diese Kirche in der Zeit der Einführung des Christenthums, also von den Grafen von Ratzeburg, im 12. Jahrhundert erbauet ist. Daher haben auch die Pfarrer von Gadebusch und Vietlübbe, wo ebenfalls eine Rundbogenkirche steht, immer den ersten Rang unter den Pfarrern der Gegend. Die Giebelwand des Thurmes hat ein großes, rundes Fenster, in Form einer Rosette, aus Bronze, das einzige seiner Art in Meklenburg. Der Pforte gegenüber ist die Königs-Kapelle angebauet.

Der Chor der Kirche, am Ende des 14. Jahrhunderts erbauet ist ein gewöhnliches, hohes Gebäude im Spitzbogenstyl, welches von dem Schiffe auf eine auffallende Weise unterschieden ist.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg in Bildern 1844