Iffland als armer Poet

Iffland als armer Poet. Nicht ganz glücklich endete Iffland's letztes Gastspiel auf der Breslauer Bühne. Er hatte die Dramen „der Puls“, worin er den alten Grafen in höchster Vollendung gab — und „der arme Poet“ gewählt. War die erstere Rolle wie für ihn geschaffen mit ihren feinen, graeiösen und eeremoniellen Wendungen, aus denen das Gemüth eben nur wie durch einen Schleier guckt, so war „Lorenz Kindlein“, der arme Poet, eine von den Rollen, die nie mehr auf Erden dargestellt werden können, wie Devrient sie darstellte. Was braucht's darüber Worte? — Wer es gesehen, weiß es; und wer es nicht sah — wie könnten's Worte dem beschreiben? — Ich bin fest überzeugt, hätte Meister Iffland Meister Devrient als „Lorenz Kindlein“ gesehen, er hätte sich nicht bewogen gefühlt, in diesem Stücke nach Ienem aufzutreten. Sckon seine Wohlbeleibtheit war dem verhungernden Greiftnkinde im Wege; man konnte nicht recht an ihn glauben. Auch traf er den schlichten, zum Herzen sprechenden Ton nicht, den Devrient mitbrachte, den Iffland erst suchen musste. Hochachtungsuolles Schweigen des überfüllten Hauses begleitete Iffland's Bemühungen, während bei Devrient die Leute gelacht, geweint, geschluchzt, gerast hatten. Nun aber begegnete ihm noch zufällig etwas, wodurch der letzte Schimmer von Täuschung erlosch. Iffland, eilig wie immer, wollte bald nach der Aufführung reisen. Man hatte ihm sein sehr bedeutendes Honorar, schöne Goldstücke in sauberer Börse, in der Garderobe überreicht und er, schon als „Lorenz Kindlein“ angekleidet, den Mammon in die Brusttasche gleiten lassen, während des Spieles aber darauf vergessen. Wie er nun von seiner Gläubigerin in bitterer Verlegenheit der Armut um ein Paar Groschen gedrängt, beteuernd, dass er nichts besitze, an seine Brust schlug, klangen deutlich und bei der ernsten Stille Jedem vernehmbar, die Goldmünzen in ihrem lockenden Ton. Er schrak sichtlich zusammen und mag man's nun glauben oder nicht, von nun an ging es mit seinem Spiele völlig bergab. Sein „Lorenz Kindlein“ hatte nur dazu beigetragen, frische Blätter um Ludwig Devrient's Haupt zu schlingen.
[i]Aus Holtei's „Memoiren.“[/b]