Censur

Censur. Glücklich allein ist der Schlafende nur,
Er schnarcht ohne Polizei und träumt ohne Censur.

— Auch die Pressefreiheit hat ihre Unannehmlichkeiten! Früher, als wir noch Censur-Eigene waren, hatte jedes Blatt auch für dessen Redakteur das Interesse der Neuheit; er war neugierig, was morgen in seinem Blatte stehen wird. Dieses Interesse ist für die Redaktion nun verloren. Wirklich fatal! —


— Ein Wiener Censor strich aus einer Sprachlehre den unschuldigen Satz: Das Vorwort „von“ regiert den Dativ. „Warum?“ fragte der Sprachlehrer. — „Weil in Österreich Niemand anderes regieren darf als der Kaiser Ferdinand.“

— Als in den letzten Kriegsjahren die Kosaken in Deutschland einrückten, kamen in einem Zeitungsbericht die Worte vor: „Gestern sind die ersten Kosaken hier durchgekommen, sie ritten auf kleinen, unansehnlichen Pferden.“ — Dem bedächtigen Censor der betreffenden Zeitung wurde gewöhnlich ein Abdruck der einzelnen Artikel, und dann noch einmal die ganze Nummer vorgelegt; als er den Artikel zuerst bekam, strich er „kleinen“ weg; als er die ganze Zeitung erhielt, strich er „unansehnlichen“ aus.

— Joseph II. sagte: „Beurteilungen, wenn sie keine Schmähschriften sind, sie mögen den Landesfürsten oder den Untersten betreffen, sind nicht zu verbieten.“ — Wie weit war der große Joseph seiner Zeit voraus! Wie Viele, gibt es, die dieses Postulat der Vernunft noch jetzt, ein halbes Jahrhundert nach seinem Tode, nicht begreifen wollen.