Lotsenübernahme in Norwegen (S. 139).

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 4. 1917
Autor: G. M., Erscheinungsjahr: 1917

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Schon in Friedenszeiten, wenn die Schifffahrt ungestört ihre Wege zieht, ist der Beruf des Lotsen anstrengend, verantwortungsvoll und gefährlich wie kaum ein anderer. In dem Augenblick, wo der Lotse das Deck des nach ihm verlangenden Schiffes betritt, führt er über alle seemännischen Maßnahmen den Oberbefehl, und Kapitän, Steuermann und Mannschaften haben allein nur noch seinen Anordnungen zu folgen.

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Die Stellung des Lotsen ist gesetzlich international geregelt, die Art seiner Tätigkeit aber richtet sich naturgemäß nach örtlichen Verhältnissen. So erstreckt sich der Führerbereich der deutschen Lotsen an der Elbe- und den anderen Flussmündungen der Nordsee weit in die offene See hinaus. Die Lotsendampfer, die ihre Piloten an die nach deutschen Plätzen fahrenden Schiffe abgeben, kreuzen bis Terschelling vor der holländischen Küste. Die Lotsen werden auf großen, seefesten Schiffen „versetzt“, die sich oft tage- und wochenlang im Sturm der Nordsee aufhalten. Anders sind die Aufgaben der norwegischen Lotsen, die an der von engen Fjorden zerklüfteten Küste fast immer innerhalb der Landgewässer bleiben und nur selten auf hohe See fahren. Man findet hier nur ganz vereinzelt größere Lotsendampfer. Die Lotsen segeln meist in kleinen, offenen Booten dem Einfahrt suchenden Schiff entgegen. Die Stationen liegen an den Eingängen der Fjorde, und das gesetzte Flaggensignal genügt, um den gewünschten Piloten heranzurufen. Größere Schiffe nehmen mit ihren Kränen den Lotsen samt dem Boot an Deck. Sind die Fjorde auch meist sehr tief, so ist das Fahrwasser doch häufig eng und mit gefährlichen Klippen und Stromversetzungen durchzogen, so dass genaueste Ortskenntnis nötig ist, um große Fahrzeuge ohne Schaden landeinwärts zu bringen. Alle nordischen Lotsen führen, um als solche kenntlich zu sein, in ihren: Segel eine braungefärbte Bahn und außerdem noch die nationale Kriegsflagge. Auf der Kommandobrücke angelangt, begrüßt der Lotse den Führer des Schiffes, der ihm Tiefgang und Geschwindigkeit seines Fahrzeuges meldet. Dann lässt er den Maschinentelegraphen spielen und gibt die Ruderkommandos, und wenn sein Machtbereich abgefahren und für die weitere Fahrt der neue Lotse an Bord ist, wird er auf dieselbe Weise zu Wasser gebracht, auf die er wenige Stunden vorher an Deck gekommen ist. — Gute Reise! G. M.

Lotsenübernahme in Norwegen

Lotsenübernahme in Norwegen