Doberan

Die Zisterzienser-Mönchs-Abtei Doberan ist das edelste Kleinod in dem geschichtlichen Schatze Mecklenburgs; innig verkettet ist ihre Geschichte mit den Schicksalen des Landes, so lange in diesem der christliche Glaube gewaltet hat. Aus den heiligen Mauern Doberans vorzüglich verbreitete sich im Wendenlande das Licht des Glaubens und die Wärme einer mildern Sitte und reinern Bildung. Daher schenkten auch früher die Fürsten und die Edlen des Landes dem reichen Kloster ihr besonderes Vertrauen, und bis auf die neuesten Zeiten ist die Kirche zu Doberan die Haupttotengruft für das Fürstenhaus gewesen. Wie gewöhnlich die glückliche Lage eines Ortes eine nachhaltige Quelle des Glanzes und Reichtums ist, so gewann auch Doberan lange nach dem Untergange der geistlichen Stiftung in neuern Zeiten wieder einen bedeutenden Ruf, als der Herzog Friedrich Franz im Jahr 1793 hier das erste Seebad in Deutschland gründete.

Die Kapelle zu Althof und Die Kirchen in Doberan.


Diese Gebäude sind von der alten, gefeierten Abtei fast die einzigen Überreste.

Seit dem Jahre 1148 rang das Volk der Wenden gegen das Kreuzheer des Sachsenherzogs Heinrich des Löwen und das Christentum. Der starke Niklot war im Jahr 1161 den Heldentod gestorben und mit ihm die Stütze des Heidentums gefallen; sein älterer Sohn Pribislav, Fürst der Kissiner im nordöstlichen Mecklenburg, war dazu bestimmt, den sichern Grundstein zur bessern Gestaltung der Dinge zu legen. In den letzten Kämpfen gönnte der Anfang des Jahrs 1164 einige Ruhe, und die Erholung gab Entschluss zur Heilung tief geschlagener Wunden. Pribislav, der letzte Wendenkönig, vermählte sich mit Woizlava, einer nordischen Königstochter, welche seine Liebe und ihn selbst durch Liebe für den Christenglauben gewann. Am 29. April machte er mit seinem Bruder Niklot dem Götzendienste auf dem Fürstenhof Doberan, späterhin Alt-Doberan oder Althof genannt, ein Ende. Er stürzte den Götzen Doberan (den Gütigen), empfing die Taufe und gründete sogleich an der Stelle des heidnischen Tempels das erste christliche Gotteshaus im östlichen Mecklenburg , die noch stehende Kapelle zu Althof.

Zwar bestand schon das Bistum Mecklenburg oder Schwerin, aber es war noch nicht fest gegründet. Der Apostel der mecklenburgischen und vorpommerschen Wenden, der Bischof Berno von Schwerin, ein Mönch des Zisterzienser-Klosters Amelungsborn unfern der Weser im Braunschweigischen, lehnte daher seine Wirksamkeit nicht allein an die ritterliche Strenge und ernste Klugheit des Grafen von Schwerin, sondern auch an die einflussreiche Kraft der heimischen Fürsten und stiftete noch vor der Befestigung und Bewidmung des Bistums Schwerin, im J. 1170 neben der Kapelle zu Alt-Doberan oder Althof das erste Kloster in Mecklenburg, das Zisterzienser-Mönchs-Kloster Doberan, welches für die meisten mecklenburgischen Klöster Mutterkloster geworden ist. Durch diese Stiftung ward ein reicher Segen über Mecklenburg verbreitet, indem die Zisterzienser-Mönche nicht sowohl die Bestimmung hatten, ihren eignen Geist zu bilden und Andachtsübungen zum eigenen Seelenheil zu leben, als vielmehr als Seelsorger und Verbreiter der Künste des Friedens, als Volksfreunde mitten unter dem Volke zu stehen und es durch Lehre und Beispiel zum Bessern zu führen. Daher bewirtschafteten sie ihre Ländereien selbst und jeder Hof, dem ein Mönch als Hofmeister vorstand, war gewissermaßen zugleich eine Wirtschaftsschule.

Nach der Bewidmung des Bistums Schwerin am 9. Sept. 1171 zog der Herzog Heinrich der Löwe und mit ihm Pribislav 1172 zum heiligen Grabe. Noch in demselben Jahre starb Woizlava, welche seit der Geburt ihres Sohnes Heinrich Borwin kränkelte, und ward in der Kapelle zu Althof begraben. Ihr Gemahl Pribislav fand am 30. Decbr. 1178 seinen Tod auf einem Turnier zu Lüneburg. Da erhoben sich die Wenden wieder mit Grimm gegen das Christentum und verwüsteten am I0. November 1179 das Gotteshaus zu Alt-Doberan; 78 Bekenner des Christentums wurden hier Märtyrer ihres Glaubens. Fast an 40 Jahre dauerte es, bis das Wendenvolk wieder und auf immer zur Ruhe kam. Andere zerstörte Stiftungen, wie das Mönchskloster zu Dargun und die Nonnenkloster zu Parkow und Bützow wurden erst später, nach 1218, und zwar die Nonnenklöster mit Verlegung nach Neukloster (1218) und Rühn (1232) wieder hergestellt. Das Kloster Doberan stellte jedoch schon im J. 1186 der Fürst Heinrich Borwin I. wieder her, verlegte es jedoch von dem Hofe Alt-Doberan nach dem nahen wendischen Dorfe Doberan. In der Folge wurden auch die Gebäude zu Alt-Doberan wieder hergestellt und der Ort unter dem Namen Althof Sitz eines Hofmeisters des Klosters. Seit dem 14ten Jahrhundert verfiel jedoch die Kapelle, so dass schon im J. 1522 der Herzog Heinrich der Friedfertige die Ruhestätte seiner Ahnmutter an einem »wilden Orte« wieder entdeckte. Nachdem das Kloster Doberan am 7ten März 1552 aufgehoben war, ward, schon vor 1610, ein Backhaus in die Kapelle hineingebaut und die ursprüngliche Bestimmung derselben verlor sich aus dem Gedächtnisse. Am 9. Aug. 1822 traf ein Blitzstrahl das Gebäude, dessen Bedeutung der Großherzog Friedrich Franz wieder entdeckte; noch an demselben Tage befahl er die Wiederherstellung der alten, ehrwürdigen Kapelle. In einer romantischen, bergigen Gegend, eine halbe Stunde von Doberan, steht jetzt zum dauernden Andenken das kleine, saubere Gebäude, welches zwar viel gelitten hat, aber doch noch unverkennbar seinen Ursprung aus dem 12ten Jahrhundert, dem noch der Rundbogenstil eigentümlich ist, zeigt. Eine daneben stehende Scheute ist ebenfalls noch ein altes Klostergebäude.

Die Kirche zu Doberan.

Heinrich Borwin I., Pribislav's Sohn, stellte das Kloster Doberan im J. 1186 wieder her, verlegte es jedoch von Althof nach dem nahen Dorfe Doberan, welches fortan allein diesen Namen trug. Noch lange dauerte es, bis sich die halsstarrigen Wenden unter das sanfte Joch beugten; nur in Doberan blieb die Pflege des Christentums im östlichen Mecklenburg unangefochten, daher es auch den ehrenden Ruf einer »Feste des Glaubens« erhielt. Schon in den Jahren 1190, 1192 und 1193 erfreute es sich mehrerer Schenkungen und Privilegien. Aber die Zeit war noch zu roh und zu unruhig, als dass an dauernde Unternehmungen gedacht werden konnte. Erst am 5. Oktober 1232 ward die noch stehende Kirche in einer glänzenden Versammlung von Fürsten und Prälaten gegründet; der Bau und die Ausstattung wurden nur allmählich ausgeführt, so dass erst am Trinitatisfeste. 4. Junii, 1368 der Bischof von Schwerin Kirche und Kloster als gänzlich vollendet einweihen konnte. Die Kirche ist wohl unstreitig die schönste und merkwürdigste im Lande Mecklenburg. Mögen andere Kirchen in den Ostseeländern auch ernster oder größer oder schmuckreicher im Äußern sein: die Doberaner Kirche, im reinsten Spitzbogenstil, übertrifft alle andern an Schönheit der Formen und an fast unbegreiflicher Schlankheit und Kühnheit der Glieder, bei aller Harmonie und Würde des Ganzen, Staunend und bewundernd blickt das Auge nach allen Richtungen und die Seele fühlt sich begeistert und befriedigt durch das Werk, welches ein Meisterwerk im Ziegelbau ist. Aber es ist nicht allein der Bau selbst, der entzückt, sondern auch die Einrichtung der Kirche ist so ausgezeichnet, dass es wohl wenig Kirchen gibt, welche ihr in dieser Hinsicht gleichzustellen waren. Die Kirche bewahrt nämlich noch ihre ganze ursprüngliche Einrichtung aus dem Mittelalter und in ihr eine seltene Fülle des schönsten Schnitzwerks aus der Zeit der höchsten Blüte alter deutscher Kunst. Hier stehen noch Altar, Sacramenthaus, Kelchschrein Beichtstuhl, Mönchsstühle, Reliquienschrank, Crucifix, Nebenaltäre und viele andere Gegenstände aus alter Zeit, zum Teil wohl erhalten, im Einklang zum Ganzen. Eben so reich ist die Kirche an bedeutungsvollen Denkmälern aller Art und aller Zeiten, indem sie von jeher die Hauptbegräbnisstätte der Fürsten von Mecklenburg und Werle war; die ganze Zeit von Pribislav bis auf Friedrich Franz hinab ruhen hier sehr viele und ausgezeichnete Fürsten und daher birgt die Kirche eine große Fülle geschichtlicher Erinnerungen, ohne dass der Bau durch die Anbringung dieser Denkmäler gelitten hätte. Mehr noch hat sie gelitten durch moderne Einrichtungen seit der Reformation und der Aufhebung des Klosters am 7. März 1552, durch die Verwüstungen des dreißig jährigen Krieges, welche vorzüglich Doberan zu verschiedenen Malen heimsuchten und durch welche namentlich die prachtvollen gemalten Fenster bis auf die wenigen, jetzt im Chor zusammengebrachten Reste, zertrümmert wurden, endlich durch die geschmacklosen »Restaurationen« und Verbauungen des vorigen Jahrhunderts. Die im J. 1841 von dem regierenden Großherzog Paul Friederich beschlossene Wiederherstellung der Kirche in ihrem ursprünglichen Geiste wird nach Entfernung alles Ungehörigen alle Vorzüge der Kirche und ihre Meisterwerke wieder zur klaren Anschauung bringen und den Beschauer wieder mit ungetrübter Freude erfüllen.

Die Geschichte des Klosters Doberan fällt in den Hauptbegebenheiten meistens mit der Landesgeschichte zusammen; die häufigen Besuche hoher weltlicher und geistlicher Personen, verbunden mit den Jagdablagern der Landesherren, so wie die nicht seltenen Begräbnisse vieler Glieder der verschiedenen Fürstenhäuser Mecklenburgs verschafften dem Kloster genug merkwürdige Denktage-, der reiche Güterbesitz und dessen Verwaltung zog eine große Bevölkerung von Mönchen herbei und machte eine bedeutende Anzahl von Beamten notwendig. Im 14ten Jahrhundert erschütterten jedoch innere Streitigkeiten zwischen den Mönchen aus den sächsischen Ländern, welche ein Vorrecht auf die Beamtenstellen behaupteten, und den Mönchen aus den ehemaligen wendischen Ländern den Frieden und den Ruf des Klosters heftig. Die massiven Klostergebäude, welche in Einem Zusammenhange von der Kirche bis zu der von dem Kloster allein noch stehenden Mühle reichten, wurden nach einem Brande im J. 1291 aufgeführt; von dem alten Kreuzgange stehen noch Ruinen an der Kirche. Im J. 1403 erhielt der Abt von Doberan vom Papste das Vorrecht, mit den Zeichen der bischöflichen Würde angetan den Segen zu sprechen.

Doberan von Althof.

Die Ansicht von Doberan von Althof aus, welche uns den Schauplatz vieler bedeutungsreicher Begebenheiten eröffnet, ist wahrhaft entzückend, wie die Gegend von Doberan überhaupt eine eigentümliche, im nördlichen Tiefland seltene, weite Talbildung hat. Auf einer hohen, gebirgsähnlichen, waldgeschmückten Terrasse steht die alte Kapelle über einem weiten Thale, welches in den ältesten Zeiten ein Flussbett gewesen sein mag. Gegen Osten dehnt sich die Landschaft der Stadt Rostock mit ihren stolzen Türmen aus gegen Nordwest verweilt der Blick auf dem schönen Tale Doberans und schweift über Feld und Wald hinaus aus das blaue Meer.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg in Bildern 1842
Bad Doberan von Althof

Bad Doberan von Althof

Bad Doberan um 1800

Bad Doberan um 1800

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