Plinius

Wie schon erwähnt musste die Zaubermedizin zu Plinius Zeiten (23—79 n.Chr.) in Rom schon große Verbreitung gefunden haben. Vergeblich verhöhnt Plinius in seinen Schriften die Magier mit ihren lächerlichen Behauptungen. Plinius Schriften selbst mussten dazu dienen, den Aberglauben weiter zu verbreiten, denn wenn er auch beabsichtigt, „der Menschheit nützlich zu sein, indem er die ungeheure Thorheit der Magier widerlegt, denn diese Leute erzählen mit lockenden Worten so vieles von den Edelsteinen, was die Wunder ihrer arzneilichen Wirkungen weit überschreitet“, so sind gerade „zum dauernden Schaden aller späteren Naturgeschichte trotz aller Verurteilungen, eben durch die Verurteilenden selbst . . ., besonders aber durch Plinius diese Zaubersteine in die ernsthaft gemeinte Heilmittellehre eingedrungen.“ Auch verwirft Plinius durchaus nicht alles, was ihm von der Wirkung der Edelsteine bekannt wurde, und nur, wenn ihm eine Angabe gar zu unwahrscheinlich erscheint, wie z. B., dass ein einfarbiger Achat den Kämpfer unüberwindlich mache, oder dass Chelonia einem die Zukunft erschließe, oder gar dass der Heliotrop seinen Träger unsichtbar mache, nimmt er dagegen Stellung. Im allgemeinen ist er kein Gegner der Edelsteinmedizin; dieselbe erscheint ihm, wie seinen Zeitgenossen, ganz rationell und theoretisch richtig. So bemerkt er beim Achat, welcher gegen die Stiche der Spinnen und Skorpione helfen soll, dass er diese Wirkung allerdings vom sicilischen Achat erwarte, „weil vor allem durch die Luft dieses Landes die giftigen Skorpione vertilgt werden.“

Es ist interessant, zu beobachten, dass nur seit langem in den Mittelmeerländern bekannte Steine, und hierunter wieder gerade die seit Urzeiten im Gebrauch stehenden Bernstein, Nephrit („Grüner Jaspis“) Achat, bei Plinius als richtige Arzneimittel anerkannt werden; und es zeigt uns diese Thatsache zugleich, dass eben diese altehrwürdigen Naturprodukte auch seit Urzeiten in Italien und Griechenland medizinische Verwendung fanden, während die aus dem Orient später eingeführten Steine erst in nachplinianischer Zeit als Heilmittel allgemeine Anerkennung fanden.


Das letzte uns erhaltene Buch des Plinius (Buch 37) behandelt die Edelsteine. Seine Steinliste umfasst etwa 200 Namen; die meisten davon bezeichnen ganz unbekannte Steine, die nie ein menschliches Auge erblickt hat. Die bekannten Edelsteinnamen stimmen, wie schon bei Theophrast bemerkt wurde, nicht immer mit unsern heutigen Begriffen überein.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Lithotherapie