Konversations-Lexikon für Geist, Witz und Humor - Band 1 - C

Autor: Saphir, Moritz Gottlieb, eigentlich Moses Saphier (1795-1858) österreichischer Journalist, Schriftsteller und Humorist, Erscheinungsjahr: 1852
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Konversations-Lexikon, Gelehrsamkeit, Geist, Witz, Humor, Anekdoten, Sammelwerk
C ist der dritte Buchstabe im ABC und mit ihm ist das eigentliche Consulat sämtlicher Buchstaben geschlossen. ABC führt das Triumvirat, nur diese werden genannt und angeführt, wenn man von dem ganzen Reich der Buchstaben spricht.
Der Buchstabe C hat die Sprachgelehrten schon viel beschäftigt, es ist daher kein Wunder, wenn wir noch nicht wissen, was er für ein Buchstabe ist. Das C soll romanischen Ursprunges sein und noch jetzt wehren sich die Stockdeutschen gegen seinen Eintritt in den deutschen Bund, obwohl Lord Palmeiston deshalb noch keine Note nach Frankfurt am Main hat ergehen lassen. C ist ein aus der Fremde ins Deutsche eingewanderter Buchstabe! Armer, bedauernswerter Teufel! Was kann aus ihm werden?! Die deutschen Gelehrten beschäftigen sich mit ihm!! und das schon „seit Jahrhunderten,“ sagt Heinsius. Geschwindigkeit ist keine Zauberei! In der jüngsten Zeit haben sich auch die deutschen Gelehrten viel mit einem C beschäftigt, mit dem C der deutschen „Constitution,“ und sie wissen noch nicht recht, wie sie es „aussprechen“ sollen! Nach ein paar Jahrhunderten werden wir wieder anfragen, aber wir zweifeln, ob sie dann schon einig darüber sein werden! Sie haben sich bloß mit den „Leseregeln“ beschäftigt und mit der „Aussprache,“ aber da sie in der Aussprache angestoßen haben, hat man ihnen die Sprachwerkzeuge operiert.

Wenn man den Buchstaben C so ansieht, seiner Gestalt nach, sollte man ihn für einen Original-Deutschen halten; sieht er denn nicht aus wie ein geborener Katzenbuckel? „C“: so steht ein Deutscher da, wenn er bei einem Filial-Rentamtschreiber um die höchste Gnade der Gerechtigkeit bittet! „C,“ ein zum Bogen gekrümmter Rücken, mit dem von der Stirne in Demut herabwedelnden Haarbüschel. Das C ist das Urbild eines Supplikanten; die deutsche Sprache weist ihn hundertmal zur Tür hinaus, und will das K oder Z zu seinem Ersatzmann ernennen, allein er kommt zum Hundertstenmale wieder, bückt sich zum Knäuel zusammen mit schlaffen Armen, stellt sich an die Spitze aller „Clienten, beginnt jede „Cabale,“ eröffnet unzählige „Canäle,“ geht an's „Camerale“ und rekurriert endlich ans „Cabinet.“

Das C soll zwei Statthalter haben, das K und das Z. — Ich glaube Brockhaus's Conversations-Lexicon ist bloß deshalb in manchen Ländern verboten worden, weil er „Constitution“ mit „C“ schrieb, da kömmt sie viel früher daran, als wenn sie mit K „Konstitution“ geschrieben würde, denn da liegt noch viel dazwischen. Ein Spaten, der die deutsche Sprache umgrub und aufackerte, nämlich der Grammatiker „Spaten“ in seinem Sprachschatz (Nürnberg 1691) will von dem C gar nichts wissen. Er schreibt „Zitrone“ und „Zeder,“ wahrscheinlich hielt er sie für ebenso deutsche Gewächse wie „Zopf,“ Zwicken,“ Zwangsanleihen,“ „Zunftwesen,“ „Zurück“ u. s. w.

Noch immer teilen sich die Meinungen in Hinsicht, ob man „Credit,“ oder „Kredit“ schreibt; Einigesagen, das Wort kommt von „Kreide“ her, von „ankreiden“ und schreiben „Kredit;“ Andere meinen, es stamme eigentlich von „Credo“ ab und schreiben „Credit.“ Ebenso geht's mit „Kanone;“ Einige sagen, es stamme von „Canon“ her, es ist der „Canon“ der kritischen Philosophie, der eigentliche Gebrauch des Erkenntnisvermögens, und schreiben: „Canone;“ Andere sagen, es sei ein grundehrliches Deutsch, und will sagen, wenn man das hat, man Alles „kann ohne“ anderen Grund tun und lassen, und schreiben „Kanone.“ „Conferenz,“ „Kongreß,“ die kann man mit C und mit K schreiben, denn mit welchem Kopf sie auch beginnen, sie enden nur mit einem „Z,“ es steckt am Ende gar nichts mehr dahinter.

Das C wird wohl auch noch ganz aus der Schriftsprache verschwinden; wir werden um einen Buchstaben ärmer werden, wenn wir ihn aber doch wieder brauchen, werden wir ein Anlehen in derselben machen, und das bloß bei „Christen,“ weil bei „Juden“ dieser Buchstabe nicht zu finden ist.

Wenn aber das „C“ in der Sprache aufhören wird, wird es dafür in der „Musik“ fortleben, als Vierviertel- und Zweiviertel-Takt; auch steht es in der Musik als „Noten- und Kammerherren-Schlüsscl;“ sein krummer Rücken hat schon von vorneherein die Auszeichnung von hinten verdient.
      Saphir