Die mecklenburgischen Herzögeder Schwedenkönig Gustav Adolph.

Indessen waren die mecklenburgischen Herzöge in der Verbannung nicht müßig, sondern auf den Wiedergewinn ihrer Länder bedacht. Sie setzten sich vor Allem mit ihrem Vetter, dem Schwedenkönig Gustav Adolph, in Verbindung, welcher aber zunächst noch durch seinen Krieg mit Polen in Anspruch genommen war, jedoch nach dem 1629 erfolgten Friedensschluß seine Blicke auf Deutschland richtete und dem deutschen Kaiser den Krieg erklärte. Er landete mit seinem kriegserprobten Heere im Juli 1630 in Pommern, nahm den Kaiserlichen Wolgast und Stargard ab, wandte sich Ende September nach Mecklenburg und eroberte nach wiederholten vergeblichen Stürmen auf das Marlower Thor durch nächtliches Uebersteigen der Mauern das vom kaiserlichen Kommandanten Metzeroth vertheidigte Ribnitz, dessen Besatzung theils niedergemacht, theils gefangen wurde, theils nach Rostock hin entfloh. Weil die mecklenburgischen Herzöge, welche noch nicht hinlänglich gerüstet waren, von der Lübecker Seite her den erwarteten Vorstoß nicht machten, kehrte Gustav Adolph zunächst nach Pommern zurück, gewann aber wieder im Februar 1631 durch Kapitulation des kaiserlichen Obersten Marsou Neubrandenburg, welches er durch seinen General Dodo von In- und Kniephausen und 2000 Mann besetzen und stark befestigen ließ. Bereits Mitte März erschien aber Tilly vor der Stadt, belagerte und erstürmte sie unter großen Verlusten und richtete unter den Schweden, von denen nur 60 mit ihrem Kommandanten lebend gefangen wurden, wie unter den Einwohnern ein schreckliches Blutbad an; vor gänzlicher Zerstörung rettete die Stadt wohl nur die Rücksicht auf Wallenstein, den neuen Landesherrn. Die Schweden aber waren so erbittert, daß sie eine Zeitlang bei Begegnungen mit den Kaiserlichen die Besiegten und um Pardon Bittenden mit dem Zuruf „Neubrandenburgsch Quartier“ ohne Weiteres niedermachten.

Im Juni 1631 nahmen einzelne schwedische Streifkorps meklenburgische Plätze, so Oberst Pauly Güstrow, Rittmeister Moltke Malchin. Nachdem darauf Gustav Adolph die mecklenburgischen Herzöge förmlich als Landesherrn wieder eingesetzt und proklamirt hatte, brachen diese nach Vollendung ihrer Rüstungen mittelst schwedischer Gelder und Mannschaften, Ende Juli mit etwa 2000 Mann von Lübeck auf. Den Oberbefehl führten die Obersten Kalkum, gen. von Lohausen, aus dänischen Diensten übernommen, auch in der Literaturgeschichte wohl bekannt, und dü Menil; Hauptleute waren die Mecklenburger Raben, Holstein, Bülow, Zülow, Ilenfeld, sowie die Holsteiner Buchwald, Alefeld, Wisch. Am dritten Tage vor Schwerin an gelangt, begann sofort der Sturm auf die von nur etwa zweihundert Kaiserlichen unter den Hauptleuten Milatz und Kelly verteidigte Stadt; unter nicht beträchtlichen beiderseitigen Verlusten brachen die Mecklenburger am schwächsten Punkte der Befestigung, nämlich durch das Spielthor - wo auch im nächsten Jahrhundert zu Herzog Karl Leopolds Zeiten die Hannoveraner eindrangen -, in die Stadt. Die Kaiserlichen zogen sich ins Schloß; die Mecklenburger führten von der alten Kanzlei aus quer über die Reitbahn auf dem alten Garten bis zur Brücke Laufgräben, von wo aus sie das Schloß unter Feuer nahmen, welches aber kräftig erwidert wurde und auch mehrere Einwohner in ihren Häusern tödtete; als aber am zehnten Tage sechs Fähnlein Finnländer mit fünf Feldstücken auf den Ostorfer Bergen schanzten und das Schloß beschossen, gleichzeitig auch alle Prähme und Kähne der Umgegend herangeschafft wurden und von allen Seiten gleichzeitig gestürmt werden sollte, ergab sich die kaiserliche Besatzung gegen freien Abzug. - Herzog Adolph Friedrichs erste Sorge nach Wiedergewinn seines Stammschlosses war dessen gehörige Befestigung und Armirung. Er erbat zu solchem Zwecke leihweise Ueberlassung einiger Kanonen vom Erzbischof von Bremen, welcher aber antwortete, daß er durch seinen Kammerdiener (!) seine Geschütze habe untersuchen lassen, von diesem aber nur wenige brauchbar befunden seien, deren er selbst bedürfe. Endlich scheint von schwedischen Schiffen vor Wismar ausgeholfen zu sein.


Schnell setzten nun Mecklenburger und Schweden vereint, letztere unter General Tott, welcher sich aber Manches gegen die Herzöge herausnahm, die Einnahme der festen Plätze fort. - Schon Ende Juni hatte sich die Burg Plau, nachdem deren kaiserlicher Kommandant zu seiner Vertheidigung die Stadt angezündet und halb niedergebrannt hatte, dem schwedischen Oberst Monroe, einem Schotten, übergeben. - Dann gings Ende Juli vor Wismar, welches aber nebst dem Walfisch von dem kaiserlichen Kommandanten Freiherrn von Gramp trotz enger Blokade hartnäckig gehalten wurde; in der Belagerungsarmee werden auch als schwedische Obersten Mitglieder der mecklenburgischen Familien Moltke, Flotow, Stralendorf, Plüskow, Dewitz, Gadow genannt. Erst im Januar 1632, als Proviant mangelte, und auf Hülfe von Außen keine Aussicht war, erfolgte die Uebergabe gegen Abzug mit allen kriegerischen Ehren, d. h. „mit 2 schweren Karthaunen und einem Feldgeschütz und 20 Schuß, fliegenden Fähnlein. und Kornets (Standarten), Ober- und Untergewehr, brennenden Lunten, gefülltem Bandolier, die Kugel im Munde, unter Rühren aller Kriegsinstrumente.“ Gramp brach aber die Kapitulation, weil er einen Offizier der ihn und seine Truppen durch Mecklenburg bis zur Grenze geleitenden Bedeckungsmannschaft, welcher jene zum Uebertritt zu werben versuchte, ohne Weiteres niederschießen ließ; er wurde noch innerhalb Mecklenburgs von einer ihm nachgesandten größeren Truppenmacht eingeholt, kaufte sich von der verwirkten Todesstrafe durch 14000 Thaler los, und seine Soldaten wurden als kriegsgefangen „unterstellt“, d. h. der schwedisch-mecklenburgischen Armee eingereihet. Dies war damals bei Gefangenen überall üblich; heimliche Deserteurs wurden ohne Weiteres aufgeknüpft und die Reihen der Gefangenen immer sehr genau danach abgesucht, aber Kriegsgefangenen, Offizieren wie Gemeinen, war der Uebertritt unter die feindliche Armee gestattet. Der schwedische General Banèr klagt gelegentlich darüber, daß seine Regimenter meistens aus. „Untergestellten“ beständen. - Kommandant zu Wismar wurde gegen den Wunsch der mecklenburgischen Herzöge der Schwede Ryning, welchem demnächst noch während des Krieges seine Landsleute Liljesparre und Ulfsparre folgten; so wurde Wismar thatsächlich schon damals und noch vor dem Westfälischen Frieden für Mecklenburg verloren, das Ein- und Ausgangsthor für die schwedischen Streitmächte, der Anziehungspunkt für Schwedens Feinde, und dadurch Mecklenburgs Geißel.

Nachdem schon im September 1631 die Warnemünder Schanzen von den Mecklenburgern erobert, aber auch von Schweden besetzt waren, kapitulirte nach mehrwöchentlicher Belagerung im Oktober auch Virmond zu Rostock mit kriegerischen Ehren. Eine zweimalige Freudensalve von allen Regimentern rings um die Stadt mit 49 Geschützen und Kleingewehr feierte den Sieg. Kommandant wurde hier der mecklenburgische Befehlshaber Lohausen, der auch die Stadt während des ganzen Krieges zu behaupten verstand, sodaß sie nie in Feindes Hände fiel und der sichere Zufluchtsort vieler Tausende aus den übrigen Landestheilen wurde. - Im Dezember 1631 erhielt auch der kaiserliche Oberst Straube zu Dömitz mit 500 Mann freien Abzug; die Festung wurde von Mecklenburgern besetzt. - Leider war die Wegnahme dieser festen Plätze nicht ohne den völligen Ruin der meilenweiten Umgebung derselben ermöglicht, denn die Belagerer hausten dabei wie in Feindesland. Als im Lager vor Wismar bei Trommel- und Trompetenschall verkündet wurde, daß alle Marodeurs sofort aufgehängt werden sollten, rotteten sich dieSoldaten zusammen und riefen: „Man gebe uns, was uns gebührt, dann wollen wir schon des Fürsten Gebote befolgen.“

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg im dreißigjährigen Kriege