Der Anfruhr zu Stendal.

Mündlich.

Dicht am Rathhause zu Stendal steht die gewaltige Bildsäule des Roland, von dem man sich mancherlei Sagen erzählt. So wird namentlich berichtet, daß er verheirathet, und der, welcher zu Buch steht, seine Frau sei. Andere sagen auch, wenn er es um Mitternacht zwölfe schlagen höre, so drehe er sich dreimal um. Wegen dieses Rolands wäre es fast einmal zwischen dem Rath und den Bürgern zu blutigem Streit gekommen. Das kam so:


In Stendal erschien ein Bildhauer, der meinte, der Roland sei für das große Rathhaus nicht ansehnlich genug, ging daher zum versammelten Rath und bot sich an, er wolle ihn länger machen. Die Rathsherren meinten aber, sie wollten ihn nicht länger haben, worüber sich jener gekränkt fühlte, zu den Bürgern umher ging und das Gerücht aussprengte, der Rath wolle den Roland nicht länger haben. Dadurch brachte er denn natürlich die gesammte Bürgerschaft in Aufruhr, sie kamen wild daher gestürmt, belagerten das Rathhaus und schrieen unaufhörlich, sie wollten den Roland noch länger haben. Da klärte denn der Rath das Mißverständniß auf, und alles ging lachend und zufrieden, daß der Roland bleiben sollte, nach Hause.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Märkische Sagen und Märchen