Dargun - Das Schloss

Das Schloß zu Dargun ist eine auffallende Ersscheinung : es versetzt lebendig in das 17. Jahrhundert , eine Täuschung, die bei der Oede der Umgebung nicht oft gestört wird. Es bildet ein sehr großes Viereck, welches, wenn auch nicht in allen Theilen zu gleicher Zeit entstanden, doch ein gleichmäßiges Aeußere hat. Vor dem Schlosse ein weiter, leerer, regelmäßiger Platz, rechts der ehemalige, jetzt unter den Pflug gegebene Garten mit den beschnittenen Tarusbäumen, im innern Schloßhofe offene Säulenhallen, welchc in bunter Verzierung rings umherlaufen: alles versetzt in die Zeit der alten französischen Baukunst, der auch noch das Innere entspricht.

Das Schloß besteht zum großen Theile aus dem alten Kloster oder Kreuzgange, welches sich im Viereck an die Nordseite der Kirche anlehnte. Nur die auf unserm Bilde dargestellte Vorderseite scheint bald nach der Aufhebung des Klosters von Grund neu aufgebauet zu sein.


So lange das Schloß von den Landesherren bestucht ward, war es Neben-Residenz und Jagd Schloß, das Sanssouci der Herzoge von Meklenburg-Güstrow. Nach der Aufhebung des Klosters fiel bei der Landestheilung im J. 1556 das Amt Dargun dem Herzoge Ulrich von Güstrow (1555 † 1603) zu. Der Herzog hielt sich, namentlich seit 1560, oft in Dargun auf, um sich hier in der Abgeschiedenheit an seinem Lieblingsvergnügen, der Jagd, zu erholen. Von ihm stammt ohne Zweifel die Vorderseite des Schlosses in den Mauern; es wurden unter Seiner Regierung mehrere alte Klostergebäude abgebrochen und neugestaltet und schon vor 1590 war die Vorderseite unter dem Namen des „Langen Hause“ vollständig eingerichtet, und mehrere fürstliche Diener hatten ihren beständigen Wohnsitz zu Dargun. Auch bauete der Herzog Ulrich zu Wirthschaftsbedürfnissen, wahrscheinlich zu Kornböden, Brauerei und Brennerei („Destillirhaus“), das links vor dem Schlosse stehende Gebäude, jetzt die „Brennerei“ genannt, welches noch sein und seiner Gemahlin Wappen und die Jahreszahl 1585 trägt. Unter dem Herzoge Johann Albrecht II. (1608 † 1636) ward das lange Haus zu verschiedenen Zeiten erweitert und ausgebaut, der lange Saal im J. 1622 mit Gypsreliefs „ausstaffiert“ und der hintere Theil erhöhet. Jedoch hemmten die Leiden des dreißigjährigen Krieges die Vollendung, und das Schloß mußte im J. 1640 ganz geräumt werden. Erst unter dem gebildeten Herzoge Gustav Adolph (1654 † 1695), welcher Dargun zu seiner Lieblingsnebenresidenz erkor und unter welchem Dargun sehr, namentlich von Handwerkern, bevölkert ward, ward das Schloß in seiner jetzigen Gestalt vollendet; die Gemächer und Bogengänge an der Südseite vor dem Schiffe der Kirche wurden seit dem J. 1668 ausgeführt, alle Theile in Gleich- klang gestetzt und die innern Einrichtungen vollendet. Noch jetzt erblickt man im Innern überall die Gypsarbeiten, die Wolle- und Leder- Tapeten, die Malereien aus dieser Zeit. Mit dem Herzöge Gustav Adolph erlosch im J. 1695 die Linie Meklenburg-Güstrow. Er hinterließ nur Töchter, von denen die jüngste, die Prinzessin Auguste, geb. 1674, unter dem Namen der Prinzessin von Dargun bekannt, ihn über ein halbes Jahrhundert überlebte; diese residirte seit dem Tode ihrer Mutter, 1719, beständig aus dem Schlosse zu Dargun, welches sie in einen wohnbaren Stand setzte, bis sie im J. 1756 die väterliche Gunst im Dome zu Güstrow aufnahm. Unter ihrer Regierung erhielt Dargun leider eine beklagenwerthe Berühmtheit, indem sie die unter dem Namen des ,,Darguner Bußkampfes“ bekannte Frömmelei der Prediger ihres Amtes begünstigte. – Seit dem Tode der Prinzessin Auguste ist das Schloß allein Sitz des Domanial-Amtes und zum Theil Wohnung von fürstlichen Beamten gewessen, jedoch nach und nach immer mehr verfallen. Die auf unserem Bilde dargestellte Hauptseite mit einem durch das Gebäude in den innern Schloßhof führenden Thor ist das seit dem 16. Jahrhundert entstandene Hauptgebäude. Der linke Flügel, ohne Zweifel auf alten Ringmauern aus Granit, enthält einen großen, jetzt wüsten „Redouten-Saal“ mit vielen Gypsarbeiten. Der rechte Flügel enthält das Schiff der Kirche mit einer Reihe im Schloßhofe vorge- baueter Gemächer, welche die Amtsregistratur enthalten. Der hintere zu Wohnungen eingerichtete, bei der Kirche mitabgebildete Theil ist ohne Zweifel das alte Klostergebäude. Im Schloßhofe sind alle Theile durch bedeckte Säulenhallen ringsum zu einem ziemlich gleichmäßigen Ganzen verbunden.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg in Bildern 1843