Beutelschneiderei
Beutelschneiderei. Einer der berühmtesten Beutelschneider war wohl der Engländer Barrington. Unter andern erzählt man von ihm folgende Geschichte, die humoristisch genug klingt. Da er zu seinen künstlichen Operationen zuweilen Instrumente brauchte, so kam er einmal zu einem Verfertiger wundärztlicher Werkzeuge und bestellte sich eine Scheere von ganz eigentümlicher Form. Wenige Tage nachher fragte er wJeder nach, die Scheere gefiel ihm, und er bezahlte dafür die verlangten zwei Guineen. Als er aus dem Laden getreten war, meinte des Instrumentenmachers Frau: „Aber, lieber Mann, der Gentleman schien über die Scheere so erfreut, dass wir ihn doch hätten fragen können, zu was er dieselbe gebraucht. Er kann uns ja empfehlen. Laufe ihm nach!“ Der Messerschmied stürmte hinaus, hatte auch seinen Mann bald eingeholt und bat höflich um Entschuldigung, wenn er zu wissen wünsche, was man mit einer solchen Scheere mache. — „Warum, Freundchen?“ fragte Barrington, fasste den Messerschmied an seinen Rock und sah ihm fest in die Augen: „ich weiß nicht, ob ich Ihnen das sagen darf; es ist ein großes Geheimnis.“ — „O ich bitte Sie, es kann mir nützlich sein.“ — Da drückte ihn Barrington fest an seine Schulter und flüsterte ihm ins Ohr: „Das ist eine Scheere zum Beutelschneiden.“ — In der größten Bestürzung prallte der Instrumentenmacher zurück und lief dann wJeder schnurstracks in seinen Laden. „Sollte man's glauben!“ keuchte er gegen seine Frau; „die Scheere dient zum Beutelschneiden.“ — „Ja, das seh' ich,“ rief die Ehefrau verwundert, „was ist denn mit Deinem Wamms vorgegangen?“ — Der Messerschmied gaffte, Barrington hatte ihm mit der Scheere die Tasche samt den zwei Guineen herausgeschnitten, die er eben für das gute Instrument gezahlt hatte.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Konversations-Lexikon für Geist, Witz und Humor - Band 1 - B