Litauen das besetzte Gebiet - sein Volk und dessen geistige Strömungen.

Autor: Gaigalat, Wilhelm Dr. phil. (1870-1945) litauischer Theologe, Historiker und Politiker, Erscheinungsjahr: 1917
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Litauen, Baltikum, Annexion, Russland, Politik, Kunst, Juden, Krieg, Geschichte, Gumbinnen, Kowno, Wilkomir, Friedrichstadt
Inhaltsverzeichnis
    Vorwort.
  1. Geologisches
  2. Zur Landeskunde des ethnographischen Litauen
  3. Grenzen der litauischen Sprachgebiete und Anzahl der Litauer
  4. Litauens Geschichte
    1. Litauen bis zur Annexion durch Russland
    2. Geographie und Verwaltung Litauens vor dem Jahre 1795
    3. Litauen unter russischer Herrschaft
      1. Beseitigung der Autonomie u. Russifizierung der Ämter
      2. Konfiskation von Land und das Verbot des Landerwerbes
      3. Russifizierung der Schulen und Beschränkung der Volksbildung
      4. Das Druckverbot und seine Folgen
      5. Der litauisch-nationale Kongress in Wilna 1905
      6. Litauen nach der Revolution
      7. Der nationale Aufschwung
  5. Das politische Leben in Litauen
  6. Die katholische Kirche in Litauen
  7. Der Protestantismus in Litauen
  8. Litauische Sprache und Literatur
  9. Litauische Kunst
  10. Wirtschaftliche Verhältnisse in Litauen
  11. Litauer und Deutsche
  12. Litauer und Polen
  13. Litauer und Weißrussen
  14. Litauer und Letten
  15. Litauer und Juden
  16. Die Litauer während des Krieges
  17. Ausblicke auf die künftige Gestaltung Litauens
Vorwort

Als unsere Truppen in Litauen einrückten und dann in verhältnismäßig kurzer Zeit das ganze ethnographische Litauen besetzten, las man in den Zeitungen zahlreiche Artikel über Land und Leute des bis dahin dem weiteren Europa und auch dem deutschen Volke fast ganz unbekannten Volkes. Man schrieb über den freundlichen Empfang, der unseren Truppen dort bereitet wurde. Man schaute in die Zukunft und malte sich eine Kolonisation des Landes in den schönsten Farben aus. Aber die Berichte waren so widersprechend, daß der unbefangene Leser schließlich nicht wußte, was wahr und was erdichtet, was wirklich geschaut und erlebt war, und was man sich nur eingebildet hatte. Publizisten, wie Rohrbach, Michaelis u. a., traten in den Vordergrund und veröffentlichten die ausführlichsten und eingehendsten Berichte über Litauen, als ob sie dort seit Jahrzehnten heimisch gewesen wären, während sie das Land doch nur oberflächlich kannten oder es zum erstenmal als Kriegsberichterstatter betraten. Wertvolles Material brachten einige wenige Aufsätze über Litauen, unter denen ich mit besonderer Anerkennung hervorheben möchte die Arbeiten Bezzenbergers "Ostpreußische Grenzlande" in der "Zeitschrift für Politik" und "Werdegang des litauischen Volkes", letztere bereits vor dem Kriege veröffentlicht in der „Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte“, (ein Aufsatz, dessen ausgezeichnete Darstellung litauischer Geschichte und Literatur ich in dieser Schrift benutzt habe), ferner Zechlin: „Litauen und seine Probleme“ („Internationale Monatsschrift“ 1915), dann die Abhandlung über Litauen in der Broschüre von H. v. Revelstein „Die Not der Fremdvölker unter dem russischen Joch“ (Berlin 1916), O. Keßler „Baltenländer und Litauen“ (nur ein Kompilatorium aus Zeitungsausschnitten), K. Brunavietis "Der Weltkrieg und Litauen", "Kennen Sie Russland?", "Litauische Hoffnungen" von A. Paulukat (Halle 1916), J. Wronka „Kurland und Litauen“ (Freiburg 1917), W. St. Vidûnas „Litauen in Vergangenheit und Gegenwart“ (Tilsit 1916), S. Broederich „Das neue Ostland“ (Charlottenburg 1916), K. Werbelis „Russisch-Litauen, Statistisch-ethnographische Betrachtungen“ (Stuttgart 1916), E. Linksch „Litauen und die Litauer. Einführende Betrachtungen“ (Stuttgart 1917), Janulaitis „Aus dem sozialen und wirtschaftlichen Kämpfen in Litauen“ in „Die neue Zeit“ (Stuttgart 1916) u.a.m. Nicht unerwähnt lassen möchte ich auch meinen in den „Grenzboten“ Berlin 1915 (auch als Separatabdruck) erschienenen Aufsatz „Die litauisch-baltische Frage“.

Während diese genannten Darstellungen sich allgemein auf dem Boden der, wenn auch mitunter nur subjektiven Unparteilichkeit bewegen, ist in der von polnischer Seite herausgegebenen sehr umfangreichen Kriegsliteratur die litauische Frage und die Darstellung litauischer Verhältnisse und litauischen Lebens in einer einseitigen parteiischen und das polnische Interesse über die Wahrheit stellenden Weise behandelt worden. Den Vogel schießt hierbei der Berliner Universitätsprofessor Brückner mit seiner „Wahrheit über Litauen“, zunächst in der „Frankfurter Zeitung“, dann in einer besonderen Broschüre „Der Weltkrieg und die Slawen“ ab. Es ist staunenswert, wie ein Universitätsprofessor, von dem man die vollste wissenschaftliche Objektivität verlangen darf, sich von einem nationalen Fanatismus leiten lässt, der ihn die Gerechtigkeit gegen ein ihm unbequemes Nachbarvolk vergessen macht. Obwohl einige seiner tendenziösen Darstellungen in der Prees genügend widerlegt sind,*) werden seine Aufsätze auf vertrauensselige Leser doch einen gewissen Eindruck nicht verfehlen; denn Brückner führt eine gewandte Feder und hat sein Publikum, das auf die Worte des Meister schwört. Leider!

Mir kam es darauf an, eine Darstellung von Litauen zu geben, die in völlig objektiver Weise das Volk in seiner Geschichte und Literatur, seinem Streben und Hoffen, seinen Hemmungen und Erfolgen dem deutschen Volke vor Augen führt. Einige Aufsätze, die Schilderungen der russischen Drangsalierungen, sind mir von litauischen Autoren zugegangen, also von Personen, welche die schwerste Zeit litauischer Geschichte persönlich miterlebt haben. Die Beschreibung des Landes konnte leider nur im engsten Rahmen geschehen. Möglichenfalls werde ich eine ausführliche Beschreibung des Landes später veröffentlichen. Die wenigen im Text verstreuten Bilder dürfen geeignet sein, das Verständnis und Interesse der Leser für litauisches Wesen und Litauische Kunst zu fördern.

Meine Gedanken über unsere Kriegsziele im Osten habe ich bereits in meiner „Litauisch-baltischen Frage“ kurz dargelegt und habe bisher keinen Anlass gehabt, sie zu ändern. Unterdessen ist über diese Frage in der Zeitungspresse, sowie in Monographien soviel geschrieben worden, auch in Vorträgen soviel debattiert worden, dass man eine ausführlichere objektive Behandlung unserer Kriegsziele im Osten auch an dieser Stelle nicht gut vermeiden darf.

Möge das deutsche Volk seinem kleinen östlichen Nachbarn, dem ehrwürdig alten, um moderne kulturelle Güter eifrig ringenden litauischen Volk, ein freundliches Wohlwollen und förderndes Interesse entgegenbringen. Dass das vorliegende Buch viel dazu beitragen möge, ist mein innigster Wunsch.

Coadjuthen, Ostpr. Juli 1917.

Der Verfasser.

*) Dr. Karge in der „Ostpr. Zeitung“ und „Ostmark“.

Dorf Panoschischken in Ostlitauen

Dorf Panoschischken in Ostlitauen

Litauisches Bauernanwesen im Kreise Traken

Litauisches Bauernanwesen im Kreise Traken

Ruinen der Burg Traken, der Residenz des Großfürsten Witaut

Ruinen der Burg Traken, der Residenz des Großfürsten Witaut

Altlitauische Kirche in Sapyschken

Altlitauische Kirche in Sapyschken

Litauische Schule. Von P. Rimsza

Litauische Schule. Von P. Rimsza

Dr. Basanawiczius

Dr. Basanawiczius

Kreuz auf dem Kirchhof in Panoschischken

Kreuz auf dem Kirchhof in Panoschischken

Am Hünengrab. Von A. Zmuidzinawiczius

Am Hünengrab. Von A. Zmuidzinawiczius

Litauisches national Motiv

Litauisches national Motiv

Der Pflüger. Von P. Rimsza

Der Pflüger. Von P. Rimsza

Vision. Von A. Zmuidzinawiczius

Vision. Von A. Zmuidzinawiczius

Märchen. Von M. Cziurlionis

Märchen. Von M. Cziurlionis

Rex. Von M. Cziurlionis

Rex. Von M. Cziurlionis

Litauisches national Motiv

Litauisches national Motiv