Abschnitt 1

Bützow


Die Stadt Bützow, in einer wald- und wiesenreichen Ebene mitten in einer fruchtbaren, reichen Landschaft, in der Mitte des Landes, nahe und zwischen den Städten Güstrow, Sternberg, Brüel, Warin und Schwaan, an lebhaften Landstraßen und an der Vereinigung der Nebel mit der Warnow, welche von hier für größere Fahrzeuge schiffbar wird, gelegen, ist die schönste und eine der volkreichsten und gewerbthätigsten unter den Landstädten Meklenburgs, mit nahe an 4000 Einwohnern. Bützow ist seit den ältesten Zeiten immer der Wohnsitz vieler angesehener Familien gewesen; der Grund liegt in der gesschichtlichen Entwickelung des Ortes.


Bützow, nach alter Schreibart Butissowe oder Butzhiowe, war schon eine Burg der wendischen Fürsten, welche wahrscheinlich auf dem „Hopfenwalle“, einem vor der Stadt gelegenen Burgwalle, stand, und neben welcher auf der angrenzenden Feldmark Parkow wahrsscheinlich ein heidnisches Heiligthum war. Als am 9. Sept. 1171 der Herzog Heinrich der Löwe von Brauchschweig mit den Fürsten des Landes das Bisthum Schwerin bewidmete und demselben die ausgesetzten 300 Hufen Landes anwies, schenkte hiezu der obotritische Fürst Pribis1av dem Bisthum auch das Land Bützow und die Landsschaft Warin. Der erste Bisschof Berno hatte das Land Bützow unter der Bedingung erhalten, daß er ein Kloster in demselben gründe. Zunächst war er jedoch reichlich mit der Verbreitung und Befestigung des Glaubens und mit der Ordnung seines Bisthums und der Stiftung der großen Mönchsklöster Doberan und Dargun beschäftigt. Bald aber stiftete er ein Nonnenkloster zu Bützow. Als jedoch nach dem plötzlichen Tode Pribislavs das Volk der Wenden verwüstend wieder aufstand und alle christlichen Stiftungen in dem östlichen Landestheile wieder vernichtete, ward auch das Kloster zu Bützow wieder zerstört. Berno starb im J. 1191 und sein Nachfolger Brunward konnte noch lange nicht den Segen des Christenthums wieder über das ganze Land verbreiten; erst in der Zeit von 1216 bis 1218 beginnt allmählig die Morgenröthe der neuern Zeit heraufzuziehen. Um diest Zeit, sicher vor dem J. 1229, gründete Bischof Brunward auch eine Kirche zu Bützow, deren Pfarrer im J. 1229 Petrus hieß. In dieser Zeit ungefähr wird auch die Stadt Bützow gegründet sein, da schon im J. 1229 neben der Pfarre eine Vikarei an der Kirche gestiftet ward und die Stadt sicher schon im J. 1248 stand. Die völlige Ordnung der Dinge begann jedoch erst nach dem Tode der beiden Borwine, Vater und Sohn, 1227 und 1226, und zwar mit der Theilung des Landes unter die 4 Söhne Borwins II. Am 27. März 1232 traten die beiden mittlern Söhne, Nicolaus und Heinrich oder Borwin III., damals Fürsten von Rostock, dem Bischofe von Schwerin alle Rechte an dem Lande Bützow ab, welche ihr Urgroßvater Pribislav theils behalten, theils, da Bützow ein wichtiger Ort war, von dem Bischofe Berno erworben hatte, forderten jedoch jetzt die versprochene Gründung eines Klosters. Sogleich stiftete der Bischof Brunward im J. 1233 nahe bei Bützow das Cistercienser-Nonnenkloster Rühn. Bischof Brunward starb im J. 1237; sein Nachfolger Friederich, Graf von Schwerin, folgte ihm schon im J. 1239 in die Ewigkeit.

Die drei ersten Bischöfe hatten vorherrschend in Schwerin gewohnt; die Ausbildung des gräflichen Hofes, der Wachsthum der Bürgerschaft, die Anmaßung des Dom-Capitels mochten aber, nach Herstellung der Ordnung und Ruhe, den Kirchenfürsten das Wohnen in der Stadt Schwerin unangenehm machen. Sie zogen sich daher in ihr eigenes, fettes Land zurück und baueten sich zu Bützow und Warin, namentlich zu Bützow, bischöfliche Schlösser, auf welchen sie ferne von dem Dom-Capitel fortan zu residiren pflegten. Da sie im J. 1232 an dem Lande Bützow alle landesherrlichen Rechte erworben hatten, so übten sie dieselben auch wie Landesherren aus; einen großen Theil der Güter des Landes Bützow gaben sie zu Lehn und bildeten sich dadurch eine Stiftsritterschaft, aus welcher viele adeliche Familien, wie die von Zarnin, von Trechow, Maltzan, Hasenkop, Jork, Babbe, von Bülow, bekannt sind und mehrere einzelne Glieder bischöfliche Burgmänner waren und auf den Burglehen zu Bützow wohnten. Hiedurch bildete sich ein förmliches Hofleben in der Residenz zu Bützow und die Bischöfe hielten sich hier Marschälle, Kämmerer, Vögte und andere Würdenträger, wie die Fürsten.

Die wichtigste Begebenheit im Laufe der Zeit war jedoch die Gründung eines Collegiat-Stiftes zu Bützow. Der Sprengel des Bisthums Schwerin erstreckte sich ursprünglich auch über Vorpommern, das Land Circipene, bis an die Pene, und schon der Bischof Brunward hatte im J. 1226 ein Collegiat-Stift in der nahen Stadt Güstrow errichtet. Bald aber machte der pommersche Bischof von Camin Ansprüche an die geistliche Oberherrschaft dieses Landes, über Güstrow hinaus bis an die Grenzen des Stiftslandes Bützow; der Streit darüber war heftig und endete erst im J. 1263 zum Nachtheile des schweriner Bischofs: das Collegiat-Stift Güstrow fiel damit an den Bischof von Camin. Theils zum Ersatze für das Dom-Stift Güstrow, das sich der caminer Bischof schon bald nach der Stiftung desselben angemaßt hatte, theils um sich in der eigenen Residenz auch mit einem geistlichen Hofstaate zu umgeben, in einem abhängigen Dom-Capitel die bischöfliche Würde mit Pomp darstellen und für das Beste des Bisthums nach eigenem Willen sorgen zu können, faßte schon der vierte schweriner Bischof, Dietrich, den Plan, in der Stadt Bützow ein Collegiat-Stift zu gründen. Die Dom-Collegiat-Stifter waren nämlich nach Art der großen Dom-Capitel eingerichtete Pflanzschulen für jüngere Geistliche, welche durch Studien und Kirchendienst zu höhern Kirchenwürden herangezogen wurden, also eine Art geistlicher Akademien. Der Bischof Dietrich hatte deshalb die schöne Kirche zu Bützow zu Ehren der H. Elisabeth gegründet und alles zur Eröffnung des Stifts vorbereitet, als ihn im J. 1247 der Tod übereilte. Sein Nachfolger, der Bischof Wilhelm (1247-1249), führte den Plan seines Vorgängers aus und gründete an der neuen Kirche am 16. Sept. 1248 das Dom-Collegiat-Stift nach dem Muster des Dom-Capitels zu Schwerin. Das Stift stand unter einem Propste, welchen das Dom-Capitel zu Schwerin bestellte, und hatte außerdem 11 Domherren, welche in der Regel vom eingebornen Adel waren.

So waren alle Fundamente zu der eigenthümlichen Gestaltung der Stadt, als Eigenthum und Residenz eines kirchlichen Oberhauptes, schon früh gelegt, und das Leben blieb sich Jahrhunderte im Allgemeinen ziemlich gleich. Daher führte die Stadt stets im Wappen zwei gekreuzte Krummstäbe unter einer Bischofsmütze.

Der siebente Bischof Rudolf I war mit dem Fürsten Pribislav von Parchim oder Richenberg wegen der Zehnten in Streit gerathen. Pribislav zerstörte im .J. 1256 die im J. 1252 erbauete Burg zu Bützow und führte den Bischof gefangen in seine Feste Richenberg an der Warnow. Kaum aber hatte sich Rudolf wieder befreiet, als er sich der Person seines Gegners zu bemächtigen wußte, welcher nur unter schweren Bedingungen frei kam, worüber dieser so erbittert ward, daß er seine Regierung ganz niederlegte. Rudolfs Nachfolger, Bischof Hermann I. (1262–1292), Graf von Schladen, brachte unbeschränkte Hoheitsgedanken mit auf den Bischofsstuhl, machte Anstalten zur Erbauung einer großen Feste und wagte es, sich über die Landesherren zu erheben, welche alle im J. 1263 seine Stadt Bützow eroberten und den ihm verbündeten Grafen Gunzelin von Schwerin nebst dessen Sohn gefangen nahmen. In dem Vergleiche vom 6. Dec. 1263 ward unter andern auch festgesetzt, daß der Bisschof binnen zwei Jahren den Bau des neuen Schlosses beginnen und nach dessen Vollendung die Umplankung der Stadt abbrechen, sonst aber die alte Burg und die Stadt in der frühern Verfassung bleiben und der zum Schlosse aufgetragene Burgwall wieder geebnet werden solle. In dieser Zeit wird also das bischöfliche Schloß unmittelbar neben der Stadt (das Criminal-Collegium der neuern Zeit) gegründet und der alte Burgwall (der spätere Hopfenwall) verlassen sein; während der Abwesenheit Heinrichs des Pilgers ließ der seine Schlösser mit Mauern, Gräben und Wällen stark befestigen. Derselbe Bischof bauete im J. 1284 auch die bischöfliche Burg zu Warin, welche im J. 1839 abgebrochen ist. Der Bischof Gottfried v. Bülow (1292–1314) verpfändete das Schloß Bützow mit den dazu gehörenden Gütern an seine Verwandten und legte dadurch den Grund zu der großen Noth des Bisthums, von welcher es über ein halbes Jahrhundert schwer gedrückt ward. Nach vielen und verdrießlichen Streitigkeiten gewann das Bisthum sein Kleinod und die übrigen, später verpfändeten Güter im J. 1362 wieder und hob sich unter dem Bischofe Friederich II. von Bülow (1365–1375), welcher die wiedergewonnenen Schlösser und Kirchen zu Bützow und Warin wieder herstellte und erweiterte, und seinen Nachfolgern merklich. Der Bischof Rudolf II., Herzog von Meklenburg, sah sich veranlaßt, das Schloß zu Bützow neu zu erbauen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg in Bildern 1844