Die Folgen des langjährigen Krieges.

Der völlige Ruin Mecklenburgs durch den langjährigen Krieg ist in unseren Geschichtswerken oft genug beschrieben -, hier deshalb nur noch einiges bis dahin nicht Bekannte.

Der rauhe, an alle Kriegsschrecken gewöhnte schwedische General Banèr schreibt im September 1638 an seinen Reichskanzler Oxenstjern:


„in Meklenburg ist Nichts als Sand und Luft, Alles bis auf den Erdboden verheert“ -

und weiter, nachdem auch die große Pest hinzugekommen, welche in den mittleren Landstädten Tausende und in den kleineren Hunderte dahinraffte:

„Dörfer und Felder sind mit crepirtem Vieh besäet, die Häuser voll todter Menschen, der Jammer ist nicht zu beschreiben.“

Und die Landstände des Herzogthums Güstrow berichten schon im Dezember 1635, also noch vor den schlimmsten Kriegsjahren, an den Herzog:

„Ew. fürstl. Gnaden wollen sich in Gnaden erinnern
laßen, wie das die Königliche schwedische Armee in
diesem Lande nicht allein Logieret, sondern das auch
selbige Soldateska, Gott sey es im höchsten Himmel
geclagt, in demselben ohne alle unsere schuld und
ursachen keiner Kirchen und Gotteshauses, oder deren
Diener, auch der Schwangern und Seuglinge, ja der
Todten Körper in Jhrem Ruhebette ganz nicht
verschonet, sondern dieselben, wie auch fast alle
Adeliche und andere dieses Landes Einwohnern, auch
die Adelichen Wittiben, Frauen und Jungfrauen, auch
die Kleinen Unmündigen Kinder ohne allen Unterschied
geplündert, beraubet, geengstiget, jämmerlich
geschlagen, nackend und bloß außgezogen, allen Vorrath
an Viehe, Korn und was sonsten an mobilien und
Fahrnißen vorhanden gewesen, von den Gütern und aus
den Städten wegkgerißen, die Mühlen auff dem Lande
enzwey geschlagen und zunichte gemachet, keiner
lebendiger oder schriftlicher Salva Guardien, sie sein
gleich von dem Herrn Feld-Marschalcken ertheilet,
geachtet, sondern so elendig und erbärmlich in Kirchen,
Städten, auff Adelichen Häusern und Dörffern im Lande,
insonders mit nothzuchtigunge der Eheweiber, Mägden
und unerwachsenen Kindern, auch Sengen und Brennen
procediret und Haußgehalten, das solches alles nicht
beschrieben oder für zuchtigen Ohren gemeldet werden
kan, sondern mit Stillschweigen vorbey gegangen
werden muß;
dahero dan, Gott sey es geklaget, dieses entstanden, das
der Gottesdienst so woll in Städten, alß auff dem Lande,
in den ganz ruinirten Kirchen, biß dato nicht befurdert,
sondern hindangesetzet, redliche Leute ohne Ursache,
Königlicher Salva Guardien ungeachtet, auff ihren
gutem erbarmlich erschoßen, deren Frauen und Kindern
zu Wittiben und Weysen gemacht, die übrigen in dieser
kalten beschwerlichen Winterszeit von Hauß und Hof
nackend und bloß in das elend verjagt und dahero
Hungers und Blöße halber mit den Jhrigen sterben und
verderben; theils auch wegen großer verzweiffelunge,
engsten und nöthen in Leibes und Seelen gefahr gerathen mußten.
Wie den solche und dergleichen unerhörte
unmenschliche Insolentien und proceduren nicht mit
Zungen außgeredet und beschrieben oder mit heißen
Thränen genugsamb beklaget und beseuffzet werden
können.“

Zwar nicht plötzlich und unerwartet fielen die fremden Heere ins Land, sondern ihre Führer meldeten den Herzögen, welche mit dem Kaiser ihren Frieden gemacht, mit den Schweden jedenfalls nicht geradezu gebrochen hatten, auch mit dem schwedischen Herrscherhause nahe verwandt, und mit den Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg befreundet waren, in aller Form ihre Ankunft tagelang vorher an, baten auch höflich um Quartier und Kost. Die Herzöge entsandten Kriegskommissäre, meistens aus der Ritterschaft - worüber besonders die Städte sich beschwerten, weil angeblich die Lasten auf letztere gegenüber den Rittergütern ungleich vertheilt wurden - ins Feldlager der angemeldeten Truppen, und genaue Dislokationspläne wurden dann entworfen, auch die Gebührnisse in natura und baar genau festgestellt. Aber diese waren regelmäßig so übertrieben, daß ihre Leistung von vorn herein unmöglich war. So sollten haben ein Gemeiner täglich 2 Pfund Fleisch und 2 Pfund Brot nebst 1 Kanne Bier - ein Pferd täglich 1 Metze Hafer, 10 Pfund Heu, alle 10 Tage 4 Bund Stroh -, ein ganzes Regiment (von ungefährer Stärke eines jetzigen Bataillons) wöchentlich 46 Ochsen, 156 Schafe, 86 Tonnen Bier. Für einen Regimentsstab, nämlich Oberst, Oberstleutnant, Major, Quartiermeister, Wagenmeister, Prediger, Barbier, Profoß, Stockknecht, Scharfrichter - letztere damals vielbeschäftigt und zuweilen selbst schon einzelnen Kompagnien zugetheilt -, wurden alle 10 Tage beansprucht: 3 Rinder, 10 Schafe, 2 Schweine, 1 Scheffel Salz, viel Geflügel, und dazu täglich 1/4 Tonne Hering, 2 Speckseiten, 1/4 Tonne Dorsch, 1 Faß Neunaugen, 2 Scheffel Erbsen, 1 Scheffel Rüben, 24 Stübchen Essig, 1 Ohm Wein, 15 Tonnen Bier, 2 Pf. Pfeffer, 16 Loth Zimmt, 6 Pfund Rosinen, 3 Pfund Mandeln, 9 Pfund Kirschen, 3 Pfund Reis, 4 Pfund Kapern, 1 Zuckerhut, 2 Pfund Oliven, viele Fische - und wöchentlich baar für Oberst 180 Thlr., Oberstleutnant die Hälfte, Major 30 Thlr., Leutnant 8 Thlr., Gemeinen 1 1/2 Thlr. Gerechnet war hierbei auf die überaus zahlreiche Dienerschaft der Offiziere, wie denn z. B. ein Oberstwachtmeister (Major) 1 Leibschützen, 1 Koch, 7 Kutscher, 4 Reitknechte, 1 Stalljungen, 2 Aufwärter um sich hatte, welche Anzahl bei den obersten Befehlshabern ins Ungemessene stieg. Dazu kamen bei den Offizieren ihre Frauen, Kinder, selbst Schwiegereltern, Hofmeister, Erzieher, Gouvernanten, bei den Gemeinen wenigstens Frauen oder Dirnen. Dazu endlich viele Pferde für die zahlreichen Equipagen und Transportwagen. So befanden sich z. B. in Schwerin bei 2 Kompagnien Kaiserlicher von zusammen 250 Mann noch 113 Weiber, 56 Kinder, 38 Pferde. Das Feldlager war eben damals die Heimath der ganzen Familie.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg im dreißigjährigen Kriege