Der Kaiser und der Pudel

Kaiser Joseph der Zweite ging eins im Augarten spazieren, als ihn ein großer schöner Pudel ansprang und gar nicht von ihm weichen wollte. Anfangs stieß der Kaiser den Hund zurück; da dieser aber gar nicht nachließ, ihm zu liebkosen, so streichelte er ihn, und behielt ihn bei sich. Der Hund folgte mit aufs Schloss, wo der Monarch bei näherer Besichtigung zu seinem großen Erstaunen gewahr ward dass der Pudel ein schwarzes Halsband um hatte, auf welchem die Worte mit silbernen Buchstaben umstanden: Kaiser Joseph. Da der Kaiser ein Freund von Hunden war, so zweifelte er nicht weiter, dass dieser Pudel ausdrücklich für ihn bestimmt, und vielleicht durch ein ihm unbekanntes Jägerkunststück abgerichtet worden sei, ihn auf seinem Spaziergange anzuspringen und nicht von ihm zu weichen. Er forschte verschiedentlich nach dem Urheber dieser Galanterie; aber alle Nachfragen bei Hofe waren vergebens. Niemand konnte etwas von dem Pudel und von dem Halsbande erfahren.

Nach Verlauf von etwa vier Wochen ging der Kaiser wieder spazieren, und sein treuer Pudel war bei ihm. Auf einmal sprang dieser von ihm, und einem alten, dicken Schlächter entgegen, der die Straße entlang kam, sogleich den Pudel mit Namen Muffel anredete, ihn freundlich klopfte und sich ausnehmend zu freuen schien, ihn wieder zu sehen. Der Kaiser, den diese ganze Szene sehr frappierte, ging jetzt auf den Schlächter zu, und fragte ihn, ob dies sein Hund sei?


„Ja, Euer Majestät, gab der Schlächter zur Antwort, er ist mir lange fortgewesen und ich bin recht froh, dass ich ihn wieder habe.“

„Ich sehe wohl,“ sagte der Kaiser, „dass dieser Pudel ihm gehört, weil er ihn gleich so freundlich angesprungen; aber wenn er ihn sonst lieb gehabt hat, wie kommt er denn dazu, ihm ein Halsband zu geben, worauf die Worte: Kaiser Joseph, stehen?“

„Euer Majestät halten zu Gnaden! versetzte der Schlächter; es steht nicht Kaiser Joseph darauf, sondern Joseph Kaiser, dies ist mein Name.“
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mannigfaltigkeiten