Aufsicht

Aufsicht des Rats über die Ausübung des Fleischergewerbes.

Die Stadtväter ließen es nun keineswegs dabei bewenden, die Abgaben der Fleischer einzufordern, sondern sie übten auch in Schlachtergewerbes. Hierher gehören in erster Linie die beiden heilsamer Weise eine Aufsicht aus über die Ausübung des ersten Bestimmungen jener Wismarer Neuordnung des Fleischerhandwerks vom Jahre 1372, auf welche schon hingewiesen wurde. Sie enthalten einen besonders vom hygienischen Standpunkt aus höchst wichtigen Erlaß über den Fleischverkauf. Es soll nämlich das Fleisch im Sommer nicht länger als 24 Stunden in frischem Zustand feilgehalten werden, im Winter nicht über 48 Stunden. Nachher darf es nur in eingesalzenem Zustande verkauft werden. Beide Bestimmungen lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Die erstere, die auch schon in einer Willküre des Rats vom 9. September 1323 überliefert ist, lautet in der zweiten Fassung wörtlich: De ratmanne beden unde willen, wes dar van vlesche gheslaghen wert an den sommerdaghen in deme soneavende, dat schal des sondaghes wesen vorkoft, unde des sondaghes geslaghen, dat schal des manedaghes syn vorkoft, unde des manedaghen avendes geslaghen, dat schal des dynchtedaghes syn vorkoft, et sic de singulis diebus.


Die große Umständlichkeit der Abfassung läßt darauf schließen, daß Übertretungen und Umgehungen der ratsherrlichen Verfügungen wiederholt vorgekommen sein müssen. Daß der Rat aber auch strenge die Befolgung seiner Bestimmungen überwachte, das beweisen wieder die Geldbußenregister aus jener Zeit. Mehrfach liest man dort von Strafgeldern, welche die Weddeherren der Stadt einziehen für Fleisch, welches über die erlaubte Zeit hinaus zum Verkauf ausgeboten wurde (pro carnibus superpositis). An anderer Stelle wird berichtet, daß ein Rostocker Bürger verfestet wurde, weil er Fleisch von gefallenem Vieh auf den Fleischbänken verkauft hatte.

Die Tatsache, daß eigens hinzugefügt wird: auf den Fleischbänken (in macellis), läßt es als möglich erscheinen, daß der Verkauf gefallenen Viehs nicht überhaupt verboten war, sondern daß vielleicht außer den Scharren am Markt noch Freibänke oder eine Freibank vorhanden waren, wo Vieh verkauft werden durfte, das etwa infolge Unfalls notgeschlachtet war, während das auf dem Markt verkaufte Fleisch einwandfrei sein mußte. Direkt sind solche Freibänke für Mecklenburg im 13. und 14. Jahrhundert nicht zu belegen. Aber das Urkundenbuch der Stadt Lübeck enthält eine Verordnung über den Verkauf von finnigem Fleisch aus dem Jahre 1355. Dieser sollte nicht von den Fleischhauern in ihren Verkaufsständen ausgeübt werden, sondern oppeden leeden bi des vrønen hus, und zwar sollte das Fleisch auf einem weißen Laken liegen 1).

Da nun Lübecker Recht in einer ganzen Reihe von mecklenburgischen Städten galt, wie in Wismar, Rostock, Gnoien, Alt- und Neukalen u. v. a., so ist es wahrscheinlich, daß sich die Einrichtung von Freibänken auch in Mecklenburg durchgesetzt hat.

Eine Strafe eigener Art traf die Hehler von gestohlenem Fleisch in Rostock. Man band ihnen das bei ihnen gefundene Fleisch auf den Rücken und jagte sie aus der Stadt.

Wenn sich auch für den Zeitabschnitt unserer Untersuchung keine bestimmten Nachrichten darüber erhalten haben, wann, wo und in welcher Weise eine Vieh- und Fleischbeschau ausgeübt wurde, so geht doch aus den obigen Angaben hervor, daß eine solche stattgefunden haben muß, und daß dabei der Rat nach Kräften die Rechte des kaufenden Publikums den Verkäufern gegenüber zu stützen suchte.
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1) Urkundenbuch der Stadt Lübeck III S. 186 Nr. CLXXXVI. - Das Vorhandensein solcher Freibänke in einigen Städten am Oberrhein ist nachgewiesen worden von M. Mechler a. a. O. S. 84.