Erzählung. Friedrich Rückert

Es ritt ein Herr, das war sein Recht,
zu Fuße ließ er gehn den Knecht;
er reitet über Stock und Stein,
dass kaum der Knecht kann hinterdrein.
Der Treue schleppt sich hinterher
dem leichten Ritt und fürchtet sehr,
zu Falle komm’ er schwer.

„Herr! Herr!“ erschallt des Knechtes Ruf,
„ein Nagel ging euch los vom Huf;
und schlagt ihr nicht den Nagel ein,
so wird der Huf verloren sein,“
„Ei, Nagel hin und Nagel her!
der Huf hat ja der Nägel mehr
und hält noch ohngefähr.“


Und wieder schallt des Knechtes Ruf:
„Herr! losgegangen ist ein Huf;
und schlagt ihr nicht das Eisen an,
so ist es um das Ross getan.“
„Hufeisen hin, Hufeisen her!
das Rösslein hat Hufeisen mehr
und geht noch wie vorher.“

Und eh' der dritte Ruf erschallt,
da ist er an den Stein geprallt;
das Rösslein liegt und steht nicht auf,
geendet ist des Herren Lauf.
Er spricht nicht mehr: Ross hin, Ross her!
er rafft sich auf und schreitet schwer
mit seinem Knecht einher.

Friedrich Rückert (1788-1866) deutscher Dichter, Übersetzer, Lehrer, Gelehrter für Begründer der deutschen Orientalistik
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Lust und Freude
Friedrich Rückert (1788-1866) deutscher Dichter, Übersetzer, Lehrer, Gelehrter für Begründer der deutschen Orientalistik

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