Louise von François (1817-1893) - Die Stufenjahre der Dichterin. Biographie

Zur Erinnerung an die 100. Wiederkehr ihres Geburtstages am 27. Juni 1917 von
Autor: Professor Ernst Schroeter, Erscheinungsjahr: 1917
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Francois, Louise, deutsche Erzählerin, Schriftstellerin, Biographie, Dichterin
Inhaltsverzeichnis
  1. Die Vorfahren.
    1. Die von François.
    2. Die Hohls.
    3. Die Eltern.
  2. Die Stufenjahre der Dichterin.
    1. Die glückliche Kindheit.
    2. Der Stiefvater Herbst.
    3. In Weißenfels (Heimat und Schule).
    4. Einfluss der Freunde und Erlebnisse.
  3. Jugend- und Brautzeit.
  4. Entsagen und Suchen.
  5. Die Zeit des dichterischen Schaffens.
  6. Der stille Abendfrieden.
  7. Literatur.
Einleitung zur Biographie von Louise von François

„Eine Dichterin von Gottes Gnaden“ nannte Gustav Freytag Louise von François in der Besprechung ihres Romans „Die letzte Reckenburgerin“ und begründete damit ihren Ruhm. Aber eine Modeschriftstellerin wie so manche andere ihrer Zeit, ist sie nicht geworden, auch geizte sie nicht danach, da sie dem verflachten Zeitgeschmack hätte Opfer bringen müssen. So blieb der Kreis der Verehrer ihrer eigenartigen, reizvollen Muse nur klein, und leider hatten die nicht so ganz Unrecht, die nach ihrem Tode meinten, Louise von François sei in deutschen Landen fast vergessen.

Aber das Echte, Edle, Schöne kann nicht verloren gehen. Seit jenen Tagen hat sich manches gewandelt, auch der Geschmack. In Almanachen, Zeitschriften, Einzelschriften, Einleitungen zu einzelnen ihrer Werke wurde ihre Dichtkunst gewürdigt, keine der in der letzten Zeit zahlreich erschienenen Literaturgeschichten unterlässt es, ihrer lobend zu gedenken, ein kurzes Lebensbild zu entwerfen und auf einen der Romane, besonders „Die Reckenburgerin“ einzugehen. So sind ihre Lebensschicksale in der Hauptsache auch weiteren Kreisen bekannt geworden und haben nicht allein bei der gefühlvollen weiblichen Jugend Teilnahme erweckt.

Aber man weiß nicht nur von ihr, man lobt sie nicht nur, an ihr erfüllt sich auch die Lessingsche Forderung, dass sie fleißiger gelesen wird, mehr als zu ihren Lebzeiten.

Dass sich die kleine Françoisgemeinde so vergrößert hat, verdankt man hauptsächlich dem Inselverlage, der vor einer Reihe von Jahren das Verlagsrecht der meisten ihrer Romane und Novellen erworben und in seiner Romanbibliothek zunächst die beiden Romane „Die letzte Reckenburgerin“ und „Frau Erdmuthens Zwillingssöhne“ herausgegeben und in 20.000 und 10.000 Exemplaren verbreitet hat. In demselben Verlage erscheint zur Feier des 100. Geburtstages der Dichterin eine Auswahl ihrer Werke, die außer den beiden genannten Romanen auch die „Stufenjahre eines Glücklichen“ und einen Band „Meisternovellen“ umfassen wird, das schönste Geburtstagsgeschenk für die Manen der Dichterin.

Außerdem ist die gediegene Novelle „Die goldene Hochzeit“ gleichfalls vom Inselverlage in etwa 10.00O Exemplaren verbreitet, während die historische Erzählung „Fräulein Muthchen und ihr Hausmaier“, die vor den Toren von Weißenfels spielt und den echten
Preußengeist der François atmet, in den „Wiesbadener Volksbüchern“ sogar die Höhe von 80.000 Exemplaren erklommen hat.

Diese Erzählung, sowie die im Teubnerschen Verlage erschienene „Formalität“ sind sogar zur Schullektüre geworden und haben damit doch Wohl die Klassizität der Dichterin dargetan.

In Weißenfels, der Heimat, die so oft von ihr verherrlicht wurde, hat man die Dichterin ebenfalls nicht vergessen. Neben Novalis und Müllner wird sie hier mit Stolz genannt, verehrt und — gelesen.

Auch ein Denkstein wäre an ihrem 100. Geburtstage errichtet worden, wenn sie nicht selbst die ablehnende Antwort gegeben hätte durch Fräulein Muthchens Mund, in der sie sich selbst gezeichnet hat:

Als der befreundete Pfarrer ihrer Gemeinde diese in den Tagen von Groß-Görschen um ein Scherflein für die Mission bittet, schlägt sie es rund ab, da sie kein Geld habe, „Keines für diesen Zweck. Jetzt nicht, vielleicht später. — Ich bin reich, aber zu arm für unsere Not. Das Nächste voran bei allem Tun, auch beim Wohltun.“

Das Wort gilt in der Zeit des Weltkrieges, wo so viele Opfer gebracht werden müssen, auch für eine Sache, für die alle Kreise der Bevölkerung gern beisteuern möchten, auch für ein François -Denkmal.

Dazu hat das Museum schon eine Verehrungsstätte für die Dichterin geschaffen. Zu den bisher gesammelten Bildern und Briefen hat es durch hochherzige Stiftung kürzlich den größten Teil des literarischen Nachlasses, fast alle Erstausgaben, die „Briefe der Tarnow und anderer bedeutender Persönlichkeiten an die Dichterin erwerben können. So ist ein Grundstock gelegt, auf dem die Sammlung der Françoisreliquien Weiterbauen kann.

Ein Beitrag zur Festfeier soll auch das folgende kurze Lebensbild sein. Es geht in seinen Grundzügen auf einen im Weißenfelser Verein für Natur- und Altertumskunde gehaltenen Vortrag zurück und erhebt nicht den Anspruch, eine abschließende Biographie zu geben. Es sucht die bisher bekannten Nachrichten zu vereinigen und, wo nötig, zu berichtigen, durch Benutzung des Nachlasses, besonders des handschriftlichen Materials, zu erweitern und durch Heranziehen der Werke zu vertiefen.

Vor allem aber soll gezeigt werden, wie Louise von François durch Anlage, Erziehung und Schicksal zur Dichterin geworden ist, und wie auch sie in Entsagung, Arbeit und Pflichterfüllung den wahren Sinn des Lebens erfüllt und somit trotz aller Not des Lebens die „Stufenjahre einer Glücklichen“ durchlaufen hat.

01. Louise von François (1836-1895)

01. Louise von François (1836-1895)

02. Das Hohlsche Erbhaus. Die Südseite des Marktes mit dem Holschen Erbhaus.

02. Das Hohlsche Erbhaus. Die Südseite des Marktes mit dem Holschen Erbhaus.

03. Das Haus der Frau Odina Weydermann geb. Kleinicke, Promenade 25, in dem Louise von François „Die letzte Reckenburgerin“ schrieb.

03. Das Haus der Frau Odina Weydermann geb. Kleinicke, Promenade 25, in dem Louise von François „Die letzte Reckenburgerin“ schrieb.

04. Louise von François, Jugenbildnis.

04. Louise von François, Jugenbildnis.

05. Louise von François bei einer Aufführung in polnischer Tracht im Jahre 1847.

05. Louise von François bei einer Aufführung in polnischer Tracht im Jahre 1847.

06. Das Kleinickesche Haus in der Deichstraße 2, in dessen Mansarde die Dichterin von 1874-1893 wohnte.

06. Das Kleinickesche Haus in der Deichstraße 2, in dessen Mansarde die Dichterin von 1874-1893 wohnte.

07. Das selbe Haus wie Bild 06. mit dem Wintergarten.

07. Das selbe Haus wie Bild 06. mit dem Wintergarten.

08. Ausblick auf die Saale von der Mansarde des Hauses in der Deichstraße.

08. Ausblick auf die Saale von der Mansarde des Hauses in der Deichstraße.

09. Der Stiefvater und die Mutter der Dichterin im Alter.

09. Der Stiefvater und die Mutter der Dichterin im Alter.

10. Die Grabstätte der Dichterin.

10. Die Grabstätte der Dichterin.