Marienburg.

Neugesammelte Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden.
Autor: Baader, Bernhard ca. 1801-1859, Erscheinungsjahr: 1859
Themenbereiche
Auf einem Berge bei Obergrombach liegt das Schloß Marienburg. Als in der Gegend die verheerende Bräunkrankheit herrschte, wurde, wenn Jemand starb, auf dem hohen Schloßthurm eine kleine Glocke geläutet, die deßhalb das Bräunglöcklein hieß.

Von der Burg haben unterirdische Gänge nach Obergrombach, in das Frauenkloster bei Helmsheim und in das Schloß in den Steinhaufen geführt; sie sind aber jetzt, wie die Burg selbst, größtentheils verfallen. In dieser hat man schon Mittags zwischen elf und zwölf Geister kegeln hören, und Nachts zeigt sich daselbst ein sternförmiges Licht und eine schneeweiße Frau, welche nur auf der großen Zehe einen schwarzen Flecken hat.

Ebenda und im benachbarten Burgwingert geht ein ehemaliger Aufseher der Schloßkelter um, welcher sich an derselben erhängt hat. Er wird der Kelterhännsle genannt und pflegt manchmal nach den Vorübergehenden mit Erdschollen zu werfen.

Einst ließ sich ein Bursch in das tiefe Gewölbe an einem Seil hinab. Darin sah er große Fässer herumliegen und einen Mann regungslos an einem Tische sitzen. Nachdem er ihn vergebens angeredet hatte, berührte er ihn, und da fiel derselbe als Staub auseinander. Ebenso fielen die Fässer, als sie angefaßt wurden, in Stücke. Der Wein war darin, durch die Länge der Zeit, ganz eingetrocknet.

Ein anderes Mal gruben Nachts drei Männer stillschweigend nach der Kiste voll Geld, die unter dem großen Thurme verborgen liegt. Endlich stießen sie auf dieselbe, und da sprach einer von ihnen: »Jetzt sind wir darauf!« Bei diesen Worten versank die Kiste dröhnend in die Tiefe, und die Männer hatten das leere Nachsehen.