Guten Abend. Rudolf Löwenstein

Es ist schon dunkel um mich her:
ich finde keine Herberg’ mehr —
ach, liebes Blümchen, lass mich ein!
Das spricht: Komm’, Käfer, nur herein —
du sollst mir schön willkommen sein!
Guten Abend!

Den Vöglein ist im Nest so kalt:
Lieb’ Mutter, wir erfrieren bald!
Ach bist du uns denn gar entflohn? —
Die spricht: Hier, Kinder, bin ich schon,
mach’ euch ein warmes Nest zum Lohn —
Guten Abend!


Drauf schließt die Blum’ ihr Pförtelein,
der Vogel singt die Kleinen ein
und deckt sie mit den Flügeln weich.
Da kommt der Abendwind sogleich
und wiegt in Ruhe Blum’ und Zweig —
„Guten Abend!

Rudolf Löwenstein (1819-1891) deutscher Schriftsteller jüdischer Herkunft
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Lust und Freude