Ludwig von Hörnigk (1600-1667) Führender deutscher Jurist, Arzt und Autor

Aus: Frankfurter Handelsgeschichte. Band 3
Autor: Dietz, Alexander Dr. (1864-1934) Rechtsanwalt und Notar sowie Wirtschafts- und Sozialhistoriker, Erscheinungsjahr: 1921

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Frankfurt a. M., Handelsgeschichte, Frankfurter Buchmesse,
Nach dem Tode des Dechanten von Hagen, welcher 40 Jahre seines Amtes gewaltet hatte, bildete die Amtsführung seiner beiden Nachfolger, des Dr. Ludwig von Hörnigk und des Georg Friedrich Sperling, in der Zeit von
1654 — 1685 eine fortgesetzte Beunruhigung und Belästigung der Messebuchhändler und war für den Rat eine Quelle zahlreicher Beeinträchtigungen und Kränkungen.
Schon die Ernennung ihres entlassenen Stadtarztes Dr. von Hörnigk war eine schwere Kränkung*). Er gehört zu der Gruppe von Männern, wie sie während und nach jeder langen Kriegsdauer emporzukommen pflegen, meist begabte
Schriftsteller und begeisterte Patrioten, aber zugleich Höflinge und gefährliche Phantasten, teilweise sogar Hochstapler.

*) V. Lersners Chronik, Bd. II, Teil 2, S. 223 und 224; Wilhelm Stricker, Geschichte der Heilkunde, S. 284 und 285; derselbe, Archiv, N. F., Bd. IV, 1869, S. 237—246.

Ludwig v. Hörnigk war ein Sohn des hiesigen Pfarrtürmers und Stadtmusikus Veit Hörnigk aus Borna, wurde 1625 praktischer Arzt, nach einigen Jahren Stadtphysikus und Hospitalarzt. Von einem unersättlichen Streben nach Auszeichnungen erfüllt, wusste er sich bereits 1629 den Reichsadelsstand sowie Stellung und Titel eines kaiserlichen Rates und Hofpfalzgrafen und eines herzoglich Pfalz-Veldenzschen Rates zu verschaffen. Als Schriftsteller verfasste er zunächst einige medizinische Werke: wie „Der Judenarzt“, in welchem er sich von fanatischem Judenhass beseelt zeigt, eine Abhandlung über die Pest, Beschreibungen von Wiesbaden und des Schwalbacher Sauerbrunnens, eine Politica Medica. Dann wandte er sich auch der Juristerei zu und erwarb 1638 zu Marburg die juristische Doktorwürde.

Bei einem Streit mit den hiesigen Materialisten, welchen er Betrug bei der Theriakbereitung vorgeworfen hatte, stellte sich die Stadt auf deren Seite, nahm seine angedrohte Entlassung als Stadtarzt im Juni 1643 an und verhaftete ihn wegen seiner anzüglichen und hitzigen Schreibweise. Ein gleiches Schicksal wiederfuhr ihm im Oktober als Hospitalarzt wegen begangener Gewalttätigkeit und Unbotmäßigkeit. Nunmehr trat er als Oberamtmann und Rat in die Dienste des Grafen von Solms-Rödelheim und ging, als der Kurfürst von Mainz mehrere Jahre zu Frankfurt im Roten Haus auf der Zeil residierte, in dessen Lager über, wurde sein Rat und trat 1649 in Wien zum Katholizismus über. Diesen Schritt rechtfertigte er in einer Schrift: 20 Ursachen warum ich katholisch worden, wogegen die beiden hiesigen Geistlichen Waldschmidt und Spohrer in Gegenschriften diese Ursachen widerlegten und ebenso viele Ursachen anführten, warum er bei der Evangelischen Religion hätte standhaft verbleiben sollen. Von seinen Zahlreichen Kindern wurde der älteste Sohn Geheimrat und Minister bei Kurmainz, ein zweiter beim Fürstbischof von Passau. Am bekanntesten ist sein Sohn Johann v. Hörnigk als patriotischer und sittengeschichtlicher Schriftsteller geworden, er verfasste die berühmte Schrift: "Österreich über Alles wenn es will". Eine seiner Töchter verheiratete sich mit dem ebenfalls als patriotischer volkswirtschaftlicher Schriftsteller bekannten Dr. Joachim Becher aus Speyer, der sein abenteuerliches Leben in England beschloss. Zunächst stellvertretender und seit 1654 wirklicher Bücherkommissar, vertrat Dr. v. Hörnigk ohne Rücksicht auf die Gerechtsame
seiner Vaterstadt mit besonderer Schärfe die kaiserlich-katholischen Interessen.

In zwei Schriften verfocht er auch das Kaiserliche Postregal und gab kurz vor seinem Tode noch einen juristischen Traktat: Stella notariorum, heraus, welchem sein von Sebastian Furck gestochenes Bildnis beigefügt ist.

Wegen der Einzelheiten seiner und seines Nachfolgers Sperling rücksichtslosen Tätigkeit als Bücherkommissare sei auf die ausführliche Schilderung bei Kapp verwiesen. Es fanden Visitationen der Druckereien und fast alljährlich bei Messefremden Konfiskationen von Büchern statt, so dass der Rat schließlich an diese eine förmliche Aufforderung richtete, dem Dr. v. Hörnigk keine Folge mehr zu leisten.

Herbst 1661 befahl der Kaiser dem Rat, den amtlichen Messekatalog vor seinem Druck dem Bücherkommissar mitzuteilen, und März 1679 untersagte er ihm jede
eigene Konfiskation. Schließlich traten die evangelischen Reichsstände für Frankfurt ein; ihr Konvent erhob zuerst im Dezember 1669 auf dem Reichstag zu Regensburg und erneut 1679 und März 1686 Einspruch gegen die Gewaltmaßnahmen des Sperling. Auch die rücksichtslose Art und Weise, wie er die Pflichtexemplare der neuen Bücher einforderte und die Erhöhung ihrer Zahl durchzusetzen suchte, hat der Frankfurter Büchermesse großen Abbruch getan. Namentlich die Holländer und Schweizer weigerten sich, seinem Verlangen nachzukommen, und drohten mit
dem Wegbleiben von der Messe. Aus diesem Grunde haben sie aber sicherlich nicht ihre Absicht tatsächlich verwirklicht. Wie Goldfriedrich mit Recht hervorhebt, sind die Gründe für den Rückgang Frankfurts viel zu allgemein und liegen zu tief, als dass die Maßnahmen einzelner Behörden mit ihnen in eine Reihe gestellt werden könnten. Soviel ist aber gewiss, so fährt er fort, dass die kaiserliche Regierung an ihrem Teil das möglichste getan hat, um das Zurückgehen der Frankfurter und Heranreifen der Vorherrschaft der Leipziger Messe zu befördern.

Seine abschließende Regelung fand im 17. Jahrhundert das ganze Pressewesen durch das kaiserliche Patent vom 25. Oktober 1685 und die an dieses sich anschließende kursächsische Verordnung vom 27. Februar 1686.

Der Bücherkommission lag nicht nur die Pressepolizei, sondern auch die Einziehung der Pflichtexemplare von den privilegierten und bald auch von den unprivilegierten Büchern ob. Die Handhabung dieser fiskalischen Tätigkeit bildete die Hauptquelle der Belästigungen der Buchhändler; sie leisteten aber energischen Widerstand und werden als saumselig und halsstarrisch bezeichnet. Im Jahre 1608, als der Bücherkommissar schärfer vorging, erklärten die Venezianer und später oftmals die Holländer, dass sie die von ihren großen und kostbaren Verlagsbüchern geforderten Freiexemplare nicht abgeben könnten. Deren Zahl war bei den privilegierten Büchern inzwischen von zwei auf vier erhöht worden; von den unprivilegierten war eines abzugeben. Außerdem waren an die Ratsbibliothek nach einer Verordnung von 1621 zwei Exemplare aller hier gedruckten und verlegten Werke und ferner den Herren Scholarchen, das sind die Ratsdeputierten für das Kirchen- und Schulwesen, welchen das Predigerministerium über die von ihm zensierten theologischen Werke Bericht zu erstatten hatte, Freiexemplare abzuliefern, was aber regelmäßig nicht geschah. Der Kommissar Dr. v. Hörnigk behauptete 1649, dass in den letzten zehn Jahren kein privilegiertes und unprivilegiertes Werk an die kaiserliche Bibliothek übersandt worden sei, und erneuerte seit dem Jahre 1650, in welchem er von den privilegierten Büchern fünf Pflichtexemplare, von den unprivilegierten eines verlangte, fast alljährlich diesen Anspruch. Bald darauf erhob auch der Erzbischof von Mainz den Anspruch auf ein sechstes und 1678 der Bücherkommissar einen solchen auf ein siebtes Exemplar. An dieser Zahl wurde dann dauernd festgehalten.

In wiederholten Vorstellungen wies der Rat den Kaiser darauf hin, dass die Ausländer lieber die hiesigen Messen aufgeben und sich anderswohin wenden würden, wo sie derartigen Beschwerden und Lasten nicht unterworfen wären. Auf Interzession ihres Wiener Gesandten setzten die Holländer 1710 durch, dass sie wenigstens von der Abgabe der Pflichtexemplare von ihren unprivilegierten Büchern befreit wurden. Alle anderen mussten von diesen nach Artikel 7 der kaiserlichen Verordnung vom 10. Februar 1746 drei, von den privilegierten die bereits erwähnten sieben Exemplare abliefern. Um sich dieser Verpflichtung zu entziehen, hatten die Buchhändler schon seit mehr als einem halben Jahrhundert vielfach eine Anzeige und Aufnahme ihrer neuen Bücher im Messekatalog unterlassen.

Frankfurt, 068 Hörnigk Ludwig von (1600-1667) führender deutscher Jurist, Arzt und Autor

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Frankfurt, 033 Das Buchhändlerhaus zum Wetterhahn in der Alten Mainzer Gasse

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Frankfurt, 014 Die St. Leonhardskirche

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Frankfurt, 029 Der Weinmarkt am Leonhardstor

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Frankfurt, 043 Die Friedberger Warte mit Schlagbaum; auf der Landstraße ein vierspänniger Reisewagen

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Frankfurt, 079 Das Leinwandhaus

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Frankfurt, 081 Der Liebfrauenberg mit den Porzellan- und Glashändlern zu Messezeiten, dahinter die Häuser zum Paradies und Grimmvogel

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Frankfurt, 104 Gasthaus zum Römischen Kaiser

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Frankfurt a. M. Aus Hans Holbeins Totentanz

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Frankfurt, 063 Geschäftshaus zum Landseck, Neubau des Junkers Flad von 1544

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Frankfurt, 079 Treppenaufgang zur Herrenstube der Patriziergesellschaft Alten-Limpurg

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Frankfurt, 081 Eckhaus zum weißen Ross in der Galgengasse vermutlich erbaut von den Seidenhändlern v. Hoicken

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