Das Schloss zu Ludwigslust

Durch einen fürstbrüderlichen Vergleich vom J. 1707 war dem Prinzen Christian Ludwig das Amt Grabow angewiesen, welches derselbe jedoch seinem ältern Bruder Friederich Wilhelm auf dessen oder seiner männlichen Erben Lebenszeit wieder überließ. Als nun der Herzog Friederich Wilhelm im Jahr 1713 ohne Leibeserben starb, forderte der Prinz Christian Ludwig, da er sich mit der Prinzessin Gustave Caroline von Meklenburg-Strelitz zu vermählen wünschte, von seinem zweiten Bruder Carl Leopold, dem regierenden Herzoge, das Amt Grabow. Carl Leopold wollte seinem Bruder dagegen die entfernter liegenden Aemter Plau und Wredenhagen überlassen, welche dieser jedoch anzunehmen sich weigerte. Der Herzog Carl Leopold beharrte unwandelbar bei seiner Weigerung und der Prinz Christian Ludwig konnte von dem Amte Grabow nicht anders Besitz nehmen, als unter dem Bekenntniß, daß es ihn nur ans Güte des regierenden Herzogs eingethan sei. Alle Mittel zur Beilegung dieses Streites blieben erfolglos, selbst die Bemühungen des Kaisers und einer kaiserlichen Commission waren bei der Unbeugsamkeit Carl Leopolds vergeblich. In diesem Zwiste aber lag der erste Keim der Spaltung zwischen den beiden fürstlichen Brüdern. Der Prinz Christian Ludwig erhielt jedoch das Versprechen des kaiserlichen Schutzes.

Der Herzog Carl Leopold zog im Jahr 1721 nach Danzig. Der Prinz Christian Ludwig suchte sich, namentlich seit dem Tode der Herzogin Mutter, welche am 16ten Mai 1722 auf dem Schlosse zu Grabow gestorben war, in seinem Amte gemüthlicher festzusetzen. Christian Ludwig liebte die Jagd, welche bekanntlich bei Ludwigslust in der Nähe der Lewitz sehr ergiebig ist. Deshalb und weil bei dem der Stadt Grabow benachbarten Dorfe Klenow in der sonst sandigen und einförmigen Gegend ein größerer Wechsel im Boden und eine angenehmere Mannigfaltigkeit im Holzwuchs herrschte, ja selbst schöne Hartholzwaldung zu finden war, beschloß Christian Ludwig hier die Anlegung eines Lustschlosses. Im Jahr 1724 ließ er in der Nähe des Hofes zu Klenow ein Jagdhaus ausführen. Doch der Herzog Carl Leopold. hinderte von Danzig aus durch die schärfsten Maaßregeln den Bau, so wie im Jahr 1725 den Bau eines Jagdhauses im Dorfe Kummer. Das noch nicht vollendete Haus in Klenow ward abgebrochen und auf die Multzow, eine Horst auf dem kummersschen Felde, versetzt; aber auch diesen Bau unter-sagte Carl Leopold. Da legte am 3. Junius 1725 eine Feuersbrunst die ganze Stadt und das Schloß Grabow in Asche. Christian Ludwig hatte keine andere Zuflucht, als das noch nicht vollendete Schloß zu Neustadt, und auch diese nur gegen den Willen seines Bruders. Nachdem er das Schloß in einen wohnlichen Zustand gebracht hatte, ward ihm die größere Entfernung der guten Wildbahn bei Klenow fühlbar und er beschloß wieder die Erbauung eines Jagdhauses daselbst. Das Holzwerk des Gebäudes ward in Neustadt zugerichtet und im August 1731 an der Stelle eines alten Gartenhauses der Herren voll Klenow im Garten des Hofes zu Klenow aufgeführt. Sogleich begannen die alten Streitigkeiten wieder mit einer solchen Heftigkeit, daß der Bau nur unter dem Schutze der kaiserlichen Commission durch militairische Hülfe gefördert werden konnte. In den Jahren 1732 und 1733 wurden die inneren Einrichtungen des Jagdhauses vollendet, die Nebengebäude ausgeführt und die ersten Gartenanlagen geschaffen. Nachdem der Prinz im Jahr 1733 kaiserlicher Commissarius zur Regierung des Landes geworden war und im Jahr 1735 seine Residenz nach Schwerin verlegt hatte, hatten die Anlagen zu Klenow ein glücklicheres Gedeihen und kamen zur Vollendung. In den Jahren 1733-35 ward auch der alte Hof .Klenow abgebrochen und weiter von dem Jagdschlosse versetzt; das Dorf blieb jedoch in der alten Verfassung. Je größer die Hemmungen waren, mit denen Christian Ludwig zu kämpfen gehabt hatte, desto lieber war ihm sein Jagdhaus zu Klenow geworden und er besuchte es jährlich auf einige Zeit; jedoch blieb Klenow nur ein Lustschloß.


Nach Christian Ludwigs Tode im Jahr 1756 erkor sein Sohn, der Herzog Friederich, in seiner Vorliebe zu einem geräuschlosen Leben das zum Andenken an seinen Vater mit den Namen Ludwigslust belegte Jagdschloß zu Klenow zu seiner Residenz. Der Herzog war Kenner und Liebhaber des Bauwesens und nahm an allen Bauten und Einrichtungen den thätigsten Antheil und so schuf er durch Geschmack und Beharrlichkeit, im Vereine mit seinem Baumeister Busch, in der von der Natur ärmlich ausgestatteten Gegend einen Ort, welcher überraschende Reize genug hat und wirklich sehenswerth ist. Zuerst versorgte er (1756-1760) den Ort mit Wasser, indem er einen Kanal von den Stör- und Elde-Gewässern bei Friedrichsmoor über Ludwigslust in die Elde ziehen ließ und den- selben zugleich zu den anmuthigsten Wasserwerken benutzte, die in Norddeutschland gefunden werden und das sandige Ludwigslust vor allen Dingen verschönern. Die Unruhen des siebenjährigen Krieges waren der Ausbildung des Ortes nicht förderlich; mit dem Jahre 1764 begannen aber die Bauten mit verdoppelteln Eifer. Zuerst ließ der Herzog (1765 - 20. Oct. 1770) dem Jagdhause gegenüber, nach dem Abbruche der alten klenowschen Kirche, die schöne Kirche erbauen und für die dringendsten Bedürfnisse des Hofstaates den Platz vor derselben, den Kirchenplatz, mit Wohnhäusern besetzen. Zugleich ward der Anfang mit der Großen Straße gemacht und das Dorf Klenow an die Landstraße nach Schwerin verlegt. Nachdem für das Unterkommen so vieler zum Bau nothwendiger Leute einigermaßen gesorgt war, Schritt der Herzog im Jahr 1772 mit großem Kostenaufwande zum Bau des ausgezeichnet tüchtigen, im Aeußern mit pirnaer Sandstein bekleideten Residenzschlosses, welches dicht hinter dem Jagdhause, der Kirche gegenüber, gegründet ward. Während dieses Baues näherten sich der Kirchenplatz und die Große Straße der Vollendung, und eine Nebenstraße, die Nummerstraße, ward, vorzüglich für Handwerker, angelegt. Zu der Vermählung des Erbprinzen Friederich Franz (1775) ward im Jahr 1774 die Prinzenwohnung am Kirchenplatze eingerichtet. Das Schloß ward im Jahr 1776 bis anf einen Theil des innern Ausbaues vollendet; der Herzog bezog mit seiner Gemahlin alsbald die fertigen Wohnzimmer und ließ nun das alte Jagdhaus bis auf die noch stehenden Pavillons abbrechen. Im Jahre 1780 ward der schöne Wasserfall vor dem Schlosse aus einem Granitbaue mit einem Kostenaufwande von 80,000 Rthlr. vollendet und daraus die Brücke aus Granit gebauet. In den nächsten Jahren erhielten die angelegten Straßen und eine dritte Straße, die Louisenstraße, so wie die ausgedehnten Garten-Anlagen ihre Vollendung. Der Herzog Friederich starb am 24. April 1785 und ward in der Kirche zu Ludwigslust beigesetzt.

Der Herzog Friederich Franz 1. behielt seine Residenz in dem neuen, saubern Ludwigslust, in welchem er seine Jugend verlebt hatte und welches einem stets beschäftigten Geiste noch Stoff genug zur Arbeit gab, um so mehr, da seit dem Jahre 1793 ihn eine neue Schöpfung jährlich in der schönsten Zeit nach Doberan rief. Friederich Franz fuhr zunächst mit der Vollendung der reizenden Gartenanlagen und mit der Erweiterung und Ausbauung des Ortes fort, verlieh demselben im Jahre 1793, als es schon l300 Einwohner zählte, die Marktfleckengerechtigkeit und gab ihm im Jahre 1801 eine eigene Gerichtsbarkeit mit den Rechten eines Stadtgerichts, nachdem dem Amte Grabow die Gerichtsbarkeit über Ludwigslust genommen war. Jetzt entstand bald ein größerer Verkehr und die Straßen vermehrten sich, namentlich Seitdem der Erbprinz Friederich Ludwig sich im Jahr 1799 mit der Großfürstin Helena Paulowna vermählt hatte. Nach dem Tode derselben am 24. September 1803 ward die schöne griechische Begräbnißkapelle im Prinzengarten und ein Jahr darauf die treffliche katholische Kirche auf einer Insel im Schloßgarten gegründet. Die Besetzung des Landes durch die Franzosen im Jahre 1806 und deren Folgen störten freilich aus einige Zeit alle innern Unternehmungen; aber nach dem Frieden erwachte die Baulust mächtiger, als je, namentlich seitdem im Jahre 1826 die erste meklenburgische Chaussee, von Berlin nach Hamburg, durch Ludwigslust geführt ward. Für den größeren Verkehr ward ein großer Posthof eingerichtet; die Kaserne, der Marstall, der Prinzenstall, das Landsschullehrer-Seminar, die Villa des Herzogs Gustav vor dem Grabower Thore wurden gebaut; es entstanden die Schweriner, die Kanal-, die Marstall-, die Mauer-Straße; endlich ward der Ort mit Mauern aus Raseneisenstein umgeben. Im Jahre 1818 geschah die Regulirung mit der Dorfschaft Klenow und Ludwigslust erhielt eine eigene Kämmerei, welche dem Orte reichere Mittel verschaffte; in dem Maaße, in welchem die fürstlichen Besitzungen mit größerer Pracht sich entfalteten, wuchs auch bei den Einwohnern der Trieb, ihre Besitzungen zu verschönern, und zwar um so stärker, je schwerer dem dürren Boden Früchte abzugewinnen waren. Friederich Franz beschloß am 1. Februar 1837 in Ludwigslust sein thatenreiches Leben, nachdem er hier am 24. April 1835 sein denkwürdiges Regierungs-Jubiläum gefeiert hatte.

Auf unserm Bilde sehen wir das Schloß zu Ludwigslust von der Vorderseite und zu beiden Seiten die beiden noch stehenden, gleichen, vorspringenden Flügel und Pavillons des alten Jagdhauses, namentlich zur linken Seite den einen Flügel, den Küchenflügel ganz.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg in Bildern 1843