Geologisches

Litauen wird von dem baltischen Höhenrücken durchzogen, den ungefähr der Bogen der an seinem Abhänge liegenden Städte Gumbinnen, Kowno, Wilkomir und Friedrichstadt bezeichnet. Vor diesem liegt ein 60 — 100 km breiter Tieflandbogen, dem die Talgebiete der unteren Memel, der kurischen Aa und der unteren Duna angehören. Zwischen ihm und dem Meere steigen die Hügellandschaften des Szamaitenlandes bis zu Höhen von 250 Meter empor.

In dem sanft geformten Lande kommen unter der Decke des nordischen Diluviums die Schichten des Grundgebirges in größerer Ausdehnung hervor. Die Unterlage des Diluviums wird durch die Juraformation gebildet. Das devonische System erstreckt sich bis weit über den Rigaischen Meerbusen hinaus.


Das Szamaitische Hügelland durchschneiden die beiden Flußtäler der Windau und der Dubissa, jene nach Nord- West, diese nach Nord-Ost; beide werden durch den Windau-Kanal, der 104 Meter breit ist, miteinander verbunden.

An der kurländischen Grenze erstreckt sich als ein über 100 Meter hoher Hügelrücken die Endmoräne der breiten nordischen Eiszunge, die einst den Rigaer Golf und die Mitauer Ebene erfüllte. Hier nehmen auch die Quellflüsse der Aa und der Musza, sowie die Nebenflüsse der Memel (Niemen, richtig litauisch Niamunas) ihren Anfang.

Den litauischen Landrücken, den man auf dem Kartenbilde, bis zur Waldaihöhe verfolgen kann, bildet eine unübersichtliche, mäßig hohe, von einer verwirrenden Fülle von Seen und Wasserrinnen übersäte Landschwelle, in ältere Zeit schieden hier dichte, heute schon stark gelichtete Waldungen die baltischen Lande von dem kontinentalen Kern litauischer und russischer Macht. Aber das große Waldland wurde durch die Täler des Niemen, der Wilja und der Duna durchschnitten, die quer durch diese Landschwelle ihre Furchen ziehen.

Den südlich des Niemen gelegenen Teil Litauens kann man in drei Zonen zerlegen. Zu beiden Seiten der Bahn Wirballen-Kowno breitet sich ein weites Tiefland aus, das nördlich der Szeszupe, die aus der niedrigen Umgegend von Mariampol nordwestwärts zur Grenze fließt, mit gewaltigen Waldungen bestanden ist, die nördlich bis zum Niemen und den Befestigungen von Kowno reichen. Südöstlich der Straße Kalwaria-Mariampol-Kowno steigt das Gelände stellenweise bis zu 200 Meter Höhe empor und ist mit unregelmäßig verteilten und ebenso gestalteten Seen geschmückt. Südlich von dieser Moränenlandschaft des Landrückens zwischen Niemen und Augustowokanal breiten sich sanfthügelig, von trägen Gewässern gefurcht und von einförmigen Kiefernwaldungen bedeckt, mächtige Sande als die Schöpfung der Schmelzwasser der jüngsten großen Vereisung aus.

Die Festung Kowno liegt an dem Nordrande des litauischen Landrückens im schmalen Tal des Niemenstroms und der dort mündenden schiffbaren Wilja, die 22 Meter breit ist, auf der bis 50 Meter aufsteigenden Diluvialfläche, die sowohl vom Niemen, wie von der von Nordost zuströmenden Wilja, wie von der aus Süden kommenden Jesia durchschnitten wird.

Zwischen dem Niemen und der Wilja zeigt der Landrücken nur geringe Ausdehnung, dagegen sind die ihn durchschneidenden Täler der Wilja und der Düna etwa 160 km entfernt. Dieses Stück des Landrückens, das stellenweise bis 250 m emporsteigt, wird im Nordwesten von der der Wilja zufließenden Szwentoji, im Südosten oberhalb Wilna von der Wilja und der Szeimiana begrenzt; im Nordosten reicht es bis an Dünaburg.

Dieses Gebiet bietet ein wirres Wellenbiid von kleineren und größeren Hügeln, eine bunte Fläche oft dicht nebeneinander liegender großer und kleiner Seen. Der südliche Halbkreis um Dünaburg enthält bei einem Radius von 30 bis 35 km, von Osten gezählt, folgende Seen: den Perebrodje- und den mit ihm eng verbundenen Uktjasee, den Snudy - und Strustasee, den Woissa-, Nedrowo - und Drywjaty- See, den Rytocha-, Dryswjaty-, Disna-, Dukszty- und Lodzi-See. Ganz nahe bei Dünaburg — nur 8 — 13 km südwestlich davon —
liegen der Szwenten - und Ilgen - See.

Interessant ist der See von Traken, südwestlich von Wilna, wo auf einer Insel in ihm die Fürstenburg des Litauerkönigs Gedimin lag. Es war das Zeichen weitausschauender Politik, wenn Gedimin seine Residenz aus dieser wehrhaft gesicherten Zurückgezogenheit 20 km weiter aufwärts, auf eine den Wilja-Spiegel um 50 Meter überragende steile, das Stadtbild von Wilna beherrschende Höhe verlegte, die von der gewundenen Wi1eika im Osten, teilweise auch im Süden, geschützt wird. Der Schloßberg wird noch um ein Erhebliches von dem Dreikreuzberg jenseits der Wileika überragt. Auf ihm ist der Fürst mit heidnischem Pomp beerdigt worden. Von diesem Punkte aus gehen strahlenförmig die Hauptstraßen Litauens hinaus, nach Riga und Nowgorod, nach Weißrussland (Smolensk), nach Kleinrussland (Kiew), nach Schwarzrussland (Slonim), nach Rotrussland (Halicz, Przemysl), nach Polen und Preußen.