Martin Luther – sein Leben und Wirken

30. Kapitel. Seine Schriften gegen die Juden. S. 898-903
Autor: Stang, Christian Franz Gottlieb, Erscheinungsjahr: 1839
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Luther, Reformation, Juden, Antisemitismus, Religion, Judentum, Christen, Judenhass, Judenverfolgung
Gegen das Ende des genannten Jahres (1541) stand es wieder besser mit seiner Gesundheit, wie wir aus einem Brief an D. Nic. Medler sehen, dem er von sich berichten tonnte: „Ich schreibe etwas kürzer, weil ich sehr beschäftigt bin. Denn ich bin in diesen Tagen wieder aufgelebt, ob ich schon halbtot war und habe zweimal ohne alle Beschwerde, was fast für ein Wunder gehalten wird, gepredigt.“

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Trotz dieser schwankenden Gesundheitsumstände entwickelte Luther in diesem Zeitabschnitt eine große, einflussreiche Tätigkeit. Zu Anfange des Jahrs 1542 beschenkte er die Welt mit seiner trefflichen Abhandlung „von den Juden und ihren Lügen“, wozu ein böhmischer Graf durch Zusendung einiger Juden-Bücher den Anstoß gegeben hatte. Mit dieser Schrift tat es um so mehr Not, als nicht allein die Juden selbst es wagten, ihre religiösen Ansichten gegen die Lehrsätze der Christen zu rechtfertigen, wie sich wirklich drei gelehrte Juden bei Luther in dieser Absicht einfanden und mit ihm disputierten, sondern sogar einige Schwärmer zum Judentum übertraten. Jene Unterredung Luthers mit den Juden war von geringem Erfolge, denn sie berufen sich nicht sowohl auf die heilige Schrift, als vielmehr auf ihre Rabbinen und Luther fand bald, dass um ihres Starrsinns willen mit ihnen nichts auszurichten sei. Diese letztere Meinung sprach er denn auch gleich im Anfange seines Traktats aus und erteilte den Rat, den er auch schon in seinem Briefe wieder die Sabbather angedeutet hatte, man soll, den Juden vorhalten, dass sie nun über l.400 Jahre im Elend und zwar ohne Herrschaft, Tempel und Priestertum seien, woraus erhelle, dass sie unter Gottes Zorn liegen, der sonst sein Volk nicht so greulich und lang ohne Trost und Hilfe plagen ließe. „Wo noch ein Funke Vernunft oder Verstands in ihnen wäre, müssten sie wahrlich bei sich selbst also denken: Ach, Herr Gott! es stehet und gehet nicht recht mit uns, das Elend ist zu groß, zu lange, zu hart, Gott hat unser vergessen etc. Ich bin zwar kein Jude, aber ich denke mit Ernst nicht gern an solchen grausamen Zorn Gottes über dies Volk, denn ich erschrecke davor, dass mirs durch Leib und Leben gehet. Was wills werden mit dem ewigen Zorn in der Hölle über falsche Christen und alle Ungläubigen? Wohlan, die Juden mögen unsern Herrn Jesum halten, wofür sie wollen; wir sehen, dass es also gehet, wie er sagt Luc. 21 : wenn ihr sehen werdet Jerusalem belagert mit einem Heer, so merket, dass herbeikommen ist ihre Verwüstung, denn das sind die Tage der Rache und wird große Not im Lande sein und Zorn über dies Volk. Summa, disputiere nicht viel mit Juden über die Artikel unseres Glaubens. Sie sind von Jugend auf also erzogen mit Gift und Groll wider unsern Herrn, dass keine Hoffnung da ist, bis sie dahin kommen, dass sie durch ihr Elend zuletzt mürb und gezwungen werden, zu bekennen, dass der Messias gekommen und unser Jesus sei. Sonst ist es viel zu frühe, ja gar umsonst, mit ihnen zu disputieren, wie Gott dreifältig, Gott Mensch, Maria Gottes Mutter sei. Denn Solches lässt keine Vernunft noch menschlich Herz zu, wie viel weniger solch ein verbittert, blind, giftig Herz der Juden? Was Gott selbst nicht bessert mit solchen grausamen Schlägen, das werden wir mit Worten und Werten ungebessert lassen. Moses konnte Pharao weder mit Plagen, noch mit Wundern, noch mit Bitten, noch mit Dräuen bessern, er musste ihn lassen ersaufen im Meer.

Um aber unseren Glauben zu stärken, wollen wir der Juden etliche grobe Torheit in ihrem Glauben und Auslegung der Schrift handeln, weil sie so giftig unseren Glauben lästern. Kommt’s irgend einem Juden zur Besserung, dass er sich schäme, ist’s desto besser.“ Luther zeigt nun, dass das Rühmen der Juden von ihrer Abstammung nach Ps. 51 usw. von der Beschneidung (denn auch Ismail sei beschnitten worden und Moses und die Propheten achten die leibliche Beschneidung nicht sehr hoch gegen die des Herzens, 5 Mos. w. 3 Mos. 26, Jerem. 4, 5, 6, 9 u. s. f) von ihrem Gesetze, weil sie es nicht halten, sondern ohne Unterlass dawider tun, Ps. 51, 113. Hos. 2 u. s. f. und vom Lande Canaan, aus dem sie ja verstoßen worden, ganz eitel und verkehrt sei. Sie wollen Gottes Volk sein mit ihrem Tun, Werken und äußerlichen Wesen und nicht aus lauter Gnade und Barmherzigkeit; darum ist da kein Rat, noch Hilfe, gleichwie unsere Papisten, Bischöfe, Mönche und Pfaffen samt ihrem Anhange wollen mit Gewalt Gottes Volk und Kirche sein und Gott solle sie ansehen, darum dass sie getauft sind, den Namen haben und im Regimente sitzen. Da stehen sie wie ein Fels, wenn hunderttausend Apostel kämen, und sprächen: ihr seid darum nicht die Kirche, dass ihr solch Wesen führet, oder viel eigene Werke und Gottesdienst, wo ihrs gleich aufs Beste machet, sondern müsset an alle dem verzweifeln und bloß lauter an der Gnade und Barmherzigkeit in Christo hängen etc., wo nicht, so seid ihr des Teufels Hure oder Bubenschule und nicht die Kirche. Ermorden, verbrennen, verjagen möchten sie solche Apostel wohl, aber dass sie sollten ihnen glauben, und ihr eigen Tun fahren lassen, da ist keine Hoffnung, da wird nichts aus. Eben so tun die Türken mit ihrem Gottesdienst auch, alle Rottengeister auch und ist alles voll Juden, Türken, Papisten und Rotten, die allesamt wollen Kirche und Gottes Volk sein nach ihrem Dünkel und Ruhm, ungeachtet des rechten, einigen Glaubens und Gehorsams göttlicher Gebote, dadurch doch allein Gottes Kinder werden und bleiben. Und ob sie wohl nicht alle einerlei Weise führen, sondern Einer diesen, der Andere jenen Weg vornehmen und mancherlei Weise hinaus wollen, so sind sie doch allesamt einerlei Meinung und endlichen Vornehmens, dass sie durch ihr Tun wollen dahin kommen, dass sie Gottes Volk werden und also rühmen und pochen, sie seiens, die Gott ansehen werde. ...

Das sind, fügt er in einem köstlichen Gleichnis hinzu, die Füchse Simsons, die mit den Schwänzen am Ende zusammenkoppelt sind, aber mit den Köpfen von einander laufen in mancherlei Wege.

Im andern Teil beweist er gründlich an verschiedenen Aussprüchen der heiligen Schrift, dass der Messias bereits gekommen sei (aber nicht wie einige Juden bekennen, der Messias sei erschienen um die Zeit, da Jerusalem zerstört worden, aber er sei heimlich in der Welt und sitze zu Rom unter den Bettlern und tue Buße für die Juden, bis die Zeit komme, dass er solle hervorbrechen). Sodann zeigt er die Nichtigkeit ihrer Klagen vor Gott über die Christen, dass wir sie im Elend gefangen halten, und bitten heftiglich, dass Gott wollte sein heiliges Volt und lieben Kinder von unserer Gewalt und Gefängnis erlösen und zwar uns, Heiden durch ihren Messias alle totschlagen und vertilgen, damit sie aller Welt Land, Güter und Herrschaft kriegten. „Nun siehe, ruft er aus, welch eine feine, dicke, fette Lüge das ist, da sie klagen, sie seien bei uns gefangen. Es sind über 1.400 Jahre, dass Jerusalem zerstöret ist und wir Christen zu der Zeit schier 300 Jahre lang von den Juden gemartert und verfolget sind in aller Welt, dass wir wohl möchten klagen, sie hätten uns Christen zu der Zeit gefangen und getötet, wie es die helle Wahrheit ist. Dazu wissen wir noch heutiges Tages nicht, welcher Teufel sie her in unser Land gebracht hat; wir haben sie zu Jerusalem nicht geholet. Zudem hält sie noch jetzt Niemand, Land und Straßen stehen ihnen offen; mögen ziehen in ihr Land, wenn sie wollen; wir wollten gerne Geschenk dazu geben, dass wir ihrer los würden, denn sie uns eine schwere Last, wie eine Plage, Pestilenz und eitel Unglück in unserm lande sind. Zu Wahrzeichen sind sie oft mit Gewalt vertrieben (schweige, dass wir sie sollten halten) aus Frankreich (das sie Zarpath nennen aus Obadia) als einem feinen, sonderlichen Nest. Jetzt neulich sind sie von dem lieben Kaiser Karolo aus Hispanien (welches sie Sepharad auch aus Obadia nennen), dem allerbesten Nest vertrieben u. s. f.

Heißt das gefangen halten, wenn man einen nicht leiden kann im Land ober Hause? Ja wohl, sie halten uns Christen in unserm eigenen Lande gefangen, sie lassen uns arbeiten im nassen Schweiß, Gelb und Gut gewinnen, sitzen dieweil hinter dem Ofen, faulenzen, pompen und braten Birn, fressen, saufen, leben sanft und wohl von unserem erarbeiteten Gut, haben uns und unsere Güter gefangen durch ihren verfluchten Wucher, spotten dazu und speien uns an, dass wir arbeiten und sie lassen faule Junker sein von dem Unsern, und in dem Unsern; sind also unsere Herren, wie ihre Knechte mit unserm eigenen Gut, Schweiß und Arbeit, fluchen darnach unserm Herrn und uns zu Lohn und Dank. Sollte der Teufel hie nicht lachen und tanzen, wenn er solch fein Paradies bei uns Christen haben kann, dass er durch die Juden, seine Heiligen, das Unsere frisset und uns zu Lohn Maul und Nasen voll tut, spottet und flucht Gott und Menschen dazu.“ —

In diesem dritten Teile gibt er nun Ratschläge, was man mit diesem verworfenen Volke zu tun habe, und hier geht er nun freilich in seinem Eifer zu weit, in dem er sagt, man solle ihre Synagogen mit Feuer anstecken und der Erde gleich machen, ihre Häuser zerstören, ihnen ihre Gebetbüchlein und Talmudisten, darin solche Abgötterei, lügen, Fluch und Lästerung gelehret werden, den Rabbinen das lehren, den Anderen den Handel, hauptsächlich den Wucher verbieten, und ihnen das durch Wucher gestohlene oder geraubte Gut nehmen und zur Verwahrung bei Seite legen; den jungen starten Juden und Jüdinnen aber solle man Flegel, Art, Karst, Spaten, Rocken, Spindel in die Hand geben und sie ihr Brot verdienen lassen im Schweiß der Nasen, wie Adams Kindern aufgelegt sei, 1 Mos, 3. Wenn sie dies aber nicht leiden wollen oder Gefahr bei ihrem Dienste zu besorgen sei, so möge man sie aus dem Lande jagen nach den Beispielen Frankreichs, Spaniens, Böhmens u. a. m. „Ich höre sagen, dass die Juden große Summen Gelds geben und damit den Herrschaften nütze sind. Ja wovon geben sie es? Nicht von dem Ihren, sondern von der Herrschaft und Untertanen Güter, welche sie durch Wucher stehlen und rauben. Und nehmen also die Herrschaften von ihren Untertanen, was die Juden geben, d. i. die Untertanen müssen Geld dazu geben, und sich schinden lassen, für die Juden, damit sie im Lande bleiben, getrost und frei lügen, lästern, fluchen und stehlen können. Sollten die verzweifelten Juden des nicht in die Faust lachen, dass wir uns so schändlich äffen und narren lassen und unser Geld geben, dass sie im Lande bleiben und alle Bosheit treiben mögen; über das noch reich dazu werden von unserm Schweiß und Blut, wir aber arm und von ihnen ausgesogen werden? Wenn das Recht ist, dass ein Knecht, ja ein Gast oder ein Gefangener möge seinem Herrn oder Wirt jährlich 10 fl. geben und dafür 1.000 fl. stehlen, so ist der Knecht und Gast leicht und bald reich, der Herr und Wirt in Kurzem ein Bettler worden. — Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen; da ist kein menschlich Herz gegen uns Heiden. Solches lernen sie von ihren Rabbinen in den Teufelsnestern ihrer Schulen usf.“ ...

Martin Luther als Mönch. Holzschnitt von Lukas Cranach

Martin Luther als Mönch. Holzschnitt von Lukas Cranach