Bürger, Gottfried August
Bürger, Gottfried August (1747-1794) freute sich bei einer Anwesenheit in Weimar, Goethe, mit dem er ehemals in vertrautem Briefwechsel gestanden hatte, persönlich kennen zu lernen, gedachte in dem herrlichen Dichter einen herrlichen Menschen zu genießen und besuchte ihn nicht zu einer Zeit, wo etwa Staatsgeschäfte abzumachen gewesen wären; denn der Dichter ließ sich eben von einem Musiker neue Kompositionen seiner Lieder vorsingen, und Bürger glaubte sogar in der Unschuld seines geraden Sinnes, er könne zu keiner gelegenern Zeit kommen, diese Musik zu genießen oder sie auf Erfordern zu beurteilen. Er ward aber nicht in das Musikzimmer, sondern in ein Audienzzimmer geführt, und er musste da eine Viertelstunde warten, bis Seine Exzellenz mit ernsthafter Amtsmiene seine Anrede mit einer herablassenden Verbeugung erwiderten, ihn auf Hochdero Sopha neben sich setzen ließen und sich mit gnädigem Wohlgefallen nach der Frequenz der Göttinger Universität erkundigten. Bürger kürzte die Audienz bald ab, versprach sich selbst, Goethe nie wieder zu sehen, und machte im Nachhausegehen folgende Verse:
Mich drängt' es, in ein Haus zu geh'n.
D'rin wohnt ein Künstler und Minister.
Den edlen Künstler wollt' ich seh'n.
Und nicht das Alltagsstück Minister.
Doch steif und kalt blieb der Minister
Vor meinem trauten Künstler seh'n.
Und vor dem hölzernen Minister
Kriegt' ich den Künstler nicht zu seh'n.
Hol' ihn der Kuckuk und sein Küster!
Mich drängt' es, in ein Haus zu geh'n.
D'rin wohnt ein Künstler und Minister.
Den edlen Künstler wollt' ich seh'n.
Und nicht das Alltagsstück Minister.
Doch steif und kalt blieb der Minister
Vor meinem trauten Künstler seh'n.
Und vor dem hölzernen Minister
Kriegt' ich den Künstler nicht zu seh'n.
Hol' ihn der Kuckuk und sein Küster!
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Konversations-Lexikon für Geist, Witz und Humor - Band 1 - B