Physiologus, Epiphanios

Aus früherer Zeit muss hier noch der griechische Physiologus nachgetragen werden, welcher der griechisch-alexandrinischen Literatur aus dem Anfang des zweiten christlichen Jahrhunderts zugerechnet wird, ein Produkt ägyptischer und hebräischer Tiersymbolik, das im Mittelalter zu den gelesensten Büchern gehörte und in vielen Übersetzungen existiert. Dieses Buch nennt hauptsächlich Tiere und knüpft an sie fromme Betrachtungen an; doch auch einige Mineralien, so der Diamant, Achat, Magnetstein etc. sind aufgenommen. Der Physiologus ist wichtig als Urtypus der späteren symbolisierenden Naturbetrachtung, wie solche in Mittelalter und Neuzeit gang und gäbe war. An irgend ein Tier, eine Pflanze, mit Vorliebe aber an einen der zwölf Edelsteine aus dem Brustschilde des jüdischen Hohepriesters wurde angeknüpft und eine erbauliche Predigt angeschlossen. Ergötzlich ist in dieser Hinsicht ein zu Nürnberg anno 1614 gedrucktes Büchlein, welches den Prediger und Professor an der hohen Schule zu Altdorf, Jakob Schopper, zum Verfasser hat. Der etwas lange Titel des Buches lautet: „Biblisch Edelgesteinbüchlein/ Das ist: Abcontrofähung/ beschreibung und Geistliche bedeutung der 12. Ebelgestein/ Welche der Hohepriester im Alten Testament an dem Amptschildlein seines Henpriesterlichen Leyds getragen/ darein die Namen ber 12. Stämm Israel sind eingegraben gemesen/ wie Exodi am 28. zu lefen ist. In welchem wir allerleiy Christlicher Lehren/ Vermanungen und Trosts erinnert werden.“

Überhaupt hat die Bibelexegese eine ganze Menge Literatur über die zwölf Edelsteine des Hohepriesters und die weiterhin bei Jesajas, Ezechiel und in der Apokalypse genannten Steine gezeitigt. In einzelnen dieser exegetischen Schriften findet sich auch Medizinisches. So in einer der ältesten, dem Kommentar des Bischofs Epiphanios *) über die 12 Steine im Gewande Aarons. Die 12 Steine sind Sarder, Topas, Smaragd, Karfunkel, Saphir, Jaspis, Ligurius, Achat, Amethyst, Chrysolith, Beryll, Onyx, außerdem Diamant, „den der hohe Priester gleichfalls trug, wenn er drei Mal im Jahre das Allerheiligste betrat“. Medizinische Angaben finden sich bei Sarder, Topas, Saphir, Jaspis, Ligurius, Achat und Chrysolith, allerdings öfters mit dem Zusätze, dass Betrüger und Fabeldichter solches berichten.


*) Dem Epiphanios, Bischof von Konstantia in Cypern († 403), wird die Überarbeitung des oben erwähnten griech. Physiologus zugeschrieben (Christ, S. 911). Vergl. hierzu die Abhandlung von M. Goldstaub in Philologus, Suppl. Bd. VIII. 1899-1901, S. 494 ff.




Dieses Kapitel ist Teil des Buches Lithotherapie