Treue und heldenmütige Frauen in Indien

Treue und heldenmütige Frauen in Indien. Die treuesten Frauen findet man in Rasputana, wie die Reisenden erzählen. Als die schöne Königin von Ganore, von Veste zu Veste getrieben, endlich in die Hände ihres Feindes fiel, bot ihr der Sieger, um der Macht ihrer Reize zu huldigen, Bedingungen, die selbst eine mächtige Königin hätte annehmen können. Er trug ihr an, seinen Thron mit ihr zu teilen, und wie über sein Herz, so auch über seine großen Besitzungen zu herrschen. In der Überzeugung, dass eine Weigerung völlig nutzlos sein werde, gab die Königin ihre Einwilligung, und der Tag wie die Stunde der Vermählung wurde bestimmt. In einem herrlichen Hochzeitsgewande, dem Geschenke seiner Braut, und geschmückt mit kostbaren Juwelen begab sich der Khan auf die Terrasse des Palastes, wo die Ceremonie stattfinden sollte, und setzte sich neben seiner reizenden Geliebten nieder. Plötzlich aber erbleichte sein Gesicht, und er klagte über eine unerträgliche Hitze. „Wasser! Wasser!“ rief er, indem er sich herumwand, und in der Angst der Verzweiflung zerriss er das Gewand, das seine glühende Brust bedeckte. „Edler Khan,“ sprach da die besiegte Königin ruhig: „Dein Gewand ist vergiftet. Der Tag unserer Vermählung wird auch unser Todestag sein; es war dies für mich das einzige Mittel, der Schande zu entgehen.“ Bei diesen Worten stürzte sie sich von der Terrasse hinunter, und verschwand in den Fluten, welche die Mauern bespülen.