Charakter

Charakter. Unter den Personen, welche in jenem Winter, als König Friedrich Wilhelm III. an einem Beinbrüche darnieder lag, täglich in dem königlichen Palais zu Berlin sich nach dem Befinden des Königs erkundigten, befand sich auch ein Israelit. Da sein Name so oft auf der Liste stand, so wollte der König näher über ihn unterrichtet sein. Man sagte dem Nachfragenden also, er möge seinem Namen auch seinen Charakter beifügen. Der alte Mann äußerte darüber sein Befremden und zögerte; man bestand aber darauf, weil der König es begehrt habe. Er schrieb nun neben seinen Namen: „Etwas hitzig, aber bald wieder gut.“

— Ein Bettler sprach einen Vorübergehenden um Almosen an. Dieser fragte ihn: „Warum arbeitest Du nicht? Bist Du ein Künstler?“ — „Nein.“ — „Ein Handwerker?“ — „Nein.“ — „Was bist Du denn?“ — „Hungerig bin ich.“


— M..., ein Mann von Talent und vielen Kenntnissen, dem es aber an Festigkeit in seinen Grundsätzen gebrach, und der allgemein für wankelmütig galt, wurde als geheimer Rat angestellt. Man sprach davon in einer zahlreichen Gesellschaft, und seine Freunde äußerten darüber ihre Zufriedenheit und Freude. „Keiner kann sich wohl mehr darüber freuen, als ich,“ sprach der Doktor P..., „er kann von Glück sagen, er hat nun endlich einen Charakter.“

— Ein Millionär verheiratete seine Tochter. Der Notar fragte, welchen Charakter er in den Contract setzen solle? — „Setzen Sie bloß: Herr von einer Million Gulden,“ erwiderte Jener.

— Der Engländer ist in der Regel wortkarg, der Franzose hingegen redeselig. Ein Reisender, der England und Frankreich gesehen hatte, wurde gefragt: wie er den Charakter der beiden Völker befunden habe. — „Der Engländer spricht nicht,“ erwiderte er; „der Franzose spricht über Nichts.“