MARBURG. RB Cassel Kreisstadt.

Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bd.1, Mitteldeutschland
Autor: Dehio, Georg (1850-1932), Erscheinungsjahr: 1914
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MARBURG. RB Cassel Kreisstadt.

Elisabeth-K. Gegründet 14. Aug. 1235 als K. der Deutschordensniederlassung und zugleich als Wallfahrts-K. zu Ehren der h. Elisabeth † 1231. Die Franziskaner-Kap., in welcher deren Grab stand, mußte dem Neubau weichen; sie lag im Bereich des jetzigen nördl. Querarms. — Neben der Liebfrauen-K. in Trier ist die Elisabeth-K. der früheste Bau Deutschlands in einheitlicher und abgeklärt gotischer Gedankenentwicklung. Die in jüngster Zeit für Wetzlar und Haina erhobenen Prioritätsansprüche haben keinen genügend festen Grund. Jedenfalls hat der Meister seine Kunstanschauungen nicht dort, sondern in Frankreich selbst sich erworben, (in Soissons, Reims u. Cambray) wodurch er zugleich in nahe Schulverwandtschaft mit dem Meister der Trierer Liebfrauen-K. tritt. Die Art, wie er den neuen Stil anwendet, ist sehr selbständig. Der Sondercharakter des Planes besteht in der Verbindung eines im Hallensystem aufgebauten Langhauses mit einem streng zentralisierenden Ostbau. Das Problem des Zusammenschlusses dieser beiden Bestandteile ist jedoch nicht vollkommen harmonisch gelöst. Von der Vierung ausgehend, entwickeln sich der Chor und die Kreuzarme genau symmetrisch; jeder dieser Teile hat 1 schmales Rechteckjoch, dann ein Halbjoch, an das sich, mit gemeinschaftlichem Schlußstein, ein halbes 10Eck anschließt. Das Lhs. hat 6 Joche, den durch die Ostpartie vorgezeichneten Abmessungen entsprechend. Dadurch entstehen, abweichend von den westfälischen Hallenanlagen, für die Sschiffe sehr schmale Joche und enger Querschnitt. Eine weitere Folge ist, dass die Sschiffgewölbe wie auch die Scheidbögen gegen das Msch. bedeutend gestelzt werden mußten, um die gewollte Gleiche der Scheitelhöhe zu erreichen (formal eine empfindliche Härte, die von nun ab auf längere Zeit in der hessischen Schule die Regel blieb). Die Wände des Chors und Qsch. sind in 2 Fenstergeschosse geteilt (nach dem Vorbild von St. Léger in Soissons und St. Yved in Braisne) und diese Anordnung dann auch auf das Lhs. übertragen, wo sie mit dem Hallensystem in Widerspruch tritt. Die Fenster sind in beiden Reihen von gleicher Größe und Form und dank der Abwesenheit von Sschiffsdächern von geringem Abstand, so daß die Auflösung der Wand schon weit gediehen ist. Das Maßwerk ganz einfach, großer von 2 Spitzbgg. getragener Kreis, bei kräftigem Profil von trefflicher Wirkung. [pg 253] Die Pfll. kreisrund mit 4 Diensten besetzt, im Durchmesser gut zur Höhe gestimmt, weniger gut zu den sehr eng genommenen Arkadenöffnungen, wie denn überhaupt das Lhs. im Verhältnis zu der hohen Raumschönheit der Zentralpartie einen unfreien Eindruck macht. — Das Äußere ergibt sich in seiner Gliederung unmittelbar aus dem Innenbau, doch stört hier nichts mehr die Harmonie; die Komposition ist in hohem Grade klar, die Formensprache voll schlichter Kraft; sie beschränkt sich, wie im Gegensatz zum rom. Stil zu beachten ist, streng auf tektonische Formelemente; freies Ornament, wesentlich Laubwerk, kommt nur an den Portalen vor. Die Strebepfll. steigen senkrecht auf, um erst in der Höhe der oberen Fensterbögen einen starken Rücksprung zu machen; Wasserschläge, entsprechend den Hauptteilungen des Fenstersystems, gliedern sie; ihr oberer Abschluß ist wagerecht, mit dem Kranzgesimse verkröpft, so daß sich Raum zur Anlage von Wasserkesseln ergab, die ihren Inhalt durch einfache Speier entladen. Besonders wuchtig sind die Gesimse geraten, nicht nur das Kranzgesims, sondern auch die beiden Kaffgesimse; letztere vermögen dadurch zugleich als Umgänge (80 cm br.) zu dienen und es haben demgemäß die Strebepfll. Durchlässe erhalten. — Trotz der nur mittelgroßen Abmessungen (innere L. ohne Turmhalle 56 m, Br. des Langhauses 21,55, Querschiff 39, H. der Gewölbe 20,2) die Bauführung langsam. Der nördl. Kreuzarm beg. 1249, die zwei ersten Joche (von O gerechnet) beg. 1255, das Langhaus und der Unterbau der Türme bis zum ersten Gesims beendigt 1270, Wölbung der OTeile und feierliche Hauptweihe 1283. Fortführung und Vollendung der Türme 1314-60. In den Stilformen bis E. 13. Jh. wenig Wandel. Dagegen können wegen der Einheitlichkeit des Planes Zweifel nicht unterdrückt werden. Mehreres spräche dafür, daß ursp. ein Zentralbau geplant war: die Herrschaft der älteren Ritterorden, die Bestimmung als Grabkirche, der Schulzusammenhang mit Trier, die sehr erkennbaren Unsicherheiten im Anschluß der OTeile an die WTeile, besonders zwischen dem ersten und zweiten Joch. Wenn auch der OBau dem Bau in Haina m. E. vorangeht, so dürfte doch die Idee der Hallen-K. von dort entlehnt sein. — Die Fassade ist sehr einfach gehalten, wesentlich auf die ausdrucksvolle und harmonische Führung der großen Linien vertrauend. Wenig stimmt nur das von der Cölner Schule beeinflußte große mittlere Prachtfenster, noch weniger der überreich geschmückte westl. Staffelgiebel. Das WPortal gehört wohl der Bauzeit kurz nach 1270. Es ist besonders zu beachten, als eine von französischen Vorbildern unabhängige, die rom. Portalidee in [pg 254] got. Formen übersetzende Lösung. Die Portale der Langseiten (um 1255) noch rundbg. — Die Rest. M. 19. Jh. ist ohne feineres Stilgefühl durchgeführt und hat manche baugeschichtlich wichtige Einzelzüge verwischt. Ihr gehört u. a. der Dachreiter aus Zinkguß über der Vierung, an Stelle eines einfachen älteren, und die Umgestaltung der Dächer.

Ausstattung. Sie ist von seltener Vollständigkeit und Stileinheit. — Mausoleum der h. Elisabeth im nördl. Kreuzflügel. Der das Grab übersteigende steinerne Baldachin ist wohl erst um 1290 hierher versetzt und stand vermutlich früher über dem Hochaltar. Das Gemälde der Rückwand (Tod der Elisabeth) durch Übermalung des 19. Jh. entwertet. Der Sarkophag jetzt in der Sakristei, an der Vorderseite des Untersatzes Relief. — Hochaltar um 1290, in der Entwicklungsgeschichte des Altars ein wichtiges Dokument. Hinter der aus Steinplatten zusammengefügten Mensa erhebt sich eine Retabelwand; sie enthält 3 gleich hohe Nischen, darüber Wimperge und Fialen, letztere schon übereck gestellt; das Ornament von vollendetster Meißelarbeit; in den Nischen je 3 Statuetten; es scheint, daß die Nischen ursp. durch auf- und niederschiebbare Holztafeln, welche bemalt zu denken sind, verschlossen werden konnten; an der Rückwand Ansätze zu einem nicht ausgeführten Kreuzgwb., welches vermutlich den metallenen Reliquienschrein tragen sollte. — 4 Seitenaltäre an den östl. Querschiffswänden; Katharinen- und Elisabeth-Altar im NFlügel, Johannes- und Martins-Altar im SFlügel. Im 13. Jh. gestiftet, scheint ihr Retabelschmuck nicht zur Ausführung gekommen zu sein. Jetzt tragen sie mit Schnitzwerk gefüllte Schreine, auf den bemalten Flügeln bez. 1511, 1512, 1514. — Lettner unter dem westl. Vierungsbg. um 1330-40. An ihm ist vieles erneuert und verändert, namentlich die Mittelpartie über dem Laien-(Kreuz-)Altar, welche ursp. auf das Weltgericht bezügliche Figg. enthielt Der jetzt aus der Mitte aufsteigende hölzerne Bogen aus E. 13. Jh. gehörte zum alten Kreuzaltar; neben ihm ursp. die jetzt in die Sschiffe verwiesenen Kredenztische. Von Interesse die kleine Emporbühne an der Rückseite (welche 1860 den Restaurator Lange verleitet hat, nach dem Schiff zu eine Predigtkanzel auszubilden). — An der SSeite des Chors Celebrantenstuhl 2. H. 14. Jh., in Holz den Formen des Steinstils nachgehend. Die reizende Statue der h. Elisabeth aus sp. 15. Jh., die Nebenfigg. neu. — Hinter dem Hochaltar Piscina. — An der NSeite Wandtabernakel aus 15. Jh. — Unter der Vierung die Chorstühle [pg 255] der Ritter, einfach, E. 13. Jh. — Grabdenkmäler. Die Mehrzahl im südl. Kreuzflügel (»Landgrafenchor«) vereinigt, Aufstellung nicht ursp., die Tumben ganz oder überwiegend neu. I. östl. Reihe: 1. Konrad von Thüringen, Deutschordensmeister † 1241, Ausführung jünger; 2. Aleydis † nach 1333 und ihr kleiner Sohn; 3. Heinrich † 1308 (früher irrig für eine Frau gehalten!) und sein Sohn Heinrich † nach 1297; 4. Johannes † 1311; 5. Ludwig I. † 1458, ausgeführt 1471. II. Westl. Reihe: 6. Ludwig II. † 1471, ausgeführt 1478, und Mechthild 1495; 7. Heinrich III. † 1484; 8. Wilhelm II. † 1509, unter der von Arkaden getragenen Platte der von Schlangen benagte Leichnam; 9. Heinrich und Elisabeth, Kinder Hermanns des Gelehrten. Am Chorschluß Margarethe von Nürnberg. Die künstlerisch bedeutendsten sind Nr. 3 und 4, ausgeführt ca. 1315-30 von demselben ausgezeichneten, in Frankreich gebildeten Meister, dem das Stifterdenkmal in Cappenberg (Westfalen) und das Ravensbergdenkmal in Bielefeld gehört. Zu beachten ist, daß Landgraf Otto, in dessen Zeit die Ausführung fällt, die Tochter des in Bielefeld bestatteten Grafen von Ravensberg zur Gemahlin hatte. — Die an der Wand aufgestellten Grabsteine ohne Bedeutung. — Von den in diesem Bauteil aufgehängten Trauerschilden, Wappen, Fahnen ist nur ein kleiner Teil erhalten; bmkw. die Schilde Konrads und Heinrichs aus 13. Jh. — Im nördl. Kreuzflügel 3 gravierte und niellierte Platten des Hans von Dörnberg und seiner zwei Frauen, E. 15. Jh. — Ornamentale Gewölbemalerei im Chor spgot. — Glasmalerei. Jetzt nur in den Chorfenstern zusammengestellt aus den Teilen einer ursprünglich größeren Folge. Das nordöstl. und südöstl. Fenster der oberen Reihe 2. V. 14. Jh. Alles übrige noch 13. Jh. Genauere Zeitbestimmung nicht leicht. Haseloff entschied sich für Beginn bald nach 1249. Der Stil würde dieser Datierung nicht widersprechen, allein es ist sehr fraglich, ob die Bauführung damals schon weit genug vorbereitet war. Sicher ist aber der Stilcharakter unfranzösisch, aus der byzantinisierenden Epoche der deutschen Monumentalmalerei zu erklären. Kunstwert vom Besten. Ikonographisch besonders interessant die Szenen aus dem Leben der h. Elisabeth. — Schrein der h. Elisabeth in der Sakristei, rck. Kasten mit steilem Dach, Material vergoldetes Kupfer, Statuetten Christi, Maria, der hl. Elisabeth u. der zwölf Apostel, am Dach Reliefs aus dem Leben der hl. Elisabeth, der Schmuck der Perlen und Edelsteine von den Franzosen 1810 gestohlen; zu den allervorzüglichsten Exemplaren der Gattung gehörend. Kruzifix auf dem Kirchhof südl. vom Chor 16. Jh.
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Dominikaner-K. (Universitäts-K.) A. 14. Jh. Unsymmetrische Hallenkirche, Rundpfll. mit runden Gesimsen, flache Decke. Die Strebepfll. an der SSeite wegen des anstoßenden Kreuzgangs nach innen gezogen. Der gestreckte aus 8 Eck geschlossene Chor höher als das Sch.

Barfüßer-Klst. zur Bibliothek umgebaut.

Karner bei der Pfarr-K. Gr. Rck. Im Erdgeschoß 2 frgot. Kreuzgwbb. Das höhere Obergeschoß, eine ursp. flachgedeckte Kap., 1684 als Pfarrwohnung umgestaltet.

S. Kilians-Kap. 1sch. rom. Gwb.-Bau, 1584 als Speicher eingerichtet, jezt Schule.

Kugel-K. Gest. 1477 für die Brüder vom gemeinsamen Leben, gew. 1482. 1sch. mit 7 Joch und Schluß aus 8 Eck. Reiches Netzgwb. mit ursp. Bemalung. Großes Sakramentstabernakel um 1482 (von gleicher Hand wie das Fritzlarer). — Das Fraterhaus rck. mit 3 Stockwerken, einfach spgot.

Gottesacker-Kap. S. Michael. Einfach frgot.

Luth. Marien-Pfarr-K. Chor gew. 1297, Sch. gew. 1356, Turm 1447-1473. Hallenkirche mit gestrecktem aus 8 Eck geschlossenem Chor. Letzterer hat nach innen gezogene, keilförmige, an der Stirn mit starken Diensten besetzte Strebepfll. Die Fenster in jüngerer Zeit überarbeitet. Das Äußere des Lhs. verhältnismäßig reich. Im S ein Doppelportal, das mit dem darüber befindlichen 6teiligen Fenster ein Ganzes bildet. Die Streben mit Blenden und Kragsteinen für (jetzt fehlende) Statuen. Das Dachsims reich gegliedert. Der Turm hat mächtige ins Kreuz gestellte Streben, Abschluß mit Gruppen größerer und kleinerer Fialen, Zinnenkränzen, schlankem von 4 Holzgiebeln umgebenem Holzhelm. Altaraufsatz 1625 mit vielen Alabasterskulpturen, letztere mit Zusätzen nach 1667. Messingtaufkessel um 1590. Wandtabernakel um 1350 mit Stifterwappen, 2 Prophetenhalbfiguren, Weinrebenumrahmung, Zinnenkrönung 2-1/2 m hoch. Das schmiedeeiserne Gitter 1503. Wandgrab des Landgrafen Ludwig III. † 1604 und seiner Gemahlin Hedwig von Württemberg † 1590, lebensgroße Bildnisfigg. in Alabaster, reiche architektonische Umrahmung. — Desgleichen für Ludwig IV. † 1626 und Magdalena v. Brandenburg † 1616, errichtet

1628, dem vorigen in der Anlage ähnlich. Schöne Abschlußgitter 1592 und 1831.

Siechenhaus-Kap. Einfach got. E. 13. bis A. 14. Jh.

Rathaus. 1512-24. Bruchstein auf rck. Grundriß, hoher 3stöckiger Aufbau mit Staffelgiebeln. Die Langseitfassade erhält einen kräftigen Akzent durch den Treppenturm mit originellem Renss.-Aufsatz 1586. Sehr fein die Nebenakzente [pg 257] der Erkertürmchen an den Ecken. Ein hübsches Detail die spgot. Tür mit Relief der h. Elisabeth von Ludwig Jupe 1524. Getäfelter Saal.

Fürstl. Kanzlei (Regierungsgebäude). Einfacher Renss.Bau von 1575.

Deutsches Haus. Der nur teilweise erhaltene und wechselnden Zwecken adaptierte Gebäudekomplex (jetzt zum Teil für Universitätsinstitute) bildet die Umgebung der Elisabeth-K., früher mit einer hohen Mauer klösterlich abgeschlossen. Seit der Aufhebung des Ordens 1809 wieder gefallen. Erhalten ist, jedoch nicht unverändert, das älteste Bruderhaus mit dem vorgekragten Chorerker der Hauskapelle im Übergangsstil. Als Komturwohnung der spgot. Bau mit Treppengiebel und Erker. Ausgedehnt waren die landwirtschaftlichen Gebäude, davon erhalten der Fruchtspeicher von 1515 und die Mühle von 1513.

Wohnhäuser. Ecke Marktplatz und Steingasse, got. um 1580. Nikolaistr. 133 spgot., am steilen Walmdach 5 polygone hölzerne Türmchen mit Spitzhelmen. Ecke Markt und Wettergasse 296 stattliches Haus des Vizekanzlers Vultejus um 1600, Erdgeschoß spgot. Mehrere gute Fachwerkhäuser und Portale der Sp.Gotik und Renss.

Schloß. Großenteils 13.-15. Jh. Drei Flügel sind so geordnet, daß sie einen schmalen trapezoiden Hof zwischen sich lassen. Der Verteidigungszweck wog nicht ausschließlich vor, so daß einem großartigen Saalbau (voll. 1311) und einer ansehnlichen Kapelle (gew. 1288) Raum gegeben wurde. Diese beiden Bauten sind das Bedeutsamste, was die deutsche Schloßarchitektur der früheren Gotik im Sinne des Kunstbaues geleistet hat. Der Saalbau hat über dem hohen Keller zwei Hauptgeschosse. An der gegen den Abhang liegenden W- und NSeite ist er durch starke Wandpfll. verstrebt, die sich an den Ecken turmartig verstärken und über dem Dachgesims in freistehende 8eckige Türmchen mit Wendeltreppen auslaufen. (Die Spitzdächer neu, vorher welsche Häubchen.) In der Mitte der NSeite ein Risalit mit Staffelgiebel. Künstlerisch der wichtigste Bestandteil ist der das ganze Obergeschoß einnehmende sogenannte Rittersaal (33,5 l., 14 br., 7,8 h.). Seine Anlage nahe verwandt derjenigen der Klosterrefektorien. Eine mittlere Reihe von 4 Pfll. teilt den Raum in 2 Sch., die von 2 × 5 quadr. Gwbb. überspannt werden. Die kräftigen, unter sich gleichen Rippen (im Profil geschärfter Rundstab, begleitet von 2 sehr kleinen Kehlen; ähnlich im Schloß Rauschenberg) wachsen ohne Vermittelung durch Kaptt., nur durch ganz kleine Kragsteine im Ansatz markiert, aus den Kanten der [pg 258] 8eckigen Pfll. heraus, welche demgemäß übereck gestellt sind. An den Wänden einfache Kragsteine. Die mit Laub geschmückten Schlußsteine sind das einzige Ornament. Der räumliche Rhythmus erhält seinen Charakter durch die tiefe Lage der Kämpferpunkte (2,6 m über Boden bei 7,8 Scheitelhöhe). An jeder Schildwand je 2 enge zusammengerückte 2teilige Fenster, mit einer oberen kreisförmigen Öffnung Gruppe bildend, alle 3 von spitzbg. Blende eingerahmt (also verglichen mit der Elisabeth-K. eine Rückbildung des Maßwerks). — Die 3 in den Saal führenden Türen wurden 1572 mit üppigem Renss. Täfelwerk umkleidet (neuerdings durch C. Schäfer willkürlich verändert, der auch den großen Renss.Kamin durch einen neugot. ersetzte). — Kapelle. Zweistöckig, mit größter Raumausnutzung den engen Ortsverhältnissen angepaßt. Die eigentliche Kap. im Obergeschoß. Der Gr. verschmilzt in eigenartiger Weise longitudinale und zentrale Anlage. An ein mittleres querrechteckiges Kreuzgwb. schließen sich im O und W symmetrisch Gwbb. aus 5 Seiten des 8Ecks, im N und S flache, trapezförmig sich verengende Nischen, für die der Raum durch erkerartigen Ausbau über der stärkeren Mauermasse des Unterbaues gewonnen ist. Aus dem östl. Polygon führt ein Durchgang in die über dem Burgtor liegende Sakristei. Die Durchbildung des Innern gibt den stilgeschichtlichen Moment des Überganges von der Frügotik zur Hochgotik in klassischer Formenreinheit. Der Meister steht zu der Schule der Elisabeth-K. in keiner näheren Beziehung. Von Einzelheiten sind hervorzuheben die schlanken, mit abgebrochenen Laubbüscheln besteckten Dienstkaptt. und die eigenartige Zeichnung des Maßwerks, in dem Kleeblattbgg. mit mehrfach gebrochenem Vierpaß verschmolzen werden. Fußbodenmosaik aus farbig glasierten Tonplättchen. Die Polychromie des 15. (16.?) Jh. wurde durch C. Schäfer entfernt und durch schematische Quadermuster ersetzt, nur ein kolossaler S. Christoph whgest. Am Äußern Strebepfll. von 3eck. Gr., auf dem Rücksprung des Unterbaues ruhend. Der letztere hat im Innern zwei rippenlose Kreuzgwbb.; der Gebrauchszweck des Raumes ist nicht überliefert. 1572 ihm vorgelegt eine Renss.Laube, die zur malerischen Belebung des Schloßbildes günstig beiträgt. — Der südl. und westl. Flügel wurde in den 60er und 70er Jahren des 16. Jh. renss. verändert. — Abgesondert steht der neue Bau, 1489 ff. — Von der Schloßbefestigung, die noch im 18. Jh. das ganze Plateau umfaßte, sind einige Türme erhalten; dazu die bis zur Kugelkirche reichende Verbindungsmauer mit der Stadtbefestigung.