Kästner, Abraham Gotthelf

Als Kästner, Abraham Gotthelf (1719-1800) wieder eine Sammlung Gedichte von einem der vielen Reimer, die nur nach ihrer eigenen Meinung Dichter sind, vor sich hatte, sagte er: „So lange nicht aus solchen Lumpen selbst Papier gemacht werden kann, sollten sie keins verderben.“

Ein Student überreichte einst dem Professor Kästner sein Stammbuch mit der Bitte, sich auch darin zu verewigen. Kästner nahm es, blätterte darin, und da er viele Unsittlichkeiten darin fand, so schrieb er hinein: „Herr! erlaube uns, unter die Säue zu fahren.“


Kästner. Auf einen berüchtigten Geizhals fiel während der Nacht der Betthimmel herab und verletzte ihn bedeutend.
„Du gerechter Himmel!“ rief der witzige Kästner, als er diesen Unfall vernahm.

Kästner kritisierte einst ein Buch also:
„Dies Buch ist auf dem schlechtesten Papiere gedruckt; Schade um das schöne Papier!“

Derselbe beurteilte einen schlechten Trauerspieldichter:
„Den Zweck des Trauerspiels, den weiß er zu erreichen.
Das Mitleid mit vem Stück und Furcht vor mehr dergleichen.“

Kästner hatte bei einem Manne, der als ein aufgeblasener und dabei sehr beschränkter Kopf bekannt war, Geschäfte. Der wackere Dichter wurde in ein Zimmer geführt, an dessen Wand zwei Bildnisse hingen, die den Herrn des Hauses als Kind und als Mann darstellten. Der vornehmtuende Herr ließ unsern Dichter etwas zu lange auf sich warten; dieser suchte sich nun die Langeweile damit zu vertreiben, dass er mit einer Bleifeder unter das erstere Bildnis schrieb:

      „So sah der kleine Narr in seiner Jugend aus,“

und unter das andere:

      „Und seht, im Alter ward ein solcher großer draus.“

Kästner. Als der verdienstvolle Münchhausen 1774 gestorben war, wurde eine Gedächtnisfeier veranstaltet, bei welcher der berühmte Kästner und der Konsistorialrat Muray Reden halten sollten. Sie bekomplimentierten sich lange über den Vortritt, bis endlich Muray unwillig sagte: „Ich habe noch ein kleines Geschäft, darum sprechen Sie zuerst.“ Er entfernte sich auf einige Augenblicke, diese hatte aber Kästner benutzt, um den Anfang der Rede Muray's zu überblicken. Er sprach nun mit Feuer über die Verdienste des Verstorbenen und schloss, da er Muray kommen sah, mit den Worten: „beweiset, trotz dieses Unfalles, Seelenstärke und weinet nicht, Ihr Brüder!“ Nun erschien Muray, bestieg die Rednerbühne und begann mit Pathos: „Weinet Ihr Brüder!“ — und die Versammlung brach in ein lautes Gelächter aus.

— Zu Kästners Zeiten waren die anakreontischen Gedichte sehr im Schwunge. Einst überreichte ihm ein Dichterling eine ganze Sammlung derlei von ihm verfertigten Gedichte und erbat sich sein Urteil darüber; Kästner sagte nur die Worte: „Gedankenleere Prosa in Dreiquerfingerzeilen.“