Abschnitt 2

Bützow


Mit dem Flor des Bisthums hob sich auch die Stadt, welche schon im J. 1302 das angrenzende, bald ausgehobene Dorf Zarnin von dem Ritter Johann von Zarnin zur Stadtfeldmark erworben und sonst ihren Besitz vielfach vergrößert hatte.


Der Bischof Nicolaus I. Böddeker (1444–1457) bauete die bischöflichen Schlösser Bützow und Warin aus und führte neue Gebäude auf denselben auf und der verdienstvolle Bischof Conrad Loste (1482–1503) that sehr viel uud mancherlei für die Ordnung und Schmückung der bischöflichen Besitzungen.

Der Katholicismus hielt sich in Bützow ungewöhnlich lange. Noch im J. 1529 ward ein Fest der Dornenkrone Christi, von welcher ein Stück in der Kirche aufbewahrt ward, mit öffentlichen Processionen gestiftet. Der letzte Bischof Magnus (1516–1550), Herzog von Meklenburg, ein Mann von Klarheit und Gelehrsamkeit, konnte nach dem selbstständigen Antritte seiner Stiftsregierung im J. 1532 den Aberglauben nicht ausrotten, obgleich er mit dem besten Beispiele voranging, mit dem alten Glauben die geistliche Kleidung ablegte und sich im J. 1543 vermählte. Im J. 1535 hatten die Bürger zwar schon einen evangelischen Prädicanten Namens Christian (oder "Kersten“), welcher aber nur außerhalb der Stadt im Freien predigen durfte. Das Capitel bestand mit allen Formen und Gebräuchen noch im J. 1542, und trotz der ernstesten Ermahnungen an die Domherren war noch im J. 1544 keine Aenderung erfolgt. Erst nach und nach legten die Domherren die katholischen Formen ab, bis der Herzog Ulrich im J. 1550 das Stift erhielt und dem Unwesen ein Ende machte. Der wackere Herzog Ulrich und seine edle Gemahlin Elisabeth, Prinzessin von Dänemark, des bischöflichen Herzogs Magnus Wittwe, thaten sehr viel für die Kirchen, Schulen und milden Anstalten ihrer Herrschaft; der Herzog hatte auch die bischöfliche Residenz ausgebauet, welche er in den ersten Jahren, bis zu seiner Vermählung, bewohnt hatte. Der vorletzte Bisthumsverwalter, der Prinz Ulrich von Dänemark (†1624), des Herzogs Ulrich Enkel, war um die Hebung des Stiftes Bützow sehr bemüht; nachdem aber sein Nachfolger Ulrich III., Prinz von Dänemark, vor Wallensteins Gewalt hatte weichen müssen, erlosch in den Drangsalen des dreißigjährigen Krieges der letzte Schimmer des alten Glanzes, bis im J. 1648 das Bisthum Schwerin zum Herzogthume Meklenburg kam.

Alles höheren Verkehrs beraubt und seit dem dreißigjährigen Kriege hart mitgenommen, war Bützow am Ende des 17ten Jahrhunderts verarmt, so daß viele Hausstätten wüst lagen. Da bot sich ein Mittel, der Stadt aufzuhelfen. Tausende von Reformirten flohen vor den unmenschlichen Bedrückungen des Königs Ludwig XIV. von Frankreich und seiner Räthe und Günstlinge. Der Kurfürst von Brandenburg hatte freudig Tausende dieser fleißigen und geschickten Leute aufgenommen; auch nach Meklenburg waren Einzelne gekommen. Die Stadt Bützow bat 1683, den reformirten Flüchtlingen (refugies) Bützow zum Wohnorte anzuweisen; bald darauf erbot sich auch Rostock zur Aufnahme. Jedoch stockte die Regelung der Aufnahme, So lange der katholische Herzog Christian Louis († 1692) lebte. Der Leben schaffende Herzog Friederich Wilhelm gründete aber am 1sten August 1699 zu Bützow eine reformirte ,,Colonie“ durch ein Edict, in welchem er den Flüchtlingen alle mögliche Unterstütznng, freie Religionsübung, Prediger und Schulen verhieß. Sogleich kamen die betriebsamen Leute herbei und es wurden ihnen Häuser angewiesen oder gebauet; im Jahre 1701 betrug ihre Zahl 82 Personen. Es waren meistentheils Wollarbeiter und Tabackspflanzer; die letztern brachten die Tabackspflanzung in Meklenburg sehr bald zu einer ziemlichen Bedeutsamkeit. Sie hatten einen französischen Prediger mitgebracht; nicht lange darauf hatte die Gemeinde eine Zeit lang auch einen deutschen Prediger daneben. Hiedurch ward in Bützow die reformirte Gemeinde, die einzige in Meklenburg, gegründet. Die Colonie aber gab den Anstoß zum fabrikmäßigen Betrieb der Gewerbe, welche sich noch bis heute in Bützow erhalten hat. Der Flor der Stadt wuchs schnell und ward bedeutend dadurch gehoben, daß die Wittwe des Herzogs Friederich Wilhelm, Sophie Charlotte, geborne Prinzessin von Hessen-Cassel (l713–1749), ihren Wohnsitz zu Bützow nahm, da sie zur reformirten Kirche gehörte. Nach den trüben, durch den Herzog Carl Leopold herbeigeführten Zeiten begünstigte der Herzog Friederich die Stadt Bützow bedeutend. Veranlaßt durch die fortdauernden Wirren mit der Stadt Rostock, mißvergnügt über viele Reibungen in der Universität und das damalige rohe Leben der Studenten, beschloß er, die fürstlichen Professoren von der Universität Rostock zu nehmen und in Bützow eine eigene Universität zu gründen. Im J. 1 760 ward die neue Universität eröffnet und mit besonderer Liebe gepflegt, während die Stadt Rostock die alte Universität beibehielt; jedoch erfreueten sich beide nicht eines starken Besuches. In demselben Jahre stiftete der Herzog zu Bützow in dem bischöflichen Schlosse auch ein Pädagogium nach dem Muster des hallischen und verband damit ein Real-Gymnasium; Erschlaffung und Mißbräuche, wie sie Pensions-Anstalten mit der Zeit häufig herbeiführen, waren die Ursache, daß diese Anstalt im J. 1780 einging. Die Universität ward im Jahre 1789 nach dem Vergleiche mit Rostock wieder nach dieser Stadt verlegt. Alles dies hatte jedoch viele vornehmere Familien nach Bützow gezogen und So viel Bildung und Thätigkeit angeregt, daß Bützow, in sich erstarkt, ein blühender Ort geworden war und blieb. Seit dem J. 1812 besitzt Bützow das Criminal-Collegium, zu welchem das alte bischöfliche Schloß eingeräumt ward, nachdem die alten Thürme der Burg abgetragen waren; in den letzten Jahren ist bei Bützow die große Strafanstalt Dreibergen zu dem Criminal-Collegium erbauet.

Auf unserem Bilde sehen wir die Stadt Bützow

von der westlichen Seite, im Vordergrunde den Burgsee, dahinter in der Mitte der Stadt die Dom-Collegiat-Kirche, rechts das bischöfliche Schloß oder das neuere Criminal-Collegium, rechts am Rande das rühner Thor, hinter der Stadt die Waldhöhen der ,,Darnow“ am andern Ufer der Warnow.

Die Kirche zu Bützow.


Wir erblicken hier die Kirche zu Bützow im Innern. Die Kirche ist eines der schönsten Bauwerke Meklenburgs. Sie ist in der Zeit von 1239–1248 erbauet und eines der ältesten und schönsten Bauwerke des Spitzbogenstyls im Lande, ausgezeichnet durch Einklang, Vollkommenheit und Würde des Ganzen und aller einzelnen Theile. Die Kirche ist keine Kreuzkirche, sondern besteht nur aus einem Langschiffe mit zwei Seitenschiffen, deren Gewölbe auf schönen Säulenbündeln ruhen, und einem hohen im 14ten Jahr-hundert erweiterten Chore, mit einem weiten Umgange hinter demselben, getragen von hohen, ernsten Pfeilern. Ausgezeichnet ist die alte, noch aus der katholischen Zeit, wahrsscheinlich aus dem Anfange des 16ten Jahrhunderts stammende Orgel, im sogenannten gothischen Style, und die Kanzel vom J. 1617.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg in Bildern 1844